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In Antwort auf: sugu
Mein "Aha-Erlebnis" war, als ich das erste Mal im Winter bei frisch fallendem Neuschnee von der Arbeit nach Hause gefahren bin: Die hydraulischen Felgenbremsen (HS11) hatten bis dahin auch bei Nässe und Dreck gut funktioniert, aber bei Schnee kamen sie an ihre Grenzen: Von 10 km/h auf 8 km/h bei 10% Gefälle runterzubremsen brauchte 100 m. Dabei klumpte der nasse Schnee als grauer Klotz an der Bremse. Später habe ich auf Scheibenbremse umgerüstet und auch im Winter auf dem Arbeitsweg da keine Probleme mehr.


Für diese Bedingungen, Radeln im Schnee stimme ich dir uneingeschränkt zu. Felgenbremsen sind dafür eine schlechte Option. Wobei ich anmerken muss, dass unsere Felgenbremsen (HS11 und 33, diverse V-Brakes) bei etwas Schnee oder Schneematsch im Alltag keinen Ärger gemacht haben. Ein Snow-Bike-Ride mit Felgenbremsen im Tiefschnee bergab zerreibt dagegen ziemlich zuverlässig die Bremsbeläge der V-Brakes. Es braucht also schon relativ ungünstige Umstände, um Felgenbremsen außer Gefecht zu setzen.

Vielleicht sind die sehr unterschiedlichen Erfahrungen weniger nur Erfahrungen mit den Bremsentypen, sondern mehr Erfahrungen dem Gesamtpaket Rad und den eigenen Fähigkeiten:

Unsere Räder im familiären Fuhrpark habe ich alle mit unkomplizierten, stabilen Alltagsfelgen aufgebaut, nachdem kurze Experimente mit Leichtbaufelgen (Mavic) gescheitert sind. Negative Ausreißer mit schlechten Felgen gab es bei uns fast keine.

Die V-Brakes funktionieren bei uns generell gut, auch wenn sie im Alltagseinsatz, also auch bei Schneematsch, salzigem Dreck und anderen winterbedingten Schwierigkeiten manchmal etwas hängen und damit schleifen können. Mit ein wenig Fett an den richtigen Stellen lässt sich das aber schnell beheben. (Den Radmechaniker dafür zu bezahlen ist allerdings unwirtschaftlich. Der wirft die Bremsen einfach weg und montiert neue.) So funktionieren auch sehr alte V-Brakes (fast 20 Jahre im Alltags-Einsatz) immer noch störungsfrei.

Die HS 11 und 33 funktionieren an sich sehr gut, wenn sie einmal sauber ein gestellt sind. Sie lassen sich beim Einstellen aber ziemlich bitten. Jemand im Forum hat einmal zu Recht gemeint, die "Magura (gemeint Felgenbremse) ist eine Diva." Einmal eingestellt ist die Diva aber unkompliziert. Am einfachsten finde ich die Demontage eines Laufrades bei den Maguras, indem ich die Luft im Reifen ablassen, und die Bremse nicht anrühre. Diven mögen das nicht besonders, die verstellen sich nachher manchmal wieder. Da sind die V-Brakes unkomplizierter.
Wir hatten einmal eine geknickte Bremsleitung, passiert durch das Umfallen des Tandems, das war der einzige Defekt. Eine HS 11 am Rad meiner Frau lässt den Belagsabstand nicht mehr nach stellen, da sie korrodiert ist. Die HS 11 und 33 müssen sehr genau ein gestellt sein, um nicht, wenn die Kolben mit etwas abgenützten Bremsbelägen weiter ausgefahren sind, zu klemmen. Meine Frau fährt mit HS 11, weil bei ihren Rädern mit Damenrahmen die hinteren Bowdenzüge der V-Brakes Wasser enthielten, das im Winter einfror.

Die Scheibenbremsen sind sicher die technisch ausgereifteste Bremsen, mit viel mehr Bremskraft, als am Tourenrad jemals benötigt wird. Die Laufräder können einfachst aus- und eingebaut werden. Nur darf niemand dazwischen den Bremshebel drücken. Das kommt durchaus vor. Auch neugierige Gepäcksmitarbeiter am Flughafen sind davor nicht gefeit. Die Abstandshalter sind daher nicht unwichtig. Wenn sie aber zicken, dann gerne ordentlich.

Die Bremsleistung aller dieser Bremsentypen reicht für ein Tourenrad locker aus. Einen langen, steilen Pass hinunter hat jede der Bremsen Stärken und Schwächen, auch Scheibenbremsen sind da nicht vollkommen unproblematisch. Wer mit Leichtfelgen fahren will, vielleicht auch immer am neuesten Stand der Technik sein will, der ist sicher mit einer hydraulischen Scheibenbremse gut bedient. Wer eine einfache, unkomplizierte Bremse, bei der auch leicht unterwegs Ersatz gefunden wird (der allerdings so gut wie nötig wird), bei der er dafür beim Bremsklötzchen Montieren vielleicht etwas länger basteln muss, der kommt mit einer V-Brake genauso gut aus.
Wer ein bisschen mehr Bremsleistung oder weniger Fingerdruck beim Bremsen wie bei den V-Brakes will, wird mit einer HS 33 zufrieden sein, wenn ihn Felgenbremsen nicht stören.

lg!
georg