letzte Woche bei einem Seminar für Gesunde Ernährung vom Profi Patrich Heinzmann.
Ich hoffe, du hast für das Seminar kein Geld bezahlt - wäre sonst rausgeschmissenes Geld. Der erste Antwortschreiber (Christian) hat ja den Unfug der Ernährungsphilosophien schon auf den Punkt gebracht. Das Richtige wird zum Falschen, das Falsche zum Richtigen und irgendwann schließt sich der Kreis wieder.
Hier vielleicht ein paar Punkte, die dir zu denken geben sollten:
- Der normale Reiseradler - also auch der, der schon besondere Leistungen erbringt - braucht keine spezifische Sporternährung. I.d.R. reicht das übliche Nahrungsangebot aus, meistens darf es bei der gehobenen Leistung eben etwas mehr sein.
- Die Tipps von Herrn Heinzman scheinen mir schon widersprüchlich: Reis wird emphohlen, Kohlehydrate aber nicht. Tatsächlich Ist Reis ebenso wie Pasta und Kartoffeln ein wichtiger Kohlhydratlieferant - da ist was faul an der Argumentation.
- Zucker und Kohlhydrate erhöhen kurzfristig den Blutzuckerspiegel und sind für dauerhafte Leistung nicht geeignet: Zucker ist ein kurzkettiger Kohlenstoff (sechs -C-Atome), während Kohlehydrate schon langkettiger sind, also muss es schon einen Unterschied im Abbau der Stoffe geben.
- Für den Energieverbrauch bei einer Tour ist ja gerade der Energiebedarf zu decken, der tagsüber entsteht, d.h. Kohlehydrate bilden genau die richtige Energieform für die Radtour. In akuten Energiekrisen hilft auch schon mal der direkte Traubenzucker, wenn der Berg allerdings noch länger ist, sollte man es nicht beim Traubenzucker belassen, sondern z.B. auf die Banane zusätzlich zurückgreifen - die Banane ist Obst und übrigens auch kohlehydratreich!
- Vollkornprodukte und Salat zu essen, um das Hungergefühl zu stopfen, ist dann gefährlich, wenn ich dadurch den natürlichen Mehrverbrauch an Energie unterschätze und zu wenig Energie aufnehme. Außerdem wird durch zuviel Ballaststoffe der Magen aufgebläht und drückt auf die Zwerchfell-Atmung, deswegen sind zumindest während des Radfahrens (also tagsüber) kompakte Energieträger vorzuziehen. Während des Sporttreibens ist eine intensive Darmarbeit nicht erwünscht und ermüdet zusätzlich!
- Erst jüngst haben Wissenschaftler darauf verwiesen, dass die als bedingungslos gesund geltenden Ballaststoffe nicht von jedem Körper gleich gut vertragen werden. Durch die gezielte Ballaststoffkonzentration in in immer mehr Lebensmitteln haben mittlerweile verschiedene Körpertypen große massive Probleme. Man muss seinen Körper kennen und sich nicht einseitig auf eine Sache stürzen. Das gilt auch für Ballaststoffe. Sogar Obst und Gemüse ist je nach Sorte für bestimmte Typen nicht unbegrenzt empfehlenswert - ähnlich wie viele Menschen, z.B. die Chinesen - eine Unverträglichkeit für Milch haben.
- Wir leiden überwiegend an Eiweißunterversorgung: Das ist ein Witz von Herrn Heinzmann. Wir leben in den Nicht-Hungerländern von eindeutig zuviel Fleisch, d.h. sind eher überversorgt mit Eiweiß.
- Hohe Eiweißversorgung ist ideal für Radtouren: Der Eiweißaufbau im Muskel geht langsam vonstatten. Es macht Sinn sportlichen Muskelaufbau mit Eiweißernährung zu begleiten. Es macht keine sind, die erhöhten kurzfristigen Energiebedürfnisse bei einer Radtour mit Eiweißen ausgleichen zu wollen, weil die in dieser Zeit nicht wirksam werden. Es macht wiederum Sinn bei einer erhöhten Belastung über mehrere Wochen nicht nur auf Kohlehydrate zu setzen, sondern im gesunden mix auch den Eiweißhaushalt z.B. mit Steaks und Fisch auszugleichen - aber nicht als Ersatz für Kohlehydrate.
- Heinzman hat offenbar nichts über die Gesamtenergiebilanz gesagt: Nüsse, Äpfel, Bananen sind gesund - ja, aber es macht einen Unterschied, ob ich einen Kilo Nüsse oder ein Kilo Äpfel esse. Klar, das bei hohen Anforderungen mal eher mehr Nüsse als Äpfel geknackt werden sollten.
- Das Prinzip der ausgewogenen Ernährung gilt auch für hohe Belastungen. Es gilt nicht entweder oder, sondern alles gehört in den Plan hinein. So steigt nicht nur der Energieverbrauch bei gewichtigen Radtouren, sondern auch bestimmte Vitamine müssen stärker ersetzt werden - z.B. auch wegen der hohen Beslastung der Sonne auf der Haut.
- Das wichtigste beim Radfahren ist der Wasserhaushalt. Er sollte der Leistung in jedem Fall ausgeglichen sein. Es schadet auch nicht, darüberhinaus mal etwas salziger zu essen als normal.
Am besten ist, wenn man sich auf den eigen Geschmack und sein inneres Wohlbefindengefühl verlassen kann. Leider liegt hier gerade das Problem in der Ernährung, sodass sich viele versuchen, mit "wissenschaftlicher" Hilfe den Ernährungsplan zu erarrbeiten. Gerade das ist aber nicht möglich, denn bis heute ist eine rundum gesichterte wissenschaftliche Erkenntnis über das gesamte Ernährungsverhalten des Körpers nicht gegeben. Es gibt nur Indizien und hier muss jeder etwas aus seinem Instinkt hinzufügen.