Ja Mann, auf die 174 km bin ich auch wirklich Stolz. Allerdings - obwohl mittlerweile zwei Tage her, merke ich die immer noch. Deswegen habe ich es auf den vergangen zwei Etappen auch etwas ruhiger angehen lassen. Hier nun mein naechster Bericht.
Sascha - wenn es Dir nicht allzuviel Muehe macht und Dich meine Bilder ueber die gmx-Adresse erreichen werden: KAnnst Du sie dann hier einstellen? Ich habe - noch - keinen Webspace.
Aber ich bin Dir auch nicht boese, wenn nicht sein soll.
Es wird gruener
Das Hotel in Channeral hat 5000 Pesos gekostet. Die Dusche war diesmal sogar warm :-) Fuer chilenische und ueberhaupt suedamerikanische wohl ungewoehnlich wurde das Hotel ausschliesslich von Willy gefuehrt, der sehr freundlich war. Wieder die Frage nach dem woher und wohin. Nach Tierra del Fuego. Mit dem Fahrrad?! Er faengt an zu lachen. Wenn ich denn endlich da angekommen bin, werde ich am Stock gehen. Er beginnt einen alten Mann am Stock zu immitieren. Ich lache auch. In Santiago soll ich mich bloss vor den Trickdieben in acht nehmen. Versprochen Willy, mache ich.
Ansonsten habe ich von dem kleinen Staedtchen Chaneral wenig gesehen. Viel zu spaet bin ich gestern dort angekommen. Gerade noch Zeit, nach dem Hotel Checkin etwas Wasser und Obst einzukaufen und das Internetcafe aufzusuchen. Ich fahre am naechsten Morgen erst kurz vor 9 Uhr los, da nun eine kuerze Etappe ansteht.
26 km hinter Chaneral gibt es wieder eine Posada. Hier esse ich eine Kleinigkeit. Die naechsten eineinhalb Tage wird es bewoelkt sein, was mir sehr entgegenkommt. Die Wolken bleiben an den teilweise sehr steil aufsteigenden Bergen, die bereits 300 bis 400 Meter im Hinterland aufsteigen, kleben. Aber es regnet nicht. Der Humboltstrom, der draussen auf dem Pazifik sein Unwesen treibt, hat die Wolken bereits abregnen lassen. Die Strasse ist recht flach, von kleineren auf und abs abgesehen. Nie geht es an diesem Tag hoeher als 150 Meter. Rechts von mir kann ich den ganzen Tag ueber einen Blick auf den Ozean werfen. Eine schoene Abwechslung fuer die Augen. Ich sehe hier auch, wie die Chilenen
(A C H T U N G: Blaubaergeschichte!) Shampoo herstellen. Mit grossen Kellen schoepfen sie die Gicht des Meeres ab, die dann in Zentrifugen zu den verschiedenen Seifenarten verdichtet wird.
Ich fahre an weiteren Posadas vorbei (km 33) und km 54. Hier mache ich Mittag. Die Posada hat eine grosse Auswahl an Gerichten. Die Versorgungslage ist sehr viel besser als ich Gedacht habe. Ich schleppe viel zu viel Wasser mit mir herum. Ein km weiter gibt es sogar eine Posada, die Zimmer vermietet. Direkt am Ozean.
Auf dem Weg nach Caldera treffe ich einen Motorradfahrer aus England. Er hat auch schon groessere Reisen mit dem Rad unternommen. Aber er meint:
I wont drive the Atacamadesert by bike. Its too boring. The landscape doesnt change, nothing for your eyes. I just do it, to clean up my head, antworte ich ihm. Ich empfinde es in der Tat als sehr wohltuend, die Leere auf mich einwirken zu lassen. Es ist, als wuerde der Geist einmal so richtig gut durchgelueftet werden. Es gibt nur wenig worauf ich zu achten habe, dieser Tage.
Wir stimmen beide darin ueberein, das der Wind die groessten Probleme macht. Auch er hat Probleme mit diesen teilweise sturmartigen Wind und das, obwohl er auf einem Motarrad sitzt.
Meinen Lippen geht es mitlerweile viel besser. Ich habe sie oft mit diesem Fenistil-Gel eingeschmirt, sie sind schon fast wieder heil. Sehr bewaehrt haben sich auch die Brausetabletten, die ich mir aus Deutschland mitgebracht habe. Das Essen in den Posadas ist zwar reichhaltig, aber die Brausetabletten sorgen zusaetzlich fuer den notwendigen Nachschub an Vitaminen und Minaeralstoffen, die ich tagsueber ausschwitze.
Am Rad macht sich der kleine Rueckspiegel sehr gut (Danke Sascha fuer de Tip). Wann immer es geht machen die chilenischen Trucks und Busse einen grossen Bogen um mich, aber wenn sich zwei auf meiner Hoehe begegen , halten sie es nicht fuer noetig, wegen einem Radfahrer abzubremsen. Ich weiche dan auf den Seitenstreifen aus, der zwar meist eine geringere Asphaltqualitaet hat, aber gut genug fuer solche Manoever ist.
Ich erreiche Caldera bei km 93,5. Hier treffe ich auch auf zwei Deutsche Reiseradler, Ronny und Arianne aus Berlin. Sie sind durch die noerdliche Atacamawueste mit dem Buss gefahren und erst ab Chaneral gestartet. Ich werde um meine Rohloffnabe beneidet. Aber das Gespraech ist kurz. Nur 100 Meter weiter sehe ich aus dem Augenwinkel ein Hotel und da zieht es mich magisch hin. Vielleicht sieht man sich am naechsten Tag.
In Caldera sehe ich dann Pelikahne. Ich haette gar nicht gedacht, das diese kopflastigen grossen Voegel so elegant fliegen koennen. Jeden Fall eleganter als Oliverkahne, hoho.
Abends habe ich noch mit den Kleinigkeiten des Alltags zu kaempfen. Zunaechst muss ich diesen unglaublich roehrenden Kuehlschrank in meinem Zimmer kaltstellen. Einen Schalter hat er nicht und es bereitet mir Muehe mit meinem Arm unter die Verkleidung der Arbeitsplatte zu greifen, bis ich den Stecker aus der Dose ziehen kann. Am naechsten Morgen erwartet mich eine mittlere Ueberschwemmung im Zimmer.
Und kurz vorm schlafen summt mir noch eine Muecke an meinem Ohr rum. MUSS STERBEN! Ich habe doch keine Lust, mich anzapfen zu lassen!
Am naechsten Tag treffe ich 20 km hinter Caldera Ronny und Arianne aus Berlin wieder. Mit ihren leichtbepackten 28-Zoll Raedern donnern sie teilweise mit 25 bis 30 kmh ueber die Ebene. Ich haenge mich in den Windschatten, komme aber eben noch so mit. Sie sind viel ausgeruhter und da sie nur den Norden bereisen, in dem es nie regnet und auch keine Cam´pingausruestung dabei haben, ist ihr Gepaeck gerade mal halb so schwer wie meins. Darum beneide ich sie. Ronnys Vater war mal Berliner Meister im Rennradfahren.
Wir fahren gemeinsam bis nach Copiapo, der Hauptstadt der Region 3 von Chile. Die Versorgungslage zwischen Caldera und Copiapo ist so gut, das es sich gar nicht lohnt, all die Posadas zu nennen. Das liegt vor allem daran, das wir ca. 40 km vor Copiapo ganz ploetzlich ein Tal durchqueren, indem es vor Bauemen und Straechern nur so wimmelt. Es wird sogar Obst angebaut.
In Copiapo trennen sich unsere Wege wieder, am naechsten Tag fahren sie mit dem Buss nach La Serena. Copiapo hat 45.000 Einwohner und eine nette Plaza. Dort sitzen sie, die chilenischen Schachspieler. Schnell ist ein Gegner gefunden und nach soviel geistiger Leere tut es gut, sich mal wieder mit dem Kopf zu betaetugen. Die Partie ist spannend, der Spielstil des Chilenen ist gepraegt vom suedamerikanischen Temperament. Ich habe zwei verbunden vorgerueckte Freibauern, aber eine Figur weniger. Die Freibauern erweisen sich als wertvoller. Kurz vor dem Ende des Spiel biete ich ihm Remis an und er nimmt an.
So Leute, ich muss mir jetzt noch den Bauch vollstopfen und dann mal ausspannen. Bis demnaechst,
Peter