Lieber Theodor, ganz herrlichen Dank für Dein Plädoyer! Ich stimme Dir in allen Aussagen zu, weil sie in meinem Augen absolut logisch sind und sich im Übrigen auch voll mit meinen Erfahrungen decken. Ich fuhr seit 1995 ca. 13000 km mit so einem Randonneur-Trekking-Rad. Es reicht eine Hand um abzuzählen, wie oft ich in der Zeit von anderen Trekking-Rädern oder Mountainbikes (MBs) überholt wurde! Dabei zeigten verschiedene Jedermann-Rennen mit dem Rennrad, dass ich (!) keineswegs so überdurchschnittlich trainiert bin. Neulich wurde ich mit dem Rennrad beim Berg-Einzelzeitfahren auf den Schauinsland (ca. 740 Höhenmeter, Ziel auf 1200 M.ü.M.) sogar von einem Fahrer auf einem alten Schweizer Militärrad eingeholt! Die Sachlage ist doch eindeutig. MBs sind für Waldwege optimiert, Rennräder (RRs) für Asphalt, City-Bikes fürs Einkaufen „um die Ecke“. Dazwischen stehen „Crossbikes“, Bastarde aus Rennrädern und MBs, die beides schlecht können. Und die Trekking oder Reiseräder, die eigentlich alles ziemlich gut können sollten. Leider sind die Komponenten im Wesentlichen für die ersten 3 Gruppen optimiert. Mein altes Randonneur-Trekkingrad ist ja gerade so ein Beispiel dafür, dass MB- und RR-Gruppen nicht besonders gut harmonieren: Die Schaltung war bereits nach rund 2 Jahren „ausgelutscht“ und ist mittlerweile eine mittlere Katastrophe. Mit dem Rad konnte ich alle „normalen“ Waldwege im Schwarzwald fahren. Dies ging vielleicht nicht ganz so gut wie mit einem modernen „Fully“, wenn aber die Anfahrt zum Berg nur 10 km lang ist, wäre ich mit dem alten Randonneur-Trekkingrad immer der Schnellere bzw. der Ausgeruhtere. Besonders gut finde ich deinen Hinweis auf die vielen Langstreckenfahrer, die Langstrecken nur mit dem Rennrad, dem Liegerad oder einem Randonneur-Trekkingrad machen. Ebenso den Verweis auf den Zusammenhang zwischen höherer Geschwindigkeit und den Umkehrschluss, die viel geringere Erschöpfung bei gegebener Geschwindigkeit. Solange man Stollen fährt, ist der Rollwiderstand so groß, dass man sich um die Aerodynamik nicht scheren muss. Fährt man mal Stollenfreie Reifen (meines hatte immerhin die Dimension 42-622!) sieht das schon anders aus. Dann finde ich (!) es bequemer, weniger Luftwiderstand zu bieten. Dies geht mit dem Rennlenker einfach am besten, wenn man mal von Zeitfahrlenkern absieht. Abgesehen davon finde ich (!) „sportliche“ Sitzpositionen sowieso bequemer und auch für den Rücken angenehmer als das aufrechte Sitzen auf dem Citybike. Das Hauptproblem ist in meinen Augen, dass der Markt ziemlich wenig dazu hergibt. Es gibt jede Menge sogenannte „Trekkingräder“, doch weniger als 5% werden werksseitig mit Rennlenker ausgestattet. Schon allein dieses magere Angebot stempelt den Nachfrager nach dem Randonneur zum Außenseiter. Technische Schwierigkeiten, d.h. mangelhafte Kompatibilitäten zwischen MB- und RR-Gruppen kommen sicher hinzu. Die paar fertigen Randonneure am Markt machen in der kleinsten Übersetzung immer noch um die 2,35 Meter pro Kurbeldrehung. Ein zeitgemäßes MB kommt da auf rund 1,60 Meter. Die RR-mäßigen 2,35 sind aber nichts für die meisten Normalfahrer (wg. Puls) und auch nichts mittelmäßig Trainierte für 500 Höhenmeter bei durchschnittlich (!) 10%, wie es im Schwarzwald nicht selten ist. Und für mehr als 15% gerade gar nichts. Und wie gesagt, ich habe keine so guten Erfahrungen mit dem Mix aus MB- und RR- Gruppen gemacht. Dies liegt auch daran, dass ein zeitgemäßes Randonneur-Trekkingrad vollständig ausgestattet sein sollte, d.h. Ständer, Schutzbleche, Schwenkbügelschloss, Nabendynamo, erstklassige Beleuchtung, Gepäckträger. Die Reifendimension sollte mindestens 37-622 oder besser 42-622 sein. Da muss man schon mit 16 kg rechnen, zumal bei einem solchen Rad CroMo sinnvoller als Alu sein dürfte. Wegen des notwendigen Übersetzungsumfangs sollte man auch die Rohloff-Nabe dringend erwägen. Ich bin überzeugt, dass man dann ein Rad für alle Zwecke hätte, mit dem man alle Berge und alle „Waldstraßen“ rauf- und runterkommt, und mit dem man auch im Winter sicher und sauber unterwegs ist. Dann ist die Anfahrt ist allemal leichter bzw. schneller als mit jedem MB oder Crossrad. Auch im Vergleich mit anderen Trekkingrädern wäre man schneller und damit in meinen Augen bequemer unterwegs. Aber es soll ja auch Leute geben, die die Anfahrt nur mit dem Auto erledigen…… ….und Leute, die Asphalt wie die Pest meiden…. ….und Leute, die nur an langen Sommertagen fahren…. ….und Leute, die so etwas wie den Radmarathon rund um den Bodensee (mindestens 160 km an 1 Tag) oder 3 Runden Nordschleife Nürburgring (ca. 60 km bei mehr als 1500 Höhenmetern) mit dem MB machen.
Ich hoffe, dass das Angebot an Randonneuren bald größer wird.