Die ersten Räder wurden ja mit den Fußsohlen angetrieben, und ob man später auch so argumentiert (kein Fahrrad mehr) hat als der Kettenantrieb aufkam?
Dieses Argument lese ich mittlerweile recht häufig bei E-Bikern bis hin zur Unterstellung, dass ein Muskelkraftradfahrer, neumodisch "Biobiker"

genannt, doch nur in seiner Zeit stehengeblieben sei - E-Bike sei eben heute das Maß der Zeit. Um ehrlich zu sein, da stellen sich meine Nackenhaare. Es zeigt nur, dass du den Kern des Radfahrens leugnest oder gar nicht verstanden hast. Ferner kennst du weder die Fahrradgeschichte noch parallele Technologientwicklungen. Wie wäre es mal mit der Lektüre über Fahrradgeschichte oder einem Museumsbesuch?
1) Nach den ersten Fahrrädern vor 200 Jahren gab es eine kleine Entwicklungs- und Akzeptanzdelle für ein paar Jahrzehnte. Das Fahrrad der heutigen Art und Form ist aber auch immerhin schon 150 Jahre alt und geht etwa mit dem erfolgreichen Durchbruch des Fahrrads konform, übrigens sodann auch bei beiden Geschlechtern. Die erste Phase der heiklen Lauf- und Hochräder war noch recht einseitig männlich.
2) Alle Verbesserungen bzw. Modernisierungen an Fahrrädern (Ergonomie, Materialien, Schaltung, Bremsen, Licht usw.) haben die grundlegende Eigenschaft des Fahrrads nicht verändert: Der Antrieb mit eigener Muskelkraft über eine Pedalkonstruktion, nahezu immer mit einer Ketten-Zahnradkontruktion für den Antrieb. Das ist der KERN des Fahrradgedankens, des Fahrradprinzips!
3) Unterstützende Motorisierung von Fahrrädern geht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Da gab es sogar schon erste Elektroantriebe. Eine größere Welle von motorisierten Fahrrädern (mit Verbrennungsmotoren) gab es aber erst Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre - und zwar aus Gründen der Weltwirtschaftskrise. Die Idee und Umsetzung von Motorunterstüzung ist also alles andere als neu und modern. Es ist ein alter Gedanke aus dem vergangenen Industrialisierungszeitalter. Sie konnte sich aber aus verschiedenen Gründen langfristig nicht erfolgreich durchsetzen. Das scheint derzeit bei den E-Bikes anders zu sein, allein schon aufgrund des bereits erreichten Marktvolumens.
4) So alt wie das heutige Fahrrad ist auch das Auto etwa. Seit 150 Jahren ist auch das Grundprinzip des Autos unverändert. Da gab es gleichermaßen holprige, amüsante Anfänge wie etwa das Ankurbeln der Motoren, für das man Aussteigen musste. Das Auto ist auch heute noch lange nicht obsolet, auch wenn es unter Beschuss aus der Mobilitätswende steht. Die alternativen Antriebe mit E-Motor oder Wasserstoff tun aber eines genauso wenig wie beim Fahrrad: Sie verändern das Kernprinzip des Autos nicht: Das Fortbewegen mit Motorkraft in einer Fahrerkabine mit einer stabilen Spurung, i.d.R. mit vier Rädern.
5) Ich frage mich, warum du und viele andere E-Biker trotz langjähriger Eigenerfahrung das Kernprinzip des Fahrrads nicht kennen oder leugnen wollen. Ich frage mich auch, warum ein Teil der neuen E-Biker versucht, das rein muskelbetriebene Radfahren als altbacken und aus einer Welt von Gestern zu diskreditieren. Es widerspricht nicht nur dem Zukunftsgedanken von Ressourceneinsparung, sondern auch dem Gedanken der erweiterten Vielfalt durch E-Bikes, was den Fortbestand des Alten ja einschließt.
Und ich sage es noch deutlicher: Das grundlegende Fahrradprinzip in Abrede zu stellen, weil es jetzt brauchbare, nützliche, aber auch irrige Motorenunterstützung für Fahräder gibt: Das geht gar nicht!