Nun will ich heute doch noch einige meiner Erfahrungen von der Vía de la Plata wiedergeben.
Folgende Etappen habe ich gemacht:
1) Sevilla - Almadén de la Plata (88 km): Dank sorgfältiger Planung war das Herausfahren aus Sevilla kein Problem. Über Nebenstraßen und Feldwege stieß ich kurz vor Itálica auf die N-630, über die ich kurz darauf zu der bekannten alten Römerstadt gelangte, von der man bis jetzt erst einen Teil freigelegt hat. Vor allem das große Amphitheater und auch die schönen Mosaiken einiger ausgegrabener Gebäude sind sehenswert. Auch heute noch kann man an einigen Stellen die sehr gut erhaltene unterirdisch angelegte Kanalisation aus der Römerzeit erkennen. Hinter Castilblanco de los Arroyos wird die Strecke sehr einsam und man fährt ungefähr 30 Kilometer durch ein nahezu unbesiedeltes Gebiet von lichten Steineichenwäldern. Da das Gelände zudem ständig ansteigt und ein heftiger Nordwind uns zu schaffen macht, kommen wir erst nach Einbruch der Dunkelheit in Almadén de la Plata an, wo wir froh sind, schließlich die neben der Pilgerherberge einzige Unterkunft im Ort in einer Bar gefunden zu haben.
2) Almadén de la Plata - Fuente de Cantos (60 km)
Sehr schöne Etappe über eine kurvige und hügelige Nebenstraße bei strahlendem Sonnenschein, aber einmal mehr heftigem Nordwind, der das Vorwärtskommen erschwert. Hinter El Real de la Jara zweigen wir auf den antiken Pilgerweg ab, der uns an alten Burgen vorbei auf einen besonders schönen Abschnitt des Weges führt. 10 km vor Monesterio gelangt man wieder auf die dank der inzwischen fertiggestellten A 66 auf die inzwischen kaum noch befahrene N-630 und hat den langgezogenen Anstieg nach Monesterio zu bewältigen (759 ü.NN). Hinter Monesterio wechselt das Landschaftsbild erheblich, die Steineichenwälder verschwinden und machen weiten Ebenen Platz.
3) Fuente de Cantos - Almendralejo (76 km)
Auch diese Etappe bringt strahlenden Sonnenschein, aber auch wieder den uns ständig begleitenden heftigen Nordwind. Über Zafra geht es über ein Stück des alten Weges durch ausgedehnte Olivenbaumplantagen auf Villafranca de los Barros zu. Bis Almendralejo ist er hervorragend durch die typischen gelben Pfeile gekennzeichnet.
4) Almendralejo - Mérida (35 km)
Heute ist zur Abwechselung einmal Spazierenfahren angesagt. Bei herrlichstem Wetter rollen wir auf die alte Römerstadt Mérida zu, die wir uns in Ruhe ansehen wollen und da in Richtung Norden weiterzufahren mangels vernünftiger Übernachtungsmöglichkeiten nicht sinnvoll erscheint. Da die alten Römerbauten in späterer Zeit komplett mit späteren Entwicklugsstufen der Stadt überbaut wurden, kann man nur unter Schwierigkeiten dort archäologisch tätig werden. Das Amphitheater, das sehr gut erhaltene Theater und auch das riesige Aquädukt sind aber allemal sehenswert.
5) Mérida - Cáceres (88 km)
Einer der schönsten Abschnitte der ganzen Reise befindet sich kurz hinter Aljucén, wo der Naturpark von Cornalvo eine herrliche Kulisse für den alten Pilgerweg bietet. Bis Alcuéscar fährt man so durch ein stilles und völlig einsames Stück alter Kulturlandschaft, in dem nur die gelegentlich am Rand liegenden Korkrinden und hin und wieder ein frei in der Landschaft grasendes Rind von der Anwesenheit von Menschen zeugen. Hinter Alcuéscar fahren wir wieder auf die hier mit der alten Römerstraße weitgehend identische N-630 und kämpfen uns gegen den schon gewohnten Nordwind bis Cáceres vor. Am nächsten Tag sind wir froh, dass wir einen ganzen Tag zur Besichtigung der durch Adelpaläste aus dem 154. und 16. Jahrhundert geprägten Altstadt zur Verfügung haben.
Da der von mir vor der Reise gebuchte Mietwagen für den Rücktransport der Räder nach Madrid nun doch nicht zur Verfügung steht (das im Detail zu erzählen, wäre aber wieder eine andere Geschichte), lassen wir uns auf das Abenteuer ein und fahren mit einem Überlandbus innerhalb von vier Stunden die 300 km nach Madrid, wo am nächsten Tag unser Flug nach Eindhoven geht, von wo wir die Weiterreise mit Bahn und Fahrrad bis Weeze vornbehmen, wo unser Wagen abgestelt ist.
Mein persönliches Fazit zu dieser Reise:
Eine herrliche Radroute für alle, die auch gerne einmal abseits befestigter Straßen durch einsame Natur fahren wollen. Obwohl der alte Pilgerweg, der in Teilen mit der antiken Römerstraße identisch ist, teilweise recht steinig und uneben ist, bin ich mit meinem gefederten 26''-Reiserad gut zurechtgekommen und habe jeden Meter abseits der Straße genossen. Eine Federgabel ist aber meines Erachtens unerlässlich. Die Landschaft mit ihren weiten Steineichenwäldern, dem blühenden Ginster und Lavendel entschädigt einen um ein Vielfaches für ein langsameres Vorankommen, was gerade aber auf dieser Strecke auch keine Rolle spielen sollte. Ungewohnt war auch für mich, Andalusien und die Extremadura im Frühling zu erleben, wenn die Vegetation schon erwacht ist und viele Pflanzen in Blüte stehen - das verleiht der ansonsten im Sommer braun und verdorrt wirkenden Landschaft etwas Liebliches und Sanftes und macht das Frühjahr meines Erachtens zu einer idealen Reisezeit für die Vía de la Plata. Andere Radfahrer habe ich unterwegs kaum getroffen. Eine Gruppe Spanier kam mir auf der ersten Etappe in Nord-Süd-Richtung fahrend entgegen, zudem habe ich unterwegs zwei spanische Paare kennengelernt, die die Strecke mit dem Mountainbike fuhren. Anonsonsten begegnet man auf dem Originalweg oft über viele Kilometer kaum einem Menschen und auch das dürfte sicherlich ein Grund dafür sein, dass die Vía de la Plata eine interessante Alternative zum inzwischen doch sehr überlaufenen Camino francés sein kann.
Ich möchte die Strecke auf jeden Fall in nicht allzuweiter Zukunft fortsetzenm und hoffe dann ein wenig mehr Zeit zu haben, um den Weg dann in einem Zug bis Santiago fortsetzen zu können.
Gruß,
Martin