Allerdings auch keine 29 Euronen sondern immer .. noch einige mehr. Und da steht unten dann noch ausdrücklich, dass der Preis für das Fahrrad noch nicht berechnet wurde.....
Das ist ähnlich wie beim Versandhandel bestellen. Der Fahrradsattel kostet 2 Euro weniger als im Geschäft nebenan, die Schnäppchenjäger bestellen dann sofort und merken hinterher, dass der Versand 10 Euro kostete und man 8 Euro mehr bezahlt hat.
Zum Sparpreis der Bahn: Seminar "Locke den Kunden in deine Nähe und raube ihn dann aus", 1. Semester an der Hochschule für angewandte Reisetheorie im gehoben fernbahnhofbezogenen Schienenverkehr deutscher Provenienz. Verantwortlicher Lehrkörpervorsitzender M. M. (Made Määähdorn). In Vertretung der narrenhaft besäuselten Vorstandsetagen in Berlin, wo heute statt über Schienennetzte über Netzstrümpfe diskutiert wird, unterrichtet ersatzweise veloträumer in hoffentlich gegebener Nüchternheit:
Die Deutsche Bahn AG befördert Fahrgäste. Dafür hat jeder Fahrgast einen Preis zu bezahlen. Dieser Preis ist abhängig vom Alter des Reisenden, von der Streckenentfernung, von der Art der benutzten Züge. Es werden auch noch diverse Rabattkarten verteilt, die muss man aber auch bezahlen. Ist eher was für Weitenjäger auf Schienen. Sie stammen übrigens nicht aus der Nachkriegszeit.
Bleiben wir im elementaren Segment "Erwachsene" und "Fernzüge". Fernzüge sind nicht alle gleich, einige gelten als Luxuszüge - der ICE etwa. ICEs haben spitzere Nasen als ICs, sie sind daher die besseren Dackelschneider - das ist der Luxus. Manchmal haben sie wie jeder gute Hund aber keine Lust und laufen auch nicht schneller. Der ICE kostet also nochmal mehr als ein IC bei gleicher Strecken. Egal ob IC oder ICE, der streckenabhängige und zugabhängige Tarif ist der "Normalpreis". Kann man immer kaufen. Ein deutscher Durchschnittsverdiener kann sich diese Fahrkarte aber kaum leisten, zumindestens wenn er nicht ein Jahr für eine Bahnfahrt sparen will.
Die Bahnmanager sind jedoch nicht dumm. Ohne Fahrgäste sinken die Jahresboni im eigenen Geldbeutel. Dagegen will etwas gemacht sein. Man streut also Lockfutter aus. Im Land der Schnäppchenjäger lohnt sich das besonders - selbst dann, wenn der Kunde nichts spart - Hauptsache Schnäppchen. Die Bahn nennt das "Sparpreise". Es gibt eine ganze Latte von Sparpreisen, damit nicht jeder gleich das günstigste Ticket erwischt. Verwirrung ist sehr wichtig. Ich beschränke mich hier auf die pauschalierten Sparpreise. Weitere Sparpreise werden im 2. Semester behandelt.
Nun, aus dem Gesagten folgt: ein Sparpreis für die Werbeplakate muss her: "Für 29 Euro quer durch Deutschland. Egal wie weit." Das klingt gut und wird vom Volk gerne so angenommen. Doch alle für 29 Euro pro Nase würde die Züge ja voll machen. Autos würden stehen bleiben. Und Leute müssten ihr Geld für Fahrräder und sonstige unsinnige Geräte ausgeben. Gesamtwirtschaftlich schlecht. Außerdem wollen die obersten Bahndeppen auch zusätzliche Boni.
Deswegen werden Sparpreise begrenzt. Die Kontingente sind weitgehend intransparent. Kontingente können auch vergriffen sein, wenn die Züge leer sind. Das macht die Sache auch für gelangweilte Bahnkunden interessant - immer Spannung, immer Überraschungen! Um das Volk bei Laune zu halten, werden immer mal wieder 29er-Scheine vergeben. Dann gibt es eine Sparpreis-Staffel, in Zehnerschritten nach oben: 39, 49, 59 Euro usw. Die sind auch begrenzt, werden aber häufiger als die 29er ausgegeben. Wie bei einer guten Lotterie gibt es auch Nieten und man zahlt Normalpreis. Ebenso wie bei einer guten Lotterie sind die Gewinner nicht die Spieler sondern die Betreiber.
Nun, ganz so einfach sollte das System nicht sein, obwohl der Zufall ja schon etwas Verwirrung stiftet. Eine Aktiengesellschaft mit Lokomotiven muss aber mehr bieten als einen Zufallsgenerator. Deswegen hat man Jubeltage eingeführt - das ist 3 Tage vor Abreise. Hier besteht die letzte Chance auf ein Schnäppchen, danach zahlt man automatisch Normalpreis. Wer also in Notlagen die Bahn unverhofft und plötzlich braucht, wird abkassiert - irgendwo muss das Geld ja herkommen.
Immer noch zu einfach? - Ja! Deswegen hat man noch sogenannte Fußfesseln eingebaut - offiziell als "Zugbindung" bezeichnet. Wer einmal Sparpreis gebucht hat, muss mit diesem einen Zug fahren - keine Stunde später, keine Stunde früher. Muss? - Nein, er kann auch anders, dafür muss man aber den Geldbeutel wieder weit öffnen. Ursprünglich wollte man solche Falschfahrer mit Ringelhemd auf ein Sünderbänkchen im offenen Güterwagen transportieren. Der Vorschlag erwies sich aber als umständlich und teuer für die Vorstandsgesellschaft. Wer nun aufgrund von Verpätungen seine gebuchten Züge verpasst, kommt in das Reich Kundenkulanz, Regressionsansprüche und Übernachten auf dem Bahnsteig. Auch hierfür hält die DB ein Seminar in höheren Semestern bereit.
Das Volk hat nun seltsame Angewohnheiten. Da gibt es z.B. Leute, die mit dem Rad zum Bahnhof kommen und in den Zug wollen, um sich nach dem Bahnurlaub wieder in Schweiß und unter Ketten zu begeben. Zunächst einmal werden diese Schmutzfinken aus den Luxuszügen generell ausgesperrt. In die verbleibenden Sozialschläuche dürfen die Drahtgestelle eingestellt werde. Auch dafür zahlt man Gebühren. Im Fernreisezug das Doppelte wie im Nahverkehrsbereich. Außerdem kassiert die Berliner Führungsgesellschaft von Ländern und Landkreisen Geld - dafür lässt sie im Nahverkehrsbereich sogar teilweise Räder kostenlos transportieren. (M. M. schmeckt das Bier in Berlin wie dem jüngst abgetreten Wirtschaftsfranken nicht. So wollte er mal nach Frankfurt, das hat ihm jemand verwehrt, seitdem ist er besonders ungenießbar und hat sich selbst Entschädigungszahlen zugesprochen.)
Gerade für Radfahrer lohnt das Rechnen. Denn trotz Schnäppchenpreis im Fernverkehr ist die Fahrt im Nahverkehr zuweilen halb so teuer, obwohl man nicht länger braucht wie mit Fernzügen - es kann sogar schneller gehen.
Das fahrende Volk (= Zigeunerklischee) in Deutschland besteht überwiegend aus Autofahrern. Zudem kaufen die Schnäppchenjäger weitgehend in Discountern ein. An diese Volksmasse möchte die Bahn auch noch ran. Dafür gibt die Bahn wiederum Kontingente in Umlauf. Man kauft bei Discountern freie Optionsscheine (Blankoschecks) für Strecken, die der Kunde selbst eintragen kann. Dieser Mitmacheffekt sorgt für Stimmung an Familienabenden. Manchmal kommt auch Mutti mit solchen Bahnkarten nach Hause und Papi frägt dann: "Kann man damit auch tanken?" - Die Kinder lernen wieder etwas über Züge und Lokomotiven und Mutti macht schon mal Antistressübungen für die Bahnfahrt. Insofern hat die Deutsche Bahn AG auch den Bildungsauftrag für die Jugend ernst genommen, fördert das Sozialleben in Familien und sorgt für eine Fitness-gestählte Bevölkerung.
Ich hoffe nun, ihr seht es nun recht klar aus Schwaben grüßt euch ein wilder Narr das Wort betont mit tosendem Radau die Bahn fährt heute auf Gleis 11 - Helau!