Ich bin auch gut mit dem Drahtauslöser zurecht gekommen und war auch nie todunglücklich darüber, mich vom Sofa erheben zu müssen, um den Fernseher auszuschalten. Eingefrorene Schaltzüge habe ich allerdings schon erlebt, genauso wie unzuverlässig schaltende Schaltwerke, wenn der Zug hinten in dem 180°-Bogen verschlissen war und sich eingefurcht hatte. Es wäre ja Unsinn, zu behaupten, daß man mit der gegenwärtigen Technik nicht fahren könnte. Millionen von Radfahrern beweisen tagtäglich das Gegenteil. Genau so unsinnig wäre allerdings die Ansicht, daß deswegen alles immer und ewig so bleiben müsse und der derzeitige Stand der Technik der ultimative, endgültige, ewig glücklich machende sei. Da lassen sich doch aus allen Lebensbereichen Beispiele en masse finden, die belegen, daß das nicht so ist. Elektronik breitet sich im Alltag immer weiter aus, ersetzt sukzessive die Mechanik, ist in Massen hergestellt spottbillig und funktioniert i.d.R. weitaus zuverlässiger und ohne Fehl und Tadel. Die Welt bleibt nicht stehen - und das ist gut so.
Daß Shimano die elektrische Schaltung derzeit nur in den hochwertigsten Gruppen anbietet, ist z.T. auch eine Marketing-Entscheidung. Dort wird Geld gezahlt und dort kann man entsprechend auch den anfangs unvermeidlichen Aufwand treiben. Dort hat man es mit relativ kleinen Stückzahlen zu tun und kann entsprechend großzügig Kulanz gewähren, falls man sich doch mal irgendwo vergaloppiert haben sollte. Dort haftet der neuen Technik sofort und automatisch der Nimbus des Edlen und Kostbaren an, was folglich auch Begehrlichkeiten in der "Touristen- und Holzklasse" weckt. Sobald diese Kuh ausreichend gemolken ist, geht's nach unten zu den Angeboten für's gemeine Volk.
Interessiere dich mal für die Shimano Selecta/Adamas-Gruppe. Das ist ein Beispiel dafür (und zwar m.W. das erste, letzte und einzige), wie Shimano mal versucht hat, technische Fortschritte zuerst in der Budget-Klasse einzuführen - und großartig gefloppt ist. Dort findest du aber das erste one-key-release-System der Geschichte (Kurbelarm abziehen mit nix als 'nem 6er Inbusschlüssel), den Octajoint als frühen (1980!) Vorläufer des heutigen Octalink-Systems, eine Kettenblatt-Kassette, die sich nach Lösen einer einzigen Schraube komplett und wieselflink austauschen läßt und bei der ich eigentlich ziemlich zuversichtlich bin, daß wir die auch irgendwann mal in anderer Form wiedersehen werden. Die wies übrigens die "MW-Teeth" auf, m.W. die erste Kettensteighilfe überhaupt und saß separiert vom rechten Kurbelarm auf einem eigenen Vielzahn, weswegen z.B. die Kettenlinie immer bolzgenau gestimmt hat. Das Tretlager war vom Typ her ein Thompson, jedoch mit eingeschraubten Lagerschalen und einer Einstellmutter außen links. Tretlagerwartung ohne jedes Spezialwerkzeug, nur mit besagtem 6er Inbus und einem 24er(?) Maulschlüssel.
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