Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurden bei Mittenwald mal Gebirgswanderer gerettet, weil das Display des Handys leuchtete.
Daraus könnte man auch die Forderung zu leuchtender Kleidung ableiten.

Meine Radfarbe kann ein Display locker ersetzen.

Ich finde die ganze Diskussion ja mal wieder typisch, wie sie auch beim deutschen Auto (Airbag, Knautschzonenwerkstoff, ABS usw.) gerne abläuft: Nicht das Verhalten (Prävention, einsichtiges und soziales Verhalten, fundierte Risikoabwägung) steht im Vordergrund, sondern die Immer-überall-Rettbarkeit durch Technik. Für alle Situationen bringt man schon die sichere Lösung eines noch nicht exisitierenden Problems mit. Der Wunsch - oder besser: die Illusion, die Welt bis in jedes Detail und den letzten Winkel der Erde beherrschen zu können. Die Forever-Life-Kaskoversicherung als Scheckkartenchip in der Hosentasche. Bei genauer Betrachtung handelt es sich um eine technophile Überschätzung der Möglichkeiten.
Wenn ich als sportlich aktiver Radler in so viele Notsituationen kommen würde, sollte ich mir Gedanken machen. Über meinen Stil des Radfahrens, über meine Selbstüberschätzung. In meinen fast 13 Jahren des Radreisens (Tagestouren eingeschlossen) habe ich für mich noch keine Notsituation erlebt, die ein Handy erfordert hat. In den anderen Jahren davor mit Rennrad, Unischlampe, Schulgurke oder gar Auto auch nicht. Der einzige ernsthaftere Unfall in meinem Erwachsenenleben erforderte weder von mir noch von anderen ein Handy - war auch noch nicht üblich (Mitte 1990er Jahre). Genügend Menschen umher (Telefone, Taxifunk, sogar das Krankenhaus war in Laufweite). Nur deswegen, dass ein Mobilgerät heute bei fast jedem in der Tasche steckt, ist es nicht zwingend erforderlich. Die Alternativen werden ja meistens gar nicht mehr erwogen - der Zeitvorteil wird weit überschätzt.
Einige Nicht-Notsituationen, aber unangenehme Situationen konnten dadurch entspannt werden, dass jemand für mich angerufen hat (Unterkünfte), dass war aber fast immer auch per Festtelefon möglich - nur einmal fällt mir eine Handy-Situation ein (mir selbst hätte ein Mobiltelefon da aber nichts genutzt, da Sprache und Tel.Nr. unbekannt). Zur Not wäre ich auch ohne diese Hilfe zurecht gekommen, wenn auch weniger angenehm.
Eine Unfallsituation eines Mitradlers war mal prekär - das war aber in einer Gruppe. Trotz vieler Handys umher gab es Probleme wegen eines Funklochs. Das war in der Hochtechnolgieregion BaWü - wie soll es dann irgendwo anders in der Welt aussehen? Es ist selbstverständlich, dass in Notfällen Hilfe immer irgendwie von außen kommen muss - man ist also auf andere Menschen angewiesen, ganz unbhängig von der Technik. Dabei kann ich nicht von jedem die maximale Technikausstattung erwarten (Ärztekoffer, Beatmungsgeräte, Mobiltelefon usw.). Auch hat nicht jeder das Geschick, geeignete Erste-Hilfe-Maßnahmen zu vollziehen. Deswegen ist man auch dankbar, wenn das jemand kann - aber es ist nicht selbstverständlich und keine Pflicht. Wenn jeder das Beste tut, muss das noch lange nicht ausreichend sein.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass ich in der fernen Wüste von Skorpionen in den Todeskampf gezwungen, von einem zufällig erscheinenden Kameltreiber sofort per Mobilknochen und mittels Rettungshubschrauber wiederbelebt werde. Eventuell muss ich zwei Tage auf dem Kamel ausharren, werde zu einem Wunderheiler gebracht und nach einer Woche vielleicht an einen mangelhaft ausgerüsteten Dorfarzt übergeben. Wenn ich Glück habe, überlebe ich. Wenn nicht, ist Pech. Den Kameltreiber trifft aber deswegen keine Schuld, nur weil er kein Mobiltelefon dabei hatte. Und warum sollte das bei uns anders sein - oder gibt es schon eine Staatsräson zum ordnungsgemäßen Mitführen eins funktionsfähigen Mobiltelefons? Ein neuer Moralkodex der Mobilfunkhersteller?

Welche Pflicht kommt danach? Das GPS-Tagging per Geburtschip?
