Hallo Hans,

natürlich wollte ich damit wirtschaftlichen Erfolg haben.
Ich hätte das in eigener Regie fertigen lassen.
Da meine Schwester Geschäftsführerin einer mittelständischen Maschinenbaufirma ist, mit Fertigungsstätten auch im östlichen Europa, wäre die Produktion kein Problem gewesen.

Aber:

Der Vertriebsweg ist bei so was problematisch.

Eigenvertrieb:
Keinen Kontakt zur Branche/Händlern, Werbeaufwand, Zeitaufwand ....?
Alleine nicht zu realisieren

Fremde Vertriebskanäle:
Großhändler (2+2) haben erst mal kein Interesse oder wollen irrsinnige Großhandelsspannen.

Direktvertrieb:
Du hast den ganzen Tag nur mit Dampfplauderern zu tun, die begeistert sind, aber dann doch schon einen Hänger haben oder kein Geld oder erst nächstes Jahr ....

Endgültig abgeschlossen habe ich das Projekt als ich auf einer Messe Kontakte knüpfen wollte und zufällig beim Essen mit dem Vertriebschef einer bekannten Firma der Branche am Tisch saß.

Der meinte dazu:
Er brauche das Ding gar nicht zu sehen.
Entweder es sei schlecht, dann für ihn uninteressant oder wirklich gut und hat Erfolg am Markt, dann bauten sie oder die Konkurrenz das Teil sowieso innerhalb eines Jahres nach.
Wenn ich also glaubte in 2 Jahren genug Geld zu verdienen oder mich dann am Markt gegen Konkurrenten mit professionellen Vertriebssystemen durchsetzen zu können, sollte ich das Geschäft angehen.
Allerdings müsste ich in diesem Feld dann wohl genauso eng wie die großen kalkulieren können.
Über den Patentschutz hat er sehr milde und mitleidig gelächelt.

Zur Produkthaftung:

Ich habe damals meine technischen Zeichnungen dem Prüfingenieur der LGA gezeigt, der hat sich das angeschaut und für interessant erachtet.
Schließlich wäre das Projekt in einer Innovationsförderung von der LGA betreut worden.

Dabei hätte mich das Prüfsiegel der LGA rund 1000 DM gekostet .
Wie mir erklärt wurde, wären damit sämtliche Produkthaftungsansprüche gegen mich ausgeschlossen, bzw. falls sich doch ein Systemfehler herausstellen sollte, von der LGA gedeckt.
Unter anderem wären dabei auch Packanleitungen für den Versand, Packlisten, Aufbauanleitungen usw. dabei gewesen, um fehlende Teile oder einen fehlerhaften Zusammenbau durch den Kunden abzusichern.

Die Prüfung wäre laut dem Prüfingenieur auch kein Problem gewesen.
Er meinte, ich solle einfach genormtes Material verwenden, ordentlich schweißen und ihm dann vorbeibringen.
Sie würden sich überlegen, welche Belastungen wohl typisch seien und das Ding belasten, bis es bricht.
Die geplante Dimensionierung der Teile hat er vorab als für den Test ausreichend angesehen.
Berechnungen und Gutachten meinerseits wären keine nötig gewesen.
Dabei war ein Teil des Patents sogar ein Kinderradtrailer. Also sogar Personenschäden möglich.

Nachdem mir aber auch der Patentanwalt, den die LGA unentgeltlich zur Verfügung stellte, mir hinsichtlich der Durchsetzbarkeit meines Patents im Fall eines Nachbaus durch die Konkurrenz keine Hoffnungen gemacht hatte, hab ich das Ganze abgeblasen.
Ich wollte nicht die Förderung nutzen, und hinterher nur Aufwand produziert zu haben.
Die Leute waren so freundlich und hilfsbereit, das wäre nicht fair gewesen.
Dem Ingenieur hab ich das persönlich gesagt.
Er meinte: "Schade, das Ding ist nicht schlecht, aber vielleicht keine schlechte Entscheidung für ihre wirtschaftliche Zukunft".

Meine Schlussfolgerung:

Das wirtschaftliche Risiko ist nicht unerheblich.
Von denen, die es probieren scheitern die meisten, nicht alle kommen mit einem blauen Auge davon.
Und wenn ich mir im Patentamt anschaute, was für tolle Ideen als Patente deswegen ewig schlummern, ist das echt sch....

Es lebe die freie Marktwirtschaft.


Thomas