Letztes Wochenende war bekanntlich ein Grüppchen Schweizer- und Schwaben Forumsteilnehmer zusammen auf Tagestour unterwegs von Basel auf die Challhöhe - Kleinlützel - Laufen und zurück nach Basel, siehe
hier.
Ich hab' die Tour genutzt für einen Eignungstest des Brompton für solche Kurztouren.
Das Testobjekt, ein Brompton H6R in "british racing green" (für Uneingeweihte: Modell mit 2x3 Gängen, Schutzblechen und Gepäckträger in dunkelgrün) hab' ich mir bei der lokalen Brompton Vertretung, der
Faltbar in Biel ausgeliehen.
Jonas hat sicher gestellt, dass die Handgriffe zum Falten und Entfalten sitzen, und ich übe auch schon mal ein bisschen zuhause, so steht der Tagestour nichts mehr im Weg.
Das Brompton in "Rollstellung" im Hausflur Mein Gepäck bringe ich in einer soliden Plastiktüte auf dem Gepäckträger und einem kleinen erweiterten Trinkrucksack am Rücken unter.
Erste Etappe ist der Weg zum Bahnhof. Es ist 07h15 und noch dunkel, und so kann die Lichtanlage schon mal getestet werden. Die 2012-er Modelle sind immer noch mit Halogenlämpchen ausgerüstet, sicher nicht mehr ganz zeitgemäss.
Beim Ticket kaufen bin ich mit dem 1. Problem konfrontiert: Wegen der Tasche auf dem Gepäckträger lässt sich das Rad nicht auf die übliche Weise (durch Umklappen des Hinterbaus) abstellen. Also Gummibänder lösen, Tasche runter, Gummibänder wieder fixieren und den Hinterbau umklappen.
Der ICN nach Basel trifft pünktlich ein, an einem Sonntagmorgen hält sich der Passagierauflauf in Grenzen. Anders als sonst muss ich mich heute nicht hin zu einem Radabteil bewegen. Das Faltrad ist bereits zu einem kompakten Päckchen transformiert worden. Das Modell, so wie ichs vor mir habe, wiegt ca. 12 kg. Das ist in gut tragbarer Form recht handlich, dürfte aber ruhig noch ein bisschen leichter sein.
Anders als von der SBB vorgeschrieben verpacke ich das Faltrad nicht in die Tragtasche, sondern lasse es diskret zwischen den Sitzen verschwinden. Der Zug fährt ab und die Schaffnerin kommt fast sofort, nimmt aber keine Notiz vom "illegalen" Faltrad.
Das Brompton passt bequem zwischen die Sitze im ICN
In Basel angekommen finde ich sogleich Steffen und Thomas, welche es sich schon in der Bahnhofshalle unbequem gemacht haben. Ich ernte erstaunte Blicke. Meine Erklärungen zum Faltradtest scheinen eher zu amüsieren, ich ernte ein paar mitleidige Blicke. Nach und nach trudeln alle Teilnehmer ein und wir schwingen uns in die Sättel. Barbara fährt voran, ich mach' das Schlusslicht. Zuerst heisst es, aus der Stadt rauszukommen. Es es erwarten uns zahlreiche Tramschinen, Schwellen und Bordsteine. Mit den kleinen und eher schmalen Rädern muss ich da schon etwas mehr aufpassen als meine Mitradler, ich übersteh' die (für Schweizer Verhältnisse) Grossstadt aber ganz gut.
Aus dem Häusermeer raus fahren wir durchs Leymenthal bis Burg unterhalb des Klosters Mariastein. Nun steht uns die erste Steigung bevor. Ich reihe mich mit meinem Klapprad wohlweislich wieder als Schlusslicht ein, so hab' ich wenigstens eine gute Entschuldigung zum Hinterherschnauben. Die Steigung rauf nach Mariastein ist aber kein Problem. Dem Rad wird erstmal so etwas wie Anerkennung gezollt. Weiter geht's via Metzerlen rauf auf die Challhöhe, ein ganz schöner Hügel. Der kleinste Gang reicht aber auch hier problemlos. Was allerdings nervt, ist, dass die Ferse am Plastiksack touchiert. Ich steig' ab und fixiere die Ladung so, dass der vordere Teil des Gepäckträgers frei bleibt.
Auf der Challhöhe verlassen wir die befestigte Strasse und folgen einem Wald- und Feldweg quer über den Höhenzug. Der teils rauhe Belag schüttelt mich manchmal ganz schön durch. Mehr als sonst üblich wach' ich mit Argusaugen über meine Fahrspur und weiche Schlaglöchern und grösseren Brocken aus.
Mittagspause. Nach dem Cervelatbräteln macht Barbara eine kleine Testrunde auf dem Gefährt, behält ihren Eindruck aber für sich, ausser dass die Lenkung etwas nervös sei. Im Vergleich mit unseren sonstigen Tourenrädern stimmt dies sicher.
Erstes Fazit: Mittelschwere Steigungen gehen mit Tagestourgepäck ohne Mühe. Lange Strecken auf unbefestigten Wegen wären allerdings problematisch.
Nach der Mittagspause geht's rasant den Berg runter. Meine ursprünglichen Bedenken bezüglich Stabilität und mangelnder Bremswirkung sind rasch verflogen. Das Brompton hat einen tiefen Schwerpunkt und einen relativ langen Radstand, wodurch sich das Gefährt auch in einer schnellen Abfahrt stabil anfühlt. Die Bremsen entfalten eine absolut genügende Wirkung für mein Gewicht, auch bei Feuchte. Ich überhole meine Tourenpartner links und rechts, und schlussendlich ist nur noch Uwe schneller als ich im Tal.
Zwischenhalt auf der langen und rasanten Abfahrt von der Challhöhe nach Kleinlützel, mit Barbara und ThomasIn Laufen ist erst einmal Kaffee und Kuchen angesagt. Da das Klapprad doch ansehlich Dreck angenommen hat, nehme ich es nicht wie geplant ins Café mit rein, sondern lass' es an Steffens Randonneur ketten. Das Brompton macht sich gut neben seinem Bob Jackson, ein ungleiches britisches Duo.
Barbara wählt das Birstal runter nicht den offiziellen Radweg, welcher der Hauptstrasse folgt, sondern einen kleinen, malerischen Waldweg auf der rechten Talseite mit kleinem Zwischenanstieg. Ich geb' mal so richtig Gas und bin fast als Erster oben. Nun bemerkt Sandra endlich, dass ich nur mit 2x3 Gängen unterwegs bin und ist beeindruckt. Der Belag ist auf der Abfahrt holpriger als je zuvor und ich verstehe, warum MatzeOnTheRoad das Brompton mit Ergongriffen "getunt" hat. Meine Arme werden ganz schön durchgeschüttelt und die Handgelenke schmerzen
Zwischenhalt auf dem Waldweg; nötig für die Handgelenke! Vor Basel machen wir noch einmal Pause beim "Grün-80" Gelände. Dort gönnen wir uns noch ein lokales Bier im Parkrestaurant. Diesmal nehme ich das Brompton mit rein, erstens weil der meiste Dreck wieder abgeschüttelt ist, und zweitens weil ichs einfach mal neben mir am Tisch haben will.
Nun tauchen wir wieder ein in den Stadtdschungel, und es heisst noch einmal volle Konzentration auf Schwellen, Ampeln, Tramschinen und dergleichen. Wir geben alle Gas und es reicht prima auf unsere Züge in die nähere und entferntere Heimat. Der Tag hat grossen Spass gemacht!
Fazit:
- Tagestouren sind für das Brompton kein Problem. Es steckt auch mal ruppigere Steigungen und Passagen auf Feld- und Waldwegen weg, wobei ein sehr rauher Belag wegen der kleinen Räder und der fehlenden Vorderradfederung eher unangenehm ist für die Handgelenke.
- Schwachpunkt ist für mich der eher untaugliche Gepäckträger, denn nur der hintere Teil lässt sich effektiv nutzen, weil die Ladung sonst mit den Fersen in Konflikt tritt. Ausserdem schränkt die Verwendung des Gepäckträgers die Faltbarkeit ein: Die Ladung muss zuerst enfernt werden.
- Die grosse Stärke des Brompton ist das einfache Falten und das handliche Packmass. Deshalb eignet es sich speziell gut für den Bahnverlad und das Mitnehmen ins Restaurant, Hotel, etc.
- Überraschend war für mich die ausgezeichnete Stabilität auf der Abfahrt, ich hab' mich genauso sicher gefühlt wie auf meinem normalen Tourenrad.
Gruss
Markus