Korsika die nächste der Fernen Inseln
Endlich geht es los!
Die Radtaschen sind gepackt, alles samt den Rädern in unseren kleinen Jetta gequetscht. Am Sonntagnachmittag ging's los Richtung Italien. Montagabend trafen wir in Livorno ein, kauften unsere Fährtickets, setzten am nächsten Morgen nach Korsika über und kamen dann endlich am Dienstag um 15 Uhr in Bastia auf der korsischen Mittelmeerinsel an, das Auto hatten wir in Livorno auf einem Parkplatz im Hafen stehen lassen.
Korsika ist die viertgrößte Insel des Mittelmeeres. Zum größten Teil besteht die Insel aus einem Hochgebirge, lediglich die Ostküste hat einen breiten ebenen Streifen. Der höchste Berg ist der Monte Cinto mit 2706 m, der nur 24 km von der Westküste ent-
fernt liegt. Seit 1768 ist Korsika - abgesehen von einem kurzen Zeitraum während der Französischen Revolution, damals gehörte die Insel zu England - französisches Staats- gebiet. Ihr berühmtester Sohn Napoléon Bonaparte, wurde 1769 in Ajaccio geboren.
Wir radelten zunächst zu Bastia hinaus, um das Cap Corse, das wie ein aus- gestreckter Zeigefinger nordwärts ragt, zu befahren. Wir entschieden uns die Insel gegen den Uhrzeigersinn zu umrunden, so hatten wir immer den perfekten Me(h)erblick, und wir hatten die flachere Ostküste zum ausrollen. Unseren ersten, noch geöffneten, Natur-Campingplatz fanden wir in Marine de Sisco, nur wenige Meter vom Strand entfernt, schön unter Korkeichen gelegen. Erstaunt waren wir über die einfachen, aber sehr sauberen sanitären Anlagen, und vor allem darüber, dass für die warme Dusche keine Extragebühr gezahlt werden muss. Das ist auf europäischen Campingplätzen nicht immer der Fall.
Am nächsten Morgen umrundeten wir dann Cap Corse. Wir genossen dien herrlichen Blick auf das Meer und den wenigen Autoverkehr. Bei Macinaggio, einem netten Städtchen an der Ostseite, legten wir eine Kaffeepause ein, den fortan wurde die Etappe anspruchsvoller und bergiger; es ging jetzt über Nordspitze zur Westseite des Kaps. Wir radelten durch viele malerische kleine Dörfer, und auch die Überreste eines Macciabrandes waren zu sehen. Unser Etappenziel für den Tag war Marine de Farinole, kurz vor St. Florent.
Höhepunkt der Etappe war die romanische Kirche St. Michèle de Murato, die einen Kilometer entfernt von Murato, und auf 475 m über dem Meeresspiegel liegt. Die aus dem Jahr 1280 n. Chr. stammende Kirche wurde durch ihren spätpisanischen Baustil bekannt, und ist aus grünen Serpentin-und weißen Kalksteinblöcken schachbrettartig errichtet und ist eines der besterhaltenen romanischen Sakralgebäude Korsikas.
Auf der Fahrt zu ihr hatten wir immer einen herrlichen Ausblick auf die Westküste und St. Florent, doch einen kleinen Wermutstropfen gab es dann doch: denn die schöne Kirche wird derzeit restauriert und war komplett eingerüstet, auch von innen konnten wir sie leider nicht bestaunen. Nichtsdestotrotz gefiel uns der Abstecher ins Landesinnere sehr gut, denn nach Murato folgten dann die kleinen idyllischen Orte wie z.B. Rapale und Pieve. Auf diesem 25 km langen Teilabschnitt waren wir ganz alleine auf der Straße unterwegs, konnten die schöne Natur Wasse genießen. Weiter ging es dann über das "Désert des Agriates", diese Wüste, die einem Hochplateau ähnelt, wird als Weinanbaugiebt genutzt. Bis nach L'lle Roussee mussten wir erneut über eine kleinen Pass (311 m), aber auch kleine bissige Anstiege im Wechsel mit rasanten Abfahrten hatten wir zu absolvieren.
In den folgenden beiden Tagen konnten wir dann die Westküste in vollen Zügen genießen. Die Küstenstraße ist schmal, felsig und lässt tolle Ausblicke auf die malerischen Buchten, und das herrliche türkisfarbene Mittelmeer zu. Der Monte Cinto mit seinen 2706 m Höhe war nur 24 Kilometer von uns entfernt. Zwischen Galeria und Porto führte die Strecke durch das Landesinnere, immer wieder mussten wir Pässe von 500 m Höhe bewältigen. Das kleine Städtchen Porto (600 Einwohner) ist tief in den Golf und am Hang eingeschlossen. Der Küstenabschnitt rum um das Dorf ist der spektakulärste der ganzen Westküste: Die Landschaft erinnerte uns sehr an die kalifornischen Pazifikküste bei Big Sur. Hier liegen ganz in der Nähe der Küste einige Gipfel, die 1000 m übersteigen und steil ins Meer abfallen.
Als nächstes ging es dann nach "Les Calanches", so heißt die bizarre Felsenlandschaft aus rötlichem Granit, südlich von Porto. Die enge Straße von Porto nach Piana führt duch die Calanche, zusammen mit der Bucht von Porto und dem Naturpark La Scandola wurden diese 1983 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Weitere Etappenziele waren Cargèse, Sagone und dann die Geburtsstadt von Napoléon, Ajaccio. Diese Stadt ist, obwohl sie nur ca. 55.000 Einwohner hat, sehr laut, unruhig und hat uns überhaupt nicht gefallen. Wir machten uns nach einer unruhigen Nacht auf dem Campingplatz am nächsten Morgen recht schnell wieder aus dem Staub. Zunächst ging es 25 km entlang am Strand nach Ancien Port de Coti Chivari, um dann in Serpentinen ins 500 m höher gelegene Dorf Coti Chivari zu kommen. Eine herrlich ruhige von Eukalyptusbäumen gesäumte Strecke, kaum ein Auto war unterwegs. Danach hatten wir wieder schöne Abfahrten aber dafür auch kurze heftige Anstiege zu bewältigen. Wir reichten das 82 km entfernte Propriano und blieben dort am Campingplatz. Ganz anders als in der Nacht zuvor hatten wir einen ruhigen, erholsamen Schlaf, und wachten am nächsten Morgen erst um 7 Uhr auf.
Nächste großes Ziel unserer Inselumrundung war Bonifacio, doch zuerst mussten wir bergauf, um von Propriano, auf Meeresniveau, nach Sartène, auf 305 m Höhe zu gelangen. Sartene ist die korsischte aller korsischen Städte. Wir schoben unsere Räder durch die Altstadt, die schmalen Gassen zwischen den grauen, scheinbar unzugänglichen hohen Häusern hindurch es entstand der Eindruch, im Mittelalter gelandet zu sein.
Bis nach Roccapina, das wieder am Meer liegt, radelten wir durch das fast menschenleeres Landesinnere, bevor wir auf einem Gipfel ein Genueserturm und daneben den Löwen von Roccapina, eine Felsformation, die an eien liegenden Löwen erinnert sehen. Nochmals hatten wir zwei kleine Pässe zu überwinden, bevor wir dann Bonifacio, die südlichste Stadt Frankreichs, nach rasanter Abfahrt erreichten.
Dort angekommen entschieden wir uns kurzerhand an einer Hafenundfahrt mit dem Schiff teilzunehmen und Bonifacio vom Wasser aus zu bewundern. Der Ort ist in zwei Gebiete unterteilt: Die Ville haute (Oberstadt) genannte mittelalterliche Altstadt und die Marina im Hafenbereich. Die Ville haute liegt etwa 70 Meter über Meeresniveau auf einer langen, schmalen Landzunge. Einem parallel zur Küste verlaufenden Kalksteinplateau, hinter dem landeinwärts ein tiefer, fjordartiger Einschnitt einen gut geschützten Naturhafen bildet.
Offiziell wurde Bonifacio im Jahre 828 n.Chr. durch den toskanischen Grafen Bonifacio II. gegründet. Die Altstadt ist wohl eine der eindruckvollsten im Mittel-meerraum. Vom Schiff aus sahen wir das Ufer, das derart ausgewaschen ist, sodass die Häuser darauf wie auf einem Balkon stehen. Wir fuhren auch in das Innere einiger Grotten, von denen eine ganz besonders schön war. Der Meeresboden der Grotte schimmerte in unterschiedlichen Blautönen und die Deckenöffnung zum Himmel hatte die Form Korsikas. Verwitterte Klippen, oder auch die sogenannte Treppe des Königs von Aragon, deren Stufen in einer Nacht, so einer Legende nach, in den Stein gehauen von der Oberstadt bis hinunter ins Meer führen, konnten wir vom Wasser aus bestaunen.
Eigentlich wollten wir dann von Bonifacio über der Landesinnere zurück nach Bastia. Doch wir hatten leider nur noch drei Tage Zeit, und diese Routenwahl hätte aber mindestens eine Woche in Anspruch genommen, sodass wir entschieden, unsere Inseltour an der Ostküste Richtung Bastia weiterzuführen.
Entlang der Ostküste, auf der N 198, die schnurgerade verläuft, waren es noch etwa 200 km nach Bastia. Die Landschaft aber auch die Städtchen waren bei weitem nicht mehr so idyllisch wie bisher; mit Ausnahme von Porto Vecchio, deren Hafen der zweitwichtigste an der Ostküste ist. Da dieser Streckenabschnitt zwar etwas hügelig, jedoch nicht besonders anspruchsvoll war, kamen wir schnell voran. Bei Aléria übernachteten wir an einem tollen Campingplatz direkt am Strand. Es war Dienstagabend und nur noch 75 km bis Bastia. Wir wollten am Mittwoch um 7 Uhr früh aufbrechen um die Fähre am Nachmittag nach Livorno zu erreichen. Wir radelten recht zügig und bis kurz vor Bastia durch die Weingärten Korsikas.
Etwa 15 Kilometer vor Bastia wurde der Straßenverkehr sehr hektisch und auch in der Stadt selbst ging es heiß her. Um an den Fährhafen zu kommen, mussten wir durch die Innenstadt radeln, denn der direkte und kürzere Weg führt durch einen für Radfahrer und Fußgänger gesperrten Tunnel. Pünktlich um halb zwölf standen wir am Ticketschalter und kauften unserer Tickets; doch zu unserer Enttäuschung ging die Fähre aber erst am Donnerstagnachmittag. Umsonst die Hektik! Wir besorgten uns dann in der Innenstadt noch was zu Essen und quetschten uns wieder in den Verkehr um an den Campingplatz auf der Landzunge von Biguglia, 10 km südlich von Bastia, zu kommen.
Am Donnerstagmorgen gingen wir es etwas gemütlicher an. Um kurz vor 9 Uhr radelten wir wieder nach Bastia. Unsere Tickets für die 13.30 Uhr Fähre hatten wir ja in unserer Lenkertasche. An diesem Tag war, im Gegensatz zum vorherigen, kein Verkehr und so konnten wir in aller Ruhe und ohne Stress die Innenstadt besuchen. Das touristische Zentrum der Stadt ist der alte Hafen der jetzt als Marina benutzt wird. An diesen schließt sich die Altstadt mit ihren engen Gassen und der Zitadelle an, die sehr sehenswert ist. Das wirtschaftliche Herz der Stadt ist der neue Hafen, in dem die Autofähren anlegen, außerdem wird über ihn auch die Warenverschiffung abgewickelt.
Auch wenn wir nur 10 Tage auf Korsika verbrachten, konnten wir sehr viel sehen und hatten viel Spaß. Unterwegs trafen wir einige andere Tourenradler, darunter auch ein Paar aus Neuseeland. Sehr unterschiedlich war auch die Vegetation - manchmal radelten wir nur an Olivenhainen und Kastanienbäumen entlang, auf Cap Corse gab es fast nur Macchia oder Weinberge. Bei Bonifacio sahen wir viele Korkeichen, deren Stämme bis zu einer Höhe von 1,50 m abgeschält waren, aber auch Feigen-, und Eukalyptusgbäume und Kiefern waren zu bestaunen. Ich, Karin, bin ein richtiger Fan von Oleander. Auf Korsika ist er in jeder Stadt als Straßenbepflanzung zu sehen und er hat das ganze Farbspektrum parat gehalten. Mit großem Abstand hat uns die Westküste um Port am besten gefallen, denn die Landschaft dort war einfach großartig. Die engen, felsigen Straßen die sich an den Bergen entlang schlängeln sind ein besonderes Erlebnis. Das Wetter war ideal, angenehme Temperaturen von 24° bis 30° C und kein Regen. Insgesamt radelten wir 800 Kilometer um die Insel.
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