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#895180 - 01/03/13 07:39 PM
Von Catania nach München (fast)
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: | 1.5.2012 19.5.2012 |
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Vorbemerkung: Der Bericht ist zeitgleich auch im ODS-Forum - allerdings unter einem etwas geänderten Titel - erschienen: Auch von dort hatte ich im Vorfeld viel Unterstützung erfahren. Aber die Haupt-Tipps kamen hier aus dem Forum. Allen, die mir geholfen haben (und sei es durch gnädiges Schweigen...) nochmals vielen Dank! Hier also der erste Teil, die anderen werden recht zügig nachgeliefert. Viel Spaß beim Lesen wünscht lytze Die IdeeWann und woher genau die Idee zu dieser Reise kam, weiß ich gar nicht mehr. Es sollte eine längere Fahrradtour sein, die auch alleine zu bewältigen ist, möglichst nicht mit vielen Mücken unterwegs und mit ausreichender Infrastruktur für alles, was der ältere und verwöhnte Radreisende unterwegs so braucht: Täglich ein richtiges Bett, eine (warme) Dusche und was Anständiges zu essen. Dazu noch die passende Landschaft, abwechslungsreich, schön, nicht zu kalt und nicht zu warm – und nicht zuletzt auch die Möglichkeit, gut, sicher, einfach und einigermaßen kostengünstig hin und zurück zu kommen. Also kurz und gut: Die eierlegende Wollmilchsau unter den Radreisen! Italien an sich gefiel mir ja schon ganz gut. Landschaft und Klima sowie Infrastruktur passten zu meinen Anforderungen, das mit der Sprache sollte auch klappen (wozu hat man schließlich vor... 40 Jahre das Große Latinum gemacht... Und dann die Küche und der Wein!). Also: ITALIEN. Und zwar wenn schon, denn schon: Den ganzen Stiefel! Und da nach Hause fahren irgendwie einfacher ist (das zieht einen!): Von Süden nach Norden. Die erste Internet-Recherche ergab dann wegen der Flugverbindung auch schon die Streckenplanung: Von Catania nach München. Das führte dann als nächstes zur Zeitplanung. Süditalien im Hochsommer mit dem Fahrrad ist nicht so das Wahre, zu früh oder zu spät im Jahr gibt es Probleme in den Bergen (Apennin und Alpen liegen ja im Weg): Also spätes Frühjahr oder früher Herbst. Ich entschied mich für spätes Frühjahr: Mai 2012. Und einen Anlass hatte ich auch. Ich habe mir die Tour selbst zu meinem 60. Geburtstag geschenkt! In die ersten Überlegungen und Ideen mit noch reichlich unstrukturierten Anfangsplänen fiel die Radreise einiger Rennradfahrer aus unserem Gegend, die zu einem „Runden Geburtstag“ eines Bekannten vom Saarland aus nach Sizilien fahren wollten – allerdings mit Rennrädern, mit Begleitfahrzeug und ohne Gepäck – und zu mehreren. Noch dazu waren sie auch ein paar Jahre jünger als ich. Einen der Mitfahrer kannte ich, er versorgte mich nach der Rückkehr von der geglückten Tour mit weiteren Informationen und war somit eine Art Pate meiner Reise. Und er gab mir dann vor dem Aufbruch die Zusage (und seine Handy-Nr.) mit auf den Weg: Sollte mir irgendetwas passieren, sollte ich Hilfe brauchen oder sogar abgeholt werden müssen – er stehe zur Verfügung! Ähnliche Unterstützungsangebote bekam ich noch zwei, und ich bin mir sicher, dass in jedem Falle jeder der drei an meiner „Rettung“ mitgewirkt hätte. Dieses Wissen im Hinterkopf ließ mich die Fahrt mit weniger Bedenken antreten – die Bedenken und Sorgen hatten allerdings andere (erst recht, als es kurz nach meiner Rückkehr in Norditalien zu folgenschweren Erdbeben kam und mich einige noch unterwegs wähnten...). Nachdem 2010 meine erste Radtour in Deutschland (von Merzig im Saarland nach Dessau an der Elbe) mit etwas über eintausend Kilometer und 2011 meine Rundtour in den Alpen (mit Fern-, Reschen- und Brennerpass) ohne Probleme verlaufen war, war ich mir ziemlich sicher, dass auch eine weitere Strecke mit entsprechendem Berganteil zu machen sei. Es begann die Feinrecherche in den Internetforen, vor allem im Radreise & Fernradler Forum, wo auch wichtige Hinweise, Infos und Insider-Tipps zu finden waren (siehe hierzu auch später). In den Wochen vor der Reise kamen dann noch sehr persönliche Tipps von Fabio aus Bergamo hinzu, vor allem zur Rom-Durchquerung. An dieser Stelle noch allen, die mir bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung meiner Tour geholfen haben, ein dickes Danke-Schön. Nicht zu vergessen dabei auch der Dank an Petrus – aber dazu später mehr... Mein Fahrrad und das restliche GelumpDie Reiseausrüstung war bereits bei den beiden zurückliegenden kürzeren Touren erprobt worden; für eine Reise mit ein paar Kilometern mehr waren jedoch einige Besonderheiten zu beachten. Gedacht war weitgehend an eine Übernachtung in Hotels und Gasthöfen, also nicht generell auf Camping-Plätzen. Das hatte einerseits etwas mit dem mitzuführenden Gewicht zu tun, andererseits aber natürlich auch mit der Bequemlichkeit, auf die bandscheibengeschädigte Anfangsechsiger ja doch schon achten müssen. Im Laufe der Vorbereitung gelangte ich jedoch zu der Meinung, dass etwas Unabhängkeit angebracht sei – so nahm ich schließlich ein kleines Einmannzelt (Tarptent Contrail mit 750 gr) und eine leichte Luftmatratze (exped synmat UL 7 mit 450 gr) mit – zusätzlich zum leichten Daunenschlafsack (WM-summerlite mit 530 gr) den ich aus „hygienischen“ Gründen ohnehin mitgenommen hätte. Mein Not-Schlafzimmer schlug also mit etwas unter 2 kg zu Buche. Kochzeugs hatte ich nicht dabei: Wer in Italien verhungert, dachte ich mir, ist selber schuld.... Diese (letztere) Entscheidung hat sich dann auch als richtig herausgestellt: Nach dem morgendlichen landestypischen Frühstück (meist in Form eines süßen, nougat-, creme- oder marmeladegefüllten Blätterteighörnchens und einem Capuccino) gab es unterwegs tagsüber eigentlich fast immer nur Obst (Bananen und oder Apfelsinen, die ich am Abend vorher in einem supermercado oder am gleichen Tag an irgendeinem Stand am Straßenrand kaufte, die im Süden häufig zu finden sind) oder einen der Müsliriegel, die schon teilweise abenteuerliche Wege und Wanderungen hinter sich hatten (von früheren Touren) – und die bei dieser Fahrt auch nicht alle aufgegessen wurden... Nur ein- oder zweimal habe ich tagsüber eine warme Kleinigkeit gegessen, das warme Essen gab es meist Abends, aber auch in einigen Fällen war es doch kalt: Weißbrot, Käse, Schinken, Tomaten, Oliven, eingelegter Fisch. Dazu gezuckerter Orangensaft in Litermengen (etwas, was ich sonst nie trinke) und ein Glas Wein als Gute-Nacht-Trunk. Natürlich gab es auch Pizza – die beste bekam ich bei Neapel (wie es sich gehört) und dann später wieder in Bozen(!). Eigentlich überflüssig war ein Großteil des elektronischen Krempels: Ersatzakkus, die ich dabei hatte, aber nicht nutzte; ein Netbook, das ich mit meinem smartphone für Internet-Recherche usw. dabei hatte; das Outdoor-Navi „Garmin-etrex-vista hcx“, das ich doch nicht nutzte, weil ich mit den Kartenkopien und dem Sonnenstand prima zu Recht kam. Die bereits in Deutschland besorgte 1-Monats-prepaid-Karte von TIM mit der Datenflatrate funktionierte genau 2 Tage lang – dann war Schluss mit skypen mit daheim. Gut, dass ich noch meine deutsch 02-Karte dabei hatte, so konnte ich wenigstens smsen und gelegentlich Hotel-WiFi nutzen. Wirklich gebraucht habe ich eigentlich nur mein Handy und den Sony ebook-Reader, mit dessen Hilfe ich täglich im Hotelzimmer lesen konnte. Dessen Akku-Ladung hielt auch die ganzen 3 Wochen durch. Täglich fotografierte ich auch mit einer Kompaktkamera (Fuji x10), auch deren Akku hielt die fast 3 Wochen ohne Nachladung durch (obwohl natürlich ein Ersatzakku vorhanden war...). Auch an Kleidung hatte ich einiges dabei, was ich nicht oder so gut wie nicht benutzte (Softshell, Anorak, Regenhose usw.). An guten Radpolsterhosen hatte ich zwei dabei; es gab auch keine Probleme mit Druckstellen oder sogar Hautverletzungen, auch dank der präventiven morgendlichen „Einreibungen“ mit Ilon protect. Wegen der besseren Erkennbarkeit hatte ich eine gelbe Warnweste unterwegs (fast immer) an. Gut bewährt hat sich mein System mit dem täglichen Auswaschen der Funktionsunterwäsche auch diesmal. Die Kleidung waren morgens immer vollkommen trocken. Zu meinem Rad: Gegenüber der Tour von 2011 war es unverändert (ein GIANT-Trekkingrad aus Alu mit Dameneinstieg, also ohne Oberrohr, 11,5 kg. leicht, mit 27-Gang-Kettenschaltung), lediglich zur besseren Erkennbarkeit in den (teils unbeleuchteten) Tunnels hatte ich Speichenreflektoren und am Radende eine rote Blink-LED angebracht, die ich dann nach Bedarf anmachte (zusätzlich zur normalen Radbeleuchtung von BUMM). Ich fuhr immer mit meinen Hörgeräten, benutzte immer den Rückspiegel und hatte natürlich immer den Helm auf.... Verpackt war mein Zeug in zwei Ortlieb-Backrollern; Zelt, Matte und Schlafsack waren in einem Ortlieb-Rollsack, den ich längs auf dem Gepäckträger platzierte. Die Sachen für tagsüber befanden sich in der Ortlieb-Lenkertasche. Zu Trinken für unterwegs hatte ich eine 0,7 l Radflasche unter dem Unterrohr und eine 1 ½ l SIGG an der Sattelstütze, letztere wurde nie leergetrunken. Aber ich habe bei entsprechendem Zucker- und Coffeinbedarf an der Strecke auch gelegentlich Flüssigkeit in Form von gekühlter Cola nachgefasst... Um für die lange Strecke nicht zu viele Karten mitnehmen zu müssen (Platz- und Gewichtsproblem), hatte ich aus dem Hallwag-Italien-Atlas 1:250.000 die entsprechenden Seiten eingescannt und auf dem Farblaser ausgedruckt. Der jeweilige aktuelle Ausdruck lag immer vor mir in der Kartentasche der Lenkertasche (na ja, fast immer: Bei der Festlegung der wichtigen Seiten war ich wohl für den Bereich zwischen Innsbruck und Rosenheim etwas unaufmerksam, denn dieser Kartenteil fehlte mir – was aber nicht tragisch war, weil man sich auf dem Inntalradweg ohnehin nicht verfahren konnte: Einfach sturheil auf der Dammkrone entlang und alle 200 Meter gab es ein Schild). Das Navi blieb – wie oben erwähnt – unbenutzt. Dieses Dasein der Nutzlosigkeit teilte es – Glück muss man haben – mit der Luftpumpe, dem Radflickzeug, dem Ersatzreifen, den beiden Ersatzspeichen, den Kabelbindern und dem Erste-Hilfe-Beutel - usw.! Fazit: Wenn ich genau gewusst hätte, was ich brauche und was nicht, hätte ich locker 5 kg einsparen können. Aber man weiß das ja eben nicht genau... Planung und VorbereitungDas fing schon relativ früh an, also etwa 1 ½ Jahre vor der Tour. Und es fand überwiegend vor dem Computermonitor statt. Vor allem das Radreise & Fernradler Forum und die Tipps des ODS-Forums waren eine unerschöpfliche Quelle von Informationen und Tipps zu Radreisen allgemein und Italien insbesondere. Ich nahm zu einigen der Foristen auch Einzelkontakte auf, und es entwickelte sich ein für mich ergiebiger eMail-Verkehr – jetzt bin ich in der Lage und der Rolle, meine Erfahrungen und Kenntnisse weiter zu geben. Die Anfertigung eines Reiseberichtes über meine Tour gehört mit zu dieser selbst auferlegten „Verpflichtung“. Daneben war ich zu Informationszwecken auch oft auf den Navigations- und GPS-Seiten unterwegs www.gpsies.com oder www.rennrad oder www.tourenplaner.de/Tourenplaner/Tourenplaner, aber auch auf vielen anderen. Für Ausrüstungstipps jenseits des Fahrrades waren die entsprechenden outdoor-Foren hilfreich (z.B. www.outdoorseiten.net/forum/forum.php oder speziell zu Leicht-Ausrüstung ( www.ultraleicht-trekking.com/forum/index.php). Besonders informativ und unterhaltsam waren die vielfältigen Reiseberichte nicht nur von Fernradlern. Vielleicht noch ein paar Worte zum Thema Sprache. Meine Latein-Kenntnisse sind natürlich längst versandet – und um der Wahrheit die Ehre zu geben: Sie waren nie (!) gut oder auch nur ausreichend... Französisch ging und geht wohl (hoffentlich) so la la, und auf Englisch kenne ich einige Alltagsbegriffe und Redewendungen. Eigentlich nicht genug für eine Tour, bei der man sich über Wochen verständigen sollte. Etwas Italienisch konnte ich noch aus einem Einsteigerkurs der Volkshochschule, aber auch der lag schon viele Jahre zurück. Also begann ich im Herbst 2011 bei einer Nachbarin, die Italienisch-Kurse gibt, ein Einzel-Sprachunterricht speziell für Italien-Fern-Radreisende. Ziel war die Vermittlung von Alltagsbegriffen und der Angstabbau vor der Sprache. Ich kam (auch tatsächlich dank der Latein- und Französisch-Reste) in der Vorbereitung gut zurecht, baute mir einen Katalog von Überlebensfragen zusammen („Per favore, é possibile de mettere la mia tenda piccola qui in vicine???“ – und hatte nach drei Monaten Sprachunterricht wenig Zeit und keine rechte Lust mehr. Ich wollte keine Gespräche führen, sondern „klar kommen“. Und das Werkzeug dafür hatte ich ja (… so meine Überzeugung!). Und siehe da: Es langte tatsächlich! Es kamen unterwegs noch ein paar Spezialbegriffe dazu, die mit den geläufigen Handbewegungen unterlegt wurden (Kreisverkehr beispielsweise wird durch die rotierende Hand gezeigt, eine Ampel durch das schnelle Öffnen und Schließen der Finger bzw. Handfläche). Und – sehr gelegentlich – fanden sich vor allem im Süden ehemalige Gastarbeiter, die stolz waren, ihre früheren Deutschkenntnisse für mich hervorzukramen... Auf jeden Fall kam ich ganz gut zu Recht! Dann noch zur körperlichen Vorbereitung: Meine bisher längste Radtour betrug ca. 1.000 km (von der Saar bis an die Elbe), ich brauchte dafür etwa 8 Tage, diese Tour lag zwei Jahre zurück. 2011 erfolgte dann die „kleine Alpenrunde“ mit 700 km in 7 Tagen und 6.500 Höhenmetern. Für die Italien-Tour rechnete ich mit über 2.000 km, und dass es nicht flach werden würde – trotz Küstenstrecke – war mir auch klar. Der Winter 2011/12 war zum Radtraining nicht so gut geeignet, von Dezember bis März war für mich daher radmäßig Pause angesagt. Aber ich konnte joggen und ging zwei mal wöchentlich zum Radfahren ins Fitness-Studio, zusätzlich zu meinen beiden regelmäßigen wöchentlichen Rücken-Trainings-Terminen. Im April 2012, also kurz vor Reiseantritt, war die Witterung dann doch so gut, dass ich noch etwa 300 km draußen fahren konnte. Mehr wäre natürlich besser gewesen. Und am 01. Mai ging die Reise los. Aber ich fühlte mich fit und vorbereitet. Jetzt konnte es losgehen! Den ersten konkreten Schritt dazu machte unmittelbar nach der Rückkehr von der Alpen-Radtour, im September 2011, indem ich bereits damals schon den Flug von München nach Catania buchte. Meinen vierwöchigen Urlaub beantragte ich rechtzeitig, nach und nach schaute ich meine Ausrüstung durch und ergänzte sie, das Zeltchen wurde an einem Vorfrühlingstag einmal auf dem Rasen probeaufgebaut und ein „Probepacken“ der kompletten Ausrüstung fand auch rechtzeitig statt. Etwas Sorge bereitete mir noch die Radverpackung für den Flug. Im Internet fand ich auf der AirBerlin-Seite dazu folgenden Hinweis „Lenkrad parallel zum Rahmen, Pedale nach innen gedreht; in Hülle o. ä. verpackt“. Die sicherste Hülle schien mir ein Radkarton zu sein, weshalb ich mir einen beim Radhändler besorgte. Auch der wurde schon einmal probegestülpt und für gut befunden: Sogar dermaßen verpackt konnte ich Vorder- und Hinterrad vor- und zurückbewegen und das Fahrrad somit sogar rangieren. Sonntag, 29. April 2012Es geht von zu Hause aus los, mit dem Auto ins Bayrische, da ich den Flug ab München gebucht und somit einen Direkt- und Non-Stop-Flug ohne Gepäck-/Radumladung hatte – das schien mir die radschonenste Variante zu sein!. Nach einem wettermäßig nicht so schönen April versprach die Vorhersage für die nächsten Tage aber gutes Wetter, das schließt die Anreise nach München/Penzberg bereits ein. Ich genieße den Tag bei Tochter und Enkelkindern und bin (natürlich) in Erwartung des Fluges und der Fahrt aufgeregt – schließlich kann immer noch einiges schiefgehen...
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Wer schnell fährt, kann auch schnell schreiben... | |
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#895207 - 01/03/13 08:12 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Teil 2:
1. Tag: Montag, 30. April 2012 Penzberg – München - CataniaHeute geht es los. Nach dem Frühstück noch ein letzter Spaziergang. Das Fahrrad wird für den Flug verpackt und für die 50 km bis zum Flughafen auf dem Radträger verzurrt. Und es regnet auch nicht – sonst wäre der Karton schon vor dem Flug aufgeweicht und damit unbrauchbar geworden. Nach einem kleinen Imbiss zu Mittag und dem Abschied von der Familie geht es dann (endlich!) los. Nach einer kleinen Ehrenrunde um das Abfertigungsgebäude herum (dabei war der Hinweis auf AirBerlin wirklich groß genug) und einem Parkplatz direkt vor dem Gebäude stehe ich am leeren Check-In-Schalter und habe schon die ersten aufregenden Minuten vor mir: Die Mitarbeiterin findet mich im System nicht und vermutet, dass ich erst sehr kurzfristig gebucht habe. Erst mein Hinweis, dass ich bereits vor über einem halben Jahr schon gebucht hatte und der Flug irgendwann vom Vormittag auf den Nachmittag verlegt worden sei, bringt sie (und mich) weiter; sogar die Sportgepäck-Buchung (Fahrrad) findet sich. Und ich bekomme auch nochmal die Hinweise für die Rad-Herrichtung, zusätzlich zu den bereits bekannten auch noch das Erfordernis des Ablassens des Reifendrucks, was ich treuherzig und glaubwürdig zusichere (aus den Forendiskussionen war mir bekannt, dass dies seit längerem schon nicht mehr erforderlich ist wegen des Druckausgleichs auch im Frachtraum. Aber egal. Dann erfolgt der Abschied vom Gepäck (den beiden Ortlieb-Taschen, die mit einem Schlauchband zu einem Gepäckstück zusammengezurrt sind) und Rad (das ein Mitarbeiter dank seiner Fahr-Fähigkeit zu einer Aufzugsgroßkabine fährt – hoffentlich bekomme ich in Catania wieder alles heil zurück! Ich gehe gleich durch die Sicherheitskontrolle, die wirklich streng ist: Ich – auch als grauhaariger Opa – werde sorgfältig gefilzt, die ganze Elektronik wird untersucht (Foto, GPS, Smartphone, Laptop, ebook usw.). Aber: Keine Beanstandung! Für mich beginnt dann eine zweistündige Wartezeit, bis dann der Flug aufgerufen wird und ich an Bord gehen kann. Ich habe meinen Platz am Fenster vor dem Flügel reserviert und auch eine gute „Aussicht“ unterwegs. Die Maschine startet dann um 17.30 Uhr, es gibt ein schauderhaftes Käsebrötchen und den schlechtesten Kaffee der Reise, aber besser hier als unterwegs... Schöne Blicke auf die Alpen, später die Po-Ebene und das Bergland im Mittelteil des italienischen Stiefels – es ist überwiegend wolkenfrei. Hinter Rom geht es dann an der Westküste entlang und über das Meer Richtung Sizilien und es wird etwas diesig und auch schon etwas dämmerig, aber man hat trotzdem eine gute Sicht auf das Innere der Insel und vor allem auf den Ätna. Die Kuppe ist schneebedeckt und die Rauchfahne ist deutlich zu sehen. Und dann beginnt auch schon der Landeanflug auf den Flughafen von Catania, der im Süden der Stadt liegt. Um 19.30 Uhr landen wir – und es heißt wieder warten bis zum Aussteigen, dann die kurze Fahrt mit dem Bus zum Ankunftsgebäude und das Suchen des richtigen Gepäckbandes. Meine Ortliebtaschen – unverwechselbar – kommen nach einigem Warten, aber sie haben Zuwachs bekommen: Irgendjemand hat einen Kinder-Autositz daran festgebunden. Den löse ich mal gleich ab – und es kommt auch eine Mutter angelaufen, die den Sitz vermisst... Wie komme ich jetzt zu meinem Fahrrad? Einer meiner einstudierten Sätze handelt von der „Gepäckausgabe für Sondergepäck“ bzw. dem „Schalter für verloren gegangene Gepäckstücke“. Zunächst zeigt man mir das Förderband für Sondergepäck, das leer herumfährt. Aus dessen Ausgabeschlund kann mein Rad nicht kommen, dazu ist die Öffnung zu klein. Ich wende mich also doch zum Sonderschalter, wo man nett, aber hilflos lächelt. Ich lächele auch, noch hilfloser, und sehe dann aus den Augenwinkeln einen großen Karton in der Ecke stehen, einen Karton mit Rädern unten dran. Mir fällt ein Stein vom Herzen! Ich suche mir eine ruhige Ecke in der Gepäckhalle – es ist ohnehin nicht mehr allzuviel los am Abend – und packe mein Rad aus und stelle die leere Kartonhülle hinter einen unbesetzten Auskunftsschalter an der Seite – eigentlich unsichtbar für „Außenstehende“. Aber ich habe die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Plötzlich steht ein uniformierter Flughafenmitarbeiter neben mir, deutet auf den Schalter und gibt mir deutlich zu verstehen, was ich mit dem Karton zu machen habe: Mitnehmen! Natürlich stimme ich dem zu, denn für eine großartige Diskussion fehlen mir erstens die Zeit und zweitens die Sprachkenntnisse, mal abgesehen davon, dass er ja auch ein bisschen Recht hat... Ich montiere zunächst mal alle Teile wieder richtig ans Rad, hänge Taschen und Lenkertasche dran und bin soweit abfahrbereit. Unter den wachsamen Augen des Uniformierten packe ich die leere Verpackung oben drauf und schiebe mein Gefährt aus der Gepäckhalle in die große Ankunftshalle, in der alles durcheinander wuselt: Besucher, Reisende, Abholer, Kinder, Gepäckkarren – dazwischen ein älterer Herr mit einem vollgepackten Fahrrad, der unauffällig einen großen, leeren Karton unter eine Rolltreppe legt und sich dann mit schnellen Schritten zum Ausgang begibt. Draußen ist dunkle Nacht. Es ist angenehm warm! Es ist trocken! Mittlerweile ist es fast 21.00 Uhr, also schalte ich mein Licht an, ziehe den Helm über und radle langsam und vorsichtig los. Mein italienisches Abenteuer hat begonnen! Ich hatte bei der Reisevorbereitung für die erste Nacht in Catania das Hotel schon vorgebucht und natürlich auch einen passenden, besonders „naheliegenden“, Anhaltspunkt zum Auffinden gewählt: Den Hauptbahnhof. Die Strecke vom Flughafen dorthin hatte ich mittels googlemap und google-earth genau ausgekundschaftet, so dass ich eine gute Vorstellung meiner Fahrtrichtung hatte. Zunächst muss ich mich aber an meine Zuladung gewöhnen, außerdem war ich schon längere Zeit nicht mehr im Dunklen gefahren... Aber das geht recht flott. Meine Straße führt nach Nordosten, dorthin muss ich, sie ist außerdem zweispurig in jede Richtung und einigermaßen befahren. Dann biegt sie nach Nordwesten ab. Richtung Stadtzentrum. Nicht meine Richtung! Also an einem Grill anhalten und fragen: Wo ist die Richtung zum Hauptbahnhof? Unsichere Blicke auf mich und das Rad, dann die Gegenfrage „Per biccicletta???“. „Si!!!“. Die Richtung gibt es dann per Handzeichen, dorthin, wo ich sie ungefähr vermute. Es führt auch eine Straße dorthin, richtiger: Es kommt auch eine Straße von dort, eine Einbahnstraße. Also schiebe ich ein Stück, bis sich zu der Einbahnstraße eine weitere Fahrbahn gesellt, die ich befahren darf. Nach insgesamt einer halben Stunde Fahrt stehe ich am Hauptbahnhof – von hier aus sind ich dank der Hilfe eines Taxifahrers und eines Olivenhändlers dann noch 5 Minuten bis zu meinem Hotel. Man wartet bereits auf den Reisenden aus Alemania, hat in der Hotelgarage schnell einen Platz für mein Rad gefunden (das ich – ABUS sei Dank – auch gut ankette), und ich mit zwei Transporten habe ich dann auch meine Gepäck im Zimmer. Geschafft! Im Zimmer zunächst einmal heiteres Rätselraten: Wo ist was? Es wird Tage dauern, bis die Ordnung im Kopf mit der in den Taschen übereinstimmen wird. Aber ich habe ja Zeit! Bei einem Stück Brot, einer kleinen Salami und einem Glas Wein (von zu Hause mitgebracht, aber immerhin aus Italien...) komme ich zur Ruhe, während draußen irgendwo im Häusergewirr hinter dem Hotel ein Hund wie irre bellt. Ich werde wohl trotzdem gut schlafen, nach dem Tag und den Aufregungen, die hoffentlich in den nächsten Tagen nachlassen. Um 23.00 Uhr ist Schluss und ich schlafe. Daten des 1. Tages: Ca. 10 km auf Meereshöhe Übernachtung im Hotel „Romeo“ in Catania Gesamtstrecke: 10 km Im Süden 2. Tag: Dienstag, 01. Mai 2012 Catania – Messina – ScillaTrotz des guten Beginns am Abend vorher schlafe ich nicht gut – zu viele Wenns und Abers geistern durch meinen Kopf. Der Wecker piept mich dann recht früh aus dem Schlaf, der dann doch irgendwann gekommen war. Frühstück gibt es bei geöffneter Terrassentür, blauer Himmel und Sonne schon um 7.00 Uhr, dazu ein Frühstück, das so garnicht meinen Befürchtungen entsprach, sondern sehr umfangreich ist und eine prima Grundlage für den Tag gibt. Aber ich habe nicht den Nerv, es bis ins Letzte auszukosten: Ich will los! Schnell gepackt (wieder die Überlegungen, wo was hin kommt, was oben in die Taschen und was unten), das Rad aus der Garage geholt – Gott-sei-Dank istr alles damit in Ordnung – die Radtaschen anmontiert, Helm auf und Handschuhe an, ein Foto durch den Herrn von der Rezeption – und es geht um 8.30 Uhr endlich los, zurück zur Hauptstraße, die zur Küstenstraße Richtung Messina wird. Bei meinen Vorüberlegungen spielte auch eine Rolle, dass der 1. Mai auch in Italien Feiertag ist und ich mich somit an den Verkehr außerhalb des werktäglichen Wahnsinns gewöhnen kann. Das ist auch tatsächlich so: Die Straßen sind angenehm leer, an der Uferpromenade in Catania sind Jogger und „Hundemenschen“ unterwegs, auch einige Radfahrer mit ihren Rennrädern. Ein Bild, dass ich an den folgenden Wochenenden mehrmals sehe. Die Straße (SS114) führt teils direkt an der Küste entlang, teils mit einigen hundert Metern Abstand, jedoch fast immer in Sichtweite des Strandes. Es geht immer etwas auf und ab – bis zum Abend addieren sie sich dann doch auf fast 1000 Höhenmeter. Zum Landesinneren hin ist alles sehr grün, hier wird intensiv Landwirtschaft betrieben, Es steigt Richtung Ätna auch steil an, einige Städte und Dörfer liegen sehr malerisch auf halber Höhe – dorthin führt die Küstenstraße aber nicht, und auch ich lasse mich nicht locken. Allmählich wird der Verkehr doch stärker, Familien, die einen Ausflug machen, viele Vespafahrer, aber mit rücksichtsvollem Abstand zu mir. Häufig wird von hinten gehupt, nicht um mich zu ärgern, sondern rechtzeitig zu warnen, so wirkt es zumindest. An den Stränden der größeren Orte (Giardini-Naxos, Taormina, Santa Teresa di Riva, Nizza di Sicilia) beginnt sogar schon das Strandleben: Familien mit Körben, Stühlen, Boxen, Sonnenschirmen – aber im Wasser sind nur ein paar Kinder. Blickt man dann von der Küste weg ins Landesinnere, hat man den Ätna mit seiner Schneekuppe vor sich – wie gestern auch schon mit einer deutlichen Rauchfahne. Der dunkle Dreck am Straßenrand entpuppt sich dann bei genauerem Hinschauen als Asche vom Ätna-Gipfel. An den Vulkan erinnern dann auch in den Städten, durch die ich komme, immer wieder die dunklen Basaltplatten, ca. 50 x 50 cm groß, die diagonal und mit größeren Fugen verlegt sind. Ich begegne ihnen auch später in Salerno, Pompeji, Neapel und Rom wieder – und zwar mit ziemlichem Respekt: Sie sind – ähnlich wie Kopfsteinpflaster – recht holprig zu befahren und vermutlich bei Nässe glatt wie Schmierseife. Eine Besonderheit, die mir nur auf dieser Strecke und an diesem Tag aufgefallen ist, sind die verschiedenen Gegenstände, die an den Zäunen entlang der Straße angebracht sind: Plastiktüten, Schuhe, Strümpfe, Stofffetzen, Reifenteile – ein buntes Sammelsurium, das an den Stellen ohne Zaun achtlos am Straßenrand liegt, während es an anderer Stelle fast schon liebevoll und kunstreich aufgehängt ist. Ansonsten ist Müll und Abfall in jeglicher Form und Menge ein Dauerthema für den Radfahrer: Er begegnet einem auf fast jedem Meter. Ich frage mich, wie man nur so mit seiner Heimat umgehen kann. Dagegen sind die „Müllzäune“ wahre Alltags-Dauerausstellungen, die mir später auf dem Festland, auch in Kalabrien, nicht mehr aufgefallen sind. Aber im Übrigen: Auch im Umfeld unserer McDonald-Filialen ist die fast-food-Vermüllung mittlerweile ja auch Alltag... In Santa Teresa di Riva, etwa auf halber Strecke zwischen Catania und Messina, mache ich am Strand unter einer Palme eine Pause, esse eine Banane und ein halbe Tafel Ritter-Sport, die weg muss, ehe sie ganz zerschmilzt. Es ist nämlich ganz schön warm geworden, so dass ich mich – wie dann auch an fast allen Folgetagen – gut eincremen muss. Auch im weiteren Verlauf bleibe ich in Meeresnähe, wobei die Küstenstraße bei den Bachmündungen immer ein paar hundert Meter weiter im Landesinneren verläuft – dort ist dann eine relativ kurze Brücke über den Bachlauf, während es weiter unten, am Wasser, eine Brücke von größerer Länge erfordert hätte. Danach führt die Straße wieder zum Meer und führt direkt an diesem entlang. Messina als eine der großen Hafenstädte von Sizilien spielt vor allem wegen des Fährverkehrs mit dem Festland eine große Rolle. Eine Brücke bzw. ein Tunnel zur Überwindung der Meerenge sind bereits länger konzipiert, scheitern aber immer an den enormen Baukosten. Sizilien ist an der schmalsten Stelle etwas mehr als 3 km vom Festland entfernt; auffallend sind die beiden 230 Meter hohen Masten, die viele Jahre die Hauptstromleitung trugen – mittlerweile wird der Strom aber direkt auf Sizilien produziert bzw. per Seekabel vom Festland transportiert. Vom Transitverkehr merke ich wegen des Feiertages wenig, es sind überwiegend Ausflügler unterwegs. Der Fährhafen ist rechtzeitig ausgeschildert, aber auch etwas verwirrend, weil für mich als Radfahrer ja der Personenfährverkehr gilt, ich mich aber zunächst an den Schildern des PKW-Fährverkehrs orientiere. Verständlich, dass ich dadurch im falschen Hafenbereich lande. Ich finde aber dann doch „um die Ecke“ meinen Hafen. Eine Fähre legt gerade ab und fährt mir vor der Nase davon – nicht schlimm, weil es die nach Reggio di Calabria ist (dem südlicheren Fährhafen auf dem Festland), während ich nach Villa San Giovanni möchte, etwas nördlich von Messina gelegen. So habe ich eine Stunde Zeit, die Leute zu beobachten, Tagebuch zu schreiben und … zu warten. Die Überfahrt mit einem Turboliner geht rasend schnell – für mich und das Rad zahle ich 2,50 Euro. Ich bekomme einen Platz am Heck außerhalb des Passagierraumes zugewiesen, dort binde ich das Rad mit einem Tau an einer Eisentreppe (Niedergang) fest und kann mich dann frei bewegen. Es gibt rück- und vorwärtsblickend auch viel zu sehen. Nach etwa 20 Minuten sind wir bereits am anderen Ufer – nur hier kann ich nicht ohne Probleme von Bord: Der Ausstieg ist ein „Stockwerk“ höher angebracht, ich muss mit meinem Zeug die Treppe hoch. Also: Blitzschnell das Gepäck abgeschnallt, hochgebracht, Rad nachgeholt, wieder alles zusammenmontiert, ab an Land und den Weg vom Hafengelände Richtung Küstenstraße gesucht. Einen Unterschied auf dem Festland im Vergleich zu Sizilien kann ich eigentlich erst einmal nicht feststellen. Es riecht gleich – eine Mischung aus Müll, Kräutern, Rauch, Abgasen und Meer, es sieht ähnlich aus, nur dass jetzt das Meer auf der linken Seite ist statt bisher rechts, die Straße und der Verkehr sind ähnlich. Einen weiteren spürbaren Unterschied gibt es allerdings: Ich habe Gegenwind, seit ich von der Fähre runter bin. Und es ist gut, dass ich zu dieser Zeit noch nicht weiß, dass das fast die kommenden drei Wochen so bleiben wird, allerdings mit unterschiedlicher Stärke. Das Hinweisschild SS18 SALERNO 560 km steht kurz hinter dem Fährhafen, und damit habe ich dann mal eine Ansage. Wenn ich das geschafft habe, dann liegt der Süden hinter mir, dann ist es nicht mehr weit bis Neapel, und Rom ist auch schon greifbar. Aber zunächst muss ich schauen, dass ich eine Unterkunft für die Nacht finde, denn am ersten Tag möchte ich es nicht übertreiben. Als Tagesziel habe ich mir das Küstenstädtchen Scilla ausgesucht, etwa 15 km nördlich von Villa San Giovanni. Das Wetter spielt – bis auf den Gegenwind – weiterhin mit: Angenehm warm und vor allem trocken. Es geht ständig auf und ab, rauf und runter – auf einer so gut wie leeren Straße. Das ändert sich allerdings schlagartig, als ich Scilla erreiche. Die Durchgangsstraße ist auf beiden Seiten dicht an dicht zugeparkt, es bleibt gerade Platz für die beiden Fahrspuren, auf denen dichter Verkehr herrscht. Auf der rechten Spur ich, vor mir eigentlich nichts, aber hinter mir sehr viele Fahrzeuge – die aber nicht überholen können, weil zu viel Gegenverkehr herrscht. Hier erlebe ich auch zum ersten und einzigen Mal, dass mein Hintermann wütend hupt, sehr dicht auffährt und mir bzw. der linken Radtasche sogar einen sanften Stoß gibt, als er dann doch an mir vorbei zieht. Und zum ersten und einzigen Mal auf der Tour hebe ich den linken Mittelfinger und schleudere ein empörtes „Stronzo“ hinterher! Ich biege von der Hauptstraße ab in den Ort, Richtung Strand, und lasse mich etwas treiben – halte rechts und links Ausschau nach einem HOTEL- oder ALBERGO-Schild. Von meiner Internetrecherche wusste ich, dass es eine kleine Auswahl geben muss. Eine kleine Pension finde ich am Hafen, aber auf mein Klingeln reagiert niemand. Also zurück zum Hauptort, und dort finde ich Nr. 2 auf meiner Liste direkt. Ein kleines Hotel (KRATAIIS), sehr sauber, schönes Zimmer mit einem modernistischen Badezimmer (als Glaskäfig in das Zimmer integriert) und einer Jet-Duschanlage, die ich ausgiebig teste. Ich ziehe mich um und suche mir was zum Essen: Pizza in einem Strandlokal, viele junge Leute, viele Familien mit Kindern sind hier ebenfalls zu Gast. Also wohl keine „Touristenfalle“. Ich mache anschließend noch einen Abendspaziergang. Draußen am Strand stehen die Stände mit dem Nippes, den Sonnenbrillen, den Handtaschen und dem Muschelschmuck, z.T. mit Beleuchtung, weil es doch langsam dunkel wird. Ich gönne mir zur Feier des Tages ein kleines Eis, das ich in der Dunkelheit am Strand esse und aufs Meer hinaus schaue. Dann gehe ich aber ins Hotel – für heute ist es genug. Die Bilanz für heute: 116 km in 6:45 h, 980 hm+ und 980 hm- Übernachtung im Hotel „Palazzo KRATAIIS“ in Scilla Gesamt: 126 km 3. Tag: Mittwoch, 02. Mai 2012 Scilla – Palmi – Nicotera – TropeaIn der Nacht habe ich heftige Wadenkrämpfe, die Bedenken aufkommen lassen, ob ich die Steigungen an der bergigen Küstenstrecke heute wohl schaffen werde. Aber nach einer schnellen Tasse Kaffee und einem … nennen wir es mal „ausgehenden kontinentalen Frühstück“ – dem letzten seiner Art bis nach Tirol voraussichtlich – von dem ich ohnehin nicht viel essen kann, geht es dann wieder zur Küstenstraße. Hier wärme ich mich gleich mal an einer 80-Meter-Steigung auf, dann aber habe ich für eine halbe Stunde eine herrlich leere Küstenstraße für mich. Rechts oben in den Küstenbergen sehe ich immer wieder die (mautfreie) Autobahn, die mir den Verkehr vom Halse hält. Es ist noch recht diesig am Morgen, aber das legt sich, bis ich in Bagnara Calabra bin. Ich hatte bei der Routenplanung festgestellt, dass hier die erste Bergetappe meiner Reise sein wird, und gehe die Auffahrt dann auch gemächlich an. In mehreren Serpentinen schraubt sich die Straßen den Berg hoch, ca. 500 hm von Null an. Ich lasse mir Zeit zum Schauen, weil die erste Hälfte des Aufstiegs noch durch den Ort führt, mit kleinen Läden, Kirche, Friedhof usw. direkt an dem steilen Straßenstück. Es gibt viele ältere Leute, ältere Autos, Hunde und Katzen, gelegentlich mal ein Auto, dass mich schnaubend überholt. Am Ortsausgang eine kleine Pause mit einem tollen Blick zurück auf den Ort und die bisher zurückgelegte Strecke auf der Küstenstraße. Dann geht der Aufstieg weiter, jetzt durch eine rauhe, etwas öde Landschaft, hier wieder mit jede Menge Müll und Dreck am Straßenrand, und hier auch wieder diese typische Geruchsmischung wie am Vortag auf Sizilien. Die Straße führt ein Stückchen über das Plateau, dann geht es wieder – in einer langen Abfahrt – runter in Küstennähe. Ich fahre durch Palmi, den ersten größeren Ort seit Messina, dann führt die Straße zunächst immer noch etwas landeinwärts, schließlich aber wieder zum Meer zurück, zum Küstenort Gioia Tauro. Hier ist sehr viel Verkehr, viele Lastwagen, auch Industrie. Der Schwerverkehr erklärt sich durch den neuen Containerhafen, an dem die Straße ein gutes Stück vorbeiführt. Bis Nicotera geht es durch die Küstenebene, dann schraubt sich die Straße wieder von Null auf 350 m hoch, und zwar im ersten Teil – noch im Ort selbst – so steil, dass ich anfangs nur schieben kann. Es geht wieder leicht auf und ab, so langsam summieren sich doch die Meter. Irgendwann unterwegs gibt es eine kurze Pause mit einem Panini mit Salami, aber mir ist klar, dass ich heute nur bis Tropea fahre – dort bin ich dann nach einer flotten Abfahrt und insgesamt fast 8 Stunden im Sattel gegen 16.00 Uhr. Dann bin ich aber doch verärgert: Es gelingt mir nicht, und auch an allen folgenden Tagen nicht, mit dem smartphone und meiner italienischen 30-Tage-TIM-Karte eine Internet-Verbindung zu bekommen: Also ist auch mit der Hotelsuche über booking.com künftig nichts mehr drin. Das ist mehr als ärgerlich! Viel Hotelauswahl habe ich in Tropea nicht – es ist halt noch Vorsaison, und ich bin Einzelradler. Aber mein Hotel „Terazzo sul mare“ hat eine traumhafte Lage ca. 50 m über dem Sandstrand, die es sich mit 60 Euro aber auch entsprechend bezahlen lässt... Dafür will ich heute beim Essen sparen: Im supermercado kaufe ich Käse, Wein, Chips und Brot, und ein einer Stehpizzeria gibt es auch noch ein Stück Pizza aus der Hand. Danach gehe ich noch ein bißchen spazieren, denn zum Schlafen ist es zu früh und zu hell. Die Bilanz für den zweiten Tag ist – gemessen an den Umständen – gar nicht übel. Mir ist klar, daß durch die vielen Höhenmeter Strecke und Durchschnittsgeschwindigkeit nicht so immens sind, aber die angepeilten 100 km pro Tag sollten, mal mehr mal weniger, machbar sein. Und außerdem ich spüre auch das Mehrgewicht durch den mitgeschleppten Luxus: Kleines mobiles Schlafzimmer und die mitgeführte Technik machen sicherlich 5 kg aus, die man einsparen könnte. Beim nächsten Mal! Auf dem Balkon, bei Wein und Chips, und mit einem Anruf zu Hause lasse ich den Tag ausklingen – auf mich wartet ein silber-barockes Doppelbett und eine hoffentlich krampflose Nacht. Die Bilanz für heute: 86 km in 6:15 h, 1350 hm+ und 1350 hm- Übernachtung im Hotel „Terazzo sul mare“ in Tropea Gesamt: 212 km
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#895271 - 01/04/13 05:57 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Teil 3:4. Tag: Donnerstag, 03. Mai 2012 Tropea – Amantea – PáolaNach einer fast störungsfreien Nacht – bei offener Balkontür zum Meer hin und entsprechendem Rauschen - klingelt der Wecker um 7.00 Uhr. Stilgerecht nehme ich mein Frühstück auf der Hotelterrasse ein, fast fühle ich mich als Tourist... Das Frühstück ist eher 08/15, aber ich kann mir Obst für unterwegs mitnehmen: Banane, Apfelsine und Mandarinen. Zunächst geht es mit flacher Strecke am Meer entlang los, die Straße führt etwa 30 km nahe an den Küstenorten vorbei. Dann geht es aber etwas ins Landesinnere, von der Küste weg und damit die Hügel hoch. Wie der genaue Straßenverlauf ist, kann ich nicht recht beurteilen, denn genau hier überlappen meine Kartenausdrucke gerade nicht – mir fehlen etwa 20 km, die ich mich nicht richtig orientieren kann. Ok, die Himmelsrichtung ist klar: Genau nach Norden muss ich. Nur auf welchen Straßen? Als es dann immer mehr Richtung Osten abdriftet, habe ich genug und suche mir die nächste Route wieder Richtung Küste. Und auch da finde ich eine absolut passende Straße nach Norden. Es läuft jetzt richtig gut, eigentlich ist jetzt alles bestens: Gute Straße, wenig Verkehr, einigermaßen flach, die Richtung stimmt – genug Gründe zum Zufrieden-Sein ... Wenn da nicht die Sache mit dem Wind wäre. Denn jetzt kommt Gegenwind auf. Nicht ein laues Lüftchen, sondern eine richtige steife Brise, genau von Norden, genau von Vorn! Da hat man eine gut ausgebaute, leere, landschaftlich schöne Straße durch Gärten und Plantagen, und dann einen Wind der einen auf 14 km/h herunterbremst, wo man sonst lockere 22 km/h fahren könnte. Aber – was soll’s, ist ja nicht zu ändern. Zähne zusammenbeißen und weitertreten. In solchen Momenten sage ich mir dann, dass es ja viel schlimmer sein könnte: Regen, Rad kaputt, Durchfall oder Geld geklaut. Nix von all dem, nur etwas Gegenwind, durch den ich dann am Tag eine Stunde oder etwas mehr länger unterwegs sein werde – und genau zum Fahren bin ich ja hier! Diese Eigentröstung hilft manchmal ungemein. In Pizzo mache ich in einer Bar eine halbe Stunde Rast, dazu zwinge ich mich jetzt immer, auch wenn es noch weitergehen würde. Eine Fanta, einen Café und eine Banane in der Sonne – fast schlafe ich auf meinem Stuhl in der Sonne vor der Bar ein. Es geht immer weiter der Küste entlang. Wegen der häufigen Brücken über Straßen und die Küstenbahn ist es ein ständiges Auf und Ab, dazu kommen heute auch einige kürzere und ein längerer Tunnel (ca. 1 km). Hier stecke ich meine rote Blink-LED zusätzlich zur normalen Radbeleuchtung an die Hintertasche – und bei dem langen Tunnel habe ich Glück, dass er bergab führt, da komme ich recht schnell durch. Und der Straßenbelag ist auch recht neu, so dass ich im Dunkeln keine Angst vor Schlaglöchern haben muss (der Tunnel ist natürlich unbeleuchtet...). Wie schon an den Vortagen hält sich der Verkehr sehr in Grenzen – auch hier entlastet die (mautfreie) Autobahn die SS18. Im Sommer wird hier bedeutend mehr los sein, aber das gilt ja eigentlich für meine komplette Strecke. Spürbar und sichtbar wird das in Amantea, eigentlich ein altes Städtchen, das allerdings gewaltig „in Sachen Tourismus“ macht. Die Auswirkungen sieht man an den Bausünden in Strand- und Straßennähe. Mich nervt heute der Lastwagenverkehr – es sind nicht sehr viele eigentlich, aber im Vergleich zu den ersten Tagen doch spürbar mehr. Ich nutze natürlich soweit wie möglich den fast überall vorhandenen Seitenstreifen, aber er ist oft geflickt und dadurch uneben. Glasscherben gibt es nicht allzuviele, aber ich passe doch sehr auf... Aber tote Kleintiere sehe ich viele: Igel, Ratten, Frösche, Vögel, eine Schlange, Katzen: Ich schaue liebe nicht zu genau hin und umfahre die Reste weiträumig... In Amatea bin ich gegen 15.00 Uhr, aber ich möchte nicht hier für die Nacht bleiben (von einer in der Nähe verbuddelten radioaktiven Schiffsladung nach einem Schiffsunglück vor einigen Jahren wusste ich da noch nichts...). Ich fahre noch anderthalb Stunden weiter, jetzt lässt auch der Wind etwas nach, aber bin dann doch froh, als Paola, eine größeres Küstenstädtchen, auftaucht, wo ich die übernachten möchte. Die Straße führt über einen Hügel in die Stadt herein, und hier fallen mir schon jede Menge Leute auf, die in die Unterstadt strömen. Da ich mir ein Hotel auch eher in der Hafengegend vorstelle, fahre ich die recht steile Straße zum Meer hinab und in die Richtung, in die immer mehr (auch festlich gekleidete) Leute strömen. Als nächstes kommt eine riesiger Markt (bei uns auch als Krammarkt oder Polenmarkt bekannt), jede Menge Stände, von Kinderspielzeug über Sonnenbrillen bis Unterwäsche (die deckt alle Klassen zwischen String-Tanga bis Schinkenbeutel ab...). Dazwischen Fressstände, Fischbuden und regionale Produkte wie Honig oder Wein, aber auch Rosenkränze, Heiligenbilder und Votivkerzen. An Fahren ist hier schon nicht mehr zu denken, ich schwimme mit meinem bepackten Fahrrad mit dem Strom, bis ich durch eine lange Bahnunterführung gepresst werde. An deren Ende werden die Ströme von einigen Polizisten in Galauniform kanalisiert, und einen frage ich gleich nach einem „albergo qui in vicino“; er deutet mit Freude auf ein Gebäude gegenüber, an dem ein „HOTEL“-Schild angebracht ist. Ich schiebe mein Rad durch ein enges Törchen in einem Garagentor und kette es so gut es geht an einem Blumenkübel im Innenhof an, dann mache ich mich im Hause auf die Suche nach dem Hotelier. Eine pompöse Treppe geht es hoch, auf mein Klingeln rührt sich aber nichts. Aber ich sehe eine Tel.Nr. an der Tür, die ich gleich anrufe. Ich radebreche meine Übernachtungsfrage – und wenig später kommt aus dem danebenliegende Kneipe/Restaurant ein Kellner, der mich zum Besitzer bringt. Ich bekomme mein Zimmer (besser: Suite, bestehend aus großen Doppelschlafzimmer, Vorraum mit Schränken, Tisch und Sofa sowie dem Badezimmer), das Ganze für 50 Euro. Erst aber mal das Rad im Kellerverließ sicher untergebracht, das Gepäck hochgeholt und geduscht und frischgemacht (wobei das Duschen sehr mühsam ist: Aus dem Brausekopf kommt fast kein Wasser, weil alles aus dem defekten Schlauch läuft...). Aus Unachtsamkeit reiße ich dafür fast den Drücker der Klowasserspülung aus der Wand.... Dann mache ich mich landfein und gehe der Festivität auf den Grund... Da alles Richtung Strand geht, folge ich dem Pulk, bis sich hunderte Menschen am Wasser eingefunden haben. Ein großes Polizeiboot zieht vor der Küste seine Kreise, andere Schiffe und Fischerboote und Feuerwehrschlauchboote quirlen ebenfalls in der Nähe und durcheinander, über allem dröhnt ein Hubschrauber kreuz und quer über der Menge – es ist ein Spektakel sondersgleichen. Dann plötzlich um 18.30 bei strahlendem Sonnenschein geht ein Feuerwerk los. Man sieht keine Raketen, sondern nur Qualmwölkchen, wenn die Dinger oben explodieren und natürlich kracht es ganz herrlich, und vor allem ohne Unterlass. Menschenmassen sind mir ja ein Greuel – ich ziehe mich langsam zurück und gehe in mein Restaurant und bestelle eine herrliche Pizza mit Sardellen und den Hauswein – während draußen allmählich die Prozession vom Strand zur Kirche in den Ort führt – die Heiligenfigur wurde vorher mit dem Polizeiboot umhergefahren. Nach dem Abschluss-Café gehe ich auf mein warmes Zimmer und lese noch; draußen ist immer noch sehr viel los – und ich kann froh sein, dass meine Hörbehinderung mich – wegen der Wärme habe ich die Fenster offen – vor den schlimmsten nächtlichen Lärmbelästigungen bewahrt! Die Bilanz für heute: 124 km in 6:45 h, 800 hm+ und 800 hm- Übernachtung im Hotel „Rinascente“ in Paola Gesamt: 336 km 5. Tag: Freitag, 04. Mai 2012 Paola – Cetraro – Diamante – Scalea - PolicastroHeute gibt es zum ersten Mal das berühmte „kleine“ italienische Frühstück: Ein mit einer Creme gefülltes Blätterteighörnchen und einen Cappuccino. Das bedeutet für mich: Ich komme schnell weg! Aber bei der Abfahrt mache ich irgendetwas beim Einstellen der Höhenuhr mit der Logbuchfunktion falsch: Für heute habe ich daher keine direkten Höhendaten, sondern muss sie später bei GPSies im Internet nachmessen und nachgetragen. Ist aber auch nicht viel ungenauer... Ich verlasse schnell Paolo, das noch im Nachfesttiefschlaf liegt und folge der Straße Richtung Lamezia Therme, sie führt im leichten Auf und Ab entlang der Küste. Auffallend ist der stärkere Lastwagenverkehr, aber noch ist er unproblematisch. Bereits am Vortag hat sich die küstenbegleitende Autobahn mehr ins Landesinnere verabschiedet – daher der Mehrverkehr. Da werde ich später aber noch Schlimmeres erleben... Der optische Unterschied zwischen Blick nach Links und Blick nach Rechts ist krass: Links die sanften Formen von Strand und Meer, rechts das Küstengebirge mit teils wolkenverhangenen Berggipfeln von fast 1500 Metern. Es gibt längere Strecken ohne Ansiedlungen, dann wieder Orte mit klingenden Namen wie Cetraro, Diamante oder Scalea. Besonders Diamante ist eine herbe Enttäuschung – von den berühmten Wandmalereien (murales von 1981) kriege ich auf meiner Rennstrecke leider nichts mit. [bild] http://www.outdoorseiten.net/fotos/data/28/DSCF1434.JPG[/ibild] Einige Tunnels habe ich wieder auf der Strecke, meist nur kurze, den längsten bei Cetraro muss ich umfahren – Danke Fabio, für den Tipp! Auch hier habe ich wieder das Glück, dass sie in meiner Fahrtrichtung, also nach Norden, leicht abschüssig sind, so dass ich flott durchrollen kann. Hinter Scalea geht es dann so richtig zur Sache: Mal 200 Meter hoch, dann wieder runter zum Strand, dann wieder 100 hoch, wieder runter. Mein Tagebuch verzeichnet für heute nichts über Wind, aber Rückenwind hatte ich bestimmt nicht. Aber es ist eine angenehme Temperatur, etwas über 20 Grad, nicht schwül, gut zu fahren. Und ich muss jeden Morgen daran denken, mich gut einzucremen! Mit dem Anstieg hinter Maratea wird es besonders heftig (aber im Vergleich zum Appenin 14 Tage später noch harmlos); bei einer meiner Bananenpausen kommt mir ein nordeuropäisch wirkender Radfahrer entgegen, der auch anhält. Wir sprechen uns an: Ein Niederländer, der mit seiner Frau in der Nähe Urlaub in einer Ferienwohnung macht auf seiner täglichen Radtour im Küstenbereich. Er kann ganz gut Deutsch – meine ersten deutschen Sätze seit vier Tagen, ganz merkwürdig. Er erzählt von seinem Schwager, der vor ein paar Tagen mit dem Rad von den Niederlanden zu ihnen gekommen sei – noch ein Stückchen weiter als meine Tour! Meine Bananen-Pause wird durch die Unterhaltung wesentlich länger als geplant... Das ist aber auch gut so, denn jetzt folgt der größte Anstieg für heute, und dann eine rauschende Abfahrt nach Sapi. Von hier sind es noch etwa 10 km bis Policastro, wo ich übernachten möchte. Viel Hotel-Auswahl habe ich nicht, aber im Hotel pixunte finde ich ein Zimmer mit WiFi, so dass ich auch wettermäßig die nächsten Tage planen kann. Sieht auch weiterhin gut aus – bisher habe ich schon Glück mit dem Wetter gehabt! Ich werde unterwegs eigentlich häufig auf meine Radtour angesprochen, von Polizisten, die ich mal nach dem Weg frage, von Obst-Verkäufern, an den Tankstellen, wenn ich Wasser nachfasse, in den Hotels natürlich. Immer wieder erlebe ich ungläubiges Staunen, dass ich als alter Mann (!) alleine (!) ohne allzu gute Sprachkenntnisse ihr Land von unter nach oben durchradle. Heute sind es Lastwagenfahrer, die ihre Mittagspause an einer Imbiss-Bude verbringen, wo ich dann auch meinen Zuckerspeicher mit einer kalten Cola auffülle. So allmählich gehe ich auch an meine mitgebrachten Vorräte für unterwegs, ab morgen ist das Studentenfutter dran. Ansonsten immer Obst (meist Bananen und Apfelsinen), mal eine Cola, sonst nur Wasser ohne einen Zusatz – und natürlich immer mal einen Café in einer Bar am Straßenrand. Routine habe ich mittlerweile bei meinen „Arbeiten“ nach der Auskunft: Rad sicher verstauen, Duschen und Kleider waschen und zum Trocknen aufhängen, Einkaufen und Essengehen. Für heute habe ich mir mal was anderes als die schnelle Pizza ausgesucht (auch, weil das Hotel sehr günstig ist): Gefüllte Teigtaschen „Cilento“ mit Grieß, Käse, Ei, Tomaten und Kräuter, dann gegrillte Calamari mit Brot und Salat, Wasser, Wein, Café. Ich lasse mir Zeit für mein Festmahl und schreibe Tagebuch, und die Rechnung von 27 Euro zahle ich gerne. Im Zimmer dann noch Lesen und ein Glas Wein zum Einschlafen. Die Bilanz für heute: 114 km in 8 h, 1160 hm+ und 1160 hm- Übernachtung im Hotel „Pixunte“ in Policastro Gesamt: 450 km 6. Tag: Samstag, 05. Mai 2012 Policastro – Palinuro – Pisciotta - St. Maria di CastellabateNach einer unruhigen Nacht (wegen der in der Nähe vorbeilaufenden Bahnlinie), aber immerhin krampflos, wohl auch in Erwartung der heutigen Strecke, die einiges an Höhenmetern erwarten lässt, bin ich früh auf, frühstücke recht einfach mit Toast, Croissant und einem Joghurt, und komme daher schon kurz nach 8 Uhr los. Bei meiner Internet-Vorbereitung wurde mir hier geraten, die SS18 zu verlassen und die Küstenstraße zu fahren. Bei Bikertoast habe ich deswegen nachgeschaut (Hotel-WiFi sei Dank...) und käme für heute auf ca. 120 km Länge und ca. 1.600 Höhenmeter. Na danke! Ich will daher die direkte Route durch’s Cilento nehmen, nur 90 km Strecke und auch ein paar Höhenmeter weniger. Ich fahre los aus dem Ort raus und bin auch bald an der Abzweigung: Rechts die kürzere Strecke über die Schnellstraße, links die weitere und anspruchsvollere Küstenstrecke. Ich fahre rechts, bis nach 300 m das Schild „Radfahrer verboten“ auftaucht. MIST!!! Ich kehre um, eine Alternative habe ich nicht mehr. Dann eben doch die Küstenstraße, also doch den Hürdenlauf an der Küste entlang. Und es geht gleich zu Sache: 550 hm hoch, über einen Bergrücken (hier sehe ich den einzigen Esel der Tour, beladen mit einem Sack, begleitet von einer alten Bäuerin), dann wieder 550 m runter – eine rauschende Abfahrt, bis es dann unmittelbar nach dem Hafenort wieder hochgeht. In einem Dörfchen begegne ich zwei Reiseradlern, Italiener aus Mailand, die den Stiefel umrunden wollen. Ihre Deutsch-Kenntnisse entsprechen meinen italienischen... Aber es reicht zum Austausch von einfachen Informationen und Komplimenten und zum gegenseitigen Fotografieren. Wir wünschen uns Glück für die weitere Fahrt und weiter geht’s. Ich frage in den Orten oft nach dem richtigen Weg, denn hier wäre ein Verfahren wirklich blöd, weil dann jede Menge überflüssige Meter gestrampelt werden müssten... Die Namen klingen melodisch: Palinuro, Pisciotta, Ascea (hier habe ich wegen einer weit ins Landesinnere reichenden Schlucht eine ungute Erinnerung: Die Straße folgt der Höhenlinie weitgehend, es geht sogar hundert Meter tiefer, aber bestimmt 3 km weit von der Küste weg, bis dann eine Brücke das Flüßchen überquert und es auf der anderen Seite wieder 3 km Richtung Küste geht, und wieder 100 m hoch... Und ich bin etwas 500 m von meinem Ausgangspunkt von vor einer halben Stunde entfernt. Das sind die Momente, in denen das „S-Wort“ ganz vorne auf der Zunge liegt! Allmählich werde ich müde. Meine beiden Bananen, mein Studentenfutter sind aufgegessen – bei km 80 weiß ich, dass die 120 km bis Agrópoli heute wohl nicht drin sind. Aber St. Maria di Castellabate klingt gut, das liegt etwa bei km 100, das schaffe ich bestimmt. Und die letzen sechs, sieben Kilometer sind dann auch tatsächliche eine eher lockere Übung zum Abschluss: Gegen 17.00 Uhr, nach 7 Stunden reiner Fahrtzeit, bin ich für heute am Ziel. Das Städtchen ist übrigens die Partnerstadt von Blieskastel, wie ein Schild am Ortseingang verkündet. Ich schiebe mein Rad durch die belebte Fußgängerzone, sehe aber kein Hotel-Schild. Also frage ich in einer Bar – man schickt mich ein paar hundert Meter weiter, dort habe ich zweifaches Glück: Erstens ist noch ein Zimmer frei, und zweitens kriege ich es für 65 (!) statt 80 Euro. Und ich habe auch keine Lust zum Weitersuchen, zumal der eigentlich Ort auf der Hügelkuppe liegt. Also bringe ich mein Zeug die zwei Stockwerke hoch, habe dort ein breites Doppelbett nebst einem weiteren Stockbett (wird von mir dann als Lager benutzt) und einen Balkon. Das Rad bekommt einen sicheren Platz in einem Raum hinter der Küche und vom humorvollen Koch eine Decke umgehängt, für die Nacht… Für mich folgt das übliche Ritual: Auspacken, Ausbreiten, Waschen und Gewaschen werden, Wäscheaufhängen. Dann Flanieren durch die Fußgängerzone – hier merkt man das Wochenende: Eltern mit Kindern, Pärchen, Singels auf der Suche nach anderen einsamen Seelen. Ich lasse mich treiben und schaue, gerate dann an die Strandpromenade, wo es viel ruhiger ist. Zum Abendessen suche ich mir ein kleines Lokal etwas abseits, mal wieder Pizza, aber eine sehr gute! Dabei wie immer ein Glas Wein, und während des Wartens die Tagebucheintragung mit Kartenstudium für Morgen. Am Nebentisch ein älteres, „besseres“ Paar, dessen weiblicher Teil mich schließlich anspricht, auf Deutsch: Woher ich komme, wohin es geht usw. Es macht Spaß, nach 5 Tagen mal wieder ein richtiges Gespräch zu führen. Ich mache meiner Gesprächspartnerin wegen der guten Sprachkenntnisse ein Kompliment, woraufhin sie lachen muss: Sie ist Deutsche, lebt schon lange in Neapel und gibt mir gleich Tipps für die nächsten Tage, vor allem für die Neapel-Durchquerung. Müde, satt und voll mit Informationen gehe ich über die jetzt schon leere Plaza in mein Hotel – zum Abschluss bekomme ich übrigens noch ein Feuerwerk frei Balkon geliefert! Die Bilanz für heute: 103 km in 7 h, 1540 hm+ und 1540 hm- Übernachtung im Hotel ? in St. Maria di Castellabate Gesamt: 553 km
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#895305 - 01/04/13 09:48 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Teil 4: 7. Tag: Sonntag, 06. Mai 2012 St. Maria di Castellabate – Agropoli – Paestum – Salerno – Nocera – Pagani – Angri – Pompei – Torre Annunziata – Torre del Greco – Ercolano (Herkulaneum)An der langen Liste der Ortsnamen merkt man schon, dass es sich hier um eine sehr dicht besiedelte Region handelt: Das Umland von Neapel… Aber erst mal bin ich noch in St. Maria di Castellabate, wo ich auch wegen der späten Frühstücksmöglichkeit erst nach 9 Uhr loskomme. Dabei hätte ich auf das sog. Frühstück auch gut verzichten können: Ein trockener Zwieback ohne Butter, aber mit Marmelade, ein zwiebackähnliches Croissant, aber ein sehr guter Cappuccino. Ich habe schon vorher meine Sieben-Sachen bereitsgestellt, so dass ich dann flott loskomme. Für heute war etwas schlechteres Wetter angesagt, aber noch ist keine Spur davon zu sehen, statt dessen blauer Himmel. Später beim Verlassen des Ortes auf der Küstentrasse fallen dann doch ein paar spärliche Tropfen, die ersten der Reise… Meine Strecke führt dann von der Küste weg ins Inland und 100, 200 Meter hoch, aber dann bin ich schnell wieder am Meer, in Agropoli. Von hier an geht es flach an der Küste entlang, nicht allzuweit bis Paestum, eine als Weltkulurerbe anerkannte Ruinenstätte. Paestum wurde im 6. Jh. v. Chr. von den Griechen gegründet. Aus dieser Zeit stammen die Ruinen der großen Tempelanlagen. Nach 3 Jahrhunderten eroberten die Römer die Stadt – vor der römischen Kaiserzeit erlebte Paestum seine Glanzzeit. Hier treffe ich wieder Reiseradler, diesmal 3 Deutsche, die im letzten Jahr von München nach Rom und in diesem von Rom nach Palermo unterwegs sind. Wieder Austausch von Informationen, diesmal kommt noch das gegenseitige Gejammere über zu viel Gepäck dazu… Die Straße durch das Grabungsgebiet ist für Radfahrer eigentlich gesperrt, aber da kümmert sich niemand darum, auch die Carabinieri am Eingang schauen lieber den hübschen und kurzberockten Touristinnen hinterher. Ich fasse am Ortsausgang am Straßenrand noch mal Obst nach, Apfelsinen und Bananen, und dann geht es fast 50 km flach und ohne größere Orte am Meer entlang bis Salerno. Viele (Renn-)Radfahrer sind unterwegs, viele im Pulk, bunt gewandet (Papageien…). Ich kann heute Strecke machen, selbst der leichte Gegenwind stört nicht sonderlich, sondern ist wegen der Wärme sogar eher angenehm. Dann Salerno – nach Catania die erste Großstadt auf der Tour. Am Sonntagnachmittag ist alles auf den Beinen und Rädern: Autos, Fahrräder, Motorräder, Vespas – nur keine Lastwagen. Die Entscheidung „Amalfi-Küste“ oder nicht hatte ich schon vorher getroffen: Diesmal nicht! Zum Einen wegen des Sonntagnachmittagverkehrs mit den vielen Wochenend-Rückreisenden, zum Anderen wegen der Höhenmeter, die auf der Strecke beträchtlich sind. Die Amalfi-Küste möchte ich lieber einmal in einem anderen Urlaub „erfahren“. Dafür steht aber dann die Überquerung des „Berg“-Rückens an, der die Amalfi-Halbinsel mit dem Festland verbindet. Vom Kartenstudium weiß ich, dass es recht dicht besiedelt ist, dass es nicht nur ein Straße in Richtung Napoli gibt, sondern mehrere. Und dass da die Gefahr des Verfahrens natürlich ansteigt... Nach Messina finde ich in Salerno auch erstmals einen richtig großen Hafen vor – von hier gibt es einige Fährlinien vor allem nach Sizilien: Catania in 9 Stunden… Ich habe 6 Tage dafür gebraucht! Weiter… Hinter dem Hafen schwingt sich die Straße etwa 200 Höhenmeter Richtung Nocera, aber sehr gemächlich. Am Straßenrand immer öfter Berge von Müllsäcken. Noch ist es keine richtige Stadt, aber auch nicht mehr „auf dem Land“. Ich habe Angst, mich zu verfahren und frage jetzt öfter „nach Richtung Napoli?“. Zweimal bekomme ich Antworten von früheren Gastarbeitern, die froh und stolz sind, ihre Deutschkenntnisse zu zeigen. Wie im Ruhrgebiet geht hier eine Stadt ohne sichtbare Grenzen in die nächste über. Von Pompeji sehe ich nur wenig, an einem Kirmesmarkt und einem großen Fest komme ich vorbei, und der Vesuv lässt sich hinter den Häusern nur schemenhaft blicken. Dafür habe ich wieder die Basalt-Platten auf meiner Strecke, sie haben mich schon vor einer Woche auf Sizilien in der Gegend des Ätna beim Fahren an den Rand der Verzweifelung gebracht! Dazu kommen im Wechsel dann Strecken mit Basalt-Kopfsteinpflaster dazu… Ich habe heute schon 100 km hinter mir und schaue nach Hotelschildern, denn bis Neapel möchte ich nicht mehr fahren. In Herkulaneum (Ercolano) sehe ich über einer Bar ein Schild, aber die Bedienung schickt mich ein paar hundert Meter weiter zu einem bed&breakfest. Der Besitzer steht vor der Tür und schwatzt mit Nachbarn – ich werde als Gast aber sofort angenommen. Älteres Haus, enge Stiege, hohe Zimmer, Dusche im Flur. Aber: Hotel-WiFi und damit mal wieder Skype mit zu Hause. Das Rad bekommt einen Platz im vergitterten Garten (angekettet an einen Baum), ich erst mal zur Begrüßung ein Glas Orangensaft auf der Terrasse. Ich habe Hunger, mach mich aber vorher noch frisch. Dann bedanke ich mich in der Bar für den Übernachtungstipp und suche mir in der Nähe ein Lokal. Was sollte es im direkten Umfeld von Neapel auch anderes sein als eine Pizza: Eine wunderbare mit Thunfisch und Tomaten. Bei einem Glas Wein schaue ich dem Treiben af den Straßen zu – Sonntagabend, und jede Menge Hormone auf den Straßen unterwegs… Ich nutze den Internetzugang, um den Weg bis Rom zu erkunden, die Wetteraussichten ebenso, auch mal wieder Nachrichten. Ein Blick noch von meinem Hotelfenster Richtung Meer, direkt auf Capri. Beim Einschlafen drängen sich natürlich die Gedanken auf, ob es mit der Neapel-Durchfahrt morgen auch alles klappt – irgendwann schlafe ich dann ein. Die Bilanz für heute: 110 km in 7 h, 550 hm+ und 510 hm- Übernachtung in Bed & Breakfest in Ercolano Gesamt: 663 km In der Mitte 8. Tag: Montag, 07. Mai 2012 Ercolano (Herkulaneum) – Napoli – Pozzuoli – Castell Volturno – Mondragone – Marina di Minturno – Formia – GaetaRückblickend schreibe ich am Abend in mein Tagebuch: „Neapel war schon ein Ritt…“ An all die Einzelheiten kann ich mich am Abend auch nicht mehr erinnern, aber es war schon heftig heute. Aber der Reihe nach. Ich will früh los und stehe um 7 auf, im Hause ist noch Totenstille. Ich packe schon mal meine Sachen und höre dann doch Schritte im Flur – mein Frühstück wird gerichtet. Auch hier wieder eine trockene, aber schnelle Angelegenheit. Ich bringe meine Radtaschen runter, hole mein Rad aus dem Garten – der Sattel ist feucht: Es hat ein paar Tropfen in der Nacht geregnet. Kurz nach 8 fahre ich los. Auf der Straße nach Neapel ist an diesem Montagmorgen schon einiges los, aber es wird noch schlimmer werden. Richtig übel sind die schräg verlegten Basaltplatten und das holprige Kopfsteinpflaster mit Schlaglöchern, Rillen, Dreck. Autos halten plötzlich an, Fahrer springen raus, auch in der 2. Reihe, Fußgänger huschen zwischendurch, Busse, Lastwagen, jede Menge Motorroller – und ich als einziger Radfahrer, mit Gepäck beladen, Licht an. Es geht stellenweise nur langsam voran – Rushour Richtung Neapel! Eine Zeitlang bleibe ich brav rechts, halte mich an die Stopps an roten Ampeln und die sonstigen Regeln – aber dann wird es mir zu bunt: Ich fahre links an der Autoschlange vorbei, mal gegen eine Einbahnstraße, mal noch bei Rot über eine Ampel. Und komme voran! Schwitze aber Blut und Wasser! Dann bin ich wieder in der Nähe des Meeres und habe als Entschädigung für die überfüllten Einfallstraßen plötzlich über 5 km eine vollkommen leere, 4-spurige Promenadenstraße am Strand entlang - fast nur für mich. Joggerinnen sind unterwegs und ich genieße den sonnigen Vormittag in Neapel. Das eigentliche Stadtzentrum bleibt rechterhand liegen. Aber noch bin ich nicht ganz durch – der nördliche Vorort Pozzuoli wartet noch. Auch hier wieder jede Menge Verkehr, dazu kommen noch kleinere Steigungen, an denen ich nicht so flott bin, und auch hier wieder jede Menge Kopfsteinpflaster. Dazu Schienen einer scheinbar ehemaligen Straßenbahn – bis mir die plötzlich auf ihrer Spur entgegen kommt! Es ziehen auch Wolken auf und es wird dunkel – ich halte bei den ersten Tropfen unter einer Markise einer Metzgerei an, so langsam entwickelt sich ein Wolkenbruch daraus. Ich wechsele ein paar Worte mit dem freundlichen Metzger, der undefinierbare Fleischteile verkauft. Auf der Straße geht der Verkehr trotz des Regens weiter: Einschließlich einer Vespa-Beifahrerin, die einen Schirm über sich und den Fahrer hält... Nach einer halben Stunde ist es vorbei und ich kann weiter – und 2 km weiter ist die Straße schon wieder knochentrocken. Meine Regensachen bleiben weiterhin ungenutzt. So nach und nach dünnt die Stadt aus – Neapel ist überstanden! Die Ausfallstraße Richtung Rom ist zweispurig in beiden Richtungen, mit Seitenstreifen, schöner neuer Teerbelag. Wenig Verkehr, Industriebrache, Nutten, Dreck, auffallend viele Afrikaner. Leerstehende Ferienwohnanlagen. Bis Castell Volturno gibt es parallel zu „meiner“ Straße eine reine Autostraße, die den Verkehr Richtung Norden aufnimmt – mein Glück! Ab da vereinen sich die beiden Straßen zu einer, einen ca. 70 km langen Küstenstrecke, die ich am Nachmittag hinter mich bringe. Formia sieht noch am interessantesten aus, 5-Sterne Luxus-Hotels, aber nichts für mich. In Gaeta, etwa auf der halben Strecke nach Rom, frage ich Polizisten nach einer Pension und werde zum Hotel Flamingo geschickt, 3 Sterne nur, sehr sauber, sehr freundlich, sehr leer. Nach mehr als 100 km und dem Ritt durch Neapel bin ich mehr als froh und mag nicht mehr groß ausgehen. Ich kaufe im nahe gelegenen Supermarkt ein und esse heute kalt im Hotel: Oliven, Salami, Brot, Tomaten, Wein, Orangensaft. Meine WLAN-Verbindung klappt nicht, aber ich kann den Hotel-Computer in der Rezeption für die Wetteraussichten nutzen – auch nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit! Und ein weiteres Entgegenkommen des Hotelpersonals: Mein Rad wird die Nacht hinter dem Tresen der Rezeption angekettet sein. Wenn es einen Schutzengel gibt, dann hat er mir heute großartig beigestanden: Beim Wetter, bei der Fahrt durch Neapel, bei der Orientierung. Das Navi bleibt weiterhin in der Radtasche, Karte und Himmelsrichtung sollen auch weiterhin ausreichen! Die Bilanz für heute: 113 km in 6:30 h, 450 hm+ und 450 hm- Übernachtung im Hotel „Flamingo“ in Gaeta Gesamt: 776 km 9. Tag: Dienstag, 08. Mai 2012 Gaeta – Sperlonga – Terracina – San Felice Circeo – Nettuno – AnzioVor einer Woche bin ich los, eine Woche bin ich schon unterwegs – und Rom ist schon in greifbarer Nähe... Kann das wirklich so schnell gegangen sein? Was habe ich schon viel gesehen in den Tagen, und was werde ich in den kommenden Tagen noch alles erleben? Mein Rad hat die Nacht in der Rezeption gut überstanden, ich ebenfalls. Es gibt das übliche Frühstück, Ich fahre los, etwas auf und ab, mal direkt an der Küste, mal ein kleines Stückchen landeinwärts. Einige kleinere Tunnels gibt es, einer fast 900 m lang, ich gehe kein Risiko ein und schalte meine rückwärtigen Zusatz-LEDs an. Hauptsache gesehen werden! Ich komme heute prima voran und erwäge sogar, heute schon Rom zu erreichen, zumal für heute keine Höhenmeter zu erwarten sind. Bei Terracina, dem nächstgrößeren Ort, sehe ich ein deutsches Radreisepaar (Fahne am Gepäck) entgegenkommen, es bleibt beim Winken, ebenso wie bei dem Vierertrupp etwas später, auch hier wieder nur Winken und „Gute-Reise-Rufen“. Das werde ich ab jetzt wohl häufiger erleben. In Terracina biege ich wegen unzureichender Ausschilderung auch in Richtung der Autostraße falsch ab, merke das erst nach 3 km. Und muß (ein Stückchen „gegen den Strom“… sprich: Als Geisterschieber am Straßenrand) wieder zurück. Auch in San Felice Circeo verfranze ich mich etwas, finde aber dann schnell das Sträßchen zum Naturreservat, um wieder zum Meer zurück zu kommen. Hier begegne ich Carsten. Wir steigen beide ab und halten ein Schwätzchen. Carsten kommt aus Bremen, hatte am Reschenpass noch Schnee, fährt an der Westküste Italiens runter, umrundet Sizilien und fährt an der Ostküste wieder hoch, überquert die Alpen am Brenner und will nach einem Vierteljahr Tour im August wieder in Bremen sein. Das Ganze mit dem Zelt… Dagegen ist meine Tour ja schon fast harmlos! Wir wünschen uns Glück und rollen weiter. Kurz vorher war ich von einem Trupp Papageien johlend und gröhlend überholt worden, einer dicht an dem anderen. Und prompt krachten die auch bei der Einfahrt in einen Kreisel in- und übereinander. Menschen und Räder fliegen durcheinander, ich kann gerade noch ausweichen. Ich mache erst gar nicht Halt – es sind viele andere da, die bestimmt besser helfen können! Der Monte Circeo bleibt zurück, der Berg auf der Landzunge markiert die südwestliche Grenze der pontinischen Sümpfe, die ich ab jetzt durchradle: Flache Küstenstrecke, Dünen, Sandstrand, ein paar Autos, kaum Menschen. Dafür kommt Wind auf, Gegenwind, stetig und recht heftig. Zum Heulen! Wunderbare Rennstrecke, bretteben, kein Verkehr – und dann Gegenwind. Aber Jammern hilft nicht – ich strampele los und fahre max. 15 km/h, wo 25 gut machbar wären! Mir wird klar, dass es keinen Sinn hat, heute noch auf Rom zu spekulieren. Kurzweilig wird es bei der Fahrt entlang einem riesigen militärischen Sperrgebiet, wo es heftig knallt – zu sehen ist aber nichts. Aber ich höre auch nach dem Sperrgebiet etwas – aus Richtung meiner Schaltung. Die Kette knackt deutlich. Das Einzige, was ich im Moment machen kann, ist eine kleine Spende meines Rohloff-Öls. Danach ich nichts mehr zu hören! Sehr weit will ich heute nicht mehr fahren, meine üblichen 100 km habe ich auch bald erreicht, im Städtchen Nettuno, das ich sehr hässlich finde. Hier in der Gegend fand im 2. Weltkrieg die Landungsoperation der Alliierten statt – vieles wurde damals zerstört. Es ist kein Hotel-Schild in Sicht, ebenso nicht in Anzio, eigentlich eine der letzten Gelegenheiten vor Rom. Auch hier finde ich nichts im Ort, aber am Ortsausgang prangen dann doch noch drei Sterne am Straßenrand: „Parco dei Principi“. Ich frage und kann für 70 Euro ein Zimmer bekommen, aber: Man hat – außer vor direkt neben Eingangstür – kein Platz für mein Rad. Ich frage, ich bitte, ich verweise auf die Wichtigkeit der sicheren Unterbringung, die Dame an der Rezeption telefoniert – und dann findet sich in den Katakomben unter dem Hotel doch ein sicherer Platz für die Nacht! Obwohl 70 Euro ein stolzer Preis sind. WLAN gibt es auch nicht! Ob dafür wohl ein kontinentales Frühstück drin ist??? Nach dem Frischmachen gehe ich die paar Kilometer nach Anzio zurück, einkaufen: 2 Schinkenbrötchen, Cocktail-Tomaten, Orangensaft, Orangen, Bananen. Ich habe keinen großen Hunger heute, weiß aber, dass ich den Tank auffüllen muss. Auf dem Fußeg zuück immer noch heftiger Gegenwind – meine gewaschenen Kleider am Hotelfenster sind auch schon trocken bei meiner Rückkehr. Die Romdurchquerung morgen – nach weiteren 40 km Küstenstraße – macht mir mittlerweile wenig Sorgen – schlimmer als Neapel kann das auch nicht werden! Ich merke aber die Anspannung durch das Fahren an meinem Nacken, er ist verkrampft, so dass ich ihn massiere, eine kalt-warme Wechseldusche hilft ebenfalls. Auch sonst bin ich mit dem „Körper“ zufrieden: Keine nächtlichen Beinkrämpfe mehr, seit Tagen sind auch keine Allergie-Tabletten gegen Heuschnupfen mehr nötig. Die Bilanz für heute: 112 km in 6:00 h, 450 hm+ und 450 hm- Übernachtung im Hotel „Parco dei Principi“ in Anzio Gesamt: 889 km
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#895320 - 01/04/13 10:12 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Ich bin ja soooo gespannt auf die Fortsetzung! Mach schnell weiter, bitte!
Herzliche Grüße Wilfried
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#895352 - 01/04/13 11:01 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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...freue mich auch schon auf den nächsten Teil.
A presto !
Andi
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Edited by Sonntagsradler (01/04/13 11:01 AM) |
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#895354 - 01/04/13 11:02 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: radius]
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Na ja, dann Teil 5 (weil Wilfried so gedrängelt hat...): 10. Tag: Mittwoch, 09. Mai 2012 Anzio – Lido di Ostia – ROMA – La Storta – BraccianoIm Tagebuch von heute steht: „Ganz schön anstrengend der Tag, aber das ist ja jeder…“ Ich hole mein leicht feuchtes Fahrrad aus dem Kellerverließ und fahre gleich nach dem Frühstück (es entsprach nicht dem Zimmerpreis…) los. Laut Karte führt die Strecke immer an der Küste entlang, das macht sie auch eine Zeitlang (auf einer schönen Allee), aber dann muss ich wohl recht bald einen Moment nicht richtig aufgepasst haben, denn mein innerer Kompass warnt mich nach kurzer Zeit: „Vorsicht! Route verlassen!“ Dank der freundlichen Hilfe von Monteuren eines Reifenbetriebes am Straßenrand bin ich aber bald wieder auf dem rechten Weg. Dann geht es fast 2 Stunden wie vorhergesagt direkt an der Küste entlang. Links Meer mit eher unansehnlichem, schmutzigen Sandstrand, rechts Naturreservat, Sand, Moor, Büsche, Brachland. Ein paar Menschen sind unterwegs an diesem Mittwochmorgen, der Parkstreifen am rechten Straßenrand ist aber vollkommen leer. Wie das wohl an einem Sommer-Sonntagnachmittag hier aussieht, 30 km vor Rom? Ein Radlerpaar aus Deutschland begegnet mir hier, heute Morgen in Ostia gestartet Für die bin ich mit meinen knapp 1 1/2 Wochen Italien-Erfahrung schon DER alte Hase… Wie schnell die Rollen getauscht sind! Die Rom-Durchquerung spielte in meinen Planungs-Phantasien (natürlich!) keine kleine Rolle, Im Radreiseforum und dem regen Mailverkehr mit Fabio und anderen hatte ich nach Möglichkeiten und Wegen gesucht, die letztlich dazu führten, dass ich schon zu einem recht frühen Zeitpunkt zum Tiber hin muss, ab da sei es dank des am Fluß vorbeiführenden Tiber-Radweges alles kein Problem, der Vatikan sei dann geschenkt. Bis zum Lido di Ostia war die Strecke klar, dann von der Küste weg Richtung Centro. Auch das lief hervorragend. Schnell war der sog. Nuttengürtel durchquert (die Prostituierten warten auf eher unbequemen Gartenstühlen am Straßenrand, daneben führen Trampelpfade ins nahe Gebüsch… Die lockenden Zeigefinger (und sonstigen Extremitäten) reizen mich eher nicht! Dann führt die Haupteinfallstraße von der Küste, die Via Christof Colombo, als 4-spurige Straße mit Seitenstreifen im leichten Auf und Ab ins Stadtinnere. Noch ist der Verkehr gut auszuhalten, ich kann sogar anhalten, und ein Bild von der Schirm-Akazien-Allee machen. Den Seitenstreifen nutze ich als Radweg, ich komme flott voran. Der Verkehr nimmt allmählich kräftig zu, auch viele Stadtbusse prägen jetzt das Straßenbild. Nach über einer Stunde sturer Nord-Fahrt ist vom Tiber immer noch keine Spur zu sehen. Irgendwann sagt mein Bauch, dass ich jetzt mal nach Westen abdrehen soll. Ich fahre an einem großen römischen Grabungsfeld vorbei, Tempel, Ruinen – aber keine Menschen). Ich mache eine Pause am Gitter, das das Gelände von der Straße trennt, esse eine Banane, ruhe aus. Möchte aber trotzdem gerne wissen, wo ich eigentlich bin. Nach kurzer Weiterfahrt dann auf einmal jede Menge Touristenbusse, und Touristen ohne Ende, aus aller Herren Länder, mit Fahnen, Trommeln und Trompeten. Hier sind auch Polizisten, die ich fragen kann: „Vaticano?“ – „Sempre dritto!“ Immer geradeaus! Ich fließe mit dem Verkehrsstrom mit, überquere den Tiber (endlich), sehe über den Dächern die Kuppel des Petersdomes und werde dann auf den Petersplatz gespült. Ich bin da! Ich hatte mir bei der Vorbereitung schon vor Monaten, und natürlich auch während der vergangenen Tage diesen Moment oft vorgestellt. Jetzt ist von innerem Hochgefühl nichts zu spüren, dafür ist es viel zu laut und hektisch um mich herum. Ich stelle mein Rad ab, sehe mich um, mache ein paar Fotos, fühle mich aber nicht wohl. Zu viele Menschen, viel zu viele! Nach den Tagen der Einsamkeit und Ruhe jetzt plötzlich Chaos und Trubel, Rufen, Geschiebe, Stoßen, Rempeln – Nichts für mich! Nach einer Viertelstunde habe ich genug. Ich schiebe mein Rad über den Platz, finde meine Seitenstraße am Vatikan vorbei, nach Westen, und finde erstaunlich schnell und sicher wieder aus der Stadt. Zwei Kilometer vom Zentrum mache ich an einer Trattoria halt, vor der keine Touristenbusse stehen, sondern Vespas von Einheimischen. Ich esse eine Pizzaschnitte aus der Hand, nicht aus Hunger, sondern weil ich Treibstoff für die restlichen Kilometer für heute brauche. Die Stadt „dünnt“ hier sehr schnell aus, wenig Verkehr, für den beginnenden Feierabendverkehr ist es auch noch zu früh. Schon bald bin ich auf dem Land! Eine richtig schöne Frühsommerlandschaft! Ich genieße diesen Nachmittag, und erlebe beim Anblick von Grün, Kühen und Wiesen mehr Hochgefühl als vor einer Stunde auf dem Petersplatz! Hier endlich empfine ich die Hochstimmung, die Hälfte der Tour geschafft zu haben! Die Straße nach Norden, nicht Richtung Küste, sondern ins Landesinnere, führt auf und ab. Meine Planung sieht vor, ab hier ein Stück im Landesinneren zu fahren, zur Toskana hin, über den Lago di Bracciano und Viterbo zum Lago di Bolsena, erst da nach Grosseto, wieder ans Meer zurück. Die direkte Küstenstraße ab Rom kann ich – so meine Internet-Informationen – nicht nehmen, weil Teile der Autostrada (der via aurelia) für den Radverkehr nicht zugelassen sind. Das ergibt dann auf meiner radtauglichen Alternativroute im Landesinneren mehr Kilometer, vor allem mehr Höhenmeter. Es wird allmählich Nachmittag, von Hotels ist hier keine Spur. Aber ich habe keine Panik, weil auf meiner Karte am Logo di Bracciano ein paar Campingplätze verzeichnet sind – und bisher habe ich das Zelt ja noch nicht genutzt. Dann bin ich in Bracciano, einem Städtchen, schon sehr toscana-ähnlich. Und hier bekomme ich in der Locanda della Posta auch mein Zimmer, mit WiFi. Ich genieße den Feierabend im Städtchen, sehr ruhig ist es nach dem Trubel der Großstadt. Ich esse eine Kleinigkeit, kaufe meine üblichen Lebensmittel, mache ein paar Fotos und sehe den Menschen zu, die scheinbar ebenfalls alle Ruhe der Welt haben. Ein Kastell über der Altstadt zeugt von der Pracht des Spätmittelalters und der Reanissance. Auffallend ebenfalls mehrere Kirchen mit ihren Glockentürmen, um die Schwärme von Vögeln kreisen (Raben, Stare?). Im Hotel hat der Nachtportier schon seinen Dienst angetreten, er kann etwas Deutsch und unterhält sich mit mir über meine Reise und gibt mir Hinweise zur weiteren Strecke. Und er rät mir von meinem Hügelritt durch die Südtoskana ab, der mich wegen der vielen Höhenunterschiede Tage kosten wird. Ich solle stattdessen zur Küste zurück, die Straße sei nur teil-weise reine Autostraße, zu der es auch stets Alternativstrecken mit Radbenutzungsmöglichkeit gibt. Ich setze mich in meinem Zimmer nochmals an das Netbook und die Landkarten und plane neu… Die Bilanz für heute: 122 km in 7:00 h, 850 hm+ und 630 hm- Übernachtung im Hotel „Locanda della Posta“ in Bracciano Gesamt: 1011 km 11. Tag Donnerstag, 10. Mai 2012 Bracciano – Cerveteri – St. Marinella – Civitavecchia – Tarquinia – Montalto di Castro – Orbetello (auf Monte Argentario)Kein Frühstück heute – das gehörte nicht zum Zimmerpreis. Kein großer Verlust… Es geht deswegen auch schon um 8 Uhr los. Das Rad kommt aus dem Matratzenkeller. Ich orientiere mich anfangs ohne Karte – von der aktuellen Strecke habe ich keinen Kartenausschnitt: Nach der ursprünglichen Planung sollte ich ja eigentlich jetzt im südtoskanischen Hügelland sein... Also gibt es zunächst auf einer Nebenstrecke eine flotte 20 km-Fahrt bis zur Küste, wo ich bei Cerveteri/Ladispoli auf die Küstenstraße stoße. Vorher aber hole ich in einer Bar mein Frühstück nach: Für kleines Geld ein gefülltes Cornetto und einen Nutella-Berliner (Hauptsache Kalorien!) und einen Milchkaffee. Wegen der parallel verlaufenden Autostraße ist meine SS1 einigermaßen gut zu befahren – sie ist für die nächsten 150 km mein Weg – aber nicht diese ganze Strecke für heute, denn den ganzen Tag möchte ich mir das nicht antun. Teilweise verläuft sie zweispurig in jeder Richtung, dann ohne Seitenstreifen; teilweise einspurig, dann aber mit Seitenstreifen, der dann mein Radweg ist. Blöd und eng im Sinne des Wortes wird es nur an einer Baustelle, da ist es eine Fahrspur ohne Seitenstreifen. Da lege ich mich etwas heftiger für ein, zwei Kilometer in die Pedale. Aber der Lastwagen hinter mir kommt eh nicht vorbei, und er sieht ja auch, dass ich mich nach Kräften bemühe – so hält er Abstand und verabschiedet sich anschließend mit einem leichten Hupen von mir… Civitaveccia sieht auf der Landkarte unscheinbar aus, hat aber einen riesigen „Überseehafen“ mit jede Menge Industrie und Ölraffinerien, Fährverbindungen bestehen nach Sizilien, Sardinien, Spanien, Nordafrika – es ist der erste große Hafen seit Neapel; Rom selbst hat keinen nennenswerten Hafen. Auffallend sind auch riesige Areale mit gelagerten Neuwagen: PKW und LKW. Es geht flott voran, aber teilweise auch recht langweilig, vor allem ab Tarquina, wo die Autostrada zur Strada Statale wird, mit entsprechend mehr Verkehr, und vor allem wieder mit Gegenwind, der mein Tempo mal wieder um 6 – 8 km/h vermindert. Es ist schön flach, die Sonne scheint nicht übermäßig – ein Haar schwimmt immer in der Suppe… Aber heute hadere ich nicht – ich komme immerhin deutlich schneller voran, als wenn ich durch die toskanischen Hügel unterwegs wäre. Es gibt nur sehr wenige Ortschaften unterwegs, ab und an eine Tankstelle, wo ich mal einen Café oder eine Cola kaufe. So stelle ich mir die endlosen amerikanischen Weiten vor. Rechter Hand lassen sich die Ausläufer der Toskana in der Mittagssonne erahnen. Hier – bei Monalto die Castro - gibt es ein Kraftwerk, das zunächst als Kernkraftwerk geplant und gebaut wurde. 1989 aber – kurz vor seiner Fertigstellung – wurde es nach dem Beschluss des Ausstiegs aus der Atomkraft per Volksentscheid zu einem konventionellen Kraftwerk umgebaut! Von km 100 an halte ich Ausschau nach einem Hotelschild, einem Hinweis auf einen Campingplatz oder ein Motel – aber Fehlanzeige. Bis Grosseto sind es noch 70 km, so weit möchte ich heute nicht mehr fahren. Ich biege daher zur Halbinsel „Monte Argentario“ ab, bekannt als Hafen zur benachbarten Insel Giglio (1 Stunde), wo das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia im Januar 2012 havarierte. In einem der Küstenstädtchen werde ich sicherlich etwas finden. Das klappt auch: In Orbetello auf der Landzunge, die die Halbinsel mit dem Festland verbindet, habe ich die Wahl zwischen der „Albergo La Perla“ und dem „Plaza-Hotel“ gegenüber, ich nehme die Perle für 40 Euro, Radankettung in der Garage und ohne Frühstück, das bekomme ich am nächsten Morgen in der Bar nebenan. Mein Abendessen heute ist mal wieder „kalte Küche“: Pannini, Tomaten, Käse, eingelegte Fische, Wein, Orangensaft, und für morgen wieder Obst. Hier merke ich auch endlich, dass ich mit meiner italienischen TIM-Sim-Karte meine SMS-Nachrichten empfangen, aber nicht senden kann, dafür kann ich mit meiner O2-Karte SMS senden, aber nicht empfangen. Na ja, spätestens hinter dem Brenner habe ich die Sorgen nicht mehr! Die Bilanz für heute: 126 km in 6:30 h, 600 hm+ und 800 hm- (wo auch immer die herkommen – Brückenrampen???) Übernachtung im „Albergo La Perla“ in Orbetello Gesamt: 1137 km 12.Tag Freitag, 11. Mai 2012 Orbetello - Grosseto – Castiglione della Pescáia – Follonica – San VincenzoFrühstück wie geplant heute in der Bar neben dem Hotel, ein Capuccino und eine prima Rosinenschnecke, dann die 4 km zurück zum Festland und wieder auf die SS1/Via Aurelia. Viel Verkehr ist heute Morgen noch nicht, auch (noch) kein Gegenwind, der kommt erst am frühen Nachmittag. Es geht leicht auf und ab, kein Vergleich mit den Küstenstraßen in Kalabrien. Am späten Vormittag bin ich bei Grosseto, biege aber noch vor der Stadt ab Richtung Küste. Große Überraschung: Es gibt für die nächsten etwa 15 km bis zum Meer einen Fahrradweg, richtig schön, breit, mit leider noch recht jungen Bäumchen, die aber später mal für Schatten sorgen werden! Aber im Mai ist die Sonne noch nicht unerträglich für mich. Es ist ein angenehmes Fahren, mal abseits des Straßenverkehrs, ein richtiger Genuß. Den teile ich auch mit erstaunlich vielen anderen Radfahrern (für einen Freitagvormittag). Dann geht es wieder auf einer Nebenstraße küstenbegleitend durch Pinienwälder, überall liegen Zapfen am Straßenrand – ein recht großes Naturschutzgebiet. In Castiglione della Pascáia, einem malerischen Küstenstädtchen, mache ich Mittagspause, breite meine Mahlzeit auf der Hafenmauer aus: Salamiwürstchen, Tomaten, Käse. Wenig später geht es mit einer steilen Rampe aus dem Ort raus, so steil, dass ich lieber absteige und schiebe. Zwar nur etwa 50 hm, aber mit meinem Gepäck nicht zu schaffen. Und ab hier habe ich auch wieder den täglichen Gegenwind – nervend. Von Follonica an gibt es eine parallel verlaufende Schnellstraße, daher ist meine Straße fast völlig leer. Links lasse ich Elba und die Halbinsel mit der Industrie- und Hafenstadt Piombino liegen – Erinnerungen an den Oster-Urlaub vor fast 20 Jahren kommen mir, und an die Wahnsinnsfahrt mit dem Auto von hier aus an einem Tag nach Hause… Diesmal lasse ich mir etwas mehr Zeit! Ich komme an teuren Thermen-Hotels mit vielen Sternen vorbei – nichts für mich. Gegen 16.30 Uhr bin ich in San Vincenszo, einem Badeort, und nach etwa 120 km will ich auch hier übernachten. Es gibt auch mehrere Hotel-Hinweisschilder, aber nur ein Hotel hat eine besetzte Rezeption – aber leider noch nicht für die Saison geöffnet. Immerhin bekomme ich (auf Deutsch) den Weg zum eigentlichen Ort geschildert, der liegt nämlich auf der anderen Seite eines gewaltigen Bahndamms. Im Hotel „Villa Lo Scoglietto“ werde ich fündig, wieder mit guten Deutschkenntnissen, man ist hier halt schon auf deutsche Touristen eingestellt. Ich bekomme ein richtiges Appartement, mit Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer, Bad und großer Terrasse zum Strand hin, zum Sonderpreis (wegen des sportlichen Anspruchs meiner Tour - der Besitzer fährt auch Rad!) für 55 Euro. Und diesmal auch mit Frühstück! Schnell packe ich meine Badehose aus, schnappe mein Handtuch und laufe die 20 Meter über den Strand zum Meer. Bis auf ein kleines nacktes Kind bin ich der einzige im Wasser, auch sonst ist der Strand fast vollkommen menschenleer, und das an einem Freitagnachmittag. Ich schwimme ein Stückchen raus und lasse mich treiben. Urlaub…. Nach dem Abduschen und der täglichen Kleiderwäsche – die heute auf meiner Terrasse trocknen kann – gehe ich in die Stadt. Schon an den Geschäften und Auslagen ist zu erkennen, dass man hier auf betuchte Touristen aus ist: Keine Sandeimerchen und Schaufeln prägen das Bild, sondern Markenklamotten, Uhren, Schmuck und teure Speiselokale. Aber auch hier hat die Saison noch nicht begonnen, es sind nicht viele Leute – und damit Kunden – unterwegs. Auch der nahegelegene Yachthafen zeugt nicht gerade vom Besuch von Klepperbootfahrern und Luftmatratzen-Kapitänen.... Für mich gibt es heute wieder ein Stück Pizza aus der Hand, für das Abendbrot draußen auf meiner Terrasse habe ich noch Salami, Tomaten, Käse, Joghurt, Orangensaft und einen Schluck Wein für den Abend. Ich kann noch bis gegen 20.00 Uhr draußen sitzen, Tagebuch eintragen, Strecke planen. Das Wetter ist nach wie vor prima, bis auf den nachmittäglichen Gegenwind kann ich mich nicht beschweren. Die mittelfristige Vorhersage sagt für Sonntag etwas Regen voraus, dann will ich gerade über den Apennin fahren. Von zu Hause aus wurden für mich für die Bergstrecke die Übernachtungsmöglichkeiten gecheckt: Irgendwo wird sicher etwas zu finden sein, es gibt mehrere kleine Orte mit Hotels an der Strecke. Als es dann doch etwas kühl wird, ziehe ich den Fleecepulli über und gehe in meine Suite, noch etwas Lesen, das Weinglas leeren und auf die geschaffte Strecke stolz sein! Die Bilanz für heute: 121 km in 6:30 h, 440 hm+ und 440 hm- Übernachtung im „Hotel „Villa Lo Scoglietto“ in San Vincenzo Gesamt: 1258 km
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Wer schnell fährt, kann auch schnell schreiben... |
Edited by lytze (01/04/13 11:03 AM) |
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#895390 - 01/04/13 12:31 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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So, dann will ich mal weitermachen und schauen, dass ich heute noch den Rest fertig bekomme. Oder - wie im ODS-Forum kommentiert wurde: "Wer schnell fährt, der kann auch schnell schreiben!". 13. Tag Samstag, 12. Mai 2012 San Vincenzo – Cécina – Castiglioncello – Livorno – Pisa – ViareggioIch werde heute vom Meeresrauschen wach – schnell bin ich im Frühstücksraum, hier auch der erste Gast. Es gibt – neben dem landestypischen Frühstücksdingen – auch Salami und Schinken, daran halte ich mich! Endlich mal eine Abwechslung von dem süßen Kram der letzten Tage. Das Rad hatte ich schon vor dem Frühstück gepackt – so komme ich einigermaßen früh weg (falls halb neun früh ist...). Schnell bin ich wieder an meiner Nebenstrecke Richtung Norden. Es gibt sogar teilweise einen begleitenden Radweg, dem ich aber misstraue: Zu viele spitze Steinchen und auch Glasscherben ab und an – da sind die Straße und der oft vorhandene Seitenstreifen um einiges sauberer! Der nächste etwas größere Ort ist Cécina, schon vorher gibt es aber einige Badeorte mit Touristenstränden, die aber (noch) leer sind. Es geht längere Zeit an einem Pinienwald entlang, der wohl ursprünglich zum Schutz der intensiv landwirtschaftlich genutzten Küstenregion vor dem Meereswind angelegt wurde. Den kriege ich heute auch noch zu spüren, und die Bilder der schrägstehenden Bäume am Straßenrad erinnern mich doch sehr an die Bäume auf der Darßer Halbinsel an der Ostseeküste. Vor Livorno ist wird die Küstenstraße dann nochmal etwas wilder, in Livorno selbst ist viel Betrieb an diesem Samstagmittag. Nach einer wunderschönen Uferpromenade zieht es sich an den Hafen- und Industrieanlagen vorbei: Es gibt regen Fährverkehr nach Korsika und Sardinien, sogar nach Sizilien (19 Stunden). Viele Öl- und Stückgutfrachter liegen im Hafen, ein paar Kreuzfahrtschiffe auch. Dann folgen Raffinerien, Containerumschlagplätze und schließlich Schrottplätze und Industriebrachen. Wegen des Samstags gibt es nur wenig Lastwagenverkehr, aber viele PKW sind unterwegs, auch aus Deutschland. Und auffallend viele Yachten und Sportboote stehen zum Verkauf – in den Küstenhäfen, aber auch aufgebockt an Land. Hier ist die Ausschilderung Richtung Pisa zwar für die Autofahrer auf ihrer Autostrada prima, für mich als Radfahrer und damit für die Nebenstrecke eher nicht. Aber ich kann ja fragen und bekomme auch hilfreiche Antworten. Dennoch bin ich kurz davor, mein Navi auszukramen, das schon seit Tagen tief unten in der Radtasche liegt. Aber auf statt dessen trocknet dort auf der Lenkerhalterung seit dem Morgen der Reisebär, der gestern irrtümlich mitgewaschen wurde, in der Sonne. Es ist nicht mehr weit bis Pisa, nach Rom der erste große Touristenort. Und es wimmelt dort tatsächlich von ihnen. Ob es einen Zusammenhang mit den vielen Nutten gibt, die (wie in Rom auch) an den Einfallstraßen in die Stadt stehen??? Zunächst habe ich etwas Mühe, das Stadtzentrum und den schiefen Turm zu finden, aber dann werde ich doch fündig. Das obligatorische Foto muss natürlich sein (Turm mit Rad), dann ist mir der Rummel aber schnell zu viel und ich rolle weiter Richtung Viareggio, wo ich heute Nacht bleiben will. Hinter Pisa habe ich auch die erste (und einzige) Unhöflichkeit der Reise erlebt – durch einen Carabinieri, der am Straßenrad mit einem Autofahrer wohl eine wichtigere Amtshandlung durchzuführen hat und mich lästigen Radfahrer wie eine Fliege wegscheucht, noch ehe ich meine Frage anbringen kann. Ich murmele ein deutsches Wort, das mit A anfängt und frage ein Stückchen weiter einen Arbeiter, der mir gerne weiterhilft. Alle sonstigen Polizisten und Amtsträger unterwegs waren immer höflich, hilfsbereit und freundlich. Aber Ausnahmen gibt es ja nicht nur in Italien... Die nächsten 20 km bis zu meinem Ziel habe ich als Strecke zwischen Autobahn, Bahnstrecke und dazwischen gepferchten Schrebergärten in Erinnerung. Das Stadtzentrum von Viareggio finde ich zunächst nicht, dafür am Ortsrand aber schnell ein kleines Hotel mit dem ersten und einzigen Einzelzimmer der gesamten Fahrt. Es ist klein und spartanisch, aber sauber, und am Preis von 50 Euro ist schon zu spüren, dass dies eine touristisch geprägte Gegend ist. Nach dem Auspacken und Frischmachen bin ich schnell im Ortszentrum, ich erledige meinen Wochenendeinkauf (es ist Samstagnachmittag...) und setze mich mit einem Stück Pizza auf eine Bank und schaue dem Treiben zu. Aber die Lautstärke in der Fußgängerzone setzt mir schon zu, so dass ich mich nach einem längeren Spaziergang in mein Hotelzimmer zurückziehe. Dank einer guten WLAN-Verbindung kann ich ausgiebig surfen, meinen weiteren Weg planen (vor allem den bevorstehende Apennin-Übergang), mit zu Hause skypen und Mails beantworten – außerdem muss ja wie jeden Tag auch sorgfältig Tagebuch geschrieben werden. Spannend wird es voraussichtlich morgen mit der Verlassen der Küste, der ich jetzt seit über 1200 km gefolgt bin, und auch der Wetterbericht sagt eine Änderung des bisher eigentlich ganz annehmbaren Wetters voraus. Aber Spannung und Unsicherheiten gibt es ja bei dieser Art zu Reisen immer – das Abenteuerliche ist ja mit ein Grund für die Entscheidung für solch einen Urlaub. Mit einem Glas Wein beschließe ich den Tag – und das Fenster muss ich ebenfalls schließen, weil irgendwo in der Nähe laute Musik ist, Disko oder eine Party. Die Bilanz für heute: 124 km in 6:45 h, 350 hm+ und 350 hm- Übernachtung im „Hotel „Lupori“ in Viareggio Gesamt: 1382 km Im Norden 14. Tag Sonntag, 13. Mai 2012 Viareggio – Marina di Massa – Marina di Carrara – Sarzana (La Spezia) – Aulla – Villafranca – PontremoliIch bin ja eigentlich nicht abergläubisch, aber heute will ich doch besser noch mehr als sonst aufpassen: Einmal ist heute der 13., und dann lief mir auch noch bei der Abfahrt eine schwarze Katze von Rechts über die Straße... Irgendwann in der Nacht muss ich das Fenster doch öffnen, zu warm ist es und zu stickig. Und die laute Musik vom Abend war zu dem Zeitpunkt auch beendet. Ich komme somit ausgeschlafen und erholt zeitig los, weil zur Übernachtung kein Frühstück gehört – das hole ich dann 5 Minuten später in einer Bar am Straßenrand nach. Die Straßen sind am frühen Sonntagmorgen noch leer, und ich kann schnell die Uferpromenade entlangfahren. Viele Rennradler sind in Pulks unterwegs, viele Jogger, Leute mit Hunden – aber kaum Autos. Ich vermisse sie nicht! Eigentlich sagte die Vorhersage für heute eher ungünstiges Wetter voraus: Schwüle, Wind, Regen. Ich merke in Viareggio nichts davon, es ist wolkenlos und die Sonne scheint angenehm warm. Beim Blick nach Rechts ins Inland sehe ich aber, dass die höheren Berge mit ihren Gipfeln in den Wolken verschwinden. Ich komme flott voran, wundere mich allerdings doch über den zunehmenden Radverkehr auf meiner Strecke. Dazu Streckenposten, Carabinieri, Lautsprecherfahrzeuge, Fernsehkameras – irgendein lokales Fahrrad-Event. Ich mogele mich an allem vorbei und habe bald wieder die Straße für mich. Eine entgegenkommende Gruppe mit Fernradlern – an den Gepäcktaschen deutlich auszumachen – wird mit Handheben und „Gute-Reise-Rufen“ gegrüßt, und ohne Halt geht für beide Partien die Reise weiter. Südlich von Neapel hätten wir alle angehalten und Erfahrungen ausgetauscht und nach dem Woher und Wohin gefragt – hier ist eine solche Begegnung bereits alltäglich und keine Besonderheit mehr! Die etwas größeren Städte liegen etwas im Landesinnern, ich fahre über die dazugehörenden Küsten- und Hafenorte: Marina die Massa, Marina di Carrara. Von der Marmorstadt Carrara sehe ich nur einen großen behauenen Marmorblock als Monument am Straßenrand. Ich orientiere mich an der Ausschilderung für La Spezia, finde aber auch schon die Schilder nach Sarzano und Santo Stefano, so dass ich nicht mehr zu fragen brauche. Noch bin ich im Küstenbereich, noch ist es flach, aber meine Fahrtrichtung wird für den Rest des Tages und morgen fast genau Norden sein, die Überquerung des Apennin, allerdings an einem seiner niedrigeren Pässe. Rechts, mehr im Nordosten, sehe ich das Massiv (oder besser den unteren Teil davon) des Monte Pisanini, mit 1946 Metern der höchste Berg der Toskana. Aber auch die ihn umgebenden Berge sehen nicht lieblich, sondern abweisend aus! La Spezia bleibt links liegen, die etwa 10 km in die Stadt will ich mir sparen, obwohl ich heute früh dran bin und mit Absicht für heute auch nur eine kurze Strecke ausgesucht habe. Ab jetzt ergeben sich – bis Parma wohl – keine Fragen zu meiner Route. Das Wetter ändert sich etwas, nachdem ich von der Küste weg bin, es wird schwüler und der Himmel zieht nach und nach zu. Ab hier kann ich mein Tal nach Norden auch schon sehen, die Stadt Aulla ist das Einfallstor. Man sieht auch die Autobahn, die sich ebenfalls ab hier nach Norden schlängelt und mir heute und morgen noch öfters begegnen wird. Die Straße steigt langsam an, genauso langsam verliere ich die Meter aber auch wieder, so mein Gefühl. Aber der Höhenmesser sagt doch, dass ich langsam höher komme: Aulla liegt mit 65 m fast noch auf Küstenniveau, der nächste Ort (Villafranca) liegt 15 km weiter nördlich auf einer Höhe von 138 m, und Pontremoli – mein heutiges Ziel – auf 250 m. Ich habe mir für heute eine relativ kurze Strecke vorgenommen, und für die etwa 80 km habe ich jede Menge Zeit. Ich kann es also langsam angehen und trödele für meine Verhältnisse, mache sogar unterwegs in Villafranca eine ausgiebige Mittagspause auf einer Bank am Straßenrand, ehe ich weiter fahre. Die Straße windet sich im Talgrund am Fluss entlang, die Berge links und rechts sind bis zu 1000 Meter hoch. So hoch wird es morgen auch gehen... In Pontremoli, meinem heutigen Ziel, suche ich ein Hotel und finde einen ziemlich modernen Kasten – in Anbetracht der Wolken, die mittlerweile recht niedrig hängen und immer dichter werden und auch wegen des aufkommenden Windes, bin ich froh, schnell eine Bleibe gefunden zu haben und gut und sicher untergebracht zu sein – auch wenn es erst 14.30 Uhr ist. Eine ganz eigentümliche Stimmung, wie ich sie bisher auf der Fahrt noch nicht hatte: Früher Sonntagnachmittag, so gut wie alles im (kleinen) Ort geschlossen – tote Hose. Und zum ersten Mal auf meiner Reise lege ich mich nachmittags aufs Bett und schlafe ein. Dank Hotel-WiFi geht der restliche Tag auch herum, ich mache auch einen Spaziergang durch den Ort – aber ein paar Regentropfen und Windstöße treiben mich zurück in mein Zimmer. Am frühen Abend unternehme ich dann einen zweiten Anlauf – ich finde ein kleines Lokal und gönne mir ein kleines Menue: Lasagne mit Pesto, dann frittierte Fische als Hauptgang. Ein Dessert packe ich nicht mehr. Es ist sehr gut, und pupsatt wanke ich in mein Hotel. Das Rad hat einen gut versteckten und sicheren Platz in der Hotelgarage bekommen, angekettet an die Wasserleitung! Die Bilanz für heute: 85 km in 5 h, 450 hm+ Übernachtung im „Hotel „Napoleon“ in Pontremoli Gesamt: 1467 km 15. Tag Montag, 14. Mai 2012 Pontremoli – Passo della Cisa – Berceto – Calestano – Fornovo di Taro – Collécchio – Parma – Colorno – Sabbioneta – Montova
Ich habe diesmal eher unruhig geschlafen, wahrscheinlich in Erwartung der heutigen der heutigen Bergstrecke. Auch der Patrone, der mir die Rechnung schreibt, wiegt bedenkenschwer den Kopf, als er mich, mein Gepäck und mein Fahrrad sieht und meine Strecke für heute erfährt. Auch heute wieder verlasse ich mein Hotel ohne Frühstük los, das gehörte nicht zum Übernachtungspreis. Wie bereits gestern mache ich ein paar Minuten später im Ort an einer Bar Halt und verputze hier zwei hervorragende Teilchen und einen Capucchino. Dann geht es durch die noch verschlafenen Straßen bis zur Hauptstraße – kaum Verkehr. Ab jetzt geht es für die nächsten 12, 13 km nur bergauf, stetig, aber nie problematisch. Dank meiner Erfahrungen vom Vorjahr mit Reschenpass, Brenner und Achenpass halte ich mich diesmal streng an den Höhenmesser: Alle 300 Höhenmeter gibt es eine Pause. Zu sehen gibt es genug, denn der Blick zurück in das Tal ist wunderschön. Man kann es auch gut aushalten, der Wind ist bei weitem nicht so schlimm, wie ich es erwartet hatte. Es herrscht auch immer noch so gut wie kein Verkehr, alle paar Minuten mal ein Auto, ein kleiner LKW oder ein Schulbus. Bei 850 hm, in einer verlassen wirkenden, aber geöffneten Bar am Straßenrand, gibt es noch einen Capucchino und ein paar Kekse, und dann strampele ich die restlichen 200 Höhenmeter noch weiter. 2 ½ Stunden nach meinem Aufbruch in Pontremoli bin ich oben am passo della cisa, lasse mich auf 1041 m vor dem Pass-Bild fotografieren. Es ist ganz unspektakulär, ein paar Häuser, eine Kapelle, die Straße fast verlassen. Es ist recht frisch hier oben, zusätzlich zu den Beinlingen und dem dünnen Windshirt ziehe ich jetzt (erstmals) den Anorak und die gelbe Warnweste für die Abfahrt an. Ab hier habe ich jetzt auch Gegenwind, recht spürbar, so dass ich auch bergab kaum bremsen muss. Schon nach ein paar Minuten bin ich in Berceto, einem kleinem Bergdorf, an dem ich mich entscheiden muss, ob ich weiter auf der größeren Landstraße bleiben will oder ob ich auf kleinere Nebenstraßen ausweichen möchte. Ich entscheide mich für letzteres und habe für den restlichen Stunden einen (lt. Tagebucheintrag vom gleichen Abend) „Genussvormittag“ auf dem traumhaft einsamen Sträßchen des Apennin in Richtung Po-Ebene. Ich halte mehrmals an und fotografiere die Landschaft, besonders die Felsformationen der gegenüberliegenden Berghänge. Bis kurz vor Parma geht es bergab, eigentlich nie berrauschend, gerade immer noch so, dass man beim Fahren auch schauen kann! Allmählich nimmt der Verkehr auch zu, viele Lastwagen und Busse. Die zunächst karge Landschaft wird immer mehr von Landwirtschaft, ab der Stadt Fornovo von Industrie geprägt, je näher ich Parma komme. Als ich in die Stadt einfahre, habe ich fast genau 1000 Hm Abfahrt hinter mir – es ist gerade mal halb zwei und ich möchte nicht schon wieder Stunden herumlaufen, obwohl ich in Parma wohl mehr Abwechslung finden würde als in Pontremoli. Nach Salerno, Neapel und Rom ist Parma mal wieder eine Großstadt mit fast 200.000 Einwohnern, entsprechend misstrauisch war ich wegen der Ausschilderung und Wegeführung durch die Stadt. Aber es geht eigentlich, sogar einige Radwege gibt es, und zwar ein paar richtig tolle. Andere lassen mich wieder ganz schnell auf die Straße ausweichen: Eng und schmal, andauernde unübersichtliche Ein- und Ausfahrten, schlechter Belag und zugestellt mit Mülltonnen und anderen Dingen. Auch hier wieder freundliche Radfahrer – besonders in Erinnerung eine junge Russin, die mich ein Stückchen stadtauswärts begleitet, damit ich die richtige Richtung nach Mantova finde. Ich habe mich nämlich entschlossen, heute noch weiter Richtung Norden zu fahren. Es ist sehr flach, bretteben, und auf einer Schnellstraße stadtauswärts komme ich flott voran. Es herrscht viel LKW-Verkehr; Ich komme an einer IVECO-Fabrik vorbei mit entsprechend vielen nagelneuen Lastzügen Unterbrochen wird meine Flachfahrt immer wieder durch Brückenauf- und Abfahrten: Über Bahnlinien, Nebenstrecken, Kanäle, Wirtschaftswege usw. Aber es läuft wie geschmiert – kurz nach 18 Uhr bin ich in Mantova. Wie immer suchen meine Augen an den Häuserfronten nach HOTEL-Schildern, aber diesmal sehe ich überhaupt keine. Ich orientiere mich Richtung Dom und frage an einem kleinen Platz in einem Tabakgeschäft, ob es ein Hotel in der Nähe gibt. Der Besitzer greift in die Schublade, holt eine Visitenkarte und eine Handy raus und rattert los – ich verstehe kein Wort. Er bedeutet mir zu warten – in der Nähe sei ein Bed & Breakfast und der Patron käme mich abholen. Nach einer Minute ist der auch tatsächlich da, die Unterkunft liegt gegenüber am Platz und ich habe bald ein schönes, großes Zimmer. Nur: Das Rad kann nur abgesperrt im (offen zugänglichen) Hof während der Nacht stehen bleiben. Hm – ich nehme erst einmal das Zimmer und erledige den üblichen Abendkram. Meine Vermieter sind derweil weg – und mein Rad steht eine Minute später bei mir im Zimmer, Platz ist eh genug vorhanden, und wegen der Sauberkeit lege ich vorsichtshalber eine Plane unter. Heute ist nach dem ausgiebigen Menue von gestern in Pontremoli mal wieder kalte Küche angesagt: Olivenbrot, ein paar Scheiben Kochschinken, die mich in der Theke anlachen, Orangensaft, Wein. Für morgen Obst, Käse, ein paar Panini. Ich spaziere noch durch die abendlich-leere Stadt, es sind kaum Touristen unterwegs – ich habe die Stadt für mich und genieße diese Stille auf dem großen Marktplatz mit den Renaissance-Gebäuden rundherum. Hat schon was eigenes... Im Zimmer dann auch noch WLAN-Verbindung. Das Wetter soll auch die nächsten Tage auf meiner Strecke gut bleiben, auch ist meine Übernachtung in Rosenheim, die letzte Station meiner Tour, gesichert, und die vorläufig letzen Streckenpunkte ab hier stehen fest: Revereto – Bozen – Sterzing – Schwaz – Rosenheim – München. Es kommt dann zwar etwas anders... Aber ich kann ja meinem Schicksal (besser: Glück) schon mal Danke sagen, dass es bisher alles gut geklappt hat! Die Bilanz für heute: 154 km in 8 1/2 h, 1456 hm+, 1662- Übernachtung im B&B am Rande der Innenstadt Gesamt: 1621 km
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#895423 - 01/04/13 01:18 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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16. Tag Dienstag, 15. Mai 2012 Montova – Verona – Sant’Ambrogio – RoveretoIch schleppe am Morgen gegen 8 Uhr mein Rad und die Taschen die Stiege runter, werfe meinen Zimmerschlüssel absprachegemäß in den Briefkasten und schiebe das gepackte Rad die paar Meter bis zur Bar gegenüber – habe ich einen Gutschein für einen Kaffee und Hörnchen von meinem Vermieter. So komme ich wenigstens schnell weg. Ich finde problemlos aus der Stadt heraus; viele Radfahrer sind unterwegs im Stadtbild, die das Rad als normales Verkehrsmittel nutzen und nicht als Sport- oder Freizeitgerät. Entsprechend ausgebaut ist auch das (innerstädtische) Radwegenetz hier – das war mir ja bereits in Parma aufgefallen. Hinter Mantova geht es dann auch zunächst auf dem stadtauswärts führenden Radweg am Wasser (Lago Inferiore) entlang raus, dann folgen kleinere Straßen Richtung Verona. Die parallel verlaufende Autobahn nimmt wohl den Hauptverkehr auf. Auffallend ist die intensive Landwirtschaft incl. Reisanbau, den ersten und einzigen auf meiner Reise. Ich nähere mich bald Verona – ist nur 30 km von Mantova entfernt. Je näher ich der Stadt komme, desto breiter, aber auch befahrener wird meine Straße, mit sehr viel Lastwagenverkehr. Dann wird die Straße ab einem Autobahnkreuz zweispurig in jeder Richtung, links und rechts hohe Straßenböschungen, Galerien und Tunnels, zusätzlich dann der Standstreifen, auf dem ich fahre. Eine Alternative finde ich nicht, um in die Stadt reinzukommen. Also: Augen zu (besser auf) und durch! Ein Radverbot-Schild sehe ich nicht, kann aber durchaus sein, dass irgendwo eines stand. Dann vor mir Blaulicht: Polizei, die einen Unfall aufnimmt. Ehe die aufschauen, bin ich schon vorbei. Dazu dann – was vorher nur selten vorkam – dauerndes Gehupe der Auto- und LKW-Fahrer. So geht es gefühlte 20 km, tatsächlich aber wohl nur 5 km vom Autobahnkreuz bis an den Stadtrand. Hier kann ich aufatmen! Wie immer in den größeren Städten ist die Carabinieri recht präsent – mir kann es recht sein, denn dann finde ich immer schnell kompetente Ansprechpartner für meine Orientierungsfragen. So bin ich denn auch rasch im Zentrum und finde auch schnell die Piazza Bra mit der Arena, wo bald Aida aufgeführt wird. Man sieht allerdings nicht sehr viel von den Außenmauern, denn überall stehen Last- und Lieferwagen herum, die Requisiten und Technik anliefern, dazwischen jede Menge Touristenbusse, die ihren „Inhalt“ entleeren – meist Japaner, die mit ausgestreckten Armen ihre Kameras hochhalten und mehr durch bzw. auf ihre Displays schauen als mit den Augen. Dazwischen Radfahrer, Spaziergänger, Kinder, Alte – ein buntes und quirliges Bild. Ich setze mich auf eine Bank und staune nur, esse meine beiden Vormittagsbananen und versuche möglichst viel aufzunehmen. Aber es ist zu viel los – ich bin so viele Menschen einfach nicht mehr gewohnt. Mittendrin startet jetzt noch ein Fesselballon als Sponsor-Event eines Radiosenders, dazu ertönt laute Musik, die Bauarbeiter der Arena brüllen, weil die Lastwagen mit den Bühnenteilen und Requisiten nicht anfahren können – Italien pur! Ich will dem Zirkus entkommen und suche natürlich DEN perfekten Weg aus der Stadt Richtung Norden. Da kommt ein Rad-Polizist (!) gerade recht, und ich frage ihn nach dem Weg Richtung Trento. Ich ernte ungläubige Blicke. Trento??? A bicci??? Er schaut mich an, mein Rad und fragt, woher ich denn komme mit dem Gepäck. Das Staunen geht dann erst richtig los, als ich „Catania“ und „Sicilia“ sage. Dann überlegt er, zieht seinen Stadtplan zu Rate – und schickt mich zur Schnellstraße zurück, auf der ich in die Stadt rein gekommen bin – nur halt diesmal raus. Und so fahre ich dann die 5 km bis zur Tangentiale zurück, diesmal mit amtlichem Segen, und in dieser Richtung auch mit etwas weniger Verkehr... Ab hier wird es aber für etwa 20 km – bis Sant’Ambrogio – wirklich unangenehm: Die Westumgehung von Verona ist stark befahren – wie das wohl im Sommer zur Hauptreisezeit bzw. Touristen-Hoch-Zeit aussieht? Die SS12 hat aber wenigstens über weite Strecken einen Standstreifen – sie wird auch mein Begleiter bis zum Brenner sein (abgesehen von dem Radweg an der Etsch entlang). Ich hatte mich schon vorher entschieden, nicht den Weg am Garda-See entlang zu nehmen. Weniger aus Zeitgründen – dafür liege ich schon weit genug meiner Planung voraus. Aber den Bereich zwischen Bozen und dem Garda-See möchte ich mir einmal als ausschließliche Radtour vornehmen und dann wirklich viel anschauen – so soll es diesmal direkt weiter nach Norden gehen! Trento ist als Tagesetappenziel doch etwas weit, aber Rovereto passt mir ganz gut. Nach der nur kurzen Besichtigungspause in Verona bin ich dann aber etwas später doch mittagspausenreif; ich finde ein schönes Plätzchen am Rande eines Kinderspielplatzes in einem kleinen Ort und verspeise meine beiden trockenen Brötchen und den Käse aus Moantova. Die Landschaft ist links und rechts der Strecke doch schon recht alpin geprägt, z.T. zwängt sich die Etsch durch Engstellen mit hohen Felswänden auf beiden Seiten, durch diese Schlucht passt dann gerade noch die Straße daneben, z.T. auch schon mit ein paar Galerien. Von der Autobahn, die ja auch hier durch das Tal nach Norden führt, ist nichts zu sehen und zu hören – ich bin nicht böse drum... Endlich habe ich mal spürbaren Rückenwind, aber obwohl es scheinbar flach oder sogar leicht bergab geht, sehe ich nur 12 oder 13 km/h auf dem Tacho. Aber irgendwoher müssen die bei der Ankunft in Rovereto gemessenen 650 Höhenmeter für diesen Tag ja herkommen – so ist es verständlich, dass ich so langsam meine Beine spüre. Kurz nach 16 Uhr bin ich in Rovereto; von der Autobahnvorbeifahrt kenne ich das „Ossariro die Castel Dante“, einen Rundbau auf einem Hügel hoch über der Stadt, der als Beinhaus mit den sterblichen Überresten von 20.000 Gefallenen des 1. Weltkrieges dient, wie ich später nachlese. Es gab auf beiden Seiten schwere Verluste, an die Kämpfe erinnern in der Stadt zahlreiche Dokumente. Rovereto trägt auch den Titel „Città della Pace“ – Stadt des Friedens. Ich rolle langsam in die Stadt rein und suche wie immer zunächst eine Unterkunft – sehe aber wie in den letzten Tagen schon kein Hotel-Schild. Nicht tragisch, denn es ist ja noch früh (kurz nach 16 Uhr), und zur Not könnte ich auch noch die 30 km bis Trento fahren. Ich frage aber doch nach einem albergo, man verweist mich Richtung Bahnhof. Hier in der Nähe finde ich dann im Palast-Hotel auch ein Zimmer für die Nacht – das zweitteuerste auf der gesamten Reise. Dafür habe ich dann aber auch 1 Stunde WiFi und für mein Rad ein sicheres Plätzchen in der Hotel-Tiefgarage, angekettet an einen Fahrradständer. Nach der üblichen Prozedur im Hotel dann der übliche Spaziergang durch die Stadt - alte Gassen mit schönen Palästen mit venezianischem Einfluss, daneben moderne Bauten. Es sind viele Leute unterwegs: Feierabendverkehr eben. Ich besorge mein Abendbrot (und Frühstück für morgen, denn das ist im Luxusübernachtungspreis nicht mit drin): Brot, Oliven, Joghurt, Wurst, Saft. Ich bin dann früh wieder im Hotel und lese und plane die nächsten Tage. Ab morgen bin ich dann nach über zwei Wochen wieder deutschsprachig unterwegs, die Sprachgrenze verläuft bei Salurn. Die Bilanz für heute: 121 km in 6:20 h, 652 hm+, 419- Übernachtung im Palast-Hotel in der Innenstadt Gesamt: 1742 km 17. Tag Mittwoch, 16. Mai 2012 Rovereto – Trento - BozenGut und tief geschlafen; wäre sonst bei dem Preis für die Nacht ja auch Verschwendung gewesen, wenn ich eine unruhige Nacht gehabt hätte. Also früh aufgewacht und zwar mit dem Gefühl „Jetzt beginnt die Reise in ein bekanntes Land“ - ein schönes Gefühl nach den Wochen des Unbekannten und des „kleinen“ Abenteuers. Da ein Wasserkocher und zwei Tütchen Kaffee zur Normalausstattung des Zimmers gehören, nutze ich das auch. Dazu gibt es einen Joghurt von Gestern. Dann Bezahlen, das Rad aus der Hotelgarage befreien – und Abfahrt! Es ist noch sehr ruhig in der Stadt, ein paar Berufstätige eilen schon zur Arbeit, einige mehr zum nahegelegenen Bahnhof, ich Richtung Etsch, zum Radweg Richtung Bozen. Heute ist DER Tag des Radwegs, ich werde wohl kaum Straßen benutzen. Und nach kurzer Zeit bin ich auch schon am Fluß, und los geht es Richtung Norden. Genau die Richtung, aus der heute ein recht strammen Wind weht, mir genau ins Gesicht. Und kühl ist es auch, ich habe meine Beinlinge an und die dünne Windjacke, und sehe jetzt auch die Pfützen auf dem Radweg – und den entsprechenden Zuckerguß auf dem Bergspitzen rechts und links. Aber zwischen der dünnen Wolkenschicht sehe ich zum Teil auch schon den blauen Himmel – es wird heute bestimmt wieder schön! Der Weg verläuft überwiegend auf dem Etsch-Damm, er ist hervorragend hergerichtet – die Radsaison steht ja bevor!. An zwei Stellen wechselt er plötzlich auf die andere Talseite, das war in den Foren auch schon als Eigenheit hier beschrieben, z.T. geht es sogar ein paar hundert Meter wieder Richtung Süden. Ich jammere nicht deswegen – so habe ich auch mal ein kleines Stückchen Rückenwind heute... Und bis auf zwei Stellen ist die Ausschilderung und die Wegemöblierung (Tische, Bänke, Wasserzapfstelle) auch hervorragend. Befremdlich aber dann doch der Segelflugplatz, der wohl noch nicht lange hier seinen Platz hat – unvermittelt und ohne vorherigen Hinweis endet der Radweg neben der Autobahn plötzlich an einem hohen Maschendrahtzaun, oben mit NATO-Draht gespickt, kein Hinweis auf eine Umleitung – ich fahre auf gut Glück ein Stückchen zurücke und finde dann eine Alternative. In Trient ist das an einer längeren Baustelle am Radweg etwas anders geregelt: Hier ist die Umleitung perfekt ausgeschildert. Und bei der Gelegenheit komme ich dann nach 1 ½ Stunden Fahrzeit auch endlich zu meinem Frühstück, einem Capuccino und einem Croissant. Gestärkt geht es weiter Richtung Bozen. Erst gelegentlich, dann immer häufiger kommen mir jetzt Radfahrer entgegen, auch viele Radreisende: Paare, Gruppen (meist ältere Herren), ein paar Einzelradler wie ich, viele Papageien auch mit ihren Rennrädern. So viele sind es, dass man sich schon gar nicht mehr grüßt. Wie anders war das doch in Süd- und Mittelitalien: Fast jede Begegnung führte dort zu einem Gespräch... Durch den Gegenwind komme ich nicht schnell vorran, aber das empfinde ich heute nicht als tragisch: Ich habe keinen allzu weiten Weg heute, weil ich nur bis Bozen fahren möchte, und es gibt unterwegs viel zu Schauen – und durch die Nutzungs“pflicht“ des Radweges drängt es mich auch nicht so sehr, ohne Pause zu fahren. Ich lasse mir also Zeit, schaue rechts, schaue links, fahre beim Sprachgrenzenschild sogar ein Stückchen retour, weil mir erst etwas zu spät aufgeht, was da wohl gerade eben am Wegesrand zu lesen war. Es wird langsam wärmer, erst kurz vor Bozen – auf der Höhe von Kaltern – ziehe ich die Beinlinge aus. Die Weinorte Kurtratsch, Tramin und Kaltern grüßen von den gegenüberliegenden Hängen – ich werde an manchem Abend später bei einem Glas Roten an sie denken! Am Stadtrand von Bozen dann die bekannt hervorragende Ausschilderung für Radfahrer in und durch die Stadt – die mir aber wegen einer Brückenbaustelle mit Radwegsperrung und fehlender Umleitungsauszeichnung dann doch nicht weiter hilft. Immerhin kann ich hier auf Deutsch fragen – und bekomme die Antwort auf Italienisch. Die grobe Richtung in die Innenstadt kann ich mir denken, das Navi bleibt jetzt unten in der Lenkertasche. Dann sehe ich bekannte Straßen und Gebäude, hier kenne ich mich jetzt aus und orientiere mich schnell. Übernachten will ich – wie bei den letzten Wanderungen, die in Bozen endeten – im Hotel ADRIA am Busbahnhof. Von meiner Radtour aus 2011 kenne ich den abschließbaren Kellerraum für das Rad, einem Banktresor nicht unähnlich. Es ist nur ein Einzelzimmer ohne Dusche frei, aber die Etagendusche liegt gleich neben meiner Zimmertür. Für 42 Euro (ohne Frühstück) ist das in Bozen sogar sehr günstig! Schnell bin ich gewaschen und umgezogen und damit landfein. Für die Bergstrecke morgen besorge ich noch ein paar Bananen, in das bekannte Messergeschäft in der Innenstadt gehe ich nur zum Schauen, dann geht es zum Italien-Abschieds-Pizzaessen zum Nussbaumer. Beim letzten Besuch vor einem Jahr – an einem heißen Sonntagsabend im August – war die Stadt wie leergefegt. Heute ist viel mehr los, da geht beim Warten auf die Pizza die Zeit auch schneller rum, und das Glas St. Magdalener schmeckt nochmal so gut! Ich spaziere anschließend nach dem prima Essen durch die Stadt zurück und lasse mir Zeit – wie immer, wenn ich durch Bozen laufe, entdecke ich stets unbekannte Stellen, die mir gefallen. Im Hotel gibt es dann auch deutschsprachige Nachrichten, die Windvorhersage für den kommenden Tag drehe ich aber lieber ab, sonst ist mir die Nachtruhe genommen. Dann noch die Routenplanung für morgen – wobei ich unsicher bin, wie weit ich fahren soll. Wieder bis Sterzing, wie im Vorjahr? Oder bis zum Brenner hoch? Bis Matrei an der Brennerstraße? Oder sogar bis Innsbruck? Ich lege mich nicht fest, ich habe jede Menge Zeit und kann nach Lust, Laune und Gegenwind entscheiden. Dafür stelle ich aber fest, dass ich bei der Zusammenstellung der Kopien der Streckenkarte nicht sorgfältig genug war – es fehlt das Kartenstück des Inntalradweges zwischen Schwaz und Kufstein. Aber das ist eigentlich nicht problematisch: Es geht nur den Inn entlang, die Beschilderung war im Vorjahr (bis Jenbach) prima, warum soll es die 50 km weiter am Fluß entlang anders sein??? Mit dem Gedanken, dass die schlimmsten Strecken der Tour wohl hinter mir liegen, schlafe ich ein und habe eine ruhige Nacht in der Südtiroler Landeshauptstadt. Die Bilanz für heute: 97 km in 6:00 h, 379 hm+, 321- (ein ewiges Rätsel – nach meinem Empfinden fuhr ich den ganzen Tag nur brettebene Strecken!) Übernachtung im Hotel Adria in der Innenstadt Gesamt: 1839 km
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#895440 - 01/04/13 01:59 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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So, hier der letzte Teil meiner Italien-Radreise 2012 18. Tag Donnerstag, 17. Mai 2012 Bozen – Sterzing – Brenner-Pass – Innsbruck – Hall i.T./Mils Eigentlich hatte ich ja befürchtet, dass wegen der Nähe des gegenüberliegenden Busbahnhofs schon sehr früh sehr viel Lärm zu hören sei – das ich aber merkwürdigerweise nicht der Fall, so dass ich zunächst glaube, dass heute Feiertag ist – aber dann wird es doch noch lebendig in Bozen. Das Rad ist flott aus dem Tiefkeller befreit, dann gibt es noch ein letztes schnelles italienisches Frühstück in der Bar neben dem Hotel – für 3 statt für die 12 Euro, die es im Hotel gekostet hätte. Und dann fahre ich los, den Weg, den ich vor einem Jahr schon einmal gefahren bin und der mir so gut gefallen hatte. Ich bin nach ein paar hundert Metern schnell aus der Innenstadt raus. Es ist frisch am Fluss, auch heute fahre ich mit Beinlingen und dem dünnen Windshirt los, für das erste Stück auch die Handschuhe gegen klamme Finger. Es geht den herrlichen Radweg auf der früheren Bahnstrecke durch das Tal nach Norden - entlang der Eisack, der Autobahn, der Bahnlininie und der Bundesstraße Richtung Brenner. Der Einfachheit halber kann ich aus meinem Tagebuch von der Alpentour 2011 zitieren: „Die ersten ca. 20 km sind traumhaft, eine alte Bahntrasse mit (beleuchteten) Tunnels, moderaten Steigungen, Kinderkunst am Rand – ich habe oft angehalten und Fotos gemacht. Bis kurz vor Klausen geht es so – dann ist leider Schluss mit der Bahntrasse...“. Und wie vor einem Jahr mache ich auch wieder in Klausen Halt, trinke einen Espresso und beobachte das touristische Treiben um mich herum. Ab jetzt muss ich auch wieder „Espresso“ für das koffeinhaltige heiße Starkgetränk sagen – „Café“ genügt nicht mehr! Am Fluss entlang geht es weiter, zunächst immer noch auf dem Radweg. Es fällt auf, dass an vielen Stellen am Radweg gemäht und gesäubert und ausgebessert wird – die Saison an der Via Claudia Augusta steht bevor – tatsächlich kommen wir auch schon Reiseradler entgegen. In Richtung Norden bin ich allerdings Einzelgänger... Es kommen dann die Stellen, von denen ich noch vor Vorjahr her weiß, dass sie mich nicht unbedingt auf dem kürzesten Weg nach Norden bringen. Ich hatte mich damals ein paarmal geärgert, als ich unnötigerweise an den Berghängen entlang geleitet wurde, obwohl es unten im Tal eine Straße mit ausreichend breitem Seitenstreifen gab. Nach der 3. Aktion dieser Art blieb ich dann auf der bequemeren Strecke. Diesmal warte ich keine drei Mal ab, sondern fahre von Anfang an die Straße Richtung Brixen hoch. Hinter Brixen bin ich dann einen Moment unaufmerksam und biege in ein Seitental ab, merke aber nach 50 hm meinen Irrtum und kehre auf den rechten Pfad zurück. Dann bin ich in Sterzing – hier war ich 2011 ziemlich fertig, es war auch um einiges wärmer als heute. Ich habe mir gestern schon ausgerechnet, dass wegen der schlechten Wetteraussichten für das Wochenende (Schauer und Gewitter in Bayern) es vielleicht nicht schlecht wäre, evtl. einen Tag einzusparen. Also muss ich heute noch bis zum Brenner, noch besser sogar bis Innsbruck. Ich lege mir einen Pausen- und Energiezufuhrplan zurecht und halte mich auch daran: Kurze Verschnauf- und Bananenpausen in Sterzing (950 m), bei 1100 und bei 1250 m. Um 16 Uhr bin ich dann oben am Pass (1370 m) – die höchste Stelle meiner Tour! Hier setze ich mich zum letzten original-itlienischen „Kaffää“ in die Bar an der Grenze und nehme Abschied von Italien. Aber noch bin ich nicht an meinem Zielort. Es folgt die berauschende Abfahrt in etwas mehr als 1 ½ Stunden bis Innsbruck. Die hatte mich bereits 2011 beeindruckt: Es geht ca. 800 hm recht gemächlich bergab, es ist wenig Verkehr und man hat einen ungehinderten Blick nach Norden auf den Karwendel, der das Inntal von Norden her begrenzt. In den Ortschaften an der Brenner-Staatsstraße ist nicht viel los, so dass ich das Rad einfach rollen lassen kann, ohne viel bremsen zu müssen. In Innsbruck bin ich kurz von 18 Uhr. In der Stadt ist irgendein Event – wahnsinnig viele Leute unterwegs, und was geeignetes zum Schlafen finde ich auf die Schnelle nicht. Aber ich bin nach der langen Abfahrt wieder etwas ausgeruht und fahre noch ein Stück den Inntalradweg Richtung Kufstein. In Hall, der alten Silberstadt, werde ich nicht fündig, aber ein paar Kilometer später in Mils. Es ist ein etwas edler „Schuppen“ (Landhotel Reschenhof) und ein etwas …. nennen wir es mal „hochpreisig“, dafür spare ich ein paar Euros, indem ich nicht dort im Hausrestaurant esse, sondern mir im Ort eine typische Tiroler Dorfwirtschaft wähle. Hier bekomme ich eine gute Fritatensuppe und einen großen Grillteller und fülle meinen Eiweißvorrat wieder auf – der kam nämlich in den vergangenen Wochen etwas zu kurz... Nach dem Spaziergang ins Hotel zurück plane ich auf meinem Zimmer den nächsten Tag: Der wird mich ziemlich sicher nach Rosenheim bringen – dort bin ich allerdings erst für übermorgen angekündigt. Also noch zwei Telefonate, damit ich nicht vor verschlossener Tür stehe (was zwar unschön, aber kein Drama gewesen wäre – ich hätte auf der Wiese beim Haus (endlich mal) mein Zeltchen ausprobieren können!). Die Nacht in Österreich war übrigens die teuerste meiner gesamten Tour (75 Euro), und geärgert habe ich mich auch über das Schummerlicht im Zimmer: Es genügte kaum für die Tagebucheintragung bzw. das Lesen mit dem eReader. Meine Bewertung auf dem Zufriedenheitsblatt für die Übernachtung fiel auch entsprechend aus. Die Bilanz für heute: 145km in 9:00 h, 1474 hm+, 1133- Übernachtung im Landhotel Reschenhof in Mils bei Hall in Tirol Gesamt: 1984 km 19. Tag Freitag, 18. Mai 2012 Mils bei Hall i.T. – Jenbach – Kufstein – Kiefersfelden – RosenheimDas Frühstück ist im Übernachtungspreis enthalten, und es ist ein Frühstück nach Tirolerart! Das heißt für mich: Rührei mit Speck, Wurst, Käse, Müsli. Genug, aber nicht zu viel! Schließlich habe ich für heute keine große Leistungen zu erwarten. Kurz nach 8 Uhr fahre ich los, zunächst ein Stück an der Bundesstraße entlang (Volders, Wattens – es gibt Erinnerungen...). Ich biege aber bald wieder auf den Inntalradweg ein. Es ist frisch, so morgens am Fluss, aber ich habe etwas Rückenwind. Der Radweg verläuft an vielen Stellen unmittelbar an der Autobahn, unterquert sie an einigen Stellen auch. Für hellhörigere Ohren als meine wäre dies sicherlich eine Qual – ich habe als Hörbehinderter hier endlich mal einen Vorteil. Aber man merkt auch an anderen Stellen, dass das Inntal eine der Hauptverkehrsadern der Alpen ist – obwohl die Bahnlinie ja schon ihre Trasse unterirdisch verlegt hat. Die vom Karwendel herunterführenden Bäche liegen entweder auch in Rohren oder verlaufen in ausbetonierten Betten – Kanälen gleich. Die Landschaft wirkt dadurch an manchen Stellen tot! Ich lasse mich treiben, weil meine Strecke für heute ja überschaubar kurz (und darüber hinaus recht flach) ist. In Jenbach bleibe ich dies-mal auf dem Inntalradweg, im Vorjahr bin ich hier links ab zum Achensee abgebogen und es begann ein ziemlich anstrengendes Stück zum See hoch – anstrengend vor allem deswegen, weil ich nicht rechtzeitig auf die notwendigen Pausen geachtet hatte. Die Lehre daraus hatte ich für die diesjährige Tour gezogen und diesen Fehler nicht nochmal gemacht! Ich begegne dem Dreiergespann per Rad aus Würzburg, der Älteste ist 70. Wir kommen ins Gespräch: Sie haben für ein paar Tage „frei“ bekommen von ihren Frauen und bleiben aber in der Nähe der Heimat. Als sie von meiner Tour hören, von Rom, Neapel, bekommen sie große Augen … und jenen Blick, den wohl auch ich gelegentlich habe, wenn ich eine Idee einfange, jenes Gedankengebilde, das mit „Eigentlich...“ anfängt. Bald beginnt mein terra incognita, jenes Stück Inntalradweg, von dem ich keine Landkarte habe. Ist aber auch kein großes Problem, weil die Ausschilderung wirklich lückenlos ist. Hier stelle ich mich auch tatsächlich ein paar Minuten in einer Kapelle am Wegesrand unter, als aus heiterem Himmel plötzlich ein paar Tropfen fallen. Aber es sind wirklich nur wenige Tropfen, daher bin ich bald wieder unterwegs. Etwas Abwechslung bringen die gelegentlichen Umleitungen durch Baumaßnahmen – es wird eigentlich peinlichst darauf geachtet, dass für die Radfahrer keine Irrtümer aufkommen (was aber natürlich trotzdem bei einem kleinen Moment Unaufmerksamkeit leicht passiert...). Der Inntalradweg berührt hier die Dörfer nur indirekt bzw. führt nicht durch sie; d.h. wenn man in ein Geschäft oder ein Lokal in einem Ort will, muss man dorthin abbiegen und später wieder auf den Radweg zurückkehren. Aber ich habe genug Wegzehrung dabei, mein Ziel ist Rosenheim. Zuvor kommt aber die Grenze von Österreich nach Deutschland, wobei das bayrische Staatswappen mehr dahermacht! Das ist für mich bei km 73 für heute. Ab hier ist jetzt auch Rosenheim ausgezeichnet, also kein Problem, mein Ziel zu finden. Der Weg verläuft auf dem Inndeich, kilometerweit feine Brasche und … ein bißchen langweilig. Abwechslung bringen die Schleusen, dann muss man vom Fluß weg und kleinere Umwege fahren, aber man wird schnell wieder auf den Damm oder einen Nebendamm weitergeleitet. Man merkt das beginnende Wochenende am Freitagnachmittag: Es sind viele Radfahrer unterwegs, überwiegend Tagesausflügler, wenig Radreisende – die Radsaison hat noch nicht begonnen! Ich nähere mich Rosenheim, es führen mehrere Radwege in die Stadt. Ich entscheide mich nach Gefühl – und liege richtig damit: Bald bin ich auf einer Straße, die mir bekannt vorkommt, und dann auch schnell im Zentrum in der Fußgängerzone. Unter den vielen Menschen fühle ich mich wie immer fremd, das bin ich nicht mehr gewohnt. Ich feiere die Ankunft in Bayern mit einem Schweinsbraten mit Rotkohl und Knödel, dazu eine Radlerhalbe, und genieße den Nachmittag in der Sonne. Dann wird es Zeit zum Aufbruch für die letzten Kilometer in einen Rosenheimer Vorort, wo ich bei Freunden heute Nacht unterkomme. Noch ist niemand da, aber ich warte gerne. Dann kommen die Freunde nach Hause, es wird viel erzählt und gefragt – für mich ist es ganz ungewohnt, wieder ausführlich mit anderen zu reden – das war die letzten Wochen doch ganz anders, als überwiegend ich mein einziger Gesprächspartner war (ich habe mich wie bei früheren Solotouren tatsächlich bei lauten Selbstgesprächen ertappt – froh, überhaupt eine Stimme zu hören...). Nach dem gemeinsamen Essen und einer Flasche Wein (natürlich aus Italien) klingt der Tag aus. Zum ersten Mal auf meiner Reise puste ich meine Isomatte auf, mein Kopfkissen ebenso, und breite den Schlafsack über mich – zum Reinschlüpfen ist es doch etwas warm! Das Ganze findet nämlich nicht auf der Wiese, sondern im Wohnzimmer des alten Bauernhauses statt! Die Bilanz für heute: 115km in 6.40 h, 179 hm+, 266- Übernachtung bei Freunden in einem Vorort von Rosenheim Gesamt: 2099 km 20. und letzter Tag Samstag, 19. Mai 2012 Rosenheim – Miesbach – Bad Tölz – Penzberg Ich schlafe gut, aber nicht zu lange, denn am letzten Tag steht die Fahrt von Rosenheim nach München an, dort Ehrenrunde auf dem Marienplatz und schließlich wieder ein Stück zurück nach Süden bis Penzberg – schließlich wartet dort seit drei Wochen mein Auto... Ich besorge für das Abschiedsfrühstück die Semmeln und ein paar Brez'n, genieße das Frühstück in der Morgensonne draußen vor dem Haus, und bekomme dann plötzlich zu hören: „Du, hör mal, das geht aber fei net’ mit der Fahrt nach Minka“. Geplant waren ca. 50 km zunächst an der Mangfall vorbei, dann über Feldkirchen und Unterhaching von Süden her rein in die bayrische Hauptstadt. Aber die Schlagzeile auf der Titelseite der heutigen Samstagsausgabe verkündete die zu erwartenden Ausschreitungen der Fußballfans: Das Endspiel der UEFA Champions League 2011/12 findet heute in München statt, die Polizei erwartet zig-tausend „Gäste“. Ehrlich gesagt habe ich dazu keine Lust. Schon unter normalen Umständen ist die Innenstadt von München, die Fußgängerzone und speziell der Marienplatz von Menschen „gesättigt“. Alleine die Vorstellung, dass dort auch noch eine große Zahl grölender und trinklustiger Leute rumschwirren – und ich mit dem Fahrrad mittendrin – ist grauenhaft. Was tun? Ich will heute die Reise zum Abschluß bringen, mein letztendliches Ziel heißt Penzberg – also fahre ich direkt von Rosenheim dorthin, ohne den Umweg über München, die Fahrt hole ich später – unter geeigneteren Umständen – auf jeden Fall nach. Meine Kartenausschnitte geben den genauen Fahrtverlauf nicht her, aber ich kenne die Strecke von einigen Autofahrten, kenne die Orte unterwegs und kann mich fast stur nach Westen halten. Ich verabschiede mich also von meinen lieben Gastgebern und fahre los. Das erste Stück in Richtung Miesbach ist ein Gedicht: Schön flach, die Straßen am Samstagvormittag noch schön leer, das Wetter prima – für 10 km ist das Fahren Genuss pur! Dann, vor und hinter Miesbach, wird es aber etwas … voralpenhügelig: Rauf und runter. Aber ich bin weiterhin guter Dinge, ich kann mir Zeit lassen, die Sonne scheint, weiß-blauer Himmel, Blick auf die Berge linker Hand, auf Wiesen, Wälder und Seen. Und RÜCKENWIND habe ich heute, das Geschenk zum Schluss! Hinter Bad-Tölz kann ich sogar für fast die ganze restliche Strecke von der Straße runter auf den durchgehenden Fahrradweg, auf dem mittlerweile auch ganz schön viele Radfahrer unterwegs sind. Einen Kaffee gibt es unterwegs noch einmal (die wievielte Tasse auf der Reise wohl?), dann bin ich auch schon in Bad Heilbrunn, bald in Penzberg. Wie bei meiner Alpenrunde ein Jahr vorher mache ich hier – 5 km vor dem Abschluss – an einer Eisdiele Halt und belohne mich mit einem Eisbecher – bei dieser fast dreiwöchigen Tour ist es das 2. Eis, ich hatte unterwegs keine rechte Lust drauf. Ich breche zum letzten Stück Weg auf, bin schnell auf dem Bahnradweg, den ich im Jahr zuvor nur mühsam gefunden hatte. Die letzten beiden Kilometer sind Schotterstrecke, hier werde ich noch einmal heftig durchgeschüttelt und hoffe außerdem, dass es nicht ganz zuletzt doch noch einen Platten gibt. Ich rolle die letzten Meter langsam aus und bin um 14 Uhr am Ziel. Geschafft – ich habe meine Traumreise von Sizilien nach Bayern hinter mich gebracht. Es ist alles gut gegangen: Sollte es Schutzengel geben, so haben sie hervorragend ihren Job gemacht und auf mich achtgegeben: Nicht nass geworden, kein Unfall, keine Panne, keine Krankheit, keinen körperlichen oder moralischen Durchhänger, immer ein Bett gefunden und etwas Gutes zu essen, nette und hilfsbereite Menschen getroffen – Glück gehabt! Die Bilanz für heute: 72km in 4.15 h, 751 hm+, 572 hm- Gesamt: 2171 km und ca. 14.000 Höhenmeter in 20 Tagen--------------------------------------ENDE---------------------------------------------
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#895508 - 01/04/13 05:06 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Ganz toller Bericht, vielen Dank! (Ich plane schon.........)
LG Karl
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#895525 - 01/04/13 06:14 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Der Bericht war wirklich toll. Da steckt viel Mühe dahinter. Viele Grüße Rennrädle
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#895622 - 01/04/13 08:22 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Hallo,
vielen Dank für den Super-Reisebericht. Tolle Strecke und wunderschöne Bilder. Schade jedoch, dass Du das GPS nicht wenigstens zum Aufzeichnen hast mitlaufen lassen. Ich hätte mir den GPS-Track gerne mal auf Google Maps (oder Earth, etc. angesehen).
Viele Grüße edo
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#895669 - 01/04/13 09:02 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: edo]
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...Schade jedoch, dass Du das GPS nicht wenigstens zum Aufzeichnen hast mitlaufen lassen. ... OK - im Nachhinein betrachtet wäre das sinnvoll gewesen... Aber so ganz grob knnst Du Dich an der Übersichtsskizze orientieren: Ansonsten habe ich versucht, möglichst viele Orte zu nennen, durch die oder an denen ich vorbeigefahren bin, das ergibt schon einen ziemlich detailierten track;=) lytze
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Edited by Rennrädle (01/05/13 09:44 AM) |
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#895681 - 01/04/13 09:15 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Vielen Dank für den ausführlichen Bericht und die schönen Bilder. Hat Spaß gemacht, das zu lesen und sich selber Appetit zu holen.
Hans
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#895683 - 01/04/13 09:17 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Hallo, danke für den schönen und ausführlichen Bericht, der viele Erinnerungen weckt - und Respekt für Deine Tagesstrecken.
Gruß aus Saarbrücken Barbara
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#896270 - 01/06/13 05:05 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Hallo,
vielen Dank für den wirklich hervorragenden Reisebericht, da bekommt man automatisch Appetit auch mal dort hinzufahren.
Jetzt muss ich meine eigene Urlaubsplanung für 2013 ernsthaft überdenken...denn eigentlich will ich ja nach Schottland.
Gruss Markus
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#896277 - 01/06/13 05:44 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: JimmiBondi]
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...denn eigentlich will ich ja nach Schottland.... Italien ist ganz ähnlich wie Schottland: Fast genau so weit entfernt, etwas weniger Kälte, noch weniger feucht, dafür etwas mehr Basilikum. Ein ganz wesentlicher Unterschied jedoch: Das Nationalgetränk fängt mit V statt mit W an, und es gibt es in zwei Versionen (R bzw. B). Aber vielleicht lautet die Frage ja garnicht "Entweder oder", sondern vielmehr "Sowohl aus auch"... Dann hast Du nur noch das Problem der Reihenfolge! Viel Spaß weiterhin bei Deiner Routenplanung - vielleicht ist Italien dann wirklich was für 2014... Gruß lytze
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#896303 - 01/06/13 07:45 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Danke für den ausführlichen Bericht. Mit der Strecke hast Du es Dir ja nicht leicht gemacht. GPS dabei und dann laufend die Carabinieri belästigen. Gruß Dietmar
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#896315 - 01/06/13 08:33 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Servus,
super Tour. Spornt mich bei meiner Planung für die heurige Nord-Süd-Durchquerung von Italien an. Ich nehme allerdings die Ostseite. Bericht nach erfolgter Tour.
Grüße jomo
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#896333 - 01/06/13 09:28 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: Dietmar]
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... laufend die Carabinieri belästigen. Gruß Dietmar ... nix belästigen, belustigen! Die haben sich wahrscheinlich hinterher köstlich über mein Italienisch amüsiert! Aber im Ernst: Bis auf den einen im Norden waren die alle saufreundlich, und denen auf der Umhegungsstraße/Tangentiale bei Verona danke ich nachträglich noch fürs Wegschauen... ... Ich nehme allerdings die Ostseite... Also - wenn ich ehrlich sein soll: Den Gedanken habe ich allerdings auch schon... Ich werde 2014 in Vorruhestand gehen. Und es gibt so viele Strecken und Pläne und Ideen. Und wenn man hier so rumliest, dann kommt man nur auf dumme Gedanken! lytze
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#896334 - 01/06/13 09:36 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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...denn eigentlich will ich ja nach Schottland.... Italien ist ganz ähnlich wie Schottland: Fast genau so weit entfernt, etwas weniger Kälte..... Hallo lytze, danke für die originelle Sichtweise , das hatte ich bis jetzt nicht beachtet. Aber du hast Recht, immer ein Reiseziel nach dem anderen....da ich meinen Jahresurlaub frühstens Ende August nehmen kann, habe ich ja noch viel Zeit zum planen. Gruss Markus
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Edited by JimmiBondi (01/06/13 09:41 PM) Edit Reason: Tippfehler |
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#897724 - 01/10/13 04:42 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Danke für die tollen Bilder und den sehr ausführlichen Bericht.
Rovereto bis Bozen ... hattest du wirklich pech mit dem Wind. Bei Sonnenschein ist meist (95%) Südwind in der jahreszeit, den ich immer gern nutze. Es gibt wenige Tage im Jahr mit Sonnenschein und Nordwind/Föhn.
Viele Grüße, wo geht's das nächste mal hin?
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#898203 - 01/11/13 09:55 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Obiges Bild drückt für mich perfekt aus, warum es so schön ist, nach einer längeren Radtour wieder nach Hause zu kommen. Das "Spaten Bräu"-Wappen als Grenzschild. Ein großartiger Ansporn, auch mal "in Richtung Stall" auf Tour zu gehen. Danke für den schönen Bericht Andi
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Edited by Sonntagsradler (01/11/13 10:00 PM) |
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#898433 - 01/12/13 06:19 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: Sonntagsradler]
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Obiges Bild drückt für mich perfekt aus, warum es so schön ist, nach einer längeren Radtour wieder nach Hause zu kommen. Das "Spaten Bräu"-Wappen als Grenzschild.... ... hüstel: Ich gestehe, dass ich nicht so der ganz große Biertrinker bin (lieber einen halben Roten als ein Viertel Pils). Aber: Zum Schweinsbraten in Rosenheim am Ankunftstag GAB ES EIN BIER!!! Und es hat geschmeckt! lytze
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#898434 - 01/12/13 06:22 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: RaB]
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...Rovereto bis Bozen ... hattest du wirklich pech mit dem Wind.... wo geht's das nächste mal hin? Na ja, im Nachhinein ist es garnicht mehr so schlimm! Und wäre eigentlich ein Grund, es unter auch windmäßig besseren Verhältnissen nochmal zu versuchen. Und der Gardasee steht ja ohnehin noch aus für eine etwas intensivere Befahrung... Aber nicht in diesem Jahr. Da darf das Gesäß sich etwas ausruhen, statt dessen sind die Füße diesmal an der Reihe: Ich möchte 14 Tage in den Alpen des Piemont wandern, auf einem Teilstück des gta (grande traversata delle alpi). Eine kleine Radtour für ein paar Tage führt mich wohl in die Pfalz und den Hunsrück, und ich muss gestehen, dass ich als Saarländer immer noch nicht den Saarlandrundweg gefahren bin. Aber 2014 wird es wieder eine etwas längere Tour geben, vermutlich Frankreich. lytze
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#898557 - 01/13/13 07:19 AM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Danke für euren schönen ausführlichen Bericht. Das ist eine wunderbare Anregung, die Tour - evtl. auch in umgekehrter Richtung - nachzufahren.
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#898942 - 01/13/13 10:39 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Das ist ja echte Tierquälerei. Da sitzt man hier im Kalten und Dunkeln und liest so einen leckeren Bericht mit so leckeren Bildern.
Danke für den tollen Bericht.
Mit frischen Grüßen aus der Schneebucht
Wolfgang
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#901661 - 01/21/13 04:45 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: lytze]
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Schöne Radreisebeschreibung, umfassend und lang! Danke dafür! Ich lese immer wieder gerne von den Strecken, die wir selbst auch schon beradelt haben. Das Problem mit dem Wind kennen wir zur Genüge. Noch was zum Rad: Wir hatten vergangenes Jahr beim Neuaufbau gewaltig zu tun, die Reiseräder unter 12 kg zu drücken, was nur beim leichten Trapezrahmenrad mit RH45 gelang(11,94kg), allerdings fahrfertig mit Flaschenhalter, Ständer, klickfix Adapter und Tacho. 27-Gang Schaltung ist ebenfalls vorhanden. Welche Komponenten sind denn da beim Gaint verbaut um 11,5kg zu erreichen?
Peter
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#901696 - 01/21/13 06:38 PM
Re: Von Catania nach München (fast)
[Re: ziegenpeter52]
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@peter: Wegen der GIANT Aero 2-Teile:
Ich habe das Modell von 2010, das aber noch zum großen Teil auch mit der heutigen Spezifikation übereinstimmt. Nach dem 2012-Datenblatt sind es folgende Teile: Ultraleichter Giant AluxX FluidformingTM Trekkingrahmen mit Giant AluxX-Gabel • Komplette Shimano Deore 30G-Schaltung mit XT-Umwerfer • Shimano V-Bremsen und Bremshebel • Faltbare Schwalbe Marathon Racer Bereifung undleichte Giant Contact Parts • Shimano 3N72 Nabendynamo und B&M LUMOTEC Fly LED Sensor-Scheinwerfer.
Ich habe noch die 27G-Schaltung, die mir aber auch genügt hat. Mit Glück bekommt man das Rad als Auslaufmodell für ca. 1000 €. Mir gefällt auch seine Form, aber das ist Geschmacksache (sagte der Affe und biss in die Kernseife...)
Gruß lytze
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