Physikalisch-theoretisch betrachtet mag das korrekt sein, aber rein praktisch gesehen habe ich recht
Klar, das Hinterrad wird entlastet und durch den hohen Schwerpunkt gibt es von Beginn der Bremsung an eine gewisse Drehbewegung um das Vorderrad herum. In der Praxis bleiben aber beide Räder auf dem Boden bis das hintere schlagartig hochgeht. Und wer diese Situation nicht handhaben kann, liegt dann mit großer Wahrscheinlichkeit auf der Nase.
Was den kurzen Bremsweg angeht: mit Verlaub, das kann ich nur als Elfenbeinturmtheorie betrachten. Der Bremsweg mit "abgehobenem Hinterrad" ist deswegen kürzer, weil das Rad an der Stelle umfällt und der Fahrer weiter vorne auf der Strasse liegt. Auch erzielbar durch hartes Anfahren einer Bordsteinkante. Ob das allerdings der gewünschte Bremsweg ist, sei dahingestellt. Es ist zwar richtig, dass bei kontrolliertem Anheben des Hinterrads die Bewegung immer langsamer vonstatten geht. Trotzdem muss dieser Kontrollverlust des Gefährts durch den Fahrer ausgeglichen werden. Das erfordert sehr viel Übung. Und ab einer gewissen Ausgangsgeschwindigkeit beim Abheben des Hinterrads ist kaum jemand so schnell, dass er die Bremse rechtzeitig wieder lösen könnte. Kurzum: eine Notbremsung unter normalen Umständen sollte das Hinterrad tunlichst nicht anheben.
Was Profis an Bremsleistung aus ihren hochoptimierten Geräten herausholen, ist eine ganz andere Sache. Die sitzen täglich mehrere Stunden im Sattel und trainieren auch Notsituationen regelmäßig. Otto Normalradler tut das nicht. Und mittlerweile zähle ich mich definitiv dazu. Mein letzter Unfall vor vier Jahren hat mir deutlich gezeigt, dass ich nicht mehr so sicher und reaktionsschnell bin wie vor 20 Jahren. Das muss ich nicht wiederholen.