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#836216 - 06/13/12 02:55 PM
Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
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: | 24.4.2012 15.5.2012 |
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Wie war España? Zwischen Stier und AutobahnEine Radreise durch Andalusien[/b]Ich konnte es kaum erwarten, in der letzten Aprilwoche endlich wieder auf die erste längere Tour dieses Jahres zu gehen. Einen Kameraden hatte ich über ein Forum im Internet gefunden: nämlich HIER. Und so starteten wir gemeinsam aus einem bewölkten Deutschland in ein vermeintlich ewig sonniges Spanien. Und wie war Spanien? Viva España! Sag ich auch heute – trotz einiger enttäuschender Erlebnisse und Erfahrungen. Zwar quälten mich diesmal nicht Sonnenbrand und ein Gefährte, der mir nicht lag, nicht kämpfte ich auf endlosen Steigungen gegen mein Unvermögen... - diesmal waren es nur lebensgefährliche Straßenführungen und Sturzbäche vom Himmel, die das perfekte Radelerlebnis beeinträchtigten. Aber unterm Strich steht für mich, trotz aller Widrigkeiten und mancher Enttäuschungen, alles in allem: Viva España! Und so war España: [b][/i](Anmerkung: Der bekannte Schlagertext "Eviva España" stellt eine Verballhornung des Spanischen dar. Eine Verbform "eviva" gibt es nicht.)[i]Was war das nur für ein Eiertanz, der IBERIA klarzumachen, dass wir Fahrräder mitnehmen wollten! Beim Buchungsportal "www.booking.com" gab´s den günstigsten Preis für den Flug München - Malaga und zurück, nämlich 250 Euro. Auf der Website der IBERIA lese ich dann, dass Fahrräder angemeldet werden müssen. Na gut, denke ich, kein Problem, dann rufst du eben dort an. Und schon bald, nach kurzer Suche - kaum der Rede wert, die Viertelstunde - hab ich doch tatsächlich die gut versteckte Telefonnummer gefunden: (01805) 44 29 00, zum wirklich, nicht wahr, günstigen Vorzugspreis von 14 Cent pro Minute. Schon nach 20 Minuten Herumhängen in der Warteschleife - entspricht schlappen 2,80 Euro - bei anmutiger Musik und nach erfolgreich absolvierter Menüführung ("Wollen Sie eine Auskunft in Deutsch, dann drücken Sie die 1." Tipp! "Für Fluginformationen wählen Sie die 1." Tipp") meldet sich auch ein deutschsprechender(!) Mitarbeiter. Dem trage ich meinen Wunsch vor. "Nein," sagt er, "bei mir können Sie die Fahrräder nicht anmelden." Da, wo ich das Ticket gekauft habe, also bei booking.com, soll ich´s versuchen. Die aber geben sich total ahnungslos. Also schreibe ich eine Mail an IBERIA: "Bitte teilen Sie mir mit, wo ich Fahrräder anmelden kann!" Schon drei Tage später mailt mir IBERIA zurück: "Rufen Sie bitte (01805) 44 29 00 an." Die Nummer kenn ich doch?! Richtig, dort hatte doch der knurrige Mitarbeiter mich abgewimmelt mit "Bei mir können Sie die Fahrräder nicht anmelden." Wer Karl Valentin kennt, den bayrischen Satiriker und Komiker, kennt sicher auch die Geschichte vom Buchbinder Wanninger, dem es nicht gelingt, eine gewünschte, eigentlich simple Auskunft zu erhalten und der dabei immer nur weitergereicht wird. Der Sketch endet mit „Saubande, dreckade!“ Fiel mir nur gerade ein, der Sketch. Ich mach ich´s jetzt mal kurz: Irgendwann hab ich entdeckt, dass man Räder tatsächlich online anmelden kann, wenn man auf der Website von Iberia auf "my bookings" geht. Muss man aber erst mal drauf kommen. Dauert nur ´n paar Stunden, das Entdecken. Und da krieg ich´s dann endlich auch schriftlich: bicicleta in bodega. Und 75 Euro extra pro Strecke kostet der Radtransport auch noch. In "bodega"? Heißt das etwa "im Karton"? Nee, "bodega" ist der Frachtraum. Schreiben die wohl extra, damit man das Rad nicht mit in die Kabine nimmt, aber Karton stimmt trotzdem. Darauf besteht die Fluggesellschaft. Lenker quer, Pedale ab, Luft raus und rein in die Kiste! Die kommt in Malaga auch wirklich samt unbeschädigtem Inhalt an. [/i]Fortsetzung folgt[i]
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Edited by radius (06/13/12 02:57 PM) |
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#836217 - 06/13/12 03:04 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Lenker quer, Pedale ab, Luft raus und rein in die Kiste! Die kommt in Malaga auch wirklich samt unbeschädigtem Inhalt an. Das ist doch schon mal ein gelungener Anfang. Jetzt sind wir neugierig auf den weiteren Verlauf.
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#836272 - 06/13/12 05:36 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: kettenraucher]
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Das ist doch schon mal ein gelungener Anfang. Jetzt sind wir neugierig auf den weiteren Verlauf. Wer wird denn gleich drängeln? Der AchsonurSchweiz-Bericht dauerte doch auch gefühlte zweieinhalb Jahre
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#836488 - 06/14/12 10:45 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: h.g.hofmann]
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Wer wird denn gleich drängeln? Drängeln wollte ich natürlich nicht, sondern lediglich meine Vorfreude ausdrücken.
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#836903 - 06/15/12 08:00 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Wie wär das schön, wenn wir die Kartons für den Rückflug verwahren könnten, schwärmen wir! Gibt es denn an diesem neugebauten schicken und blitzsauberen Flughafen keine Möglichkeit, zwei Kartons zu lagern? Ich hab eine Idee: Eine höher gelegene Straße senkt sich über eine Rampe auf das Niveau der Abflugebene. Und dort wo die Rampe nahezu den Boden erreicht, dort, wo sie ganz schmal und spitz zusammenläuft, dort ist es dunkel und fast uneinsehbar. Da schieben wir die beiden Kartons tief hinein und hoffen, dass kein eifriger Aufräumdienst und keine Terroristenbombenfahnder in den kommenden drei Wochen auf dumme Gedanken kommen. Ganz schön spannend! Ich verrat jetzt aber noch nichts. Um 3 am Nachmittag haben wir die Räder wieder zusammengebaut und radeln los. Und kriegen gleich einen ersten Vorgeschmack auf das, was uns in der nächsten Zeit noch sehr, sehr beschäftigen wird: Man kommt nämlich vom Flughafen nur weg, wenn man ein Stück über die autobahnähnliche MA-21 fährt. Das ist auch nicht verboten, vorbeisausende "guardia civil" guckt nur mal mehr, mal weniger interessiert, hindert uns aber nie, wenn wir mit unseren Rädern auf dem Seitenstreifen der Schnellstraße fahren. Wir fahren heute noch 35 km, aber auch 500 Höhenmeter weiter bis Coin. Ein Hostal ist schnell gefunden, sauber und schlicht, für 27 Euro. Vergeblich versuchen wir - absolut unspanisch - am frühen Abend etwas zu essen zu finden. Mehr als ein Eis und ein paar Nüsse ist aber nicht drin. Viva España. Auch der nächste Morgen beginnt sehr spanisch. Es gibt nämlich kein Frühstück. Oder nur das, was man hier so gemeinhin unter "desayuno" versteht: ein "tostada", ein abgepacktes Stückchen Butter und ein Kleckschen Marmelade. Wir gönnen uns noch ein Stück Tortilla, das hier aber einfach nur fies schmeckt. Nicht üppig, aber typisch: Was man hier so Frühstück nenntInsgesamt verhalten wir uns aber auch so was von unangepasst: Wollen schon um acht frühstücken (also fast noch nachts), wollen schon abends um sieben essen (also fast noch mittags), fahren sogar in der Mittagszeit Rad! Ohne Siesta! Die spinnen, die Deutschen! Son locos, estos alemanes. Was man hier so "Frühstück" nennt (Ist das richtig?) Bereits nachmittags um drei sind wir am Etappenziel dieses Tages: El Burgo. Liegt nur 40 km weiter, aber dazwischen sind 900 Höhenmeter zu absolvieren. Das Städtchen thront auf einem Berg und dämmert träge in der heißen Nachmittagssonne. Kein Mensch treibt sich in den Gassen rum, nur zwei verrückte Deutsche. Die frohlocken, als sie ein Lokal entdecken, über dem doch tatsächlich "Pizzeria" steht. Ha! Reingelegt! Pizza gibt´s nur freitags! Und dann ab neun! El Burgo liegt auf einer steilen Anhöhe; mein Begleiter fotografiertSo essen wir auf einer Bank, im Freien sitzend, Schokolade und Oliven aus dem Glas - beim Supermercado, dem einzigen geöffneten Laden, erstanden. Am Abend aber wird´s spannend: Da sehen wir in einer Bar im Fernsehen das Fußballspiel Bayern München gegen Real Madrid. Ein junger kräftiger Mann haut und hämmert mit solcher Gewalt auf die Theke und brüllt so tierisch laut, wenn das deutsche Team ein Tor schießt, dass wir aus lauter Angst, als Deutsche enttarnt zu werden, ganz mucksmäuschenstill werden. Mit uns hält sich eine Gruppe im Lokal auf, von der ich per Augenschein vermute, dass es sich um das örtliche Lehrerkollegium handelt, so gesittet und uninteressiert am Fußball benimmt sie sich. Und dann stellt sich doch tatsächlich heraus, dass es eine deutsche Wandergruppe ist, die das naheliegende Naturschutzgebiet der Sierra de las Nieves erkundet. So kann man sich irren! In unserem familiär geführten Hostal "Sierra de las Nieves" sitzt der jüngste Sprössling, 12, bei den Hausaufgaben. Ich frage ihn, ob er schon mal von Deutschland gehört hat und was er davon weiß. "Si," sagt er "mucho trabajo." Ein bisschen Sorge hatte ich, die Passhöhe in den Sierra de las Nieves, den Schneebergen, zu bewältigen. Hatte ich doch in einigen Reiseberichten gelesen, wie schaurig es dort hergehen sollte, wie der Wind über die Bergeshöhen, immerhin um die 1100 m hoch, pfiff, wie steil die Anstiege sein sollten. Und dann entpuppte es sich in der Realität als ein Klacks. Die Anstiege waren nur kurz mal über 10%, das Wetter war vor und auf und hinter dem Pass gleich strahlend schön und der Wind pfiff überhaupt nicht. Dafür gab´s weites Land und waldige Kuppen ringsum, streunende Ziegenherden und wunderbare Düfte. Welche Freude, welche Lust! Die Passhöhe in den Sierra de las Nieves, gleichzeitig höchster Punkt unserer Reise
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Edited by radius (06/15/12 08:03 PM) |
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#837189 - 06/16/12 06:30 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Hi und mit Verlaub, ein bissle nörgelig kommste schon daher. Sollen die Leute im südlichen Spanien ihren Lebensrhythmus nur deshalb umstellen, weil Du aus dem Norden eine andere Alltagsroutine gewöhnt bist?
Auch kann man aus meiner Sicht bei einer sehr preiswerten Übernachtung kein Fünf-Sterne-Frühstück erwarten. Darüber gibt´ s doch nix zu meckern. Wenn ich ein Fünf-Sterne-Frühstück erwarte, begebe ich mich auch in ein Fünf-Sterne-Hotel und bin bereit, die Fünf-Sterne auch zu bezahlen.
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#837190 - 06/16/12 06:45 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: kettenraucher]
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Hi und ebenfalls mit Verlaub: Ich habe mich keineswegs über das Frühstück beschwert, es gab nämlich in dieser Unterkunft überhaupt gar keins. Ich habe vielmehr nur beschreiben wollen, dass man in Spanien im allgemeinen sehr kärglich frühstückt. Eine Relation zwischen Übernachtungspreis und Früstücksangebot, liest du das aus meiner Schilderung wirklich heraus? Und "nörgelig" liegt wohl ziemlich daneben. Mit Verlaub.
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#837200 - 06/16/12 07:18 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Nörgelig hin oder her, ich freue mich jedenfalls auf den weiteren Verlauf der Tour, die mich sehr interessiert. Verärgern wollte ich Dich jedenfalls nicht, vielmehr möchte ich Dir größten Respekt entgegen bringen.
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#837266 - 06/17/12 07:31 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Insgesamt verhalten wir uns aber auch so was von unangepasst: Wollen schon um acht frühstücken (also fast noch nachts), wollen schon abends um sieben essen (also fast noch mittags), fahren sogar in der Mittagszeit Rad! Ohne Siesta! Die spinnen, die Deutschen! wieder einmal köstlich geschrieben, freue mich auf Fortsetzung! Jetzt ist mir klar, warum ich mich in den südlichen Ländern immer so wohl gefühlt habe. Wenn ich mich beeile, habe ich jetzt dann so gegen 10 Uhr meinen Kaffee ausgeschlürft und werde dann am Ammersee meine "Siesta" machen. Aber vorher gehe ich noch kurz gegen die 3. Startbahn abstimmen. Um 18 Uhr, am frühen Nachmittag, schliessen die das Wahllokal schon wieder. Da bin ich bestimmt noch nicht zurück, ist doch bis 21.30 Uhr hell!. Viele Grüße Margit
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Edited by Margit (06/17/12 07:33 AM) |
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#837325 - 06/17/12 11:49 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: Margit]
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[zitat=radius]Insgesamt verhalten wir uns aber auch so was von unangepasst: Wollen schon um acht frühstücken (also fast noch nachts), wollen schon abends um sieben essen (also fast noch mittags), fahren sogar in der Mittagszeit Rad! Ohne Siesta! Die spinnen, die Deutschen! wieder einmal Wenn ich mich beeile, habe ich jetzt dann so gegen 10 Uhr meinen Kaffee ausgeschlürft und werde dann am Ammersee meine "Siesta" machen. ja, wer erst um 10 so gerade eben seinen Kaffee getrunken hat, der ist schon halber Spanier
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Edited by radius (06/17/12 11:50 AM) |
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#838320 - 06/20/12 06:47 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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(Fortsetzung meines BerichtsUnd hineingesaust nach Ronda! Kontrast pur: Dort in den Bergen Einsamkeit und Stille, hier Trubel und Treiben Tausender Touristen, herangekarrt für einen Tagesausflug von der Costa del Sol unten an der Küste und busweise entladen. Natürlich können auch wir uns nicht entziehen. Zu großartig sind die Eindrücke, die von der gewaltigen Schlucht ausgehen, über die sich von einem Teil Rondas zum anderen die gewagte Brückenkonstruktion schwingt, zu sehr schwelgt das Auge beim Blick in die Ferne von der furchterregenden Felskante aus, auf der die "Neustadt" Ronda liegt. Und nicht zu vergessen die Stierkampfarena, angeblich die älteste Spaniens! Heutzutage fast verwaist, weil es angeblich zu teuer geworden ist, eine anständige "corrida" auszurichten. Ich denke, dass Tierschutzmotive auch nicht ganz unwichtig sind. Die berühmte Brücke, die "Neustadt" und "Altstadt" in Ronda verbindetEinen ganzen Tag verbummeln wir in Ronda und radeln bergauf, bergab durch die alten verwinkelten Gassen. Fast die einzigen Radler sind wir übrigens. Häufiger hocken vor und in den historischen Gemäuern Japaner auf Klappstühlchen. Die pinseln, zeichnen und aquarellieren die pittoresken Anblicke und grinsen und grüßen freundlichst. Da muss eine findige Reiseagentur im Lande Nippon das Städtchen Ronda als DAS europäische Maleridyll vermarktet haben. Da kommt bei uns nur Neuschwanstein mit. Mal ein malenderJapanerNa ja, ein wenig ungeduldig wurden wir dann schon und hätten am liebsten nicht einen ganzen Ruhetag nach nur etwas mehr als 100 Kilometern (seit Ankunft in Malaga) eingelegt, wären am liebsten schon am nächsten Tag weitergefahren; aber weil uns das Hotel Royal, das übrigens ideal mitten in Ronda gelegen ist, nichts von den vorausbezahlten zwei Nächten erstatten will, bleiben wir halt. Genießen am Abend, wenn die Tagestouristen wieder mit ihren Bussen verschwunden und in ihre Bettenburgen unten an der Küste zurückgekehrt sind, die stimmungsvolle Atmosphäre einer spanischen Kleinstadt. Ein Duo, er mit Gitarre und sie mit Harfe und einer wundervollen Stimme, lullt uns, auf dem Marktplatz bei einem Weinchen sitzend, herrlich ein. Viva España! Sag ich doch. So viel Rücksicht... gibt es nicht immerDann aber, früh am nächsten Morgen, geht´s endlich wieder auf den Sattel! Endlich wieder action. Und was für eine! Pünktlich mit unserem Aufbruch von Ronda bricht auch der Himmel auf: Es schüttet nur so von oben! Meine Regenmontur schützt mich höchst unvollkommen, immer wieder kommen Hagelschauer hernieder, die harten Körner piesacken das Gesicht, Blitze zucken und ein unangenehmer starker Seitenwind will uns in den Straßengraben drängen. Man muss höllisch aufpassen. Wir bewegen uns 80 km und 900 Höhenmeter nur mühsam und relativ langsam vorwärts, auf der wenig befahrenen Straße zwischen Ronda und Sevilla, aber wenn auch nicht so viele Autos vorbeizischen, überschütten sie uns doch mit Fontänen von Gischt. Vor Kälte bibbernd finden wir in dem kleinen Ort Montellano Unterschlupf in engen Pensionszimmern. Zu meinem großen Glück gibt es in meinem Zimmer eine Elektroheizung, vor und über der ich, bei höchster Stufe über die ganze Nacht, all meine nassen Klamotten ausbreite. Bis in die Packtaschen hinein ist die Feuchtigkeit gedrungen. Während in Deutschland, wie wir später erfahren, eine Hitzeperiode von 30 Grad ausbricht, frieren wir in Andalusien bei 8 Grad. Klimakatastrophe live. Abendessen? Kalte Salate! Viva España! Kalt geht´s weiter. Was sind wir froh, uns von Zeit zu Zeit in die Nähe einer warmen Kaffemaschine in einer Bar flüchten zu können. Und sogar ein prasselndes Kaminfeuer finden wir in einem idyllisch gelegenen Hotel am See Embalse de Zahara! Eigentlich hatten wir vor, von Ronda aus einen der vielgepriesenen via verde anzusteuern; das sind ehemalige, jetzt stillgelegte Bahnstrecken, die zu fahren wohl die reinste Freude sein muss. Dass wir sie dank mangelhafter Beschilderung nicht gefunden haben, erweist sich jetzt in der Rückschau als Segen, denn bei DEM Regen wären die aufgeweichten und teilweise wohl unbefestigten Wege sicherlich nicht leicht zu bewältigen gewesen.
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#838330 - 06/20/12 07:22 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Während in Deutschland, wie wir später erfahren, eine Hitzeperiode von 30 Grad ausbricht, frieren wir in Andalusien bei 8 Grad. Oh ja, wie sehr kann ich leidend mitfühlen. Das unkalkulierbare Wetter ist für uns Radler halt die Achillesferse Aber das Drumherum klingt trotzdem nach einer tollen Tour. Wenn ich mal aus meiner eigenen ersten Erfahrung im Forum sprechen darf: Wenn Du in diesem Tempo weitermachst, zieht sich der Faden bis Weihnachten. Ich wäre aber Es macht jedenfalls große Freude, die Reise ein kleines bissle mit erleben zu können. Freue mich auf mehr. Beste Grüße
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#838336 - 06/20/12 07:53 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Meine Regenmontur schützt mich höchst unvollkommen, immer wieder kommen Hagelschauer hernieder, die harten Körner piesacken das Gesicht Helm aufsetzen, tiefgebeugte Haltung und Du bekommst herrliche Rückenmassage, richtig prickelnd Bis in die Packtaschen hinein ist die Feuchtigkeit gedrungen. mit Ortliebs wär das nicht passiert Wie gehts weiter, 8° im Juni in Spanien sind ja echt gemein
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#838414 - 06/21/12 09:03 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Diese »Vorsicht, Radfahrer«-Warnschilder an den Straßen um Ronda sind wirklich stark. Was erwarten die Aufsteller auf einer Straße, wenn nicht fahrende Fahrzeuge?
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#838446 - 06/21/12 11:49 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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(Dritte Fortsetzung)Überhaupt, diese Beschilderung! Wir machen uns während der ganzen Reise (wenn wir nicht gerade verärgert sind) lustig darüber, wie oft man allein gelassen wird; gerade eben war noch unser nächstes Ziel angekündigt, und kaum kommen wir an eine Gabelung oder Kreuzung, schon stehen wir wieder auf dem Schlauch. Links? Rechts? Geradeaus? Zurück, weil wir eine Abbiegung übersehen haben? Das passiert uns vor Sevilla, das erleben wir rund um Cadiz, so sieht's in Jerez aus. Das verfügbare Kartenmaterial hilft kaum weiter. Wir haben für Andalusien keine bessere Karte gefunden als die von Marco-Polo im Maßstab 1:200.000. Auf der Strecke von Montellano bis Sevilla, wieder 60 km und 500 Höhenmeter, stehen wir plötzlich vor einer Autobahn, an deren Anfang ein Verbotsschild für Radfahrer steht. Und jetzt? Da gucken wir erst mal dumm und ratlos. Zum Glück weisen uns ein paar Radrennfahrer auf die via de servicio hin, eine Parallelstrecke zur Autobahn, die hier wunderbar ausgebaut ist. Wir triumphieren. Bis sie abrupt endet. Via de servicio abrupta sozusagen. Aus der Traum! Baustellen. Riesenbaggerlöcher. Aufragende Schotterdämme. Pisten, die sich im Sand und Nichts verlieren. Dort, wo es eine solche "via de servicio" neben der Autobahn gibt, sind wir heilfrohSo oder ähnlich erleben wir es immer wieder: Manchmal gibt es parallel zu den Autobahnen diese "Dienststraßen" - via de servicio. Die sind dann auch fast ohne Autoverkehr, manchmal sogar asphaltiert. Aber es gibt sie eben nicht immer. Wenn wir uns auf sicherer Piste wähnen, ist ganz unvermittelt Schluss. Baustelle. Ende des Weges. Sackgasse. Fahrverbot für Fahrräder. Viva España? Na ja! Aber sehr oft müssen wir auf der Autobahn fahren, besonders gefährlich: Ein- u AusfahrtenNehmen wir als Beispiel die Einfahrt nach Sevilla. Ein Alptraum! Wir nähern uns dieser Großstadt von Südosten her. In einer der Vorstädte, in Alcala de Guadaira, gibt es nicht einmal Hinweisschilder auf Sevilla, obwohl das nur 15 km entfernt ist. Nach viel Herumfragen und Herumrätseln, nach Sonnenstand, Horoskop und Wasseradern abfragen, gelangen wir schließlich doch in das Stadtgebiet, in die outskirts, stehen draußen vor der Stadt auf einem weitläufigen, neu errichteten Campusgelände der Universität, sehen in der Ferne die Häuser der Innenstadt - und verzweifeln daran, auf guten und sicheren Wegen, diese Innenstadt zu erreichen. Junge Leute, wahrscheinlich Studenten, die in Scharen gerade aus einer Vorlesung kommen, und die wir befragen, können kaum Englisch. Und auf Spanisch (ein wenig Spanisch spreche und verstehe ich), können sie uns den Weg auch nicht erklären, denn sie sind selber fremd hier. Oh wie schlottern uns die Nerven, als wir notgedrungen dann auf die Autobahn fahren müssen. Es gibt absolut keine andere Möglichkeit. Zisch, wusch, saus und wumm - so erleben wir die Einfahrt in das herrliche Sevilla. Und das meine ich nun nicht ironisch. (Fortsetzung folgt ... bald)
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#838452 - 06/21/12 12:37 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Hallo Radius, diese Orientierungsprobleme bei der Suche nach einem radfahrgeeigneten Weg in Spanien kenne ich noch aus der Zeit vor der Anschaffung eines GPS. Speziell während meiner Reise 2004, als ich die Teilstrecke Madrid - Zaragoza gefahren bin, wurde ich mehrfach wider Willen auf die A2 geführt, die ich dann mangels gefundener Alternativen auch teilweise befahren habe. Die einzigen in den gängigen Papierkarten eingetragenen Straßenverbindungen sind speziell auf der Iberischen Halbinsel oft Autobahnen, die vor allem in den letzten Jahren mit EU-Fördermitteln gebaut wurden und die die vorher dort existierenden Nationalstraßen ersetzen. Entweder verlaufen diese unmittelbar parallel (was ein großes Plus für Radfahrer ist, da dann fast der gesamte KFZ-Verkehr auf die Autobahn wechselt und man die alte Nationalstraße für sich hat) oder mehr oder weniger direkt auf der Trasse der alten Nationalstraße (was dann zum Benutzen der Autobahn zwingt). Letzteres macht aus eigener Erfahrung nicht wirklich Spaß, ist mit hoher Lärm-, Staub, und Abgasbelastung verbunden und vor allem gefährlich.
Seit 2008 plane ich daher bedingt durch die Anschaffung eines GPS-Gerätes derartige Strecken detailliert mit Hilfe von digtalem Kartenmaterial und schaue mir den Streckenverlauf im Zweifelsfall auch nochmal in Google-Earth an. Oftmals kann man auf diese Weise kleine (Weld-) Wege entdecken, die wunderbare Alternativen zum Fahren auf der Autobahn sein können. Ich bin seitdem mehrfach auch in Städte wie Barcelona, Valencia, Bilbao, Málaga und Sevilla hinein- bzw. herausgefahren und musste nie wieder mit dem Rad auf die Autobahn. Gerade in Spanien und ganz besonders bei Teilabschnitten, wie Du sie gefahren bist, kann ich daher die Nutzung eines GPS nur ganz dringend empfehlen. Der Reisegenuss steigert sich erheblich...
Gruß, Martin
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Edited by Bafomed (06/21/12 12:44 PM) |
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#839073 - 06/24/12 07:24 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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(Vierte FortsetzungEinfahrt in das herrliche Sevilla... Und das meine ich nun nicht ironisch. Wirklich herrlich ist diese Stadt! Ganz besonders natürlich an einem so regen Abend wie heute! Da summt und brummt es, vibriert vor Lebenslust. Es ist nämlich gerade eine Festwoche in Gang, alljährlich um den ersten Mai herum. Jeden Abend, wirklich jeden Abend findet da ein Stierkampf statt, und unser Hotel liegt genau gegenüber der Stierkampfarena. Es paradieren und stolzieren die festlich gekleideten sevillanos und sevillanas. (Die Hotelpreise auch). Man applaudiert laut unter Bravorufen den vorbeiziehenden Kutschen und ihren sichtlich würdevollen Insassen. Was für ein pralles Treiben! Viva España, jawoll! Kutsche vor unserem Hotel "Adriano"; Festwoche in SevillaDas Hotel Adriano haben wir durch bloßen Zufall gefunden. Ein wahrer Glücksgriff. Sollte es mich nochmal nach Sevilla verschlagen, werde ich garantiert wieder hier logieren. Klein, schnuckelig, sauber, aller Komfort in den Zimmern, mit deutsch sprechendem Rezeptionisten, aufgewachsen in Herne. So haben wir es gerne. Sogar noch bezahlbar, das Zimmer, nicht der Rezeptionist. Er sagt, wir hätten Glück, weil heute der Preis sich nur verdoppelt hat und nicht verdreifacht, wie noch gestern. An diesem Abend allerdings liege ich mit Fieber im Bett. Mir schlottern die Gliedmaßen, mir klappern die Zähne. Der Hals ist rau, die Mandeln sind geschwollen. Schluckbeschwerden, das Sprechen fällt mir schwer. Hagel, Blitz und Donner der letzten Tage haben ihre Spuren hinterlassen. Und in Deutschland, so sehe ich bei RTL, das ich hier im Zimmer empfangen kann, sind´s weiterhin 30 Grad. Mein Mitfahrer Herbert, den ich vor dieser Reise über ein Gesuch im Internet kennengelernt hatte und der sich als stets freundlicher und fröhlicher Partner erwies, muss am folgenden Tag, der wieder mal ein radelfreier Tag ist, auf meine Gesellschaft verzichten. Ich bin froh, dass ich bei meinen Schluckbeschwerden nicht sprechen muss, kann aber, nachdem ich mich in einer Apotheke mit Medikamenten versorgt habe, trotzdem herumstromern und -strolchen und so viel von dieser wunderbaren Stadt am Fluss Guadalquivir entdecken. Dann aber, am Tag danach, können wir wieder in die Pedale treten. Weil´s im Adriano kein Frühstück gibt, überhaupt an diesem ersten Mai so früh am Morgen, um 8 Uhr, noch alles schläft, können wir erst nach einer Stunde Radfahren eine offene Bar finden. Da sind die beiden Schankkellner selber ihre besten Kunden, bedienen sich nach Herzenslust an der offen daliegenden Schinkenkeule und säbeln sich, fortwährend und kräfitg kauend, mehr oder weniger dicke Scheiben runter. Der jamon iberico liegt in jeder Bar, und die Kunst des Portionierens besteht darin, möglichst dünne Scheiben aus der Keule herauszuschneiden. Nur dann entfaltet sich das ganz besondere Aroma dieser Spezialität voll. Der Barista, selber sein bester Kunde, beim Jamon IbericoDer Weg, -zig Kilometer schnurstracks nach Süden, ist zu einem großen Teil etwas langweilig. Wie mit dem Lineal gezogen geht es viele Kilometer lang stur geradeaus. Gottseidank hat die in gleiche Richtung führende Autobahn allen Verkehr an sich gebunden. Erst später wird die Landschaft etwas hügelig und der Blick weitet sich über große landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Unwetter der letzten Tage haben sich verzogen, am Himmel schweben wunderbar weiße Wattewolken. Nach 105 km und über 500 Höhenmeter erreichen wir Jerez. Die Stadt ist tot. An einem Heiligabend ist bei uns auf den Straßen mehr Betrieb als hier an diesem Maifeiertag. Alle Geschäfte sind geschlossen, sogar viele Bars. Von den Restaurants ganz zu schweigen. Wir entdecken ein geöffnetes Lokal. Da gibt es eine deutsche Speisekarte, die offeriert echte spanische Küche: "Iberischer Backe-Geruch", "Alter geheilter Käse" und "Lende der Eichel" zum Beispiel. Später finden wir in einem anderen Restaurant dann auch mal "Kichererbsen mit Fleischtücken". Man ist ganz auf die Bedürfnisse der deutschen Gäste einstellt. Viva España! Speisekarte für Deutsche; Kichererbsen mit Fleischstücken gibt´s woandersUnser Hotel in Jerez de la Frontera ist ein wunderschön restauriertes altes Gemäuer, ein Vier-Sterne-Palast. Wir können es nicht fassen: Zum schier unglaublichen Preis von 40 Euro pro Nacht fürs einzeln zu nutzende Doppelzimmer. Inklusive Frühstücksbüffet - und das letztere mit allem Drum und Dran: Wurst, Käse, Eier, Kuchen, Säfte aller Art. Ohne iberischen Backe-Geruch. Auf den folgenden Tag hatte ich mich ganz besonders gefreut: Besichtigung und Führung durch eine Sherry-Kellerei. So etwa 20 Kellereien gibt es. Wir besuchen nicht irgendeine, nein, DIE Kellerei schlechthin: TIO PEPE! Eine der berühmtesten Sherrymarken weltweit. Wenn jetzt aber jemand glaubt (wie ich im Vorfeld), eine solche Besichtigung sei Auftakt zu einem Gelage und eine günstige Gelegenheit für alle latenten und potentiellen Trinksüchtigen, sich mal so richtig, entschuldbar und unverdächtig mit Sherry abzufüllen, dann sei er gewarnt. Wir werden mit einem albernen, auf alt getrimmten Bähnle durch das weitläufige Gelände kutschiert, vorbei an etlichen Millionen Litern, dürfen uns einen Werbefilm und endlos viele Fässer angucken, die angeblich dem Duke of Edingburgh oder Elton John oder ähnlichen celebrities gewidmet und geweiht sind, von diesen vielleicht auch gespendet - und erhalten dann letztlich für den Eintrittspreis von 14 Euro noch 2 Sherry-Gläschen und 2 Tapas-Schälchen serviert. Na ja, ein wenig mehr hatte ich doch erwartet. Da hocken wir zwei Königskinder dann ein wenig frustriert auf dem zentralen Platz in Jerez. Wie kommen die zwei Akkordeonspieler, die sich da jetzt anschleichen, bloß dazu, uns schmachtend die Ohren mit "mi corazon" und "mi amor" vollzusäuseln!? Machen wir etwa einen verliebten Eindruck?! Wir zwei alten Männer, hä? Mi corazon und mi amor. Zwei lustige Musikanten. Andalusisches Feuer und spanische Lebenslust scheinen sich zu vereinen in den zwei Flamenco-Tänzerinnen, die nebenan im Lokal ihre Körper winden und verdrehen, mit den Füssen stampfen und mit den Händen ringen. Die werden das doch nicht etwa der Touristen und des Trinkgelds wegen aufführen? I wo! Das Körbchen steht doch nur ganz zufällig da auf dem Hocker. Dennoch: Der Flamenco scheint wirklich gelebte Normalität zu haben, denn es gibt etliche Spezialgeschäfte, die nur die typischen andalusischen Flamencokleider führen. Feuer, andalusisch, und Lust, andalusischAus Jerez kommen wir wieder mal nur mit ganz viel Schiss raus... (Fortsetzung folgt)
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#839492 - 06/25/12 02:21 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Klasse Bericht, mach weiter so! Da ich Spanienfan bin (aber ohne Rad, weil es keine Radwege gibt), verfolge ich mit Vergnügen deine Schilderungen... Und solche "deutschen" Speisekarten gibt´s zuhauf - ich mag am liebsten "Zerknitterte Päpste" (papas arrugadas = Runzelkartoffeln) und "Schnittkaffee" (cortado = Espresso mit geschäumter Milch)... Grüß mir Sevilla; ich war dort mal vier Wochen vor etlichen Jahren.
Edit: Ach nee, du bist ja schon in Jerez...
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Gruß von Ulla
...die ein Leben ohne Radl für möglich, aber sinnlos hält... |
Edited by elfee (06/25/12 02:28 PM) |
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#839530 - 06/25/12 03:55 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: elfee]
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*lach* Nummer 24 wär auch noch eine Komplett-Übersetzung wert: "Weinendes Huhn" oder "Tränendes Huhn" würde gut passen.
Hans
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#839667 - 06/25/12 09:21 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Hallo Radius,
toller Bericht, erinnert mich an meine Andalusien-Tour Ostern letzten Jahres. Wie seid Ihr denn zwischen Ronda und Zahara und weiter nördlich genau gefahren? Ich bin von Marchena kommend über Coripe, Zahara und Grazalema nach Ronda. Zwischen Zahara und Grazalema habe ich mir den traumhaften Paß Puerto de las Palomas gegönnt.
Die vía verde, die Ihr vergeblich gesucht habt, habe ich gesehen (ich nehme an, es war die, die Du meinst, Vía verde de la Sierra), da sie aber ost-westlich verläuft und ich gen Süden unterwegs war, konnte ich sie nicht sinnvoll in meinen Reiseplan einbauen.
Meine Tour fiel in die Semana Santa, und in Ronda war ich am Palmsonntag und konnte mehrere der beeindruckenden Oster-Prozessionen ansehen.
Und genau wie in Eurem Fall fing es in Ronda an zu schütten und blieb dann leider auch die gesamte Semana Santa über regnerisch.
Die unvermeidliche Bekanntschaft mit den Autobahnen (autovías) habe ich auch gemacht, allerdings hat sich das jeweils auf wenige Kilometer bei der Einfahrt in größere Städte beschränkt - Algeciras, Cádiz und in Sevilla zum Flughafen.
Und auch die Speisekarten mit den amüsanten Versuchen einer deutschen Übersetzung haben Erinnerungen wachgerufen, allerdings an eine andere Tour, in Nordspanien: Im deutschen Teil einer mehrsprachigen Speisekarte erschienen unter der Rubrik "Eis" Gerichte wie Rührei und Spiegelei. Man hatte offenbar gedacht, der Plural von "Ei" werde durch Anhängen eines "s" gebildet...
Ich bin auf die Fortsetzungen gespannt!
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#839742 - 06/26/12 10:10 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: Tom72]
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Vielen Dank - mit Deiner Reiseschilderung gestaltest Du mir (jetzt in der Mittagspause) einen tristen grauen Arbeitsalltag doch noch zu einem bunten Erlebnis.
Das erinnert mich außerdem daran, dass ich heute Abend (mit Spaß) meinen Reisebericht der Mai-Reise fortsetze!
lytze
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Wer schnell fährt, kann auch schnell schreiben... | |
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#840810 - 06/30/12 01:40 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Bin auch gerade aus Spanien zurück. Hat was. Die Radfahrer-Führung über die Autobahn lässt staunen. Wir haben uns "fast" dran gewöhnt. Aber objektiv gesehen, bleibt es natürlich gefährlich.
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#840823 - 06/30/12 03:14 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: Fricka]
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Ich möchte auf keinen Fall missverstanden werden: Ich bin nach wie vor Spanien-Fan! Insbesondere meine Tour im letzten Jahr, als ich die "via de la plata" von Sevilla bis Santiago geradelt bin, hatte es mir angetan, weil auf dieser Route ÜBERHAUPT KEINE Autobahn zu radeln war. Um so enttäuschender war es eben jetzt in Andalusien. Ich denke, dass wir hier in diesem Landesteil einfach die falsche Streckenführung gewählt haben.
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#841676 - 07/03/12 12:02 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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In Jerez hast du wohl die faslchen tage erwischt. Wir waren letztes Jahr Anfang November in Jerez und fanden es einfach toll, eine von mediterraner Lebensfrreude und Jugend volle Stadt! Tio Pepe haben wir nicht besucht. Wie hieß dein Hotel in Jerez? War es dieses Hotel in Sevilla? Grüße, Ludger
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#841681 - 07/03/12 12:25 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: LudgerP]
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Hallo Ludger, das Hotel in Sevilla hast du richtig identifiziert. Das Hotel in Jerez hieß "Itaca". Hier der Link: http://www.hotelitacajerez.com/Gruß Wilfried (radius)
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#841699 - 07/03/12 01:41 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Danke, das sieht gut aus!
Ludger
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#841910 - 07/04/12 10:02 AM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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(Fünfte Fortsetzung)Aus Jerez kommen wir wieder mal nur mit ganz viel Schiss raus; wir sind gezwungen, wieder Autobahn zu fahren. Erst später finden wir parallel zur Autobahn einen holprigen Seitenweg, auf den uns freundliche Polizisten weisen. Als Ausgleich für das angenehmere Nicht-Mehr-Autobahn-Fahren-Müssen fängt´s mal wieder an zu regnen. Zu schütten! Nur gut, dass wir heute die ungeheure Entfernung von 30 km zurücklegen müssen. Nach Puerto de Sta. Maria. Das liegt direkt gegenüber von Cadiz, wo wir eigentlich hinwollten. Aber was auf der Landkarte so spannend von der Lage her aussieht, ist mit dem Fahrrad überhaupt nicht zu erreichen. So quartieren wir uns am frühen Nachmittag gegenüber von Cadiz, im Hotel am Hafen von Puerto de Santa Maria, ein und fahren mit einer schnellen Fähre rüber auf die langgestreckte Halbinsel von Cadiz. Von der hoch über dem Meer liegenden Promenade schauen wir hinunter auf die anrollenden Wogen des Atlantiks. Und zwischen uns und Nordamerika liegt jetzt nichts als Wasser. Bis Amerika nix als Wasser (Nix zu radeln!)Ganz ergriffen bin ich von solch weltläufigen An- und Einsichten, da klatscht plötzlich etwas gegen meinen Kopf und ein feuchter kalter Schleim läuft über meine Stirn und kleckert aufs Hemd. Da hat eine Möwe direkt über mir, aus dem Flug heraus, einen dicken Fisch auf mich fallen gelassen, der jetzt vor mir auf dem Pflaster liegt. Neptuns Rache? Als ich mich entferne, hüpfen schnell etliche andere Möwen herbei und pieksen und zerren an dem toten Tier. So kann´s einem gehen! Da liegt er vor mir, von der Stirn aufs Pflaster. Fisch ohne FahrradHaben sich die Möwen und Fischlein vielleicht im Vorgriff auf unser opulentes Fischessen am Abend rächen wollen? Das Fischrestaurant "Romenijo" in Puerto de Sta. Maria, zu dem angeblich (so ein Reiseführer) ganz Andalusien pilgert und wo es schwer sein soll, einen freien Tisch zu bekommen: leer! Das Essen, ausschließlich frittiertes oder gekochtes "sea food" wird in Papiertüten über den Tresen gereicht und man kann es mitnehmen oder an einem der Tische verzehren. Wer aber glaubt, diese Meeresköstlichkeiten seien hier nahe bei den Fanggründen nun besonders billig, wird wohl umlernen müssen. Angeblich ist es schwer, bei "Romenijo" einen freien Tisch zu bekommenHab ich eigentlich schon erwähnt, wie schrecklich diese Autobahnfahrerei ist? Ich kann nicht genug warnen: In dieser Ecke Spaniens, und auch später die ganze Costa del Sol entlang, gibt es kaum andere Möglichkeiten! Das macht uns ganz fertig, wenn man sich auf dem Seitenstreifen, zwischen Leitplanke und vorbeirasenden Lastern und PKW´s, abstrampeln muss, ein Seitenstreifen, der dazu noch oft genug übersät ist mit zerbrochenem Glas und dem Unrat, den sorglose Autofahrer so aus dem Fenster werfen. Ganz besonders gefährlich sind die Ein- und Ausfahrten, dort wo wir geradeaus die Autobahn weiter fahren wollen. Eigentlich müsste man dort ja auf dem gestrichelten weißen Strich weiterradeln, aber dann wäre man nun wirklich schutzlos. Wir fahren deshalb bei einer Ausfahrt so lange wie möglich rechts an der Leitplanke entlang, um dann im letzten Augenblick rechtwinklig diese Ausfahrt zu überqueren. Ständig dem Lärm und dem Vorbeigesause ausgesetzt zu sein, das macht uns ganz fertig. Wie war España? So war España auch! Aber wir haben letztlich auch den schwierigen Weg aus Puerto de Sta. Maria hinaus, mit der S-Bahn an Cadiz vorbei, gemeistert. Die gelegentlich auf der Autobahn patrouillierende Polizei mustert uns Strampler ganz interessiert, da wir aber offensichtlich nichts Verbotenes tun, fährt sie einfach weiter. Manchmal tummeln sich sogar kleine Gruppen von Rennradlern auf dem Seitenstreifen der Autobahn. Das Wetter ist so, wie es aussiehtErst die letzten 20 km der heutigen Etappe (69 km, 490 HM) werden relativ verkehrsarm, und wir übernachten in dem etwas heruntergekommenen Badeort Barbate, direkt an der Atlantikküste gelegen. Irgendwo lesen wir, dass ein Teil der Bevölkerung hier vom Drogenschmuggel leben soll. Kann aber auch nur ein böses Gerücht sein. Uns werden keine Rauschmittel angeboten. Das Bier am Abend zählt hier nicht. In beinahe allen Hotels und Hostals hat es auf unserer Reise WIFI gegeben, fast immer kostenlos, und da mein Begleiter sein Netbook mithatte, buchen wir ab jetzt immer (bei hrs.de oder hotels.com oder bei bookings.com) am Vorabend das Hotel für den jeweils nächsten Tag. Das ist nicht nur bequem, weil wir auf diese Art am Zielort nicht lange suchen müssen, sondern meistens sogar billiger. Wir erwischen so fast durchweg Viersterne-Hotels zwischen 40 und 50 Euro. Fürs Einzelzimmer! Aber als Doppelzimmer hätt´s dasselbe gekostet. Der neue Tag, der nächste Tag, beginnt mit.... Regen! In Deutschland rollt weiter die Hitzewelle. Unser heutiges Tagesziel ist Tarifa, die südlichste Stadt Europas. Zwischen Barbate und Tarifa müsste man laut Karte ja eigentlich einen Riesenbogen über die Nationalstraße N340 fahren; da ist nur eine ganz dünne Linie an der Küste lang eingezeichnet. Mit dem Auto kann man dort nicht fahren, aber mit Rädern...? Laut Legende gibt´s dort nur einen unbefestigten Weg, der auch noch gar nicht ganz durchgehend ist. Wir beschließen, es zu wagen, auch auf das Risiko hin, umkehren zu müssen. Es regnet ja auch nicht sooo stark. Also schwenken wir ab Zahara de los Atunes auf etwas unsichere Pfade. Die Karte (1:200.000) lässt uns rätseln. Die meisten Ortsansässigen, die wir radebrechend befragen, ob man mit Rädern an der Küste lang fahren kann, rätseln ebenso und haben keine Ahnung - bis auf einen, der erzählt immer was von "faro" und bestätigt uns, man komme sehr wohl durch. Ab "faro" auf irgendeine geheimnisvolle Weise. Bis "faro" könne man fahren. Hab ich in meinem Spanischunterricht nie gelernt: faro. Aber jetzt weiß ich´s! Es versickert bald der asphaltierte Weg, es geht bergauf, und zwar so richtig! Grandiose Ausblicke aufs Meer immer wieder. Noch ein paar ausladende Villen stehen da über den Klippen. Dann nur noch Kiefernwald, und schließlich ein Leuchtturm. Der "Faro"! Der Faro bei Zahara de los Atunes. Hier endet der Fahrweg. Ab hier: schieben!Hier ist jetzt endgültig Schluss mit einer befahrbaren Straße. Wir schieben unsere Räder über ausgewaschene Wege und knorriges Wurzelwerk. Riech doch mal diesen Duft! Diese Luft! Welche Lust! Es hat sogar aufgehört zu regnen. Ja, man kommt hier durch mit Fahrrädern, muss nur so ein bis zwei Kilometer schieben. Das Wagnis einzugehen hat sich gelohnt! Hinter der Landzunge liegt die römische Ausgrabung bei BoloniaBald darauf, nach einigen Anstiegen, nach einigen Abfahrten, haben wir bei Bolonia in unmittelbarer Strandnähe die Ausgrabungsstätte der ehemals römischen Siedlung Baelo Claudia erreicht. Das war im Altertum eine Art "Industriestadt" zur Verarbeitung von Thunfisch. Ganz Bolonia eine einzige Fischfabrik! Riecht man heute aber nicht mehr. Ein schniekes Museum hat die Europäische Union da errichtet und auch nicht mit Geld gekleckert, so schön und neu sind die Bauten. Für EU-Bürger ist der Eintritt umsonst. Hatten die ja schließlich vorher schon bezahlt. Über ihre Steuern. Mittlerweile hat es wieder angefangen zu regnen. Und wieder mal triefnass gelangen wir (nach 50 Tageskilomtern und 500 Höhenmetern) in Tarifa zum unterkunftsmäßig absoluten Tiefpunkt unserer Reise. Dieses "Hostal" heißt "El Asturiano" und knöpft uns 35 Euro für ein sogenanntes Einzelzimmer und sogar 50 Euro für das ab, was es hochtrabend als "Doppelzimmer" andreht. Das "matrimonio", das Doppelbett, hat die riesigen Ausmaße von 1,20 Metern. Ist aber damit raumfüllend. Ich kann mich nur unter Verwindungen meines Körpers ins Bad begeben, reiße dabei den Vorhang von dem Eisengestänge ab, das ein Schrank sein soll, und auf dem Töpfchen kann man auch nur schräg vornübergebeugt sitzen, man sollte dabei aber einen ansonsten gesunden Rücken haben. Auf feuchten Socken balanciere ich in dieser Kältekammer, in diesem Feuchtraum, über meine beiden auf dem Steinboden ausgelegten Reiseführer ins Bett, denn ich wenn ich barfuß auf die feuchtkalten Steine komme, zucke ich zusammen. Aber ich will nicht schimpfen, dort im Bette war es trocken. Und das war mir an diesem Abend das Wichtigste. Von den Fenstern trieft die Nässe. In Deutschland weiterhin Hitzewelle. Fortsetzung folgt
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#846750 - 07/19/12 07:34 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
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(Fortsetzung )Von Tarifa aus hätten wir eigentlich die Fähre nach Tanger nehmen sollen. Die Schnellboote ab hier erreichen den marokkanischen Hafen schon in etwas mehr als einer halben Stunde und kosten auch nicht mehr als von Algeciras aus. Warum unser Entschluss, nicht ab Tarifa zu fahren, der falsche war, erzähle ich später. Zu frustriert von Regen und mieser Unterkunft sind wir, um Tarifa noch weiter zu erkunden. Wir bekommen aber mit, dass der Tourismus dieses Landstrichs total auf Wind- und Kite-Surfen abfährt oder -fliegt. Alle Naselang gibt es "kite schools". Am Horizont: AfrikaZu Tode betrübt gestern, himmelhoch jauchzend heute: Ein langgezogener Anstieg mit herrlichen Aussichten ins Landesinnere und hinüber nach Afrika lässt uns nicht länger Trübsal blasen. Blasen tun die Winde, die oben auf den Höhen über dem Meer zahlreiche Windräder antreiben. Die Sonne hat sich endlich durchgerungen, und nach eineinhalb Stunden zähen Ringens mit dem Aufstieg und mit uns selbst gibt´s auch endlich ein Frühstück. Oder was man hier so Frühstück nennt: Ein trockenes Brötchen mit zwischengeklemmtem Käse, runtergespült mit 2 Tassen café con leche. Eine Busladung polnischer Touristen, keiner unter 60, fällt in die Bar über den Hügeln, über dem Meer, ein und wir machen, dass wir weiterkommen. Nur ein Katzensprung ist es von Tarifa zu unserem nächsten Ziel Algeciras. Einzug in Algeciras in ein wirklich nobles hochherrschaftliches Haus! Hotel "Regina Cristina" heißt es, ist ein Vier-Sterne-Haus, und vier Sterne hat es wahrlich verdient. Alter kolonialer Stil, gediegene weitläufige Einrichtung, gepflegt und sauber. Dabei kostet das Zimmer, inklusive Frühstück, nur 47 Euro. In so einer Umgebung hat man doch richtig Lust auf große Wäsche, Radlerhemd, Socken und Unterhose! In der klammen Höhle in Tarifa musste ich die Sachen so feucht einpacken, wie sie am Vortag geworden waren. Hier im Regina Cristina hab ich sogar einen wunderschönen Balkon zum Trocknen meiner Wäsche. Ansonsten ist auch hier die Stadt mal wieder ziemlich trostlos leer; es ist schließlich Sonntag. Am Hafen erfahren wir, dass etliche Schiffe täglich nach Tanger übersetzen. Mit der Fährgesellschaft Balearia werden unsere Räder kostenlos mitbefördert. Die Hin- und Rückfahrt kostet 39 Euro. So kaufen wir denn an dem einzigen von 6 bis 8 Schaltern, hinter dem eine hübsche Frau sitzt, Fährscheine für den nächsten Tag. Hätten wir mal nicht auf die schönen Augen geachtet! Als wir uns nämlich am nächsten Mittag (die Fähre braucht etwa eine Stunde für die Überfahrt) dem Hafen nähern, reibe ich mir doch ziemlich verwundert die Augen. Vor 12 Jahren hatte ich schon mal die gleiche Tour gemacht, und damals fand ich die Hafeneinfahrt nach Tanger ziemlich imposant: Wie sich da die Altstadt den Hang hoch zog, die enge Hafeneinfahrt, das quirlige Treiben am Kai. Jetzt aber sehe ich beim Näherkommen nur ödes unbebautes Land, riesengroße Öltanks und qualmende Laster. Total verunsichert frage ich einen der Schiffsangestellten: "Is this Tanger? Cést Tanger, ici?" "Yes," sagt er, "Tanger Harbor. Tanger City is 55 kilometer." Meine Güte, da hat uns doch die Dame der Fährgesellschaft "Balearia" ein bisschen reingelegt, indem sie verschwiegen hat, dass ihre Gesellschaft NICHT die Stadt anläuft, sondern nur den neuerrichteten Industriehafen. So müssen wir in den sauren Apfel beißen und ein Taxi nehmen, das uns samt Rädern in die Stadt bringt. Taxi? Na ja, wie die Taxis hier halt so sind. Schon ein wenig älter, schon einige Hunderttausend auf dem Tacho. Aaaaber Mercedes! Mercedes Diesel. So ungefähr Jahrgang 1985. Da passen sogar noch unsere beiden Fahrräder in den Kofferraum. Übereinandergeklemmt, Kofferraumklappe offen. Den Fahrpreis konnten wir mit 20 Euro aushandeln. (Fortsetzung folgt)
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#846776 - 07/19/12 10:12 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
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Der Faro bei Zahara de los Atunes. Hier endet der Fahrweg. Ab hier: schieben!Hier ist jetzt endgültig Schluss mit einer befahrbaren Straße. Wir schieben unsere Räder über ausgewaschene Wege und knorriges Wurzelwerk. Riech doch mal diesen Duft! Diese Luft! Welche Lust! Es hat sogar aufgehört zu regnen. Ja, man kommt hier durch mit Fahrrädern, muss nur so ein bis zwei Kilometer schieben. Das Wagnis einzugehen hat sich gelohnt! Wieso schieben? Gruß Jörg.
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#847022 - 07/20/12 11:22 PM
Re: Wie war España? Zwischen Stier und Autobahn
[Re: radius]
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Mit der Fähre Algeciras-Tanger-Med (der recht neue Fähr- und Containerhafen und eben nicht nach Tanger (Stadt)) bin ich letztes Jahr Ostern auch gefahren, allerdings nicht, wie in Eurem Fall, weil ich dem Charme einer hübschen Fährgesellschafts-Schalterdame erlegen bin , sondern aus voller Absicht. Ich bin in dem Bereich entgegen Eurer Fahrtrichtung gefahren und kam über Ronda, die Sierra de los Alcornocales und Gibraltar nach Algeciras und wollte ein Stück in Marokko die Küste entlang fahren. Ceuta-Tanger schien mir etwas zu weit, da ich am selben Tag wieder nach Spanien zurück wollte (Tarifa), daher habe ich mich entschieden, von Tanger-Med nach Tanger (ca. 50 km) zu radeln. Die Strecke, die Ihr mit dem Taxi zurückgelegt habt, bin ich also geradelt (allerdings vermute ich, daß Euer Taxi die weiter im Landesinneren verlaufende Schnellstraße genommen hat und nicht, wie ich, die Straße an der Küste). Anschließend bin ich dann von Tarifa nach Cádiz und Jerez ungefähr auf derselben Strecke gefahren, die Ihr in die andere Richtung gefahren seid. Die Fahrt entlang der Costa de la Luz hat mir sehr gut gefallen. Ich bin mit der Fährgesellschaft FRS gefahren (Algeciras-Tanger-Med und Tanger (Stadt)-Tarifa).
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