Der "offizielle" Iron-Curtain-Trail weist eine Lücke zwischen Finnland und Estland auf. Der Initiator des Trails Michael Cramer schreibt im bikeline Führer zum Europa-Radweg "Eiserner Vorhang, Teil 1", man solle Finnland via Fähre nach Tallin verlassen und von dort aus mit der Bahn (oder Bus) an die russische Grenze reisen. Dort kann man dann den Iron-Curtain-Trail in Narva wieder fortsetzen.

Meine Frage ist nun, ob von euch jemand Erfahrung über die Route durch Russland via St. Petersburg hat. Ist aktuell jemand dort geradelt? Wie ist der Zustand der Strecke und wie sind die Verkehrsverhältnisse?

Wir haben im letzten Jahr einen Radler in Finnland getroffen, der über den Verkehr und die Ausdehnung St. Petersburgs wenig amüsiert war und die Straßen in Karelien auf der russischen Seite mehr als Schlammpisten denn als fahrradtauglich einstufte (zumindest in Teilen).

Hier im Forum habe ich nur ältere Beiträge gefunden und auch nur für die Strecke St. Petersburg nach Estland. Aufgrund dieser Informationen würde ich momentan zur vorgeschlagenen Route über Helsinki-Tallin tendieren.

Ich kann Dir wenigstens für den Abschnitt St.Petersburg- Tallin Auskunft geben: 2008 bin ich die Strecke in umgekehrter Richtung auf meiner Baltikum-Tour (Swinemünde - St.Petersburg) gefahren, weitgehend auf verkehrsarmen Nebenstrassen (Tallin - Vösu - Purtse - Narva-Joessu - Kotly - Peterhof - St.Petersburg). Im Abschnitt Narva-Kingisepp hat die verkehrsreiche Hauptstrasse einen breiten Randstreifen, auf dem man sehr gut neben dem Verkehr fahren kann. Die Strecke Petersburg - Peterhof ist etas heikler, da hier immer starker Verkehr herrscht, aber die 30 km sind mit Rückspiegel gut zu schaffen. Die Nebenstrassen von Kingisep bis Peterhof sind normaler russischer Standard: zum Teil sehr grober Asphalt, teilweie in Auflösung begriffen, noft viele Löcher, aber man kann ihnen ausweichen, wenn man den Blick nicht nur auf die tolle Landschaft konzentriert.
(Bilder dazu auch unter https://picasaweb.google.com/100936285236581376857/Baltikum2008#)
Und im Abschnitt Estland dürfte sich ein Abstecher nach Tallin entlang der Küste auch von Narva aus auf jeden Fall lohnen!
Paarios

Ich bin zwar nicht selbst dort gewesen, aber es ist kein Problem. Um St. Petersburg ist es etwas stressig, wie es eben bei großen Städten oft ist. Ansonsten gibts noch die normale Russland-Visum-Problematik. Aber es sind meistens genug kleine Straßen da.

Warum allerdings der Eiserne-Vorhang-Weg in Narva weiter gehen soll, verstehe ich nicht. Estland gehörte mit zur Sowjetunion. Der Weg müsste eigentlich mitten durch die Ostsee gehen oder wenigstens an der baltischen Küste.

Hallo,

in 2009 war es auch noch so.
Ich bin wohl die selbe Strecke gefahren, auch über Petershof.

Ich bin 2009 die Strecke von Narva nach St. Petersburg und dann weiter über Vyborg nach Helsinki gefahren. Die ersten 30km ab der Grenze habe ich als Höllentripp in Erinnerung, die A1 war bis Kingisepp eine einzige Baustelle, der Asphalt sehr grob aufgefräst aber nur ganz selten waren Bauarbeiter zu sehen. Der Verkehr war dort sehr stark und vor allem die Lastwagen sehr rücksichtslos. Hinter Kingisepp bin ich dann auf ruhige Nebenstrecken ausgewichen, über die Dörfer gefahren. Durch die Vororte von Petersburg wurde ich von einem freundlichen Einheimischen geleitet, mit seinem MTB lotste er mich durch schlammige Parks und verwahrloste Wohngebiete bis an den Stadtrand. Er bot mir auch noch an mit seiner Familie zu essen und dort zu übernachten. Das musste ich aber ablehnen da es nicht in meine Planung passte. Quer durch Petersburg war dann das heftigste was ich bisher auf dem Rad erlebt habe. Gnadenlos rücksichtsloser Verkehr und Strassenzustände ... naja. Ich erinnere mich gut an einen ca. 2km langen neu angelegten Fuss-/Radweg der dann plötzlich in einer Sackgasse endete. Die einzige Alternative war die Querung einer 6-spurigen stark befahrenen Strasse mit einer Bordsteinkante auf Sattelhöhe. Die Strecke ab Petersburg nach Vyborg bin ich auf der relativ ruhigen A125 gefahren. Hier gibt es ausser wenigen Dörfern, vielen Militärgebieten und sehr viel Wald nichts Besonderes. Ich könnte mir vorstellen das die A123 entlang der Küste mehr Abwechslung bietet. In Vyborg war ein Arbeiterwohnheim die einzige Unterkunft die ich finden konnte, die war aber besser als so manch Touristenunterkunft in Polen. Wild zelten ist dort nicht ganz einfach da links und rechts der Strassen oft Militärgelände sind und mit eindeutigen Warntafeln vor dem Betreten warnen. Hinter Vyborg bis zur finnischen Grenze ist dann praktisch alles Sperrgebiet mit häufigen Kontrollstellen.
Auch wenn das alles jetzt sehr negativ klingt, ich fand die Reise sehr beeindruckend und möchte die Erlebnisse nicht missen. Russland aus zu lassen und statt dessen mit der Fähre von Tallin nach Helsinki zu fahren kam für mich nicht in Frage.

Viele Grüsse
Steffen

Vielen Dank schon mal für die Antworten. Gibt es keine aktuelleren Infos? Sind die Straßen und das Verkehrsaufkommen noch immer teilweise chaotisch?

Wir sind noch ziemlich unschlüssig, ob wir uns durch Russland "wagen" sollen.

Gibt es Bahnverbindungen als Alternative? Von Helsinki aus fährt ein moderner Zug (Allegro) nach St. Petersburg. Ob man da wohl Fahrräder mitnehmen kann? Auch in Richtung Tallinn gibt es eine tägliche Bahnverbindung.

Wer weiß mehr darüber?

Ach ja, noch eine weitere Frage: ist die Route von Virolahti in Richtung Vyborg für Fahrräder geeignet? Es ist die E 18 und könnte eine Schnellstraße sein.....

Mit einem nichtfaltbaren Fahrrad wird es wohl nichts werden. Zwischen Helsinki und St. Petersburg verkehren, wenn Hafas Recht hat, nur noch Pendlolini (S2). Diese Einheiten sind die einzigen Züge in Finnland ohne Fahrradtransport. Die Angaben über Liegeplätze sind zwar nicht plausibel, ich vermute aber mal, dass es Dateileichen sind.
Das typische Problem der »modernen Bahn«.

Hallo,
wir sind eine andere Strecke gefahren als Du jetzt planst.
Wir flogen nach St. Petersburg und fanden den Verkehr in und um St. Petersburg gar nicht schlimm. Im Gegenteil- uns hat das Radeln dort richtig Spaß gemacht!

Dort gibt es einen Reiseveranstalter der Touren zu Fuß oder per Rad durch St. Petersburg und die Umgebung anbietet.
Auf seiner Seite findest Du auch ein Forum, wo Dir die meisten Fragen zu Russland beantwortet werden. Peter half uns aber auch selbst weiter- per Mail.

Peters Walking Tours (auch Radtouren!)


Wir fuhren dann mit dem Zug nach Murmansk. Eine nette Dame am Bahnhof gab uns einen Auszug aus der Bahnordnung, aus dem hervor ging, dass die Mitnahme eines Fahrrades jedem Reisenden gestattet ist. Am liebsten haben es die Schaffner, wenn Du die Räder in Deinem Abteil (oberes Bett, so dieses frei ist) transportierst.
Wir setzten uns durch, und sie standen am Ende des Zuges vor der letzten Tür.
Wir kamen bis kurz vor einen Grenzübergang nach Nord- Finnland. Auf russischer Seite die P 12. in Finnland wären wir auf die 91 Richtung Ivalo und Inari gekommen.
Wir fuhren dann aber nach Norwegen.

Murmansk- Tromso

War eine sehr schöne Tour. Machen wir bestimmt noch mal- dann aber wohl ohne Zug!

Lappland von Osten- Reisebericht


Grüße
Uwe

Vielen Dank für den Link-Tipp. Ich denke, ich werde mich mal mit Peter in Verbindung setzen.

@ Falk
Danke auch für Deinen Beitrag. Da werden wir wohl (zumindest von Finnland aus) nicht auf die Bahn ausweichen können....

Eigentlich wäre uns das radeln ja lieber. Vorausgesetzt, dass die Straßen einigermaßen gut zu befahren sind und der Verkehr nicht gerade lebensgefährlich wird.

Mal sehen, was Peter aus Russland zu berichten weiß.

Hallo Moorea,

ich werde im Sommer die gleiche Strecke fahren. Habe mich aber entschlossen die Helsinki-Tallin Version zu nehmen. Da ich kein Russisch kann und alleine möchte ich dort nicht all zu lange bleiben. Der Visa Kram mit Kaliningrad reicht mir schon. Was ich gehört habe ist ähnlich wie hier schon beschrieben.

Grüße und Gute Fahrd

Flo

Wir haben in diesem Jahr "nur" sechs Wochen zur Verfügung - deshalb werden wir vermutlich auch auf den "Umweg" Sankt Petersburg verzichten. Noch ist das nicht ganz ausdiskutiert, aber im Moment sieht es ganz so aus.

Wir starten übrigens auch am 20.07. - aber mit dem Zug über HH nach Travemünde und dann mit der Fähre nach Helsinki. Unser "Startpunkt" wird dann Kesälahti in Finnland sein. Da Du mit Deinem Lieger etwas schneller unterwegs bist als wir kann es durchaus sein, dass Du uns irgendwann einholst.............

Dir ebenso eine gute Fahrt, vielleicht sieht man sich ja zufällig!

moorea

Ich bin im September den R1 gefahren. Auf die Strecke zwischen Ivangorod und Petersburg hätte man gut verzichten können. Breiter Schotterstreifen neben der Fernverkehrsstraße war zwar da, aber nicht immer im besten Zustand und auf der Strecke Verkehr wie auf 'ner Autobahn. Allerdings kann man auch recht gut von Petersburg mit dem Zug bis zur Grenze nach Ivangorod, das dauert rund 2 1/2 Stunden. Wie es mit dem Rad im Zug ist, weiss ich allerdings nicht.
St. Petersburg würde ich an Eurer Stelle nicht weg lassen, ist eine schwer beeindruckende Stadt - auch oder eben weil alles überdimensieoniert ist und beim Bau der Paläste, Plätze und Prospekte der menschliche Maßstab etwas verlohren gegangen war ...

rainer*

Vielen Dank für Deine Einschätzung. St. Petersburg ist sicher eine beeindruckende Stadt - aber möglicherweise ist die Strecke von Finnland bis zur estnischen Grenze für Radfahrer nicht eben "lustig". Deshalb denken wir momentan, dass es vermutlich besser ist, diese Strecke auszulassen und die offiziell vorgeschlagene "Fähroption" zu wählen.

Da wir nun doch über Sankt Petersburg geradelt sind, hier ein kurzer Bericht über die aktuellen Straßenverhältnisse:

Finnische Grenze bis Vyborg auf der M 10/E 18: Die Straße ist in einem relativ guten Zustand, der asphaltierte Randstreifen ist jedoch immer mal wieder mit heftigen Schlaglöchern gespickt, es gibt zusätzlich einen breiten nicht asphaltierten Standstreifen. Der Verkehr war nicht zu heftig. Zwei oder drei größere Baustellen waren vorhanden, über die der Verkehr einspurig mit Ampelschaltung geführt wurde. Insgesamt kein zu großes Problem.

Vyborg bis Sankt Petersburg auf der A 123: Im ersten Drittel ist diese Straße "durchwachsen", d.h. es gibt einige recht löchrige Oberflächen. Dafür ist die Umgehung von Primorsk in einem tadellosen, neuen Zustand - mit sehr wenig Verkehrsaufkommen. Je näher man nach Sankt Petersburg kommt, umso mehr nimmt der Verkehr zu. Aber bereits weit vor der eigentlichen Stadtgrenze beginnt etwa bei Pesocnoe ein Radweg, der nur kurze Unterbrechungen bis Petersburg aufweist. Dieser Radweg ist zwar nicht überall in bester Verfassung, oft jedoch sehr gut!

Sankt Petersburg: Von der Stadtgrenze bis zur historischen Altstadt sind es noch 40 Kilometer! Meist auf Radwegen, erst ganz in der Innenstadt fehlen diese oft. Aber wir sind ganz gut durchgekommen. Manchmal auf den Gehwegen oder bei mehrspurigen Straßen auf der Busspur. Ins Zentrum zu finden ist einfach gewesen, wieder raus dagegen nicht. Ohne die Hilfe von netten Menschen (Hotelrezeptionistin und englisch-sprachiger russischer Radler) wäre das nicht so leicht geworden. So jedoch hatten wir mehrseitige handschriftliche Pläne, wie wir am besten die anderen 40 Kilometer zur Stadtgrenze finden konnten. Kurz vor Erreichen dieser Stadtgrenze war es am schlimmsten, weil dort kein vernünftiger Randstreifen an der Fahrbahn ist, der Verkehr dort jedoch ziemlich stark war. Einmal wurde ich von einem Linienbus regelrecht von der Straße gedrängt!

Sankt Petersburg bis Ivangorod auf der M 11/E 20: Der Verkehr hat auf dieser Strecke nach Verlassen des Stadtgebietes deutlich nachgelassen und war auf der Strecke erträglich. Kurz vor Kingisepp gab es noch eine größere Baustelle, ansonsten ist die Straße in einem ordentlichen Zustand, der befahrbare Randstreifen ist meist breit genug. Wir hatten speziell von diesem Streckenabschnitt schlimmeres befürchtet.


Gerade in diesem letzten Abschnitt wäre es logischer gewesen, dem Verlauf der Küste zu folgen, wenn man auf dem Iron-Curtain-Trail unterwegs ist. Aber die gesamte russische Küste bis zur estnischen Grenze ist militärisches Sperrgebiet, das auch Russen nur mit speziellen Einladungen betreten dürfen. So bleibt dem Radler nichts anderes übrig, als den Grenzübergang Narva anzusteuern und von dort aus wieder an der Küste entlang weiter zu radeln.

Danke für diesen Beitrag, den ich mir diesen Frühling zu lesen gewünscht hätte: Wir haben uns anscheinend vorgängig ähnliche Gedanken gemacht.
Ich bereue es nach meinen Erlebnissen und deinem Post nicht die Entscheidung Tallinn-Åland(!)-Turku statt St. Petersburg gefällt zu haben.