Ich bin auch ein Stotterer, auch wenn man bei mir das Stottern nicht so raushört, so dass ich mich nicht unbedingt als solchen bezeichnen würde. Bei mir kommen einfach verschiedene Wörter nicht raus, dies dauert einfach manchmal etwas länger...ich habe an mir zudem auch so etwas wie eine Biorhythmus (Sinus-) Kurve entdeckt, d.h. es gibt (regelmäßig wiederkehrend) Tage, an denen ich fast nichts merke, dann ist es wieder ein bisschen "schlimmer".
Bei mir hat es im Alter von 5 Jahren angefangen, in der Schule war es ganz schlimm. Auch im Studium war es der Horror, vor allem beim mündlichen Vortrag der Hausarbeiten (zum Glück gab es als Hilfe Folien für den Tageslichtprojektor) und den mündlichen Diplomprüfungen. Ich "durfte" deswegen auch eine mündliche Prüfung wiederholen. Ich habe schon sehr früh sehr viele Therapien gemacht, von klein auf, aber geholfen hat so richtig keine. Ich konnte mir damals auch nicht vorstellen, mal eine Freundin/Frau zu haben, weil es sich einfach für andere schlimm im Sinne von fast unerträglich anhören muss...
dachte ich wenigstens damals.
Meine Therapie war letztendlich das Leben und das gestiegene Selbstbewußtsein. Es klingt einfach, aber es mitzunehmendem Alter immer besser geworden und heute stehe ich meinen Mann im Beruf, muss viel telefonieren. Es macht mir schlicht nichts mehr aus, ich habe mich damit "abgefunden". Manchmal merken die Leute auch gar nicht mehr, dass ich mit meiner Sprache Probleme habe. Es gibt aber trotzdem nach wie vor Situationen, in denen es nicht so gut läuft, etwa wenn ich mit Menschen spreche, die ich noch nicht kenne bzw. vor denen ich viel Respekt habe. Mit meiner Frau, meinen Kindern, meinen Eltern, Verwandten, Freunden, Kollegen ist das alles überhaupt kein Problem mehr...
Und ja: ich habe auch mal in einer Band gesungen, das ist wirklich überhaupt kein Problem, auch vor 400 Leuten nicht. Allerdings musste die Ansagen ein anderer machen...
Klar wäre es schön, jederzeit alles sagen zu können, was man will, aber ich kann gut leben damit, bin zufrieden und strebe deshalb nicht mehr nach vollständiger Heilung. Klar ist es bei mir nicht mehr schlimm bzw. oft - wie gesagt - fast nicht hörbar, trotzdem denke ich, dass ein wichtiger Schritt ist, dass man das "Stottern" annimmt und sich nicht dafür schämt...
Aber wie Martina sehr richtig gesagt hat (klar, sie ist ja unmittelbar auch betroffen), es gibt nicht DIE Lösung.
Uwe