Das Fahren ist allein ja ok, aber die Abende sind mit einem gewissen Erfahrungs-/Informationsaustausch schon wesentlich schöner.
Auf Radreise ist das Alleinsein für mich der Normalzustand. Bei sonstigen Reisen nicht. Aber auch da habe ich eine Reihe von Unternehmungen auf dem Konto, bei denen ich allein war.
Heute ist das Alleinsein ja sowieso nur relativ und es gibt ja mehrere Bedeutungen für "allein". "Normal" scheint ja immer mehr zu sein, daß alle Beteiligten auch dann alles bis ins Detail voneinander wissen, wenn dazwischen Monate und halbe Erdumrundungen liegen. Und zwar permanent.
"Mama, du wolltest doch heute zuerst zum Bäcker und dann zum Frisör gehen. Warum hast du das dann umgedreht gemacht?" So, in diesem Stil.
Auf meiner ersten Griechenlandradreise gab es keinerlei kommunikatives Hilfsmittel, nur die damals immerhin vorhandenen Kartentelefone am Straßenrand. Weg bedeutete schlicht weg. So einfach. Ich habe heute keine Chance mehr auf wirkliches Alleinsein. Telefon, Skype, wözzäpp uswuswusw sorgen schon, daß man dort virtuell anwesend bleibt, wo man das sonst auch ist. Und umgedreht.
Frau, Mutter, Kinder, Freunde, die Firma, Xichzbuchkontakte und Alldaszeuchs sind immer hinten mit auf dem Gebäckträger. (Von den geheimen Diensten, Gockel und Konsorten garnicht zu reden.)
Ich habe auch den Eindruck, daß viele Menschen das erstens nicht mehr anders kennen und zweitens können. Die große Panik kommt auf, wenn man sich mal mit sich selber konfrontiert sieht. (Anwesende natürlich immer ausgenommen.) Wenn dann noch äußere akustische Ruhe dazukommt, und die Gefahr besteht, in eine erfüllte Stille hereinzugeraten, dann ist die Angst groß.
Ich überzeichne ein bißchen, aber nicht allzusehr. Alleinsein scheint mir heute ein immer wertvoller werdendes Gut zu sein. Andererseits gebe ich zu, daß es nicht des Menschen Erfüllung ist, dauerhaft niemanden um sich zu haben. Es geht halt darum, hier ein Gleichgewicht zwischen innen und außen zu finden und zu praktizieren.
Keine Hilfe ist dabei in meinen Augen das "gemeinsam einsam" derjenigen, die sich zuviel in social-media-Welten aufhalten. Wirkliche Menschenbegegnungen müssen das schon sein, sonst ist es trotz allen Trubels doch "allein". Aber mal 2, 4 oder 8 Wochen auf Radreise für sich zu sein, sehe ich nicht als Problem.