So, hallo zusammen.
Ich bin zurück von meiner Testfahrt in Island und hier wie versprochen ein kurzer Erfahrungsbericht von meinem Rahmenbau-Workshop.
Den Rahmen habe ich selber gebaut in einem Workshop der Firma
Ozon Bicycles Berlin.
Kostenpunkt für den Workshop ist 800 Euro.
Ist eine Stange Geld aber dafür bekommt man einen Individualrahmen.
Geometrie, Anbauteile, usw. sind frei wählbar.
Der Workshop dauert 8 Arbeitstage (jeweils zwei Tage an Wochenenden), diese Zeitspanne ist allerdings für Singlespeedrahmen vorgesehen.
Wer einen Trekkingrahmen in der Zeit schaffen will muss schon einiges an handwerklichem Geschick mit bringen.
Die Firma bietet auch angefertigte Rahmen an, allerdings liegen diese Preislich deutlich über dem Workshop, mein Trekkingrahmen wäre so bei 1700 Euro.
Ich habe es leider versäumt Fotos in den ersten drei Tagen Workshop zu machen, daher kurz zusammengefasst.
Als erstes steht die Auswahl der Rohre an.
Es gibt einen Vorrat an Bambusrohen, verschiedene Arten der Gattung Phyllostachys.
Als ich meinen Workshop begonnen habe war leider Ebbe im Lager und meine Rohre sehen deshalb etwas uneinheitlich aus.
Zweiter Schritt sind die Vorbereitung der Kettenstreben und Sitzstreben, diese bestehen aus zwei plangeschliffenen viertel Rohren die verklebt werden.
Drittens kommt die Vorbereitung der Metallteile.
Diese werden mit einer Primärschicht eines Spezialepoxides eingeklebt um später die Oberflächenbindung zwischen Metall und Epoxid in den Verbindungen zu gewährleisten.
Die Metallteile werden dann in der Rahmenbaulehre eingespannt und geben die Geometrie des Rahmens vor.
Die Vorbereiteten Bambusrohre werden dann an die Metallteile geklebt.
Das sieht dann schon aus wie ein richtiger Rahmen, die Arbeit fängt dann aber erst an.
Die Verbindungsstellen werden mit einer Spachtelmasse übergestrichen und glattgeschliffen, was die Basis für die späteren Verbindungen bildet.
Das ganze sieht dann so aus
Die Ausfallenden
Das Tretlager
Die Aussparungen für den Hinterreifen
Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit, das bauen der Verbindungen.
Bei Ozon Cycles bestehen diese aus Naturfaserverbundstoff.
Normalerweise werden drei Lagen Faser verbaut, da meinen Trekkingrahmen aber auf maximale Stabilität ausgelegt ist habe ich sechs Lagen verbaut, zwei davon extra stark.
Die Fasermatten werden mit Sprühkleber an den Rahmen geklebt und zurecht geschnitten.
Die Aussparungen sind Carbonverstärkt
Die Ausfallenden
Das Steuerrohr:
Sind alle Fasern verlegt geht es ans epoxieren.
Keine schöne Arbeit, das Epoxid ist hoch allergen, ich habe etwas an meinen Arm bekommen und es hat für zwei Wochen nicht aufgehört zu jucken...
Die Expoxierten verbindungen werden mit Folie umwickelt, durchlöchert und dann mit Schlauch umwickelt um überschüssiges Epoxid heraus zu pressen.
Die Verbindungen werden danach nochmal übergespachtelt um eine Glatte oberfläche zu bekommen und es werden noch die Anbauteile Epoxiert.
(Im Hinergrund sehr schön zu sehen ist ein Singlespeedrahmen in der Rahmenlehre)
Sind alle Verbidungen gespachtelt und geschliffen geht es ans lackieren
Die weisse Farbe der Verbindungen hat tatsächlich eine Technische Bewandtniss, ich hätte Schwarz sonst deutlich bevorzugt.
Das Epoxid in den Verbindungen ist nur begrentzt Hitzebeständig, irgendwo jenseits der 60°C verliert es seine Tragfähgkeit.
Die weisse Farbe soll die Verbindungen vor der Sonne schützen wenn ich in mal Äquatornähe unterwegs bin.
Kaum war das Fahrrad fertig aufgebaut ging es auch schon nach Island.
Was bringt das ganze also?
Viele Leute mögen es nicht glauben aber Bambus hat technische Vorteile gegenüber konventionellen Rahmen aus Stahl oder Alu.
Eine höhere Schlagresistenz
Eine höhere Verwindungssteiffigkeit (Bei entsprechendem Rohrdurchmesser)
Vibrationsdämpfung - Das Surren meiner Rohloff in den niedrigen gängen ist nicht spürbar
Notfahreigenschaften - Gerissene Rohre (z. B. nach einem Unfall) bleiben tragfähig und können mit Epoxid repariert werden
Ausserdem betrachte ich das ungewöhnliche Aussehen meines Fahrrades als Diebstahlschutz auch wenn mir die Aufmerksamkeit die das Teil auf sich zieht nicht immer schmeckt.
In Island hat es sich zu einer mobilen Touristenattraktion entwickelt.
Zwei grosse Nachteile sehe ich.
Zum einen das hohe Gewicht mit 4kg, was auf die sechs Lagen Fasern zurück zu führen ist.
Zum anderen der experimentelle status.
Es gibt kaum Langzeiterfahrungen mit Bambusrädern, vor allem nicht bei Einsatz als Reiserad.
Wir sind zuversichtlich, dass der Rahmen die Lebensspanne von Konventionellen Rahmen übertreffen wird aber sicher wissen kann man das erst hinterher.
Im Praxistest sticht vor allem die Verwindungssteifigkeit hervor.
Im Vergleich zu meinem alten Alu Rahmen von KTM ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Bei 150kg Systemgewicht kann ich im Wiegeschritt fahren ohne, dass das Tretlager sich spürbar weg biegt.
Mein alter Rahmen hat da geschwankt wie ne weiche Nudel.