Feuerland
Die Ueberfahrt von Punta Arenas aus, ueber die Magellanstrasse nach Feuerland, verlief recht unspektakulaer. Mal vielleicht vom einparken der Fahrzeuge auf die Faehre abgesehen. Das Schiff war viel kleiner, als ich es mir vorgestellt hatte. Die 15 Fahrzeuge, fast alles nur LKW´s, standen in drei Reihen so dicht beieinander, das zwischen ihnen nicht mal ein Zentimeter Platz blieb. Die Fahrer der Fahrzeuge, die zuletzt eingeparkt hatten, mussten deshalb waehrend der ganze Ueberfahrt in ihrer Fahrgastzelle bleiben. Gegen 9:30 hat das Schiff Punta Arenas verlassen. Um 12:30 wurde Porvenier auf Feuerland erreicht. Auf einer ausgezeichneten Schotterstrasse ging es ostwaerts, auf die argentinische Grenze zu. Den ganzen Tag ueber fuhr ich an der Kueste entlang und konnte zur rechten das dunkelblaue Wasser des Ozeans betrachten. Auffaellig hier ist die unglaublich klare Luft und die merkwuerdigen Wolkenstruckturen. Wie Ufos sehen die Wolken manchmal aus. Jetzt weiss ich auch, wo die ganzen Ufobilder herkommen ;-) Und Vincunhas (Imagen071) kann man hier sehen, die viel mehr Aehnlichkeit mit Rehen haben, obwohl sie in Wirklichkeit den Kamelen zugeordnet werden. Sie gucken mich immer sehr interessiert an, aber wenn ich versuche naeher zu kommen, machen sie einen langen Schuh.
Mittags habe ich mal einen kurzen Stop an der Kueste eingelegt. Dort parkte auch ein mittelgrosser Bus mit Touristen. Als ich weitergefahren bin, war ich etwas nachdenklich. Kein Mensch von denen kam auf die Idee, zu fragen, ob ich vielleicht etwas brauchen wuerde. Es war zwar wirklich nicht notwendig, denn ich hatte mir die Taschen in Punta Arenas bis zum Anschlag mit den leckersten Koestlichkeiten aufgefuellt, aber konnten die das wissen? Es ist schon erschreckend, wie ignorant die Leute sind.
Abends, beim Zeltaufbau (600 Meter vor km 75) passierte mich dann noch ein Radreisender aus Oesterreich (Imagen072). Wir haben ein wenig gequatscht, aber er war in Eile. Da er Morgen noch Porvenier erreichen will und seine Wasservorraete beschraenkt sind, muss er heute noch weiterfahren. Die arme Socke hatte den ganzen Tag nur Gegenwind und, wie ich jetzt weiss, am naechsten Tag auch noch. Ob er es wohl geschafft hat?! Autoverkehr hat es hier uebrigens nur sehr wenig und man ist echt gekniffen, wenn man sich mit dem Wasser verkalkuliert. Auf der ganzen Strecke zwischen Porvenier und San Sebastian (150Kilometer) gibt es keine einzige Versorgungsmoeglichkeit. Nicht mal Fluesse oder Baeche habe ich ueberquert, aus denen ich zur Not haette nachtanken koennen. Nun ja, wenn es wirklich eng wird, kann man noch bei den Estanzias betteln. Aber ausprobieren wollte ich das nicht. Abends habe ich mir dann noch eine grosse Portion Nudeln gekocht, und war einfach nur guter Laune. Meine vorletzte Nacht in Chile in einem 4-Sterne Hotel mit allem Luxus, die letzte Nacht im Zelt, keine 10 Meter von der Strasse entfernt. Groesser koennte der Komfortunterschied nicht sein. Aber das ist schon ok so. Wenn man mal davon absieht, das die Nacht im Zelt recht laut war. Weil der Wind auch die Nacht ueber blies, schlugen die Waende des Innen- und des Aussenzeltes staendig gegeneinander. Morgens hatte ich sogar ein wenig Sorgen, das mir das Zelt wegflog. Deshalb habe ich schon um 6:30 gefruehstueckt und bin weiter.
Den Wind hatte ich wieder von hinten, er blies sehr kraeftig. Als ich in San Sebastian eingefahren bin, hatte ich mein hoechstes, je mit dem Fahrrad erreichtes Stundenmittel gefahren. Und das auf Schotter. Viel verpasst von der Landschaft habe ich bei der rasanten Fahrt wohl nicht, denn das Landschaftsbild aehnelt dem von Patagonien sehr. Endlose Wiesen, hier und da mal eine Estanzia, und tausend von Schafen auf den Wiesen. Die Estanzias sind von der Strasse aus meist nicht sichtbar, sie liegen weit abseits im Hinterland und auf ihre Anwesentheit wird nur durch ein grossen Tor am Strassenrand hingewiessen. Weit bis Ushuaia ist es uebrigens nicht mehr, wie man dem Bild (Imagen 094) entnehem kann. 5 Kilometer vor der argentinischen Grenze hatte ich mir dann noch mal einen Platten eingefangen (Bild Imagen 092). War aber egal, um 12:30 hatte ich trotzdem San Sebastian (Argentinien erreicht). Schon wieder so ein Kaff (Imagen 093). Zu sehen gibt es hier nichts. Der Ort besteht nur aus der Migration (Grenzbehoerde), zwei (!) Tankstellen, davon eine mit angeschlossenem Minimarkt. Und dann gibt es noch weitere 9 Haeuser. Ich habe nachgezaehlt! Das Haus mit dem gelben Dach ist uebrigens vom argentischen Automobilclub und beherbergt das Hotel, wo ich geschlafen habe. Welch Laeuterung...
Aber aufregend ist es schon ein wenig, hier zu sein, den San Sebastian liegt am atlanischen Ozean. Und es ist schon ein besonderes Erleben, so eine Landschaftsmarke mit dem Fahrrad anzufahren.
Auf dem Weg zum Minimarkt (wo gibts Bier?! :-) habe ich an der Migration noch zwei andere Radreisende aus Belgien getroffen. Das ist das wirklich aufregende an Feuerland fuer mich. Staendig trifft man Leute, die am Beginn oder am Ende einer grossen Reise sind. Dann unterhaelt man sich mit ihnen und tauscht Informationen aus. Diese beiden hier sind von Ushuaia hochgekommen, haben aber vorher mit ihren Raedern schon Asien und Neuseeland bereist. Bezueglich Neuseeland haben sie nicht so schlechte Erfahrungen gemacht, wie ich es von anderen Radreisenden gehoert habe. Natuerlich konnten sie mir sehr brauchbare Informationen geben, ueber meine restliche Strecke. Sie sind heute per Pickup hergekommen, weil der Wind fuer sie zu heftig war. Sie haben dann den ganzen Nachmittag, ab 14:00 Uhr im kalten Wind gestanden und nach einer Moeglichkeit gesucht, sich weiter nach Porvenier mitnehmen zu lassen. Abends um 20:00 Uhr haben sie aufgegeben und sind auch in das Hotel des Automobilclubs eingezogen.
Heute bin ich dann die 80 Kilometer bis nach Rio Grande geheizt. Das war der Tag des Geschwindigkeitsrausches. Auf einer hervorragend asphaltierten Strasse kam ich bei der Einfahrt nach Porvenier auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ueber 35 km/h! Ich haette nie gedacht, das das mit einem vollbepacktem Reiserad moeglich ist. Dabei sind meine Reifen noch nicht einmal rollwiederstandsoptimiert und mein rechtes Pedal streikt auch schon seit mehren hundert Kilometern. Ich kann es einfach mit der Hand von der Achse ziehen. Steter Tropfen hoehlt den Stein... Waehrend der Fahrt klopfe ich immer wieder mal mit dem Schuh von rechts dagegen, damit es wieder in voller Laenge auf der Achse sitzt. Halte durch, Brauner. Es ist nicht mehr weit...
Ich werde mich dann wieder von Ushuaia aus melden. Die letzten 100 km werden wahrscheinlich nochmal sehr anstrengend werden.
Gruss, Peter