Ich halte den Fall, dass es unmöglich ist, Radfahrer und Mutter mit Kinderwagen und/oder Rollstuhlfahrer mitzunehmen, für einen konstruierten unrealistischen Fall. So etwas kommt allenfalls als absolute Ausnahme vor, z.B. wenn man an einem Pfingstwochenende mit einem ganz bestimmten Zug von Berlin an die Ostsee fahren will. Was ohnehin nur der tut, der nicht ganz bei Trost ist.
In weit über 99% der Fälle kann man aber alle mitnehmen, sofern man alle strunzdummen Egoisten von den Plätzen entfernt, die ihnen nicht zustehen. Da kann man gerne mit den Mitradlern anfangen, die sich auf den Klappsitzen hinter ihrem vollbepacktem Rad verbarrikadieren und damit mit einem Rad 4 Plätze blockieren. Abpacken und sich einen anderen Platz suchen und schwupps finden dort 3-5 Räder Platz, wenn der Zugchef ein Auge zudrückt und nicht auf den markierten Bereich besteht, sondern eine Mannsbreite als Durchgang genügt, auch mehr. Wenn das immer noch nicht reicht, scheuche man alle Reisenden ohne Gepäck aus dem Mehrzweckbereich. Als nächstes kann man das Gepäck sortiert nach Ausstiegshaltestelle in einer Ecke stapeln und die dazu gehörenden Reisenden bitten, in den Wagen durchzugehen. Und als letztes bringt man den Kinderwagen samt zugehöriger Familie in einem anderen Türbereich unter, wo man dann wieder Reisende weiter in den Wagen scheucht, die meinen, sie müssten die nächsten 20 Stationen als Türsteher mitfahren. Rollstuhlfahrer und Fahrräder haben übrigens in den meisten Zügen und Triebwagen mittlerweile unterschiedliche Abteile und Zugangstüren.
Und, ja, selbstverständlich bringt so eine Umpackaktion für viele Fahrgäste Unannehmlichkeiten wie den Verlust eines Sitzplatzes, oder man muss enger zusammenrücken. Aber das kann doch kein Grund dafür sein, Leute am Bahnsteig zurückzulassen. Wer es nicht glaubt, der darf gerne mal an einem Sommerwochenende mit Badewetter nach Fürstenberg an der Havel fahren und zusehen, wie die Zugbegleiter mit ebenso energischen wie eindeutigen Anweisungen die Umsteiger von gleich 2 knackvollen Zügen (regulärer RE und Entlastungszug) nebst Rädern, Kinderwägen, Zeltausrüstungen und sonstigem Sperrgepäck in einem Mini-Triebwagen nach Mirow befördern.
Und, nochmal ja, auch ich hätte es gerne bequemer, aber da muss ich wohl auf den Sankt-Nimmerleinstag hoffen, bis sich Bahn und Länder darauf einigen, für chronisch überlastete Strecken weitere und/oder längere Züge zu organisieren. Die Bundesländer und die Bundesregierung sind ja in der Regel damit beschäftigt, den Herren Autofahrern mehr und breitere Straßen zu bauen.