Hallo,

ein recht interessantes Thema ist das, bei denen zwei Arten der Erfahrung mit der Polizei als Pole erscheinen: a. der Polizist im Alltagsstraßenverkehr: eher positiv, b. Polizei auf Demos: eher negativ

Ich war noch nie auf Anti-Atomkraft-Demos, aber was ich bislang von Bekannten darüber gehört habe, glaube ich ihnen aufs Wort.

Ich selbst habe bislang noch nicht oft mit der Polizei zu tun gehabt, aber wenn, dann war die deutsche Polizei immer freundlich und korrekt. Bis auf einmal, wo sie nicht kam (letztlich war es die Erfurter Bahnpolizei, an die mein Notruf weitergeleitet wurde), nachdem ich zum Handy gegriffen hatte, als ein rechtsgesinnter angetrunkener Fußballfan die Schaffnerin angegriffen hatte.

Nicht ganz gut fand ich den Porno-Skandal in Erfurt, nach dem die Polizei hier massenhaft während der Dienstzeit Bildchen austauscht. Die sollen arbeiten und z.B. meinen Notruf weitergeben, wenn so ein Jungnazi ein Zugabteil terrorisiert.

Zum Wort "Bulle". Natürlich ist das ein pejorativer Ausdruck. Auch dass sich Polizisten selbst so bezeichnen, ändert nichts an dieser Tatsache. Es ist ähnlich, wie wenn sich Behinderte als "Krüppel" bezeichnen. Meine Kollegin, die im Rollstuhl sitzt, würde ich nie so nennen. Der einzige mir bekannte Fall, wo ein negativ besetzter Ausdruck nun neutral verwendet wird, ist "schwul".

Zur Win-Win-Situation: Das sehe ich auch so. Es ist in jeder Kommunikation sehr wichtig, dass die "Würde" des anderen bewahrt wird und dass er/sie nicht lächerlich gemacht wird. Das wäre sonst ein so genannter face threatening act. Immer den anderen respektvoll zu behandeln, sollte aber meiner Meinung nach nicht nur ein Mittel zum Zweck sein, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Meine intensivste Erfahrung mit Polizisten war 1999 in Polen, nach einem Überfall. Die Polizei dort erschien mir sehr unprofessionell, aber auch ganz lustig. Hier einige Zitate aus meinem damaligen Bericht, mich würde mal interessieren, was die PolizistInnen in diesem Forum dazu meinen.

Zitat:

Der Polizist fragte mich u.a., warum ich allein unterwegs sei. Ich dachte mir, "diesen Schuh lasse ich mir nicht anziehen", und antwortete: "Warum nicht? Ich bin eine freie Person in einem freien Land!" [...]

Wieder auf der Polizeistube hatte sich mittlerweile auch die letzte Zeugin verabschiedet, deren Adresse der Polizist wahrscheinlich auch nicht hatte. Der Autonummer schenkte er auch keine weitere Beachtung, obwohl es sich bei den Insassen zumindest um wichtige Zeugen handeln konnte. Ich selbst hatte leider nur einen der Räuber aus nächster Nähe gesehen, ein junges, relativ schmales Gesicht, das ich wiedererkennen würde, aber nicht beschreiben konnte. So was wie Phantombilder scheint es in Polen auch nicht zu geben. [...]

Leider ließen mich die Polizisten nicht ein drittesmal telefonieren, um meine EC-Karten selbst zu sperren, mit der Begründung, mehr als zweimal könne ich nicht nach Deutschland telefonieren! Ich hatte mittlerweile nachhaltig einen Übersetzer verlangt und mittlerweile war noch ein anderer jüngerer Polizist eingetroffen, der ziemlich mackerhaft wirkte. [...]


Auf seine Frage, ob ich Frau oder Fräulein sei, antwortete ich: "Fräulein. - Und Sie? Sind Sie verheiratet?" Dieser Machopolizist sagte dann wenig später auch noch klar, was sein Kollege so deutlich nicht ausgedrückt hatte: ich solle doch heiraten und im Schutze meines Gatten auf Radtour gehen. Irgendwie gaben mir alle eine gewisse Teilschuld an dem Überfall, die mir als Mann sicher nicht so zur Last gelegt worden wäre. [...]


Am Ende ging der junge Polizist noch zum Safeschrank, nahm angeberisch eine Pistole heraus, und erklärte mir belehrend, so etwas hätte ich dabei haben sollen. [...]


[Anderntags] Da die Polizei sich nicht bei uns meldete, gingen wir eben selbst dorthin.


Dieser Polizist war wirklich eine echte Show. Bevor wir gingen, musste er sich noch rasieren, schnitt sich aber dabei und rannte dann mitleidsheischend mit einem Handtuch an die Wange gepresst durch die Amtsstube. Ich fragte Agnieszka, ob er denn auf der Polizeistation wohnen würde? Der Mann hatte wirklich Ähnlichkeit mit Hauptkommisar Strobel in "Adelheid und ihre Mörder". Eine echt komische Figur. Leider war ausgerechnet diese komische Figur für meinen Fall verantwortlich.


Nachdem der Polizist sein Handtuch abgelegt hatte, konnten wir endlich nach Ketrzyn fahren [...]. Dann gingen wir zur Polizeistation von Ketrzyn, wo ich eine Bescheinigung für die Botschaft und für die Versicherung abholen sollte. Weil aber der Polizeikommandant gerade nicht da war, war dies erst ab 15.00 Uhr möglich. [...] .


Dem Polizisten hatte ich unterdessen angekündigt, ein Foto von ihm zu machen, worüber er völlig begeistert war. Das motivierte ihn auch, mich ohne weiteres zum Bahnhof zu fahren, wo Agnieszka eine Fahrkarte für mich kaufte. [...]


Bei der Polizeistation machten wir Fotos in allen Variationen. Der Polizist war völlig verzückt, und ich musste ihn auch noch in Arbeitspose an seinem Schreibtisch ablichten, obwohl ich vorher erklärt hatte, dass meine Pocketkamera das nicht bringt. Dass ich die Fotos an Agnieszka schicken wollte, genügte ihm nicht, nein, er gab mir sogar extra die Adresse des Polizeibüros. [...]


[Auf meiner Fahrt zur Stadt:] Was ich dann ziemlich nett fand, war dass der Polizist mich kurz nach der Haltestelle hupend und winkend überholte und mir kurz vor dem Geschäft in Solanka wieder ebenso hupend und winkend entgegenkam, und mich damit sozusagen aus seinem Gebiet eskortiert hatte.


Das soll nun aber nicht heißen, dass ich meine, wir müssten in Dankbarkeit verharren, weil unsere Polizei besser organisiert ist. Ich musste wegen der Versicherung auch noch in Deutschland zur Polizei und fand die dafür ziemlich unoriginell, wenn auch korrekt. Naja, lag vielleicht daran, dass es Münsteraner waren bäh .

Viele Grüße
Petra