Die Menschen sind da sehr unterschiedlich.
Die Eine mag moderne Technik und will auf deren Vorteile nicht verzichten. Möglicherweise ist sie auch fähig und gewillt komplexere Dinge unterwegs zu reparieren und das dazu notwendige Material mitzuschleppen.
Der Andere vertraut eher auf althergebrachte Technik, möchte sowenige Ersatzteile und Werkzeuge wie möglich mitführen und hat keine Lust oder nicht die Fähigkeit komplizierte Sachen zu flicken.
Nach meiner Erfahrung hat man auf Langzeitreisen ständig mit Verschleiss und oft kleineren Problemen an der Ausrüstung und auch anderswo zu tun. Es ist dann schön, wenn sich der Aufwand jeweils in Grenzen hält.
Mancherorts, beispielsweise in einem extrem abgelegenen Andendorf in der Puna, kann es derart staubig und windig sein, dass man vielleicht froh ist, die Entlüftung der hydraulischen Scheibenbremse nicht unter solchen Bedingungen durchführen zu müssen.
Ich fahre sonst gerne solche Bremsen und schätze deren Vorteile sehr. Allerdings erlebe ich selber ab und zu, dass kleine Probleme entstehen, und ich habe unterwegs einige Reiseradler getroffen welche sich mit defekter Hydraulik zum nächsten eventuell dazu ausgerüsteten Radladen durchgeschlagen haben. Das ist jetzt innerhalb Europas oft keine grosse Sache, kann aber auf Reise in weniger entwickelten Gebieten komplett anders aussehen.
Meine Sicht des idealen Weltreiserades:
Stahlrahmen. Es wird oft gewitzelt von wegen Dorfschmied, und natürlich lässt sich ein modernes Stahlgeröhr mit geringen Windstärken nicht gut mit dem Elektrodenschweissgerät zusammenbraten. Andererseits sind geübte TIG- oder MAG-Schweisser für dünnere Sachen aus Stahl weltweit durchaus eher aufzutreiben als Alu- oder Titanschweisser, und Stahl lässt sich auch gut mit einem einfachen Hartlot löten.
Das Weltreiserad besteht idealerweise auch nicht aus den allerdünnsten Rohren, hier sind dann also eher ab 0.9 mm im endverstärkten Bereich der Rohre sinnvoll.
Starrgabel aus Stahl.
Idealerweise Gepäckträger aus Stahlrohren, siehe oben. Zudem ermöglicht es sehr dauerfeste Gepäckträger.
Kettenschaltung, wegen der weltweiten Verbreitung am ehesten von Shimano, 2 oder 3 x 8, 9, oder 10 fach.
Ich bin ein Verfechter von Daumen-, Unterrohr- und Lenkerendschalthebeln, mag aber auch die ergonomischen und (am Rennlenker) ästhetischen Vorteile der Bremssschalthebel.
Dieses Frühjahr hatte ich in Spanien prompt einen defekten Shimano Dura-Ace ST-7900 Bremsschalthebel. Die Weiterfahrt über die folgenden 1000 km war dann mit einer improvisierten Lösung und mühsam zu schaltenden sechs Gängen etwas weniger leichtfüssig, ging aber dennoch. Am simplen 9-fach Unterrohr- bzw. Daumenschalthebel hätte ich einfach bei ausgeschalteter Indexierung alle Gänge weiterbenutzen können.
(Der ST-7900 wurde dann zurück in der Heimat mit relativ grossem und unterwegs kaum denkbarem Aufwand repariert.)
Vierkant-Tretlager, in der Regel dauerhafter und dichter als aussenliegende Tretlager, zudem weltweit sehr verbreitet.
Mechanische Bremsen.
Entweder V-Brakes mit deren bekannten Vor- und Nachteilen. Oder mechanische Scheibenbremsen, wobei mir bis jetzt testweise auf ca. 3000 km nur die eher teure Growtac Equal wirklich zusagte.
Laufradgrösse:
Ich war früher für diesen Zweck grosser Verfechter von 559 mm. Mittlerweile hat sich hier wohl auch weltweit viel verändert, wo jetzt welche Grösse am meisten verbreitet ist lässt sich nicht mehr so klar sagen.
Zudem schätze ich das bessere Ueberrollverhalten auf ruppigem Untergrund grösserer Laufräder sosehr, dass ich bei nicht zu klein gewachsenen Zeitgenossen 622 mm empfehle, bei Scheibenbremse je nachdem auch 584.
Platz für Reifen bis 50 mm oder breiter.
Kleinere Laufräder sind natürlich bei identischem Material immer stabiler. Es gibt aber heute gute und sehr steife Felgen welche diesen Punkt etwas in den Hintergrund treten lassen.
DD-Speichen mit Messingnippeln. Sapim Race 2/1.8/2 ist die Sorglosspeiche für die meisten Anwendungen, hinten gerne auch 2.2/1.8/2.
Lichtanlage:
Meines Erachtens auf Fernreisen meist verzichtbar. Das zusätzliche Gewicht, die eventuell defektanfällige Technik und Verdrahtung und die Nachteile bei unsanftem Transport des Velos und dergleichen erspare ich mir lieber. Ich fahre fast immer nur bei Tageslicht, im Bedarfsfall kommt vorne die sowieso mitgeführte Stirnlampe und hinten ein kleines LED-Licht zum Einsatz.
Schutzbleche lasse ich komplett weg. Zu sperrig beim Transport, untauglich auf Schlammpisten, defektanfällig, unnötiges Zusatzgewicht. Gegen das unangenehme Einnässen des Gesässes bei Regen hilft und reicht eine kleine Ladung z.b. in Form einer leichten Zeltrolle auf dem hinteren Gepäckträger.