Hallo ingrid!
Ich finde auch, dass es besser ist, keine Sätze zu vervollständigen. Einerseits besteht dabei immer das Risiko, dass sie falsch zu Ende geführt werden und Stotternde den Irrtum wegen des hohen Aufwandes nicht richtig stellen (weder gut für die Mitteilung, noch für das Selbstwertgefühl), andererseits wird dadurch dem/der Stotternden zusätzlich Sprechkompetenz genommen. Es tut im Allgemeinen auch nicht gut, zu viel Verantwortung abzunehmen, weder beim Sprechen, noch sonst wo. Wer es in seinem "engen Stottererwinkel" zu gemütlich hat, riskiert, darin zu versauern.
Allgemein (also auch im Umgang mit Behinderten) lässt sich sagen, dass am meisten hilft, dort, wo jemand Hilfe braucht, sie zu geben (idealerweise erst auf Bitte des/der Betroffenen), und das, was sie selbst tun können, und was ihre eigene Aufgabe ist, sie auch selbst tun zu lassen.
So bittet mich z.B. eine Sekretärin, die ich bei Therapien meines behinderten Kindes regelmäßig treffe manchmal, bei ihrem Auto die Scheibenwaschanlage aufzufüllen oder andere Kleinigkeiten zu machen, die sie nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand schafft. Das erhält die Achtung und die Menschenwürde und erleichtert dabei auch das Leben.
Wenn es dich belastet, jemandem beim Stottern zu zu hören und zu zu sehen: Wer stottert, will etwas sagen. Wenn du dich auf die Aussage konzentrierst, kannst du im Allgemeinen besser mit den Symptomen umgehen. Wie "arm" jemand beim Stottern auch wirken mag, die Symptome sind nur Teil des Stotterns und nicht Ausdruck der Persönlichkeit. Erst, wenn wir Stotternde als "Stotterer" behandeln, werden sie vielleicht zu denen, die in Witzen zerissen werden. Deshalb halte ich auch den Ausdruck "Stotterer" für wenig zutreffend, ich bevorzuge die aktive Form "StotterndeR": Wer etwas tut, kann es auch ändern. Wer etwas ist, erleidet es.
liebe Grüße!
georg