Ich bin in einer Jugendherberge aufgewachsen und habe bis gestern in ihr gearbeitet, und möchte mich zu einigen Sachen äußern. Das meiste ist hier schon sehr treffend formuliert worden, ich bin überrascht, wie viel Einblick viele Reisenden ind as System haben schmunzel


Zu der Situation mit den Doppelzimmern: Der Anspruch einer Jugendherberge liegt zwischen Zeltplatz und Hotel - sowohl in der Ausstattung, als auch preislich. Die Unterbringung im Mehrbettzimmer, bei der man am meisten Geld spart, ist also was für eher anspruchslose und kontaktfreudige Zeitgenossen. Es gibt durchaus (Rad)Reisende, die das gerne mögen.
Auf über 27jährige, die ohne Kinder unterwegs sind (die Kombination bewirkt 4 EUR Aufschlag) und gehobene Ansprüche haben (Einzel- oder Doppelzimmer mit eigener Dusche für weiteren Aufschlag), sind die meisten Jugendherbergen nicht primär ausgelegt. Dadurch kann man in auf solche Kunden spezialisierten Betrieben (Private Pensionen, manche Gasthöfe) öfters sparen. Jugendherbergen lohnen sich hauptsächlich für junge Menschen bis 26, Familien mit Kindern und Gruppen. Alle anderen finden je nach Haus recht unterschiedliche Leistungen für ihr Geld - von unschlagbar bis mittelmäßig zwinker


Um zu sparen, und dazu kommen die meisten Gäste in eine Jugendherberge, muss man planen. Das ist im Leben überall so - Sonderangebote muss man erwischen, bevor es ein anderer tut. Man investiert Zeit, um Geld zu sparen. In der Hauptsaison (Sommer an sich, Ferienzeit, lange Wochenenden) sind Jugendherbergen oft frühzeitig durch Reservierungen ausgebucht; und auch die 10% Kontingent für spontane Kunden sind bis nachmittags oft vergeben. Wer die Kosten eines Hotels umgehen und nicht zelten möchte, der braucht eine Reservierung oder vor Ort Zeit zum Suchen einer geöffneten Pension oder Jugendherberge. Da man beim Reisen per Rad (in Deutschland) spätestens alle 10 Km nah genug an Telefonzellen und Gasthöfe rankommt, um in der nächsten Jugendherberge oder Touristeninfo anzufragen oder über Nacht zu bleiben, verstehe ich nicht, wie man nachts um 1 hilflos an einer Jugendherberge ankommen kann - wo oft durch rechtzeitigen Anruf noch was zu machen gewesen wäre, beispielsweise per Zugangscodes. Ich empfinde es so, dass so jemand ein klares Risiko eingegangen ist (tu ich selbst gerne), und dann sein selbstgemachtes Problem zum Problem der anderen macht. Wer maximal spontan sein will und einen Nachtportier in Anspruch nehmen möchte, der muss in den meisten Fällen auch einen Nachtportier bezahlen, und sollte sich ein entsprechendes Hotel (oder eine teure Großstadtjugendherberge) suchen.


Ich bin übrigens selbst der spontane, planlose Typ, der gerne in den Tag hinein fährt. Dabei habe ich mich schon in genug unangenehme Situationen manövriert, an so manchem Bahnhof eine ungemütliche Nacht verbracht, weil ich kein Geld für ein Hotel ausgeben wollte. Und auch in Laos stehen manchmal 20 Km lang keine 2 Bäume dicht genug beieinander, um die rettende Hängematte dazwischen zu hängen. Auf eine Idee bin ich bei all dem noch nie gekommen: Auf Übernachtungsbetriebe oder Restaurants zu schimpfen, die nach ihren normalen Geschäftszeiten zumachen, oder seit nem Monat ausgebaucht sind (ob von Schülern, Familien oder einer Horde Motorradfahrer). Es ist heutzutage spielend leicht für Reisende, sich zu informieren. Wer das nicht tut, muss halt gelegentlich dafür blechen (sollte sich dabei vielleicht die Vorteile seiner Fahrt ins Blaue vor Augen führen, und lächeln).