Will sagen: die mögliche (oder ideale) Reifengröße hat auch etwas mit dem Rahmen, der Gabel usw. zu tun. Und es werden halt MTBs für 29" Reifen hergestellt und welche für 26" und seit neuestem auch für 29"+. Deshalb machen die Bezeichnungen natürlich einen gewissen Sinn. Sie bezeichnen eben nicht die Felgen- oder Reifengröße, sondern sie bezeichnen Untergattungen des Fahrrades, hier des MTB. Für diese sind jeweils unterschiedliche Reifen Standard.
Der Punkt ist doch der, dass es weder bei den Maulweiten noch bei den Reifenbreiten klare Grenzen zwischen den "Marketingklassen" gibt. Und es gibt eine ganze Reihe Reifen, die eben nicht in die aktuell gehypten Marketingklassen rein passen und dennoch ihre Berechtigung haben. Ich denke z.B. an schmale Rennreifen für 559er-Felgen (z.B. an Jugendrädern) oder typische "Treckingreifen", die es von 30-622 bis 55-622 nahezu übergangslos gibt.
Das eine sind dann Reifen für ein Jugendrad das andere welche (28") für Trekkingräder. Was hat das mit 29" Reifen zu tun?
Klar gibt es Räder, die nicht in die großen Kategorien passen. Soll man deshalb auf Kategorien verzichten? Weil es ein paar seltene Ausreisser gibt?
Ich weiß wirklich nicht, was so kompliziert daran sein soll, Reifen in Abhängigkeit von zwei charakteristischen Kenngrößen (Innendurchmesser und Breite) zu (ver)kaufen.
Nichts ist daran kompliziert, deshalb wird es ja so gemacht. Es gibt aber eben auch die Zollgröße, bzw. die - einfacherere, weil kürzere - Gattungsbezeichnung, die für viele Fälle hilfreich ist. Was ist daran verdammenswert?
Der vermeintliche Ansatz dies auf eine Zahlein inhaltsfreies Marketringsprech (a la 26", 27", 27,5", 29" 28" oder alles noch mit plus)
Es ist ja nicht inhaltsleer, sondern es wird der ungefähre Raddurchmesser, inkl. Reifen beschrieben. Man könnte auch argumentieren, daß das die relevantere Größe ist. Für den technisch nicht interessierten Fahrer, kommt es doch eher darauf an, wie groß das Rad ist, nicht welchen Durchmesser die Felgen haben und welche Dicke die Reifen.
Bei Jugendrädern funktioniert das auch gut. Es gibt 24" Zoll Fahrräder, die passen für die Kurzen, wenn sie dann wachsen gibts 26" Fahrräder und nach dem letzen Wachstumsschub nen 28" Rad. So sind Millionen von Jugendlichen aufgewachsen, ohne das jemand etwas von ETRTO wusste. Um die Details im Defektfall kümmert sich dann der Radladen.
Der Unterschied zw. 26" und 29" ist mitnichten nur die Reifengröße, sondern es ändert sich die gesamte Geometrie. Das Fahrgefühl ist ein völlig anderes. Man sitzt mehr zwischen den Rädern. Und für große Menschen passen 29" sowieso besser. Die Entscheidung welches Rad zu mir passt, ist also keine des Felgendurchmessers, sondern der Radgröße und der davon abhängigen Geometriedaten.
Deine Hosen kaufst du doch auch nach Hüftumfang und Länge (skuriler Weise auch in Zöllen und nicht in mm, aber das ist ein anderes Thema) und jeder Versuch das noch weiter reduzieren zu wollen ist zum Scheitern verurteilt.
Gerade bei Kleidergrößen gibt es gefühlt 500 unterschiedliche Systeme. Das war nun wirklich das schlechteste Beispiel.
Wenn ich ein 29"+ Fahrrad habe, geh ich ins Geschäft und kaufe mir nen 29"+ Reifen, der passt dann schon. Wenn ich dagegen einen 27" Reifen sehe, fällt mir auf, daß da vlt. etwas nicht stimmt.
Und wenn der Laden nur einen teuren 29+-Reifen hat,
Nicht jeder fährt Fahrrad um Geld zu sparen. Die allerwenigsten Kunden von 29+ Rädern kommen auf die Idee daß jemand am Fahrrad Geld sparen wollte.
29+ kauft man sich, weil man besonders dicke Schlappen fahren will. Kann ja sein, daß man davon irgendwann die Schnauze voll hat, dann kann man natürlich auch andere Reifen fahren. Dennoch ist es doch gut zu wissen, für welche Reifen das Fahrrad entwickelt wurde. Die Reifenfreiheit, für die das 29+ Bike entwickelt wurde, ist dann unnötig, die Optik verliert, das Fahrverhalten ändert sich, etc.
aber noch ein paar günstige 29er-Reifen und und auch günstige breite 28er-Reifen-Treckingreifen und ich mein Superduper-MTB eher nicht im Gelände fahre, dann soll ich nach Marketingdenke trotzdem den teuren 29+-Schlappen holen?
Dann fragst du beim Händler nach, was der billigste Reifen ist, der auf den Rad passt oder du arbeitest dich in die Geheimnisse der Felgen- und Reifengrößen ein. Wo siehst du das Problem? Wenn du dein 11-fach Rad auf 9-fach umbauen willst, musst du dich etwas mit Schaltungen beschäftigen. Die Inkompatibilitäten sind in dem Bereich deutlich versteckter und schwieriger zu erkennen, als bei den Reifen/Felgen.
Hast du dich mal mit Standards rund um Kurbeln auseinandergesetzt? Was da geht und was nicht?
Man schaue sich mal ein MTB-Forum an, wieviele Unklarheit es darüber gibt, welche Felgenbreite für welchen Reifen taugt. Würde man sich einfach an die Gattungsbezeichnungen anstatt ETRTO halten - auch bei Felgenmaßen -, wäre das völlig unproblematisch.
Nö, eben nicht. Es ist mitnichten so, dass alleinig die Reifen passen, die unter den entsprechenden Gattungsbezeichnungen beworben werden.
Es gibt aber Reifen, für die ist das Rad gedacht/konstruiert und es gibt welche die passen auch drauf. Das ist ein Unterschied.
Ich würde von der Industrie nicht verlangen wollen, daß sie alles daran setzt, damit ihre teuren Räder darauf vorbereitet sind von Bastelfreaks verunstaltet zu werden. Der Markenname bleibt ja meistens sichtbar und wenn so ein 29+ Rad mit 26" Rennradreifen gefahren wird, sieht das nicht toll aus. Es funkioniert, es ist aber weder das was der Konstrukteur sich vorgestellt hat, noch das wofür der Kunde einmal viel Geld ausgegeben hat.
Was du forderst ist: Sie sollen ihre Räder so verkaufen, als wären sie alle gleich. Der Kunde flöht dann seitenweise Tabellen im Katalog um rauszufinden, ob das was er will - in dem Fall besonders dicke Reifen am MTB fahren - mit dem Rad möglich ist.
Die Hersteller werden dir da aber nicht entgegenkommem. Sie ersparen ihren Kunden lieber diese Arbeit, indem sie einen Gattungsbegriff verwenden, der griffig, kurz und treffend ist. Und der Kunde weiss sofort Bescheid, daß das ein Rad ist, daß ein wichtiges Kaufkriterium erfüllt und damit für ihn in Frage kommt.
Vlt. wäre es dir lieber, sie würden die Dinger bspw. XYZ-Super-FAT die 29" Räder sollen vlt. XYZ-Fat heissen, damit keine Konkurrenzbezeichnung zur geheiligten ETRTO-Normung entstehen kann. Aber die Zollgrößen kommen mir irgendwie weniger dämlich vor.
Ja, es gibt Kunden, die nicht in das übliche Raster fallen und die andere Ansprüche haben, als die Masse. Die hindert aber auch niemand daran sich ein Rad auszudenken und zusammenzukaufen, daß ihnen besser gefällt. Wirklich niemand.
Und andersrum ist auch nicht garantiert, dass wirklich alle Reifen der gleichen Gattungsklasse passen. Treckingreifen hatte ich schon genannt. Wenn das Rad auf schmale Reifen ausgelegt ist, dann wird da keine Freiheit mehr für 50-622er sein.
Dafür gab es mal den schönen Begriff "Ballonreifen". Auch ein Marketingbegriff, der treffend war und in der Praxis gut funktioniert hat. Leider scheint er in dem ETRTO-Wirrwarr etwas untergegangen zu sein. Jetzt muss man erstmal rausfinden, wieviel Reifenfreiheit an Schutzblech, Hinterbau und Gabel/Bremsen vorhanden sind, wie groß die notwendigen Toleranzen sind usw. bis man weiss, ob man einen breiten Reifen fahren kann oder nicht.