Moin zusammen,
interessant finde ich, ohne jetzt einen bestimmten Beitrag zu meinen, daß sogar hier, also im Forum der potentiellen Nutznießer einer Radmitnahme im ICE, teilweise unternehmerische Argumente hervorgeholt werden, welche die Bahn in ihrer aktuellen Verfahrensweise unterstützen.
Glaubt eigentlich irgendjemand tatsächlich, die Bahn wäre ein "normales" Wirtschaftsunternehmen, welches in "normalem" Wettbewerb steht? Dem ist mitnichten so. Die Bahn ist nach wie vor ein stark subventioniertes Unternehmen. Dabei sollte man nicht nur aktuelle Geldmittel betrachten, welche der Bahn zufließen. Fakt ist doch, daß die Bahn in der Hauptsache mit Gütern wirtschaftet, welche der Steuerzahler über Jahre hin finanziert hat. Das Schienennetz ist ja nicht erst nach der Bahn-Privatisierung entstanden und auch das rollende Material ist nicht größtenteils von gestern, sondern von vorgestern - wenn auch mit neuen Antrichen versehen.
Ich gehe jede Wette ein, daß, würde sich die Bahn in wirklichem Wettbewerb befinden, sehr schnell ein paar Änderungen kommen würden. Und mit sehr schnell meine ich binnen Monaten:
- die Standard-Preise würden sinken. Nicht um ein paar Prozent sondern auf Bruchteile der bisherigen. Im Gegenzug würden erst mal wahrscheinlich viele Sparangebote verschwinden (was dann aber zu verkraften wäre)
- Radmitnahme im ICE? Hundertprozentig, und zwar mit Handkuß
- flexible Zuggarnituren um Lastspitzen auszugleichen? Was seit jeher aus logistischen Gründen als nicht durchführbar bezeichnet wird, würde plötzlich möglich werden
- ...
Wie erreicht man das? Nun, wir haben etwas ähnliches doch vor 10 Jahren schon mal durchgemacht. Ich spreche von der Öffnung des Telefonmarktes. Innerhalb kurzer Zeit sanken damals die Preise für Telefongespräche auf unter 20% des vormals gültigen Preises, und sie sinken heute noch. Man erinnere sich, vor 1996 kostete ein Ferngespräch in Deutschland 65 Pfg. pro Minute.
Auch durfte man ganz plötzlich beliebige Endgeräte verwenden, was zuvor noch verboten war. Und ziemlich schnell gab es ISDN für alle, obwohl die Technik schon 10 Jahre früher marktreif war.
Warum nicht mit der Bahn genauso verfahren? Eine Regulierungsbehörde legt die Preise fest, zu welchem die Bahn jedem interessierten Unternehmen das Schienennetz zur Nutzng überlassen muß. Bahnhöfe werden an Privatbetreiber verkauft, die nach entsprechenden Vorgaben der Behörde diese Betreiben müssen. Die größte Schwierigkeit wäre wohl, die Fahrpläne und den Fahrkartenverkauf so unter einen Hut zu bringen, daß der normale Reisende noch durchsteigt. Aber auch damals hatten viele nicht gedacht, daß die Öffnung des Telefonmarktes technisch umsetzbar wäre.
Gruß, André
der die Bahn eigentlich gerne benutzt, auch mit Rad, aber immer wieder dran erinnert wird, daß er eigentlich nicht Kunde sondern Störfaktor im Betriebsablauf ist.