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#781134 - 12/20/11 05:18 AM Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan
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Übersicht:
Ich bin 3 Monate lang im Sommer 2011 in Zentralasien unterwegs gewesen.
Ausgangspunkt war Duschanbe, da diese Stadt sehr gut mit der Air Baltic erreichbar ist.
Über den Khaburabot-Pass ging es ins Panjital und über Ishkashim in den Wakan Korridor.
Ich konnte Zugang zum Zorkul-Nationalpark bekommen und auf sehr einsamen Pfaden nach Murgab zurückfinden.
Dem Pamir-Highway folgte ich nach Kirgistan, um über Jalal-Abad und Kasarman zum Song-Kul-See zu glangen.
Am Rand vom Issuk Kul vorbei habe ich die erst waghalsig enge, und später irrational breite Hauptstraße nach Biskek genommen.
Von Biskek ging es direkt nach Almaty um von dort eine recht ordentliche Runde durch Kasachstans Westen zu machen:
Assy-Plateau - Dschungarischer Alatau - ordentlich viel Wüste - Ust Kamenogorsk - Altaigebirge - Marcakolsee - Wüste - noch mehr Wüste - Almaty

Hier mein Video als Vorschau auf Tadschikistan (720p):
Video Vorschau



Dauer: 89 Tage
Kilometer: einige (RIP Tacho)
Gewicht: 20 Kg (ohne Essen, Fahrrad und Mich)
Höhenmeter: Weniger als man denkt
Regentage: 4
Langweilige Tage: 3
Beste Orte: ZorKul See, Narntal, Song Kul, Assyplateau, Marakolsee
Böse Menschen: 4
Spontane Ausweiskontrollen auf der Straße: 1
Bestechungen: 3
Radfahrer: 43
Entkeimtes Wasser: 450 Liter
Maximale mitgeschleppte Wassermenge: 9l
Wassermelonen: 13
Reifenpannen: 7
Ruinierte Reifen: 2
Übernachtungen in Unterkünften: 3
Gegessener Grieß: 2 Kg
Gegessene Nudeln: Ich mag keine Nudeln mehr
Verbrauchtes Benzin: 10 l
Kosten: 1200 Euro mit Visa, ohne Ausrüstung
Probleme: keine


Route:

Original Karte: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Zentralasien_politisch_2010.jpg&filetimestamp=20100419203957


Falls sich jemand fragt, wie der Erzähler des Berichtes während der Reise aussieht, er ist ein Mittelding zwischen diesen beiden Typen hier:







Teil 1 - Tadschikstan

Prequel:
Zuerst gilt es nach Wien zum Flughafen zu gelangen. Am Bahnhof in Wien wird erstmal alles aufgeladen und losgefahren.
Irgendwie komme ich mir in Europa mit so viel Gepäck schon etwas eigenartig vor. Das GPS zeigt mir die Luftlinie zum Flughafen an, und es geht los. Jedenfalls so weit, bis das GPS an einer Bodenwelle vom Vorbau fällt. Die Sicherheitsleine hält es fest und es baumelt von der Lenkerstange, jedenfalls so lange bis es in die Speichen gerät und etwa 10 Meter nach vorne geschleudert wird. Ein paar Sekunden lang zeigt es noch alles normal an, bis die Flüssigkeit des gebrochenen LCDs ins restliche Display läuft. Am Straßenrand ersetze ich noch die dabei gebrochene Speiche, sowie den Schlauch der ebenfalls ein Loch bekommen hat. Die Felge muss auch ganz schön nachzentriert werden. Etwas frustriert bin ich schon, ich hab zwar keine Probleme mit Kartennavigation, jedoch hatte ich auf dem GPS Wege eingezeichnet, die man nur am Satellitenbild sehen kann.

Die Vorfreude lässt mich aber den Verlust schnell vergessen, und ich fahre mit dem Kompass weiter. Auch wenn ich sehr selten in Wien bin, weiss ich immerhin dass der Flughafen im Westen liegt. Ich erfahre, dass man mit dieser Art von Navigation in Österreich auch im Stadtgebiet sehr schnell auf einen Feldweg zwischen den Krautäckern gelangen kann. Aber ich habe genug Zeit, der Flug ist erst am nächsten Vormittag. Irgendwann erreiche ich dann doch den Donauradweg und kann sogar einen Zeltplatz neben dem Donaukanal finden.

Am nächsten Tag wird noch einmal eingekauft. In der Früh zuvor hatte ich kein Wasser mehr und war mir offenbar zu schade, es in der Donau aufzufüllen. Wenn ich gewusst hätte, aus welchen Gewässern ich erst in Kasachstan trinken würde...
Das kaputte GPS wird noch bei der Post heimgeschickt, und dann der Flughafen angesteuert. Am Flughafenschalter verlangt die Dame vom beauftragten Subunternehmen, dass ich mein Fahrrad irgendwie einpacken solle, worauf ich sie auf die Transportbedingungen der Flugline aufmerksam mache. Am Sperrgepäckschalter ist das dann natürlich kein Problem, nur solle ich ein wenig Luft aus den Reifen lassen, da die Reifen in der Druckkabine sonst kaputt werden...


Jetzt gehts los:
Nach einem recht rauhen Landeanflug geht es mit dem Flughafenbus zur Ankunftshalle. Dort läuft alles gut, mein Einreiseformular wird ohne Probleme vom Beamten korrigiert und mein Fahrrad durch die Kofferklappe durchgereicht. Ein paar andere Fahrräder sehe ich auch noch, allerdings gut verpackt. Nachdem überprüft wird, ob man auch sein eigenes Fluggepäck mitgenommen hat, tritt man durch eine normale Brandschutztür und steht plötzlich auf der Straße.


Der Flughafen in Duschanbe


Das Rad ist schnell beladen, und es gilt an Bargeld zu gelangen. Es ist erst 5 Uhr früh, aber der Platz vor dem Flughafen ist gut bevölkert. Offenbar gibt es keinen Warteraum, und die 2 Checkin Schalter haben noch nicht offen. Die 3 Bankomaten im Hauptgebäude verweigern mir ihre Dienste. Gut, dass ich etwa 250 Dollar und 250 Euro eingepackt habe. Erst in Ust-Kamenogorsk, nahe der russischen Grenze werde ich das erste Mal beim Bankomaten Geld bekommen. 40 Euro sind erst einmal gewechselt, jedoch werde ich doch etwa 80 Euro in Tadschikstan verbrauchen. Der Wetterbericht hat 42 Grad in Duschanbe angesagt, was ich ja durchaus mal erleben möchte, aber nicht heute. Da in Duschanbe mich weder bürokratische noch touristische Attraktionen aufhalten können, fahre ich direkt auf den Pamir-Highway und damit raus aus der Stadt. Es ist gut, dass ich ein Touristenvisum bekommen habe, andernfalls müsste ich mich erst hier registrieren.

Zuerst werden Brot und Tomaten, dann Benzin gekauft. Durch die frisch asphaltierte Straße kommt man sehr gut aus der Stadt raus. Es ist schon sehr viel auf der Straße los, überall gibt es Händler und Pendler die auf Mitfahrgelegenheiten warten. Auf den Feldern ist auch schon einiges los, der kühle Morgen wird intensiv genutzt. Dabei hat es um 7 Uhr schon 32 Grad. Die Luft ist unheimlich dunstig, und es bessert sich auch nicht, wenn ich aus dem Kessel, in dem Duschanbe lieg herauskomme.




Es geht eine Zeit lang durch eine Hügellandschaft, und wie erwartet wird es mir dabei ziemlich warm.
Noch bin ich nicht soweit, dass ich das Wasser aus den Bewässerungsystemen trinke, deshalb muss ich mir recht häufig in den unzähligen Verkaufständen Nachschub holen. Traurig ist, dass das Mineralwasser in den Geschäften das einzige Produkt aus das Tadschikistan ist, das mir auf der gesamten Tour unterkommt. Außerdem habe ich nur im Fernsehen Industriebetriebe gesehen.

Ich habe mich entschlossen die Tour komplett mit kurzer Hose und kurzem Trikot zu fahren, was ich nicht bereue. Bei der Hitze wäre etwas anders sowieso schwer möglich geworden, und bei Fremden wird das offenbar sowieso akzeptiert.


Dunstige Landschaft 30km westlich von Duschanbe.


Wurde ich im Iran schon häufig angesprochen, ist das in Tadschikistan bestimmt doppelt so häufig. In einem Ort werde ich vom ersten Polizisten aufgehalten, der mich aber sehr freundlich fragt "woher" "wohin" und wie viel das Rad kostet. Woher und Wohin, diese beiden Fragewörter werde ich noch sehr oft hören, und später auch von einander unterscheiden lernen. Immerhin kann ich aber schon flüssig aufsagen aus welchem Land ich stamme. Da aber mit "Afstrija" jeder nur Australien versteht werde ich eben Deutscher. Statt Telematik studiere ich halt "elaktrotachik" und das Rad kostet 500 Dollar. 500 ist nämlich die höchste Zahl im Sprachführer und außerdem recht nahe dran. Den Mechanikern an der Tankstelle muss ich deshalb die 10000 aufzeichnen, als sie dannach fragen, wie lange meine Reifen halten werden. Ein ziemliches Staunen ist die Folge. Nach den Erfahrungen in Kasachstan hätte ich aber wohl im Nachhinein etwa 4000 hinschreiben sollen.

An diesem Tag geht es noch einen kleinen Pass hinauf, und dort aber nicht wieder bergab sondern kontinuierlich kaum merkbar bergauf. Die Landschaft ist neben der trockenen Texur damit auch von der Form komplett anders, als man in Europa gewohnt ist.




Die Gegend hier ist offenbar sehr streng muslimisch, hier tragen alle Freuen ihr Kopftuch sehr gewissenhaft. Wenn ich meine Schlauchhaube so aufsetzte, dass es wie ein Kopftuch aussieht, dann hören promt alle Männer zu grüßen auf. Am Abend sollte ich mir langsam einen Schlafplatz suchen, aber die Gegend ist recht dicht besiedelt, und es gibt keine Bäume als Deckung. Ich fühle mich in dem Land wegen der freundlichen Menschen schon recht wohl, komplett öffentlich möchte ich aber heute noch nicht schlafen. Es passt mir deshalb recht gut, dass mich ein Mann anspricht und mich zu sich nach Hause einlädt.


Das Zimmer meines ersten Gastgebers.


Ich werde zuerst mal durch den Hof herumgeführt. Wie alle Dörfer sind auch hier dichte Pappelalleen vorhanden, die die Grundstücke von einander trennen und Schatten für die Gemüsefelder bieten.
Im Garten werden zwischen Äpfelbäumen Kartoffeln angebaut und ein kleiner Kuhstall ist vorhanden. Es gibt fließendes Wasser, allerdings aus dem Bewässerungssystem im Hof. Hier werden Kleider Körper und Geschirr gewaschen. Trinkbar ist diese Wasser jedoch nicht, es wird jedoch zum Teekochen verwendet. Der Mann zeigt mir stolz seine Besitztümer, einen alten Lada, einen Lastwagen den er einmal berufsmäßig gefahren ist, sowie sein größter Stolz, ein UAZ - vergleichbar mit dem amerikanischen Jeep. Er deutet er auf einen halben Motorblock in der Garage, den er offensichtlich eigenhändig ausgetauscht hat.
Heute sei Benzin aber nicht mehr leistbar um mit den Fahrzeugen zu fahren. Die kleine Landwirtschaft wird offenbar ohne weitere Maschinen geführt.

Die Frau des Gastgebers ist schon gestorben, aber es gibt noch die Tochter die mit ihrer Familie im Nachbarhaus wohnt. Mir wird gleich von ihr eine große Schale Joghurt mit Fladenbrot aufgetischt. Als sie reinkommt grüßt sie nur kurz und richtet ihren Blick permanent auf den Boden. Das saure Joghurt wird höflich mit viel Fladenbrot herutergewürgt, und ich fange mit dem Gastgeber zu reden an. Viel verstehe ich nicht, jedoch dass er selbst mit dem Fahrrad über den Pamir einmal nach Osh gefahren ist. Ob das noch zu Sovietzeiten war finde ich nicht heraus, muss aber fast sein, da der Mann relativ alt ist, und folglich vor dem Tadschikischen Bürgerkrieg gefahren sein muss. Offenbar war es damals möglich in Panjital zu reisen. Vielleicht ist er aber garnicht über den Pamir gefahren. Auf jeden Fall dürfte damals die Straße besser gewesen sein.

Da es recht anstrengend ist mit jemanden russisch zu reden, wenn man nur 12 Vokabel beherscht, bin ich froh dass der Schwiegerson dazu kommt. Er kann zwar kein Englisch, akzeptiert jedoch, wenn ich etwas nicht verstehen kann. Einige Bewohner der Ex-Sovietländer scheinen nämlich die Angewohnheit haben, Sätze oder Worte einfach nochmals und lauter zu wiederholen. Beim 5. Mal, wenn es schon fast geschriehen wird, geben sie dann meistens auf. Der Schwiegerson ist offenbar der Stolz der Familie. Er ist 25 und arbeitet in Duschanbe als Jurist. Ich finde es lustig, dass er mich fragt ob ich schon Kinder habe, aber er ist nur 2 Jahre älter und hat schon 3 Stück. Ebenso stolz ist er auf seinen Chinesischen Minivan, der ihm nur 5000 Dollar gekostet habe.
Mir kommt dieser Preis aber doch recht hoch vor, zumal er schon sehr lange gebraucht wurde.
Seine Frau kommt vorbei, und will irgendetwas von ihm, wobei er ihr deutlich zeigt, wer das Sagen hat. Aber offenbar ist diese Geste durch meine Gegenwart induziert worden, denn die Frau lässt ihm dass nicht durchgehen, und fängt an Ihn anzuschreihen. Nach ein wenig hin und hergeschubse setzt er sich dann durch und bleibt bei uns im Zimmer. Nach dem es Dunkel geworden ist, wird da Licht ausgeschaltet, indem einfach die Glühbirne aus der Fassung gedreht wird. Trotz Widerspruch ist mir das Bett des Gastgebers zugeteilt worden, er schläft mit Decken auf der Plattform neben mir. Um 6 Uhr werde ich geweckt und es gibt Brot mit Tee als Frühstück. Ich bekomme noch Brot mit auf den Weg und werde sehr herzlich verabschiedet.

Mein heutiges Tagesziel heist Nudeln kaufen. Das russische Wort aus dem Sprachführer zeigt nicht viel Erfolg, "Macoron" lautet das Zauberwort, mit dem der Verkäufer beginnt dieses Grundnahrungsmittel aus einem gut versteckten Sack hinter der Theke abzufüllen. Heute aber kaufe ich nur eine Packung Spaghetti, die offenbar mehr kostet als in Europa. Beim Einkaufen muss man sehr acht geben. Die Produkte kosten in der Regel etwa 1/4 des Preises in Europa. Jedoch gibt es nur die Grundnahrungsmittel um den Preis. Alle importierten Produkte aus Europa der Türkei oder Russland sind recht teuer. Allgemein muss man erst lernen in Länden einzukaufen. Wenn man das beherrscht kann man sich auch in Tadschikstan gut eindecken.

Ich komme an dem ersten Polizeicheckpoint vorbei, jedoch muss ich hier im Gegensatz zu anderen Radfahrern nichts vorzeigen. Der Polizist fängt nur kurz zu plaudern an, und erzählt mir, dass 2 Schweizer vor einer Stunde durchgefahren sind. Ich solle ihnen schnell nach und sie treffen. Ich beeile mich jedoch nicht, wenn ich schneller bin werde ich sie sowieso einholen. Ich vernichte jetzt die Höhenmeter die am Vortag gemacht wurden und fahre in das Tal hinab, in dem in Zukunft der Rogun Staudamm stehen wird. Es gibt eine Abzweigung Richtung Rogun, und Propaganda deutet an, dass man hier zur Baustelle kommt.


Rogun Baustelle in dicken Staubschwaden.


Eigentlich sollte ich die Baustelle auch von der Straße aus sehen, aber das ist leider nie der Fall, vielleicht ist das auf dem Foto oben schon die richtige Baustelle. Ich kann lediglich die Steinbrüche sehen, aus denen der Schotter für den künftig höchsten Staudamm der Welt gewonnen wird. Der Staudamm ist für Tadschikistan von doppelter Bedeutung. Der Strom lässt sich gut nach Usbekistan exportieren, außerdem ist damit auch das Wasser besser kontrollierbar, welches ebenfalls exportiert wird.

Mit der Abfahrt endet der Asphalt, jetzt in ich bis Kirgistan auf die Überreste des Sovietasphaltes angewiesen. Grund für den schlechten Straßenzustand soll auch der Rogun sein, dessen Damm hier einmal alles fluten soll. Diesem Tal folge ich heute fast den ganzen Tag lang. Für alle Täler in Tadschikistan gilt Aufstiegsverhälnis 1:3 : Um 100 Höhenmeter am Flussverlauf zu gewinnen mussen 300 Höhenmeter durch die Gegensteigungen gewonnen werden. Bis Ishkashim kann man diese Regel anwenden.


Versorgungsbrücke für das Garmtal, allerdings nicht breit genug für Autos.


Die Landschaft fängt mir an richtig zu gefallen, allerdings ist es so staubig, dass man nicht sehr weit sieht. Trotz der schlechten Straße und den vielen Steigungen macht es hier richtig Spass Radzufahren.
Ein Polizist hält mich wieder an, er möchte aber nur etwas plaudern und ist ziemlich erfreut über die Abwechslung die ich ihm biete. In älteren Reiseberichten hätte ich jetzt schon 3 Ausweiskontrollen und 2 Checkpoints hinter mir. Es ist also schon jetzt ersichtlich, dass es immer lockerer wird. Man muss auch sagen, dass speziell diese Region sich sehr entspannt. Es gab den Fluss aufwärts vor 1,5 Jahren recht heftige Auseinandersetzungen mit Regierungsgegnern, mehr als 60 Soldaten sollen die Tadschiken dabei bei einen Hinterhalt verloren haben. 3 Monate vor meiner Abreise kam aber die Nachricht, dass man jetzt die letzten Bandenchefs erwischt habe. Als ich durchkomme erinnert aber höchstens der einzelne unbewaffnete Soldat, der den Checkpoint am Ende des Tales verstärkt, daran.
An diesem Checkpoint überquert man den Fluss und gelangt in eine steiles Seitental.

Bei dem ersten Checkpoint wusste ich noch nicht so recht was man tun muss, aber es ging trotzdem sehr einfach. Die Polizei hat hier kein Auftreten wie die europäische Polizei. Die Polizisten machen eher einen kumpelhaften Eindruck. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sie die Abwechslung lieben die wir ihnen bereiten oder, dass mit den Fremden besonders allgemein freundlich umgegagen wird. Immerhin müssen die Tadschiken an jeden Checkpoint umgerechnet etwa einen halben Dollar Bestechungsgebüren bezahlen. Die Wassermelonen, mit denen jeder Checkpoint gut ausgestattet ist, sprechen für sich. Einen Checkpoint zu besuchen ist schon eine Erfahrung für sich. Die Uniformen der Polizisten sind in Top Zustand alles sitzt perfekt, dann folgt man dem Polizist in die bescheidene Kabine, die im ersten Fall aus einem ausrangierten Baustellenanhänger besteht. Dort ist ist nur ein Tisch ein Stuhl und ein Teekocher und an der Wand sind sehr alte Bilder der gesuchten Personen aufgehängt. Auf dem Tisch gibt es dann einen Kugelschreiber und ein rießiges Buch. Dort werden dann die Daten eingetragen. Der Polizist fragt einen wie man heist, und er trägt es dann in kyrilisch ein. Meine kyrilische Visitenkarte brauche ich nie herzuzeigen.

Nach dem Checkpoint fahre ich in das enge Tal hinein und frage mich wann ich endlich die Serpentinen zum Khaburabot-Pass erblicken werde. Da ich keine Karte mithabe, sondern nur die digitalen Karten auf dem Ebookreader, verschätze ich mich gewaltig. Ich werde den kompletten nächsten Tag noch diesem Tal folgen, bis der Pass in Reichweite kommt.




Erste Bachquerung - Das Wasser vor dem Abfüllen kosten, hier ist es leicht salzig


Jetzt muss ich wieder einmal einen Zeltplatz zu finden. Durch das heftige Terrain gibt es aber nicht viele Möglichkeiten. Als ich am Rand eines Dorfes vorbeikomme erblickt mich ein Bursche im späten Volksschulalter. Er sprintet bemerkenswert schnell den steilen Hang zu mir hinunter. Er wirkt dabei fast so als hätte er Angst, ich würde vorbei sein, bevor er die Straße erreicht.
Er macht mir deutlich, dass ich ihm folgen soll, er zeigt mir einen Stelle wo ich mein Zelt aufstellen kann. Wie gut dass ich dieses Vokabel heute gelernt habe. Er hilft kräftig mit, indem er mich anschiebt.

Im Dorf gesellen sich andere Jungen dazu, und ich muss fast nicht mehr treten.
Sie machen ein Gartentor auf und meinen hier sei es perfekt. Jetzt muss ich erst einmal überlegen, ob die Besitzer des Gartens auch von der Gastfreundschaft der Dorfjugend wissen. Aber es gibt offenbar derzeit keine Erwachsenen im Dorf. Erst später trudeln sie mit den Ziegenherden ein. Da ist das Zelt mit Unterstützung der Kinder schon aufgebaut, zur Belohnung darf mit meinem Fahrrad gefahren werden. Einige der Männer kommen vorbei, reden etwas mit mir und meinen natürlich, dass es in Ordnung ist. Niemand von Ihnen scheint hier zu wohnen, jedoch holen sie immer wieder Dinge aus dem Schuppen.
Mir wird langsam klar, dass das Haus soetwas wie ein Gemeindehaus oder Schule ist, da keine Landwirtschaft vorhanden ist. Außerdem ist die Bank neben meinem Zelt eine Art Treffpunkt.







Jetzt bin ich in der Sitation, dass ich zwar nichts mehr zu tun habe, aber die Augen der Kinder immer noch auf mich gerichtet sind. Also fange ich zu kochen an, was ja mit dem Benzinkocher auch nicht unspektakulär ist. Jetzt kommt endlich der Besitzer des Hauses vorbei. Er schickt die Kinder weg, die uns augenblicklich verlassen. Ich bin ziemlich von seiner Autorität beeindruckt. Auch die Männer scheinen viel Respekt vor ihm zu haben. Ich halte ihn entweder für einen Geistlichen oder Lehrer. Auf einmal stehen alle Männer auf und gehen auf den Dorfweg. Ich sehe ich etwa 12 Soldaten recht eilig auf uns zumaschieren. Da in dieser Region schon einiges vorgekommen ist, beobachte ich natürlich gespannt was nun passiert. Die Soldaten werden freundlich von den Dorfbewohnern begrüsst, dem Oberhaupt wird natürlich zuerst die Hand gegeben. Dann sehe ich den Grund für die Eile, die Wasserquelle neben dem Grundstück. Erst wenig später entdecken sie mich. Der kleinste von ihnen, ihr Kommandant begrüsst mich ebenfalls herzlich, und spricht selbst für europäische Maßstäbe sehr gut Englisch.

Erst ist er entsetzt, dass ich alleine in so ein gefährliches Land reise und auch kein Russisch spreche. Er etwa gleich alt wie ich, und seit 2 Jahren Offizier. Nachdem ich ihm gezeigt habe, dass ich kein Greenhorn bin, und auf alle Eventualitäten vorbereitet bin, scheint er sich etwas zu entspannen. Er meint aber, Tadschikistan sei sehr gefährlich, aber hauptsächlich weil man bei einem Unfall sehr schlechte Evakuierungsmöglichkeiten habe. Ich spreche Ihn darauf an, ob es Kriminalität gegen Ausländer gebe, aber er meint soetwas würde in Tadschikistan nicht vorkommen. Da er ziemlich ehrlich ist glaube ich ihm das auch. Er meint der Militärdienst sei in etwa wie bezahltes Gefängnis und seine Mission sei relativ unnötig. Der permanente Auftrag seiner Truppe ist es auf die Berge zu steigen und dort zu patrollieren. Auf die Frage, ob er in den Bergen Menschen treffe antwortet er, dass er irgendwann schon mal jemanden getroffen habe. Das wichtigste sei aber viel mit den Menschen in den Dörfern zu reden, damit sie wissen, dass es Soldaten in den Bergen gibt. Der Offizier scheint recht intelligent, auf Fragen die er nicht beantworten darf, weicht er sehr geschickt aus. Ich bekomme beispielsweise nicht aus ihm heraus, mit welchen Fahrzeugen die Soldaten unterwegs sind. Interessant finde ich, dass er selbst gerne Reisen unternimmt, meist mit dem Bus nach Pakistan, Afghanistan, Indien oder Usbekistan.
Die Soldaten werden in dem Gebäude nebem meinen Zelt untergebracht und sind bei Tagesanbruch schon in die Berge unterwegs.


Versorgungsbrücken in die Dörfer auf der anderen Talseite


Immer noch mit staubiger Luft geht es dem Tal entlang weiter. Diese Region scheint mir ziemlich schlecht entwickelt zu sein. Die Hütten werden ärmer und es gibt viele Entwicklungshilfestationen in den Dörfern. Es scheinen recht viele Menschen den wenigen Boden zu bewirtschaften. Nach einigen Stunden komme ich zur markanten 90 Grad Kehre des Flusses und auch zum Checkpoint. Dieser Checkpoint ist für mich nur dadurch zu erkennen, dass ein Soldat rausstürmt und mir nachschreit stehen zu bleiben. Ich hatte zwar die Checkpointtafel gesehen, aber nicht gedacht, das diese Hütte schon der Checkpoint ist. Trotzdem ist auch hier niemand unfreudlich. Der Polizist deutet auf die Namen im Buch und meint, dass auch das Radfahrer gewesen seien. Diesmal ist das Personal mehr am Fahrrad interessiert, besonders die faltbare Isomatte wird intensiv begutachtet. Es gibt noch eine genaue Angabe, wo ich zu Pass abzweigen muss, die wirklich auf den Kilometer genau stimmt.


20 Kilometer sind es noch bis ich den Fluss verlassen werde und endlich zum Pass ansteigen kann. Unterwegs treffe ich noch eine neuseeländische Radfahrerin, die erste von 43 Radfahrern die ich noch in Zentralasien sehen werde. Sie wirkt ziemlich ausgehungert, und freut sich schon sehr auf etwas besseres zu essen in Duschanbe. Der Pamir Highway führt jetzt kurz durch ein Geröllfeld, dass erst durch die Unwetter vor 2 Jahren entstanden ist. Hier ist die schlechteste Stelle auf der Strecke, die Straße ist nur mehr so breit wie ein Feldweg und viel unebener. Unglaublich dass hier fast sämtliche LKWs durchfahren, die Waren aus China importieren.
Der Fluss wird überquert, und bei einer Rast das Hinterrad ziemlich stark nachzentriert. Irgendwie schade, jetzt habe ich mir extra für so eine Tour ein mit Tensiometer eingespeichtes Hinterrad gekauft, und jetzt schon ist die Speichenspannung komplett unregelmäßig. Ein Schlag bleibt, erst in Kasachstan wird mir langweilig genug sein, auch das noch zu beseitigen.

Knapp nach der Flussüberquerung gibt es noch einen Checkpoint. Zur Verabschiedung drückt mir der Polizist mit seinen großen Händen kräftig die Hand, was ich noch fester erwiedere. Er ist begeistert, dass ich auch so große Hände habe, und wir halten eine Runde Armdrücken ab. Da ich zuerst mit meiner schwachen Hand gewinne habe ich den Verdacht, dass er mich die erste Runde gewinnen hat lassen.

Ein Dorf später winkt mich eine Gasthausbesitzerin so freundlich zu sich, dass ich spontan beschließe einzukehren. Ich finde heraus, dass Suppe keine Vorspeise ist, und bestelle "fried meat". Die Wirtin hat nämlich eine handgeschriebene Übersetzungsliste zur Hand. Erst gibt es Tee, dann kommt das Brot und schließlich gekochte Ziegenteile mit Salz und Zwiebeln. Irgendwie habe ich nicht mitgedacht, dass es soetwas sein könnte. Ziegenfleisch bekomme ich in Europa ja schon nicht herunter, und jetzt das. Ich bin höflich kaue, schlucke, würge und stelle mir vor das es jetzt 3 Wochen lang bestimmt kein Fleisch mehr geben wird, und das ich es geniesen soll. Irgendwie geht es dann schon, aber die Niere lasse ich übrig. Das restliche Brot packe ich ein, das bekommt man nämlich kaum in den Geschäften zu kaufen. Ich verabschiede mich von den Damen, und darf ein Abschiedsfoto machen. Trinkgeld ist unbekannt, der zusätzliche Som wird sofort erkannt, und mir mit Unverständnis zurückgegeben.


Erst gibt es Tee...



...dann gekochtes Schaffleisch (man beachte die Niere)...


...und zum Schluss noch ein Abschiedsfoto der Gasthauscrew.


Bei einsetzender Abendstimmung folge ich dem Seitental weiter. Ich mache schon ordentlich Höhe, dabei ist der Pass noch nicht in Sicht. Das Tal wird enger, und zu einem richtigen Canyon, mit enorm hohen Felsformationen.





Es überholt mich ein Geländewagen, der mir heute schon begegnet ist. Ich erkenne ihn sofort wegen der markanten Reserveradabdeckung wieder. In der nächsten Kurve steht das Auto am Straßenrand mit dem Fahrer drinnen, und ich überhole den Wagen. Später überholt er mich wieder und ich passiere ihn erneut. Als er micht dann wieder überholt wächst in mir Unbehagen, immerhin macht der Wagen das Spiel genau in der einzigen einsamen Gegend die ich heute durchquere. Um meine Paranoia zu zerstören fange ich mit dem Fahrer bei der nächsten Gelegenheit ein Gespräch an. Sofort sind alle Zweifel beseitigt, er wirkt sehr freundlich, und ich sehe, dass sein Befahrer dabei ist, an den Straßenböschungen wilde Zwiebeln zu ernten.

Heute finde ich einen guten Ort für mein Zelt, das Flussbett ist breiter und auf der anderen Seite gibt es eine ebene Fläche. Ich bin zwar für alle sichtbar, aber außer der Reichweite der Straße. Etwa 500m ist ein Haus entfernt, und der Besitzer beobachtete mich eine recht lange Zeit lang. Allerdings hatte er wohl keine Motivation den Bach zu überqueren und seine Neugierde mit einem Gepräch zu stillen.

Am Morgen stehe ich wieder sehr früh auf, ich will von der Kühle des Morgens in die Kühle der Höhe gelangen, ohne dazwischen ins Schwitzen zu kommen. Mein Zelt steht auf 2500m und ich muss nur noch auf 3250m zum Pass. Ich bin aber noch nicht so gut trainiert und so erreiche ich erst zu Mittag den Pass.


Der Pass mit der bekannten Busshaltestelle


Die Haltestelle war offenbar einmal eine Stellung im Bürgerkrieg.


Es ist schon eigenartig, dass man auf über 3200 Metern Höhe ist und rundherum nur Grashügel sind. Da ich noch nie so hoch gewesen bin freue ich mich, dass ich die Höhe nicht spüre und sehe das als gutes Zeichen für den Pamir. Leider bin ich noch der Meinug mein Rad schonen zu müssen und fahre also deutlich langsamer bergab, als ich eigentlich könnte. Durch die schlechte Straße trägt der Luftwiderstand nicht zur Bremsleistung bei und ich muss viele Pausen machen, um die Felgen abzukühlen.


Bei der Landschaft stört das aber nicht


Leider ist die Luft immer noch alles so staubig. Irgendwann während der Abfahrt fängt etappenweise der Sovietasphalt an, und man muss Notbremsungen machen wenn er plötzlich wieder aufhört.
Im Tal angekommen wird man erst einmal durch den Militärcheckpoint abgebremst. Hier sollen also die Drogen abgefangen werden, die von Afghanistan nach Europa kommen - Also rohes Opiom zur Weiterverarbeitung. Es gibt ja aber noch die andere Strecke über den Nurekstaudamm, und die Grenze zu Afghanistan ist ja noch viel länger. Es wäre ja schon traurig, wenn alle Drogen durch diesen Checkpoint kommen würden. Aber auf jeden Fall weis ich jetzt warum die Route über Tadschikistan und nicht den Iran läuft: Im Iran habe ich einen der vielen Drogencheckpoints gesehen. Dort sieht das wie eine richtige Grenzabfertigung aus, und hier sind das 4 Soldaten mit einer gemauerten LKW Rampe. Der Komandant nimmt den Pass geht in die befestigte Hütte und gibt ihn mir nach 3 Minuten wieder. Der einzige bewaffnete Soldat öffnet mir das Tor und ich bin durch. Ein Jahr zuvor mussten hier Radler noch ihr Gepäck durchsuchen lassen.


Ungebremmst rauscht der Seitenfluss Richtung Panji.


Das Tal fällt jetzt steil ab und der Rückenwind verstärkt meinen Spass den ich dabei habe. Viel zu schnell mündet der Fluss in den Panji ein.
Die Taxifahrer im Ort an der Mündung zeigen starkes Interesse an mir, aber ich lasse sie schnell hinter mir, hauptsächlich weil es immer noch bergab geht.

Im Ort treffe ich noch kurz einen Niederländer, welcher aber zu schnell mit dem Sammeltaxi los muss. Leider kann ich nicht herausfinden, was man ohne wandern und bergsteigen 3 Wochen lang in Tadschikistan unternehmen kann. Ich besuche gleich noch das Geschäft im Ort. Man merkt sofort, wenn der Laden noch im Gebäude ist, in dem er schon zur Sovietzeit war. Es ist eine recht große Halle, mit recht wenig Lebensmitteln drin. Dort kaufe ich die erste von endlos vielen Kondensmilchdosen. Ich mache mir sogar die Mühe das Wort "Haferflocken" aus dem Sprachführer vorzulesen, aber das gibts nicht.
Jetzt ist es an der Zeit ins Panjital vorzudringen und auch einmal einen Blick nach Afghanistan zu werfen. Afghanistan ist wie zu erwarten eine komplett andere Welt, es gibt nur Gebäude ohne Verputz, Blechdächer, Felder, Esel und Ziegen. Faszinierend ist, wie intensiv die Felder bewässert werden, und wie viele Terrassen vorhanden sind.


Die afghanischen Kinder begrüßen mich im Panjital.


Eines der vielen Dörfer auf der anderen Flussseite.


Haupttransportmittel, Autos gibt es nur in der Nähe der wenigen tadschikischen Brücken

Das richtig faszinierende aber ist die Abgeschiedenheit dieser Dörfer. Obwohl Tadschikistan gleich über den Fluss ist, sind manche Dörfer nur über die Berge mit dem Rest des Landes Verbunden. Tolle Pfade führen dort so lange den Hang hinauf, bis man sie mit freien Auge nicht wahrnehmen kann. In den tadschikischen Dörfern rennen wieder die Kinder enthusiastisch auf mich zu, diesmal gibt es aber auch welche von der bösen Sorte. Einen symbolisch kleinen Stein bekomme ich zugeworfen, und ein 4 Jähriger Knirps will Geld haben. Im nächsten Dorf halte ich eigentlich um Tomaten zu kaufen, aber ein eifriger Gastwirt nutzt meine Erschöpfug und Unentschlossenheit, um mich zur Übernachtung zu überreden. Also übernachte ich das erste Mal in meinem Leben auf einer Radtour in einer Unterkunft. Ich werde in den Schlafsaal bugsiert und bekomme gleich das Abendessen aufgetischt.


Abendessen


Leider ist der Gastwirt eher unangenehm und übertreibt es mit der Gästunterhaltung. Mich ärgert vor allem, dass er mir keinen Preis nennen will. Später malt er schließlich 50 Som (~10 Dollar) in den Sand, und ich halte es für recht teuer. Später finde ich heraus, das dieser Preis mittlererweise Standart ist. Immerhin ist das Abendessen dabei, diesmal Hühnerfleisch, das wegen dem besseren Tier auch besser schmeckt. Während der Dämmerung erschüttert eine Explosion plötzlich erst Boden und dann Trommelfell. In kurzen Abständen dann noch dreimal schnell hintereinander. Als heute 23 jähriger hat man durch Computerspiele in der Jugend mehr militärische Erfahrung als ein Soldat und somit sage ich mir ziemlich sicher, dass es vom Geräusch her Schützenpanzer sein muss. Die Vorstellung dass ein Schützenpanzer gerade auf irgendwas feuert motivert mich doch nachzusehen was drausen vor sich geht. Kaum bin ich drausen, stürzt sich mein Gastgeber auf mich. Er beruhigt mich so energisch, als ob ich gleich in Panik ausbrechen würde. Aber langsam habe auch ich kapiert, dass die gut sichtbare Staubwolke auf der afghanischen Seite durch Sprengarbeiten entstanden ist. Die Afghanen habe offensichtlich Sprengstoff eingesetzt, um einen weiteren Eselspfad in die Steilwand zu treiben.
Was an der Stelle gesagt werden muss, ist dass man in dem Tal durchaus Zeuge von Gefechten werden kann. Besonders im westlichen Teil des Panjis liefern sich Schmuggler regelmäßig Duelle mit dem Militär, ab und zu soll es dabei auch zu Opfern auf beiden Seiten kommen.

Einmal werde ich noch in meiner Ruhe gestört als der leicht betrunkene Gastgeber mich nochmal aufweckt, um mit mir eine Unterhaltung anzufangen. Er erweist sich aber als ganz hilfreich, da er mit mir übt, die Vokabel aus dem Sprachfürer auszusprechen. Teilweise weichen die schon erheblich von der Lautschrift ab.

Am nächsten Tag verweigere ich noch das Frühstück, weil ich schnell durchstarten will. Nach 40 Kilometern genialem bis mäßigen Tal kommt auf einmal die Müdigkeit und Erschöfung der letzten Tage durch und es geht nichts mehr. Ich lege mich 3 Stunden in den Schatten eines Baumes und schaue in die Luft. Auf Sparflamme geht es durch den engsten Abschnitt des Panjitals auf meiner Strecke. Es wundert mich ein wenig warum in Tadschikistan immer noch Platz für eine Straße ist, aber in Afghatnistan manchmal hunderte Meter hohe senkrechte Steilwände. Als sich das Tal aufweitet ergibt sich die Gelegenheit einen einsamen Zeltplatz zu finden. Durch Fahrzeugs und Schafspuren vergewissere ich mich der Minenfreiheit und schlage das Zelt auf. Hätte ich noch mein GPS könnte ich die Position verlinken.
Die russischen Militärkarten sind sehr gut und genau, jedes erdenkliche Seitental ist eingezeichnet, jedoch bin ich trotzdem unfähig festzustellen an welcher Stelle ich gerade bin, die Kurven und Kehren sind alle zu ähnlich.

Am nächsten Tag geht es wieder halbwegs zu fahren, jedoch habe ich wieder einmal das Bedürfnis eine Pause einzulegen. Wenn man in Tadschikistan seine Ruhe haben will, muss man sich ein wenig abseits hinsetzen, da man sonst sehr häufig angesprochen wird. Ich komme durch ein recht flaches Gebiet mit vielen größeren Felsen, die dort verstreut liegen. Ich denke mir dass ich zwischen diesen Felsen bestimmt einen ruhigen Mittagschlaf hätte. Ich will jedoch noch ein wenig weiter, um auch noch die letzten Reserven verbrauchen, und überlege gerade ob es wirlich so gut ist von der Straße runter zu gehen, da kommt mir auf einmal eine Minenwarntafel in Blickfeld. Irgendwie logisch, dass genau hier Minen platziert sind. Die hohen Felsen würden ja eine super Deckung für Angreifer abgeben.



So sieht ein Minenfeld mit detonierter Mine aus. Wegen der fehlenden Tierspuren kann man die Felder recht leicht identifizieren.

Wenig später

Afghanische Bewässerungen


Nach einer Flussmündung mache ich erste Bekanntschaft mit den bei Reisenden so verhassten Grenzsoldaten. Den Ersten übersehe ich fast, trotz der irrationalen hellgrünen Tarnfarbe. Er fragt mich irgendwas, aber ich bin gerade berab unterwegs und zu schnell um zu erfahren was. Auch deren lokales Hauptquartier, ein Checkpoint an einer Brücke Richtung Afghanistan wird ignoriert, obwohl mich die Soldaten offenbar eher in freundlicher Absicht heranwinken. Eine Kehre weiter treffe ich aber auf eine der berüchtigten Dreiergruppen. Diese Gruppen patrolieren an der Grenze, und bestehen aus jungen Wehrpflichtigen, die oft weit vom Einflussbereich der Vorgesetzten enfernt sind. Es gibt Berichte von Süßigkeitenbeschlagnamung bis hin zum echten Raub. Im Lonely Planet Forum hat aber angeblich ein tadschikischer Politiker versprochen sich darum zu kümmern. Auf jeden Fall habe ich niemanden getroffen der mit den Soldaten Probleme hatte, und auch ich wurde nicht behelligt. Ich glaube, dass sie einfach keine Kontrollen mit Touristen mehr durchführen dürfen. Die Soldaten betrieben mit mir nur den üblichen Smalltalk. Als sie dann fordernd auf mich schauten, als wollten sie meine Dokumente sehen, frage ich ob ich was herzeigen soll. Sie meinten fast energisch, dass soetwas nicht notwendig ist, und verabschiedeten sich. Natürlich hätte ich nicht meinen originalen Pass hergegeben sondern entsprechende Kopien. Ein guter Tipp ist es die Kopien auch wirklich griffbereit zu haben.


So sehen die Grenzsoldaten aus (Das Foto ist erst später entstanden)


Eine Kurve weiter sehe ich die bekannten afghanischen Straßenbauer auf einer unglaublich hohen Felswand mit dem Presslufthammer agieren:






Im nächsten Dorf treffe ich auf 2 tadschikische Radfahrer. Heute unternehmen sie gerade eine längere eine Radtour. 20 km haben sie schon hinter sich, jetzt sind sie auf dem Rückweg. Sie fahren etwa das selbe Tempo wie ich, aber müssen bergauf schieben, da sie nur Freilaufnaben haben. Ich frage mich ernsthaft ob die Räder die Strecke überleben. Bei jedem Laufrad fehlen mindestens 3 Speichen und um die Mäntel sind Stofffetzen gewickelt, die die Schläuche schützen, die durch den Mantel schauen. Ich kann fast nicht zuschauen, wenn die beiden schneller als ich bergab über die aufgerissene Schotterstraße donnern. Nach 10km platzt der Schlauch des einen mit lautem Knall. Zum Glück passt mein Pannenflicken noch über das Loch. Den Mantel repariere ich mit Klebeband, und frage mich ob ich das selbst auch Mal machen muss. Am Ende weis ich natürlich die Antwort.


Meine tadschikischen Mitradler



Unfallstelle

Nach dem ich mich von den beiden getrennt habe erreiche ich endlich die flache Stelle den Panji. Ich erwarte hier Militär, da jedoch nichts darauf hindeutet finde ich einen gute Stelle zum zelten. Es handelt sich um eine Art Schottergrube, also schön nett Minenfrei. Auf die Straße sehe ich dennoch gut.
Im Nachhinein erfahre ich, dass offenbar noch Martin, ein deutscher Radfahrer, an den Abend noch vorbeigefahren ist. Offenbar ist mein Zeltplatz wider Erwarten nicht so leicht bemerkbar gewesen. Ich fahre durch unzählige Dörfer und auch größere Orte. Das erinnert mich daran, dass ich außer in kurz in Duschanbe eigentlich noch nie in einer tadschikischen Stadt gewesen bin. Ich bin schon gespannt auf Korogh, das heutige Ziel.


Badeteich


Am Nachmittag passiere ich einen aufgestauten See, den einige Tadschiken zum Baden nutzen. Ich mache es ihnen nach, immerhin erspart mir das die Kleidung zu waschen. Als ich die Kamera nehme um vom Wasser aus ein Foto zu machen entdecke ich diese Zeitgenössin:




Nach kurzem Lufttrocknen schiebe ich das Rad auf die Straßentrasse hoch, und treffe darauf auf den schon erwähnten Martin aus Deutschland, der gerade mit dem Rad aus meiner Richtung kommt.
Unser Tagesziel ist die Pamirlodge in Korogh, die offenbar fast alle Radfahrer ansteuern.

In Korogh passiert man zuerst das Flugfeld, das auf der Straßenseite mit meterhohem Zaun abgesperrt ist, und sonst völlig offen liegt. Tatsächlich weidet dort auch heute eine Herde Schafe.
Jetzt gilt es die gut versteckte Pamirlodge zu finden. Gerade als Martin eine Gruppe Polizisten fragt, treffen wir auf ein Schweizer Ehepaar, dass uns erst in die Bäckerei, und dann in die Lodge mitnimmt.
Alleine hätten wir da durchaus noch ordentlich suchen müssen.



Bäckerei



Pamirlodge


Die Lodge hat Zimmer, Verandaschlafplätze und die Möglichkeit Zelte aufzubauen. Ich entscheide mich natürlich für letzteres. Es sind recht viele Reisende zugegen, mehr als die Hälfte davon sind Radfahrer. Jeder scheint sich hier vom Durchfall zu erholen. Ich bleibe wie durch ein Wunder die kompletten 3 Monate davon verschont. Am nächsten Tag lege ich eine Zwangsruhetag ein, es gilt die Genemigung für den Zorkul Nationalpark zu beschaffen. Diese bekommt man ja angeblich bei der META Organisation im Park. (Stimmt nicht mehr, siehe Radreise Wiki)
Der erste Schritt ist also den Park zu finden. Der erste Park den ich finde ist es nicht, und als ich mich durchfrage deuten die Menschen immer in die selbe Richtung, so dass ich schließlich wieder in der Nähe der Pamirlodge bin. Offenbar wird man automatisch dorthin geschickt, wenn man als Fremder am Fahrrad in Korogh etwas fragt.
Ich fahre noch eine Runde durch die Stadt und sehe durch Zufall, dass sich der Park im Zentrum zwischen einigen Hausreihen versteckt. Die Meta, oder war es PECTA? ist ein Mittelding aus Reisebüro und Touristeninformation, und ich bekomme dort mitgeteilt, dass sie diese Permits nicht mehr ausstellen dürfen, sondern ich müsse direkt zur Behörde gehen. Es gibt noch eine Wegbeschreibung, und das Stichwort nach dem man sich durchfragen soll. "Leeszhooc" Im Radreise Wiki habe ich eine Wegbeschreibung hinterlassen.
Die Behörde wird tatsächlich von mir gefunden, wobei ich den schlechtest möglichen Fussweg dafür nehme. Es ist dort eine schlimme Gegend, zertrümmerte Häuser, viele Spritzen am Boden, man kann die Behörde aber auch super über die Hauptstraße erreichen.


Hier bekommt man die Permits für alle Pamir Nationalparks.


Das Haus ist gefunden, das war der leichte Teil:
Es ist 1 Uhr Mittag, und in dem gesamten Haus ist kein einziger Mensch zugegen. Ich setze mich auf die Stufen und warte. Nach 1/2 Stunde kommen zwei Männer in meinem Alter und nehmen mich erstmal mit in ihr Büro. Ich könnte bei ihnen warten, die Beamten seien alle in der Mittagspause. Sie sprechen halbwegs englisch, und ihr Büro auf halbwegs westlichen Standart. Allerdings sind sie offenbar eine komplett andere Abteilung, und auch in Kontainern hinter dem Haupthaus untergebracht. Ich habe den verdacht, dass hier Umweltförderungen von außerhalb angekommen sind.
Ich frage sie, wie viel mich das Permit kosten würde. 469 Som lautet die Antwort. Irgendwie unglaublich, etwa 100 Dollar sind das umgerechnet. Ich hoffe das das eher ein Missverständnis ist, und die beiden mich nicht abzocken zu probieren. Ich überlege ob ich erklären soll, dass ich nicht auf Marcopoloschafe schießen will, sondern nur zum Radfahren dort bin. Jedoch verlasse ich das Gebäude um herzhaft in den neuen sauren Apfel zu beissen und mir das Geld in der Stadt zu wechseln. Natürlich habe ich vor den Betrag nicht zu zahlen, aber wenn es nicht anders geht ist mir der Zorkul das Geld wert.


500 Som


12 Kilometer, 2 Liter Wasser und 50 Höhenmeter später stehe ich wieder vor dem Amtsgebäude. Diesmal warte ich gleich auf der Treppe. Langsam trudeln die Mitarbeiter von der Mittagspause ein.
Ein weiterer Juniorbeamter lädt mich in sein Büro ein. Es tut ihm leid, aber keiner der 3 Beamten die für den Zorkul zuständig sind, wird heute noch auftauchen.
Er könne mir die Genemigung nicht ausstellen, da er die Formulare nicht habe. Er probiert zwar in die Zorkulabteilung (Die gibt es wirklich) einzubrechen, indem er die Bilderrahmen am Gang nach Schlüsseln absucht, aber ohne Erfolg. Als Trostpreis will er mir noch eine Genemigung für den Pamir Nationalpark mitgeben, aber dort will ich nicht hin. Ich solle morgen um 8 Uhr wiederkommen, dann bekomme ich bestimmt das Permit.

Etwas enttäuscht besuche ich den Basar, wo ich nach Proviant für den Pamir Ausschau halte. Ich entdecke jedoch heute nur frisch frittierte Teigtaschen mit faschiertem Fleisch für mich.
Außerdem wird ein Dollar in eine riesige Wassermelone investiert, die ich direkt vom Lastwagen kaufe. Ein Melonenexperte wie ich prüft natürlich die Melone mit der Klopfmethode. Obwohl ich keinen Zusammenhang zwischen dem Klopfgeräusch und der Qualität ausmachen kann, bekommt man vom Händler meist ein besseres Exemplar, wenn man beim Klopfen leicht das Gesicht verzieht.
In einem Laden finde ich noch einige Trockenfrüchte und leistbare Pistazien. Mit dieser Beute geht es zur Lodge zurück. Mit Martin und dem Niederländer Paul vereinbare ich, am nächsten Tag Richtung Ishkashim aufzubrechen.

Aber zunächst muss ich immer noch mein Permit organisieren. Um 8 Uhr bietet sich mir das selbe traurige Bild vom Vortag, ein komplett leeres Amtsgebäude, nur diesmal verschlossen. Um halb neun trudeln die ersten Mitarbeiter ein. Ich werde diesmal wieder herzlich aufgenommmen und in eine andere Amtstube mitgenommen. Der Rechner wird hochgefahren, und die marode Sovietkochplatte zum Teekochen angesteckt. Die verdrillten Kontakte zum Stecker glühen so hell, dass es in den Augen blendet. Einige der jungen Beamten können recht gut Englisch und so kann ich mich ganz gut unterhalten. An der Wand hängt ein Original der Sovietmilitärkarten die frei im Internet verfügbar sind, und auch auf meinen Ebookreader geladen sind. Eine Beamtin erzählt mir, dass sie mit einer Gruppe zu Fuss den Zorkul Nationalpark durchquert hat. Ich kann mich auch gleich versichern, dass es überall genug Wasser gibt. Allerdings stimmt das für den Pamir nach dem Zorkul Richtung Murgab nicht mehr. Nachdem ich eine 3/4 Stunde lang die Beamten beim Nichtstun beobachtet habe, gibt es endlich die Nachricht, dass die Zorkulbeamtin eingetroffen ist. Mit einer Dolmetscherin an meiner Seite ist es sehr einfach das Permit zu bekommen. Ich werde nur nach dem Pass gefragt und muss einen fixen Zeitraum angeben. Ich beantrage 3 Tage, da ich nicht sicher bin, wie viele ich bekommen kann und bekomme noch einen dazugeschenkt. Abschliesend zahle ich 50 Som also etwa 10 Dollar. Auf dem Permit ist eine genaue Preisliste als Korruptionsprävention aufgedruckt, eigentlich müsste ich etwas mehr als 50 Som zahlen.
Natürlich bin ich hocherfreut, dass ich so wenig gezahlt habe, immerhin hätte es bei der META 50 Dollar gekostet, nur dammit ein Bote hier vorbeischaut. Jedoch habe ich jetzt viel zu viele Som in der Geldtasche. Hoffentlich werden die Kirgistan eingetauscht.


Korogh an der Flussmündung, der richtige Ort ist im Tal. - Endlich ist die Luft klar!

Mit toller Laune geht es jetzt nochmals zum Basar um Milchpulver und Haferflocken für den Pamir zu kaufen.
Diese Güter bekommt man übrigens in der Markthalle. Dort gibt es eine geschäftstüchtige Händlerin, die genau weis was die Radfahrer einkaufen wollen. Sie zeigt mir sofort die Haferflocken, Grieß, Milchpulver und Snickers. Auch RC Cola scheinen die Reisenden oft bei ihr zu kaufen - ein geniales Getränk übrigens. Das Milchpulver scheint aus China zu stammen und schmeckt mir anfangs ziemlich lecker. Zu Mittag bin ich wieder zurück in der Pamirlodge und es kann losgehen. Martin ist schon am Vormittag gemütlich vorrausgefahren und ich fahre mit Paul hinterher.
Paul ist schon seit Frankreich unterwegs, und hat deshalb ordentlich Kraft in den Beinen. Auch bergab donnert er mit seinen schmalen Marathons über den Schotter, dass ich mit den 2.35er XRs und Thudbuster Sattelstütze kaum nachkomme. Gerade als wir nach einem Zeltplatz suchen, entdecken wir Martin, der sein Zelt halb versteckt schon aufgebaut hat. Es ist der erste klare Tag, und der Sternenhimmel ist jetzt schon einmalig, aber noch kein Vergleich zum Pamir.
Am nächsten Tag geht es gemeinsam nach Ishkaschim. Heute habe ich den ersten von vielen Kettenrissen, die einfach nur lästig sind. Die Landschaft wird Kurve um Kurve toller, und auch der Talverlauf ist recht abwechslungsreich. Ich passiere die Kaserne, aus der der Offizier vom 2. Tag stammt, und suche mit Martin im nächsten Ort das Geschäft.
Es gibt iranische Cracker mit Fanto ohne Schreibfehler als Jause.


Es wird ein toller klarer Tag


Später holen wir Paul wieder ein, und entdecken eine warme Quelle am Straßenrand. Es ist zwar eigentlich ein warmer Tag, aber der kühle Wind sorgt dafür, das wir uns im Becken ziemlich wohl fühlen.
Im Hintergrund sieht man schon die hohen Gipfel des Hindukuschs und neben uns rauscht der Panji vorbei. Bei dieser Traumlage halten wir es fast 2 Stunden drinnen aus. Thomas von richtungchina.de hält mit einem Kollegen kurz mit dem Motorrad bei uns an, muss aber weiter da die Elektronik seines Motorades spinnt, und er es nicht riskieren kann das Motorrad hier nicht wieder starten zu können.



Badewanne mit Blick auf den Hindukusch




Mit dem warmen Nachmittagslicht im Rücken fahren wir auf den Hindukusch zu. Wir kommen durch einige Dörfer, mit wie gewohnt freundlichen Bewohner und decken uns auch noch mit der genialen RC Cola und Schokolade ein. Seit dem Panjital sind die Frauen offener, grüßen freundlich und fangen sogar Gespräche an.
In Ishakshim gibt es ein Homestay und ein Gästehaus. Das Gästehaus ist näher und bekannter und es existiert sogar ein Hinweisschild. Wegen der Dusche kostet es leider 15 Dollar. Dafür gibt es Abendessen, Frühstück und Einzelzimmer, für mich das einzige Mal auf der ganzen Reise. Ich ziehe sonst eigentlich das Zelt vor.





Es würde mich wirklich interessieren, was sich einmal in diesem Gebäude befunden hat. Die Räume sind sehr hoch, europäische Altbauwohnugen wären neidig darum. Die Dusche entpuppt sich als Flop, das Wasser ist so heiss, dass keiner der Reisenden sich duscht. Nur Paul entdeckt noch spät Abends eine 2. Dusche die in Ordnung ist. Im Speisezimmer versammeln sich die Reisenden und berichten von ihren Erlebnissen, und diskutieren heftig darum, ob Afghanistan nur wegen der vermeintlichen Gefahr und der Exotik als Reiseziel so interessant ist.
Von Ischkashim aus gibt es nämlich einen Grenzübergang den man mit einem in Korogh erhältlichen Visum überqueren kann. Dieser Teil Afghanistans war zwar immer friedlich, aber es gibt keine zuverlässige Möglichkeit nach einem Unfall versorgt oder geborgen zu werden. Für meine Strecke über den Zorkul gilt das aber auch, ich muss also vorsichtig fahren.
Am nächsten Tag haben wir die Möglichkeit die Afghanen näher kennenzulernen, es ist Samstag und Zeit für den gemeinsamen Markt im Flussbett zwischen den Grenzen.




Fortsetzung folgt in Kürze
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#781150 - 12/20/11 08:45 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
joeyyy
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Spannender Bericht, beeindruckende Fotos, bin schon auf die Fortsetzung gespannt...

Kannst Du noch was zur Ausrüstung sagen? Was war auf dieser Tour (neben den üblichen Sachen) in besonderer Weise unverzichtbar bzw. besonders gefordert? Wie und womit hast Du das Wasser entkeimt?

Wieviele Tage waren das Maximum ohne Verpflegungsmöglichkeit?

Gruß

Jörg.
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#781187 - 12/20/11 11:46 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
naero
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Hammer! Ich bin ziemlich begeistert, die -stans kommmen immer höher auf meinen Wunschzettel! Mach weiter, ich freu mich auf die nächsten Berichte.
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Off-topic #781196 - 12/20/11 12:10 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
Oldmarty
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Mal eine blöde Frage eines Nichtweltreisenden.

Du bist da am Grenzfluss zu Afghanistan geradelt. Das das jetzt nicht so wie die Grenze zwischen D und AU ist, dürfte bekannt sein. Das da auch mal Touristen ( was ja auch Radreisende sind) überfallen, verschleppt und ermordet worden sind, ist auch nicht so ganz unbekannt. Hat man da nicht die Angst, oder hofft man das A einem nichts passiert und B wenn ja, dann kommen so die Natotruppen und ballern einen raus. Oder das Außenministerium lässt die diplomatischen Drähte glühen?

*ja ich weis, man kann auch in Berlin-Wien-Frankurt überfallen und ausgeraubt werden*
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Off-topic #781205 - 12/20/11 12:48 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: Oldmarty]
estate
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In Antwort auf: Oldmarty
Mal eine blöde Frage eines Nichtweltreisenden.

Du bist da am Grenzfluss zu Afghanistan geradelt. Das das jetzt nicht so wie die Grenze zwischen D und AU ist, dürfte bekannt sein. Das da auch mal Touristen ( was ja auch Radreisende sind) überfallen, verschleppt und ermordet worden sind, ist auch nicht so ganz unbekannt.

So weit ich weis war das noch zu Bürgerkriegszeiten in den 90ern.

In Antwort auf: Oldmarty

Hat man da nicht die Angst, oder hofft man das A einem nichts passiert und B wenn ja, dann kommen so die Natotruppen und ballern einen raus. Oder das Außenministerium lässt die diplomatischen Drähte glühen?


Der Norden Afghanistans war im von mir bereisten Abschnitt nie mit Taliban besetzt, kritisch ist die Region wegen den Schmugglern und den tadschikischen Grenzsoldaten. Letzteres hat sich offenbar wieder beruhigt. Angst hat man vor Ort überhaupt keine, man wird von den Einheimischen so herzlich aufgenommen und überall so freundlich empfangen, dass man sich sehr sicher fühlt.
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#781234 - 12/20/11 02:05 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: Oldmarty]
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erstmal herzlichen dank für den tollen bericht, auch ich hoffe auf die Fortsetzung dieser interessant gewählten Strecke !

@oldmarty: ich bin da auch letztes jahr an der Grenze entlanggeradelt. Es gibt dort keinen einzigen Grund ängstlich zu sein, obwohl ich letztes Jahr gehört habe dass 2 Radler überfallen wurden, allerdings bin ich mir nicht sicher ob diese Info wirklich stimmt oder nur Panikmache war.
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#781339 - 12/20/11 06:50 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
BaB
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Klasse Bericht! Ich freue mich schon auf die Fortsetzung. schmunzel
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#781342 - 12/20/11 07:06 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
PMB
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Super, auch von mir, beide Daumen hoch. Freue mich auch über die nächsten Teile!!

Kurze Frage im Voraus: Auf der Karte hast du eingezeichnet, dass du von Osch-Bishkek gefahren bist ohne nach Usbekistan zu müssen. Geht das gut? Werde im Sommer 2012 da sein und befürchtete schon gleich von Usbekistan nach Bishkek abbiegen zu müssen.

Nochmal, super.
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#781349 - 12/20/11 07:14 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: ]
estate
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In Antwort auf: Bike Mike

Kurze Frage im Voraus: Auf der Karte hast du eingezeichnet, dass du von Osch-Bishkek gefahren bist ohne nach Usbekistan zu müssen. Geht das gut? Werde im Sommer 2012 da sein und befürchtete schon gleich von Usbekistan nach Bishkek abbiegen zu müssen.


Ich war nicht in Osh, sondern bin über die Berge eine Schleife herumgefahren. (Tolle Strecke)
Egal, von Osh nach Bishkek gibt es eine breite Hauptstraße. Man kommt recht knapp an die Usbekische Grenze heran.
Ich bin über den 3000er Pass (Name fällt mir grade nicht ein) nach Kasarman weitergefahren. - besonders nach Kasarman geniale Strecke, hat mir fast noch besser als der Pamir gefallen.
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#781494 - 12/21/11 09:41 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
Juergen
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ich sitze immer noch wie elektrisiert vor dem PC, bin erschütterd über deinen Mut und harre gespannt auf das, was Du ja glücklicherweise überlebt hast.
bravo bravo
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#781502 - 12/21/11 10:12 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
kettenraucher
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Zitat:
Heute habe ich den ersten von vielen Kettenrissen, die einfach nur lästig sind.


Bin ein Ahnungsloser und hab deshalb ´ne dumme Frage: Warum reißt die Kette so häufig?

Ich finde Deine Fahrt und Story saumäßig cool.

bravo
Allen gute Fahrt und schöne Reise.

Edited by kettenraucher (12/21/11 10:14 AM)
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#781522 - 12/21/11 11:27 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
velOlaf
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Hallo Hannes,
Dein Bericht liest sich wie ein Buch, sehr spannend und informativ. Super!

Die gesamte Gegend reizt mich total, auch wenn ich dort wohl nicht hinkomme... In den 90ern habe ich versucht einen früheren Arbeitskollegen (Russlanddeutscher aus Kasachstan) anzustacheln, mich mit Rucksack nach Usbekistan zu begleiten, aber so ernsthaft war das dann doch nicht und er war froh, dort nicht mehr hinzumüssen. Eine Bekannte erzählte mir von den Familienurlauben am Yssykköl und der Landschaft dort, es muß traumhaft schön dort sein.
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#781551 - 12/21/11 12:49 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: joeyyy]
estate
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In Antwort auf: joeyyy

Kannst Du noch was zur Ausrüstung sagen? Was war auf dieser Tour (neben den üblichen Sachen) in besonderer Weise unverzichtbar bzw. besonders gefordert? Wie und womit hast Du das Wasser entkeimt?


Ich hatte nicht viel Budget für die Ausrüstung, also habe ich hauptsächlich genommen, was ich günstig gebraucht gefunden habe.

Das Zelt ist von Salewa und leider 2.5 Kilo schwer.
Durchgehalten hat es super, allerdings habe ich einige Schäden verursacht.

Der Schlafsack ist der Ladak 1700 von Carinthia, mit 1,8 Kilo viel zu schwer für die Tour.
-1 Grad hatte es in der kältesten Nacht.

Der Whisperlite Benzinkocher ist super, er wurde von Hansjörg hier im Forum, schon jahrelang eingesetzt und ist auch jetzt ohne Wartung noch super drauf.
Danke nochmals an Hansjörg! Er hat den Kocher mir nicht nur geschenkt, sondern auch noch eine neu Benzinflasche spendiert.

Einen guten Griff habe ich mit der Thudbuster Sattelstütze gemacht, die ist wirklich so gut wie in den Reviews und wenn man sie dannach wieder verkauft, kostet sie auch nichts.


Das Wasser habe ich mit Romin entkeimt, die 30 Minuten Einwirkzeit dabei mit 10 Minuten ersetzt. Zuerst war ich bei der Wasserentname wählerisch, in Kasachstan habe aus den größten Dreckspfützen Wasser nehmen müssen, Durchfall habe ich nie bekommen.


In Antwort auf: joeyyy

Wieviele Tage waren das Maximum ohne Verpflegungsmöglichkeit?



5 Tage von Langar bis Murgab in Tadschikistan.

Edited by estate (12/21/11 12:50 PM)
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#781599 - 12/21/11 02:43 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
Bikerrudy
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Super Bericht super Bilder und eine super Region sowieso.
Hatte vor 20 Jahren die Gelegenheit, allerdings mit dem Auto alles zu erkunden.
Später einmal werde ich es mir bestimmt noch ein mal leisten mit dem Rad natürlich jedenfalls steht dieser Teil der Erde auf meiner Wunschliste ganz oben.
Gruß Rudy
http://reisesehnsucht.de.to
Das wichtige im Leben ist für relativ wenig Geld zu haben nur das Unwichtige kostet ein Vermögen
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#781619 - 12/21/11 03:54 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
thomas56
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...ein Jungbrunnen war die Tour jedenfalls nicht......... grins

Aber ´ne coole story!
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#782205 - 12/23/11 08:26 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
velOlaf
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Ich finde Deinen Bericht phantastisch, vielleicht der Beste den ich hier gelesen habe und hoffe, daß Du ihn fortsetzt. dafür
Leider fehlt mir die Fortsetzung für Baikal-Honshu...
--- off ---
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#782214 - 12/23/11 09:24 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
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Von Paul verabschieden wir uns heute, sein Visa läuft aus und er muss schnell weiterkommen. Mit Martin fahre ich die 4 Kilometer zum Markt zurück. Das Fahrrad wird das Erste und einzige Mal versperrt, aber Bei dem Militär und Polizeiaufgebot würde es sowieso niemand mitnehmen. Der Markt ist im Flussbett auf einer Insel zwischen den beiden Grenzstationen. An der Brücke geben wir die Reisepässe ab, einfach deshalb, weil wir ja sonst aus Tadschikistan ausreisen würden. Entgegen einem Reisebericht vor 2 Jahren, werden die Pässe nicht mehr auf der luftigen Brücke am dort aufgestellten Schreibtisch gelagert, sondern in den Brusttaschen der Grenzsoldaten.


Der gemeinsame Markt zwischen dem Tadschikischen und dem Afghanischen Ishkashim in der Mitte des Flussbettes



Die tadschikischen Bewacher - die Afghanischen Kollegen sind in der Menschenmenge verteilt



Ich mit einem Afghanischen Offizier in Zivil


Das Interessante am Markt sind eindeutig die Menschen. Die angebotenen Waren sind abgesehen von den Stoffen und Teppichen, praktisch nur Importe aus Europa oder China. Bei einem Afghanischen Stoffhändler kaufe ich mir einen halben Quadratmeter Stoff als Sonnenschutz und Schal. Im Team beginnen Martin und ich jetzt Fotos zu machen. Da Fotos nicht erlaubt sind, stellen wir und so hin, dass die Soldaten auf der Straßenböschung uns nicht dabei sehen. Trotzdem werden wir ein paar Mal erwischt. Einmal muss Martin so tun, als ob er die Bilder wieder löscht. Die Menschen hingegen sind erfreut fotografiert zu werden. Zwei Afghanische Frauen legen für sogar Martin den Geschichtschleier kurz ab. Dieses Verhalten werden wir bis Langar noch häufig sehen. Ich will die fritierten Teigtaschen ausprobieren, die es offenbar überall in der Ex-UDSSR gibt, auch hier probieren. Als ich sie einpacke fallen sie mir in den Sand und ich bekomme prompt neue geschenkt.






Russischer Einfluss?





Gegen Mittag brechen wir dann wirklich auf, und können uns über die unerwartete Asphaltstraße freuen. Wir treffen heute wieder auf jede Menge Kinder, die gewöhnlich aus allen Richtungen angelaufen kommen.






"Wir verkaufen nur den ganzen Kübel!"


Die Marillen waren eine gute Investition, das nächste Obst gibt es erst wieder in Kirgistan.

Ein dummer Zwischenfall soll mir heute die Abendgestaltung deutlich verändern:
Da ich nicht sehr gerne schwer unterwegs bin habe ich sämliche Bücher inkl. Reiseführer für die 3 Monate auf einem Ebookreader gespeichert. Dort befinden sich auch sämtliche Karten mit denen ich mich in Zentralasien orientieren kann. (das GPS als Backup wurde ja schon verloren) Ausgedruckt wären auch diese Karten sehr schwer gewesen. Bei einer Zwischenabfahrt gibt es noch den letzten Asphalt und fahre anschliesen mit hoher Geschwindigkeit aufs die Wellblechpiste. Dabei springt der Klickfix-Verschluss der Lenkertasche auf und die Lenkertasche fällt auf den Boden vor das Fahrrad und wird sofort von beiden Rädern überrollt. Alles andere in der Tasche ist heilgeblieben, nur das Display des Ebookreaders ist zersprungen. Jetzt habe ich Abends nichts zu tun und fahre deshalb meist länger in den Abend hinein.


Ich bin nicht gerade glücklich darüber.


Etwas frustriert bin ich schon, die Zorkulroute werde ich noch finden, aber zurück nach Murgab wird es nicht so leicht werden. Immerhin habe ich ja noch meinen Kompass, und ich kann auch Martins Karte abfotografieren, auch wenn das kein Vergleich zu den Russenkarten ist. Für die kleinen Strecken werde ich ab jetzt in den Internetcafes die Bildschirme abfotografieren.
Die Landschaft und das perfekte Wetter lassen den Vorfall aber schnell vergessen und ich kann mich daran trösten, dass jetzt 230 Gramm weniger Gepäck dabei sind.

Später kommt uns ein Bursche auf dem Fahrrad entgegen. Wir sollen mit ihm ein Rennen fahren. Ich nehme die Herausforderung an und sprinte mit einem leichtem Gang davon. Da es bergauf geht bin ich trotz Gepäck durch die Gangschaltung im Vorteil. Gerade als ich darüber nachdenke den Burschen gewinnen zu lassen, wird es flacher und er kann ordentlich Kraft aufbauen und rauscht triumphierend an mir vorbei.
Am frühen Abend werden wir von einem 23 Jährigen Mann angehalten, er spricht gut Englisch und lädt uns zu sich nach Hause ein. Wir nehmen die Einladug an und folgen ihm auf kleinen Pfaden zu dem Haus seiner Familie. Es ist gut, dass wir seine die Einladung angenommen haben: Er hat von seiner Mutter, die uns Stunden zuvor im Bus überholt hat, erfahren, dass Radfahrer auf dem Weg sind. Deshalb hat hat er extra seine Zeit in der Nähe der Straße verbracht um auf uns zu warten.

Das Haus in dem er mit seinen Eltern wohnt ist ein richtiges Pamirirhaus. Von außen erkennt man das nur durch die Fensterkuppel. Pamirihäuser bestehten aus einem Holzgerüst welches von 4 Holzsäulen, die quadratisch im Raum stehen, getragen wird. Traditionell gibt es immer nur einen Raum, in dem sämtliche Familienmitglieder schlafen. Es gibt abgesehen von einem Schrank keine Möbel, alles wird auf den Plattformen im Raum gemacht. Es gibt einen Holzofen, der in eine der Plattformen so integriert ist, dass man im Winter auf der warmen Stelle sitzen und schlafen kann. In diesem Haus gibt es auch Nebenräume, die vom Familiennachwuchs künftig bewohnt werden. Im Winter zieht die ganze Familie in einen der kleineren Räume um Heizkosten zu sparen.



Pamirihaus mit Aga Khan Bild


Die ganze Familie

Da unser junger Gastgeber sehr gut Englisch spricht, kann er uns viel von seinem Leben und der Familie berichten. Er hat ein abgeschlossenes Jurastudium und studiert für 2 Jahre lang Englisch. Dannach hat er eine fixe Stelle als Lehrkraft in der Universität. Da Lehrpersonal in Tadschikistan gerade sehr gefragt ist, muss er auch keinen 2 jährigen Militärdienst leisten. Seine Eltern sind Getreidebauern und Schafhirten. Die Familie hat einige Schafherden in den Bergen, die immer wieder besucht werden müssen. Von den Frauen bekommen wir Essen serviert, aber nur die Männer essen mit uns. Es gibt Nudeln mit Dill und Schafsfett. Ich bin schon sehr froh, dass es kein Fleisch dazu gibt. Nach dem Essen wird kurz ferngesehen, die derzeitige Lieblingssendung ist Fashion TV, die vom tadschikischen Fernsehen ausgestrahlt wird. Dabei wird offenbar einfach der Sender Fashion TV durchgeschalten. Die Männer geben offen zu, dass sie Sendung wegen der attraktiven Europäischen Frauen schauen. Die Frauen haben inzwischen Verwandte aus dem Ort zu uns eingeladen. Der Cousin des Gastgebers ist professioneller Musiker der für 1000 Dollar auf Hochzeiten auftritt. Er baut sein Keyboard auf, und zeigt dass er wirklich Talent hat. Bei manchen Liedern singt er selbst mit, bei anderen wird er von der Flöte begleitet. Die Männer und Frauen beginnen zu tanzen und es wird wirklich ein toller Abend.




So herzlich wir aufgenommen wurden, so werden wir nach dem Frühstück auch verabschiedet. Wir stecken dem Familienoberhaupt noch etwas Geld als Dank zu, welches zwar höflichkeitshalber abgelehnt, aber dann doch dankend angenommen wir



Abschied vorm Haus



Der Wakan Korridor


Einen Tag lang geht es noch durch den Wakan Korridor, ehe der richtige Wakan nach Afghanistan abweigt.
Die Hindukuschgipfel, die immer wieder zum Vorschein treten, sind jedesmal aufs neue genial und übertreffen sich scheinbar, je weiter man vorankommt. Afghanistan reicht an dieser Stelle wirklich nur von der rechten Talseite bis zu den Gipfeln.




Kurzzeitig wird es auch auf der Straße sandig



Ein richtig toller Laden in der einsamen Gegend. Es gibt sogar Ketchup, Trockenfrüchte sowie einige Fahrradteile (Passen nicht an übliche Reiseräder, hier muss man alles selbst mithaben!)



Vor dem nächsten Laden



Der Laden ist ein Bus aus besseren Zeiten, heute gibt es keinen Busverkehr mehr.


Am Abend treffen wir noch auf eine richtige Mineralwasserquelle, das Wasser schmeckt genau wie daheim das Mineralwasser frisch aus dem Supermarkt. Einen Ort vor Langar finden wir ein dann ein Homestay. Es hat eine Dusche, die offenbar als Investition für die Touristen gebaut wurde. Mit Kanistern schleppen die Frauen Wasser in den Tank am Dach. Die Dusche lohnt sich für die Besitzer, Homestays mit Dusche kosten in der Regel 5 Dollar mehr.

Für das Abendessen dürfen wir den Kochraum nutzen, der sich aber nur von einer Plastikunterlage und einer der berüchtigten Kochplatten von den anderen Räumen unterscheidet. Auch dieses Haus ist ein Pamirihaus, aber diesmal sind mehrere kleine Räume statt einem großen vorhanden.
Heute will ich endlich eine Schnittverletzung auf der Fussohle loswerden, die ich seit 2 Tagen am Fuss habe. Ich frage mich ernsthaft, wobei ich sie mir geholt habe. Da die Wunde auf einmal da war. Der Schnitt ist recht tief und brennt heftig beim pedalieren. Mit der Nagelschere hole ich kleine Steine heraus, die ihren Weg dort hineingefunden haben. Mit dem Nähzeug wird der Schnitt einfach zugenäht. Jetzt kann ich wieder normal auftreten und nach 3 Tagen merke ich nichts mehr davon.


Wer sagt, dass Reiseberichte immer appetitliche Fotos enthalten müssen?


Die Gastfamilie im Homestay. Der Vater ist schon zum Volleyballspiel aufgebrochen.

Das Ziel des nächsten Tages ist es etwa auf 3500 Meter Höhe zu gelangen, um an die 4000m des Pamirplateaus gewöhnt zu werden.Bei Langar zweigt der Panji nämlich in den afghanischen Wakan ab, und man steigt dem Pamirfluss aufs Pamirplateau auf. Langar selbst hat eine Höhe von 2800m, man ist also schon perfekt an sie Höhe angepasst wenn man mit dem Fahrrad dort eintrifft.
Kurz vor Langar halten wir nochmal um uns das Volleyballspiel anzusehen. Es sind so viele Zuschauer da, dass man sich wundert wo diese Menschen hier überall wohnen.




In Langar will ich Benzin, Nudeln und Zigaretten kaufen. Benzin bekomme ich keines mehr, was wirklich ungut ist, ich habe vor eventuell nach dem Zorkul noch eine sehr große Pamirrunde zu machen. Dafür reicht jedoch mein vorhandenes Bezin nicht mehr aus. Wenn das Fahrrad ausfallen würde, und ich tagelang auf die Straße zurückschieben müsste wäre ich sehr blöd dran. Die Vorfreude auf den Pamir lasse ich mir jedoch nicht wegen der Aussicht auf zerkaute trockene Nudeln verderben. Außerdem habe ich jetzt schon den begründeten Verdacht viel zu viele Vorräte mitgenommen zu haben. Die Zigaretten kaufe ich deshalb, da sie neben dem Permit soetwas wie die Eintrittkarte in den Zorkul-Nationalpark sein sollen. Bei einem Preis von 60 Cent lohnt es sich durchaus mehrere Packungen mitzunehmen.




Die jetzt schon maroden Lippen werden vor der Sonne geschützt, die Höhe macht jedoch das Tuch unmöglich da es beim sowieo schon schweren Atmen hindert.
Nächstes Mal kommt Lippensonnenschutz auf die Reise mit. Ein Amerikaner zeigt mir später den Trick, einfach Frauenlippenstift zu verwenden.

Nach Langar gibt es ein paar steile Kehren, welche einiger Leistung bedürfen um sie ohne schieben fahren zu können. Grund dafür ist der lose Untergrund. Ein paar Kinder schieben mich ohne meine Zustimmung an. Auch Martin wird dabei geholfen. Oben angekommen beginnen die Kinder Geld zu verlangen. Jetzt müssen sie von uns lernen, dass soetwas nicht geht. Nach einigem Gezeter geben sie sich dennoch mit den angebotenen Keksen zufrieden. Den ganzen Nachmittag lang geht es langsam die Straße hinauf. Die Berge sehen wieder einmal sehr gut aus, vor allem der Blick zurück auf die Hinduschkette ist genial.



Langar ist hinter den Hügeln verschwunden


Dieses Tal geht es entlang

Tatsächlich erreichen wir heute noch 3500m Meter und finden einen Schlafplatz neben der Straße.

Am nächsten Tag trenne mich schon hier von Martin, er hat noch genug Zeit, und will die Etappe sehr ruhig angehen. Ich muss den Zorkul Nationalpark erreichen, da die Erlaubnis zeitlich limitiert ist.Es gilt heute den Militärposten Khargush zu passieren, was anderen Radfahreren nicht immer leicht gefallen ist. Zurück zum Pamir Highway über den Kargushpass geht normalerweise problemlos, jedoch zum Zorkul sind die Soldaten komplizierter. Ich starte früh durch, und es geht erst einmal zum Pamirfluss wieder bergab. Dort folgt der Weg dem Fluss und die Landschaft verändert sich von der Bergkulisse in eine hügelige Wüste. Auf der anderen Seite des Flusses treffe ich das erste Mal auf baktrische Kamele.



Landschaftswechsel, mit zwei netten Hirtinnen.
Das Foto ist deren Idee, ich bin zu erschöft um sie zu fragen.



Genialer Rückblick, die Gipfel sind allerdings jetzt schon vom Pamir.
Das weisse Pulver ist kein NaCl und brennt gehörig im Rachen wenn man es probiert.


Die Strecke ist recht sandig, und irgendwie frustrierend zu fahren. Immer noch am Flussbett hole ich eine Ziegenherde mit 2 Hirtinen ein. Sie bitten mich um ein Foto zu machen und bedanken sich. Eine von ihnen treibt eine Schneise in die Herde, und ich kann durchfahren. Das Flussbett muss verlassen werden, und der Militärposten rückt ins Blickfeld. Bevor ich den Checkpoint erreiche reisst die Kette zum 2. Mal. Die letzte Etappe vor dem Checkpoint ist die sandigste der gesamten Tour. Wenigstens sehe ich etliche Fahrradspuren und kann die Spur besser wählen.


Der Militärposten Khargush


Vor dem Checkpoint stehen Barikaden, um die man im Zickzack herumfahren muss, damit man den Schranken nicht mit hoher Geschwindigkeit rammen kann. Auf der Seite ist eine kleine Hütte, in der der Eintrag in das Buch erfolgt. Es ist dort nur ein Soldat zu gegen, und ich dürfte heute sein zweiter Kunde sein. Nach ein bisschen Smalltalk werden akribisch der Eintrag ins Buch vorgenommen und die Dokumente studiert. Der Soldat ist sehr genau, immerhin bedeutet jeder Fehler Geld für ihn. Am Schluss heist es dann natürlich "Zorkul njet!" inklusive einer dramatischen Armgeste. Ich diskutiere nicht lange und lege eine Packung Zigaretten auf den Tisch. Der Soldat tut noch ein wenig hin und her, um es nicht so offensichtlich zu machen. Er meint er könne ja mal den Komandaten fragen. Er gibt irgendetwas mit seinem Funkgerät durch und nimmt das Permit an sich. Ich solle mit dem Rad zum Kaserneneingang fahren. Ein bisschen verwirrt bin ich schon was ich dort ohne Permit tun soll, aber der Soldat nimmt einen Trampelpfad als Abkürzung zum Tor. Der Komandant grüßt mich auf die Ferne mit einem Salut, ich muss jedoch vor dem Tor bleiben.
Ich warte deshalb bis der Soldat das Permit zum Komandanten trägt und nach 5 Minuten wieder zurückkommt. Er sagt nur "Zorkul OK", und bittet mich um noch eine Schachtel Zigaretten. Da ich sie nicht ewig mitschleppen will und ich gerade gute Laune habe, bekommt er sie auch. Ich hoffe ich habe damit den Preis für die nächsten Radfahrer nicht zu sehr in die Höhe getrieben. Durch die zweite Schachtel ist der Soldat auf einmal ziemlich freundlich, meint das es eine tolle Idee ist zum Zorkul zu fahren, und wünscht mir gute Reise. Ein wenig fahre ich noch in den Abend hinein, hinter den Hügeln tritt die Wakankette zum Vorschein.




Langsam wird mir bewusst, dass ich jetzt in die wohl eine der einsamsten Gegenden meines Lebens eindringen werde. Also muss ich gut aufzupassen, dass ich mich nicht verletzte.


Die Vorräte, etwa für 5-7 Tage, jedoch viel zu viel da ich im Pamir wenig Appetit habe.


Die Höhe spüre ich jetzt deutlich, allerdings komplett anders als ich es mir vorgestellt habe. Es geht mir nur die Puste aus, wenn ich schneller als ein gewisses Limit fahre. Diese Grenze stört nur bergauf, wenn ich eine gewisse Mindestgeschwindigkeit erreichen will um nicht umzukippen. Natürlich muss ich auch ausprobieren, was passiert wenn man einen Sprint hinlegt. Resultat: Es wird einem vor jeden Pulsschlag schwarz vor den Augen. Das Zelt baue ich heute einfach irgendwo neben der Straße auf, Windschutz wird man hier nicht finden.
Der Benzinkocher versagt heute, eine Dichtung die ich zuhause vergessen habe, hatte ich zuvor mit einem Stück Fahrradschlauch ersetzt. Leider ändert Butyl je nach Laune seine Größe.
Ich habe keine Lust herumzufummeln, und esse nichts. In dieser und den folgenden Nächten habe ich seltsame Albträume, wahrscheinlich ein Symptom der fehlenden Höhenanpassung.


Kurz vorm Zeltplatz Richtung Afghanistan


Der nächste Tag ist wie alle Tage bisher fast wolkenfrei. Heute werde ich den See erreichen, muss aber noch einige Gegensteigungen absolvieren. In einer Ebene begegne ich dem ersten von 2 Autos heute. Es ist ein alter UAZ, also wahrscheinlich Soldaten. 10 Meter vor mir wird gehalten, und 5 Männer in Zivil steigen aus. Nach knapper Begrüßung wird nach meinem Permit verlangt und die Ausweise hergezeigt. Auf den Ausweisfotos sind Soldaten abgelichtet. Da noch ein Stützpunkt in meiner Richtung ist, schließe ich darauf, dass sie gerade abgelößt wurden. Das sie aber trotzdem eine Kontrolle durchführen, erweckt mein Misstrauen. Nach gründlichster Musterung werde ich aber nur gefragt, wo ich das Permit beantragt habe. Alles ist dann in Ordnung und ich darf weiter.


Wilde Kamele auf der anderen Seite des Pamirflusses. Afghanistan ist jetzt sehr viel näher gekommen. Es gibt sogar einen Reiseführer der Treckingtouren mit einer Überquerung hier in der Nähe vorschlägt, jedoch davor warnen, dass die Tadschiken Grenzgänger manchmal erschießen.



Rückblick, der Himmel ist wirklich so blau



Afghanische Reiter, was die da wohl machen?


Ich komme noch an einem ehemaligen Stützpunkt vorbei, der jetzt nur noch von Hirten benutzt wird.


Knapp darauf taucht endlich der Zorkul auf, und sorgt für viel Motivation.



Die Berge sind zum greifen nah





Die Piste wird jetzt immer schlechter, und verzweigt sich. Eine Stunde später komme ich in die Nähe von Hirtenhäusern, worauf 3 Kinder auf mich zustürmen. Ich bin beeindruckt, wie schnell sie in der Höhe laufen können. Der größte von ihnen will Geld sehen, und zwar ziemlich energisch. Ich mache noch ein Foto, aber als er dann noch immer nichts bekommt, hebt er einen spitzen Stein auf, und bedroht mich damit. Da er sicher gut darin trainiert ist, und einen Stein zu werfen keine große Hemmschwelle darstellt, nehme ich die Bedrohung ernst. Ich schreie und drohe ihm ordentlich, aber er geht nicht aus dem Weg, und tritt obendrein kräftig gegen das Vorderrad. Wenn das ein Erwachsener gemacht hätte, wäre das ein richtiger Überfall. Aber da der Knirps sicher noch keine 10 ist sehe ich das eher gelassen, wobei ich insgeheim seinen Mut bewundere. Ich überlege, ob ich das Rad hinwerfe und ihn angreifen soll, jedoch könnte er mich dann trotzdem bewerfen, abgesehen dass er in der Höhe viel schneller ist. Ich schau mich ein wenig um, und entdecke die Mutter etwa 300 Meter weit bei der Unterkunft. Ich winke ihr zu, und der Bursche geht augenblicklich auf die Seite.
Da es keinen Sinn macht wegzusprinten, fahre ich gemächlich los um dem Kind zu zeigen, dass ich nicht flüchte und wiederkommen könnte falls er jetzt anfängt mir Steine nachzuwerfen. Tatsächlich aber bekommt die hintere Gepäcktasche einen ordentlichen Treffer ab, und der Bursche sucht recht rasch das Weite.


Der mit dem roten Pullover ist der böse von denen, und kann mit seinen Sandalen sehr schnell rennen.


Ich habe jetzt genug von den Hirten, und will auch direkt an den See. Deshalb verlasse ich die sowieso schon sehr traurige Piste und fahre Querfeldein ans Ufer des Zorkuls.







Ich verbringe die Nacht am Ufer und staune am nächsten Morgen über den Wetterumschwung.
Es ist jetzt bewölkt und die Landschaft wirkt stark verändert.


Stimmungswechsel


In weiter Ferne sehe ich den Militärstützpunkt der die Landgrenze zu Afghanistan sichern soll.
Ich folge der Trasse der Stromleitung entlang. Hier kommmt man noch am besten vorran. Holztrümmer erinnern daran, dass hier wirklich mal eine Straße gewesen ist. Jetzt gibt es nur noch die Trasse die von sehr vielen Bächen teilweise weggespült. Stacheldrahtreste deuten darauf hin, dass hier vielleicht mal der Grenzzaun der Sovietgrenze gewesen ist. Ich brauche fast 2 Stunden für die 9 Kilometer und bin ziemlich erschöpft als ich zum Militärstützpunkt gelange.
Hier hat man eine tolle Sicht auf den See, und auf alle die um ihn herum einwandern wollen. Nach dem See verläuft die Grenze zu Afghanistan in der unüberquerbaren Wakankette, aber an dieser Stelle kann man von der anderen Seite leicht nach Tadschikistan wechseln. Am Stützpunkt ist ein Schlagbaum, und niemand weit und breit zu sehen. Von einem anderen Radler kenne ich den Trick der Soldaten: Erst verstecken und dann Strafe kassieren, wenn man den Schranken kreuzt. Deshalb warte ich mal 5 Minuten und schreie ein paar Mal. Aber die Soldaten scheinen ausgeflogen, vielleicht war in dem UAZ vom letzten Tag der komplette Stützpunkt.
Einen Ausflug nach Afghanistan unternehme ich aber natürlich nicht. Gäbe es hier keine Grenze, wäre es möglich recht eben bis zu den Gletschern der Wakankette zu wandern, einen Pass in den Wakan soll es auch geben. Sehr interessieren würde mich auch, wie es auf der anderen Seite aussieht, hier gibt es eine 4 Km breite und 30 Km lange Hochebene im äußeren afganischen Wakan. Wer hier irgendwelche Fotos kennt, kann mir gerne einen Link schicken!


Ob an diesem Außenposten irgendjemand nicht strafversetzt ist?



Die grüne Grenze nach Afghanistan


Der Schranken wird übersprungen, und der jetzt besseren Piste gefolgt. Orientieren muss ich mich hier nicht mehr, es gibt nur mehr diesen Weg und keine Abzweiungen.
Nach jetzt noch köstlicher Pulvermilch mit Keksen geht es 15 Kilometer der Hochebene entlang.


Mhmm

Immer wieder sind die Gipfel in Richtung Afganistan sehr toll, obwohl sie Richtung Osten kleiner werden. Auf der Tadschikischen Seite sind die Berge ebenso hoch, jedoch liegt auf der Südseite kaum Schnee.
Ein Hirtenhaus sehe ich von weitem, aber sonst bin ich sehr alleine. In so einer einsamen Gegen war ich noch nie und es gibt bestimmt nicht viele so entlegene Orte. Wenn man allerdings dort unterwegs ist, gehen mit der einsamen Lage keine Gefühle einher, es ist einfach eine normale Radtour allerdings mit deutlich tollerer Landschaft.


Das ist tatsächlich die richtige Piste


Die tadschikische Seite der Hochebene








Jetzt muss ich zum sehr abgelegenen Dorf Jarty Gumbez (netter Name), das im Gegensatz zu allen anderen auf den Karten eingezeichneten Orten wirklich ein Dorf ist. Dort muss ich mich entscheiden, ob ich eine Mischung aus querfeldein und Piste nach Kyzylrabot mache, oder direkt nach Murgab zurückfahre.




Fortsetzung folgt in Kürze
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#782475 - 12/23/11 09:07 PM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
asfriendsrust
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Schönes Ding! Ich bin ja über die Gelassenheit fasziniert, mit der du hier Erlebnisse und Risiken schilderst. Ist ja eben doch ein bisschen was Anderes, als durch Mitteleuropa zu flanieren.
Und Übrigens: Du siehst hinterher sicherlich ein ganzes Stück kuhler aus als vorher (und nicht älter)

Edited by asfriendsrust (12/23/11 09:07 PM)
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#782519 - 12/24/11 12:52 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
Bikerrudy
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Dein Reisebericht die schönen Bilder in Buchform ich würde ihn mir glatt kaufen.
Gruß Rudy
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Das wichtige im Leben ist für relativ wenig Geld zu haben nur das Unwichtige kostet ein Vermögen
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#782523 - 12/24/11 05:26 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
kettenraucher
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Ist ja wirklich ne ideale Radreisegegend.

Bin sehr neugierig wie´ s weitergeht.
Drei Monate. Phänomenal.
Allen gute Fahrt und schöne Reise.
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#782533 - 12/24/11 07:01 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: Bikerrudy]
Juergen
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In Antwort auf: Bikerrudy
Dein Reisebericht die schönen Bilder in Buchform ich würde ihn mir glatt kaufen.
Gruß Rudy

ich auch. schmunzel
Ein tolles Weihnchtsgeschenk für alle, die noch mitfiebern können
Vielen lieben Dank
Jürgen
° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° ° °
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#782568 - 12/24/11 10:36 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: velOlaf]
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Danke für das viele Lob von allen.

In Antwort auf: felgenbieger

Ich finde Deinen Bericht phantastisch, vielleicht der Beste den ich hier gelesen habe und hoffe, daß Du ihn fortsetzt.
Leider fehlt mir die Fortsetzung für Baikal-Honshu...


Danke, den Japanteil findest du hier.
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#782888 - 12/26/11 11:10 AM Re: Zentralasien 2011 Teil 1 - Tadschikistan [Re: estate]
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Ich muss noch einen Pass überwinden um zum abgelegenen Dorf Jarty Gumbez zu gelangen. Der Pass kostet mich sehr viel Kraft, aber ist dann doch überraschend schnell erreicht. Ich habe keine Ahnung wie hoch er ist, mein Höhenmesser zeigt seit Tagen 3999m an. Später sehe ich, dass der Pass eine Höhe von 4400m hatte. Seit dem Zorkul habe ich offenbar unbemerkt an Höhe gewonnen. Kein Wunder, dass mir hier die Puste ausgeht.


Der Pass mit positiven Wetterumschwung





Die Abfahrt ist ziemlich nett, von den 200 Höhenmeter hat man lange etwas. Ich sehe die erste Jurte und viele Hirten. Wie schon seit Kargush sind hier unzählige Murmeltiere beheimatet, die sehr gefährliche Löcher in die Straße gegraben haben. Im Tal - oder auch Hochebene, mündet die Fahrspur in eine andere Fahrspur die aus der Richtung Afghanistan kommt. Am Satellitenbild ist sie kaum erkennbar, als Radfahrer könnte man hier einen Abstecher machen.


Jarti Gumbez!


Bye bye Wakan Kette!

Was ebenfalls am Satellitenbild nicht richtig erkennbar war, ist die Verbindung Jarti Gumbez ins 50 km östlich gelegene Kyzylrabot. Am GPS hatte ich einen Track, aber jetzt habe ich nur eine abfotografierte Karte mit einer vagen strichlierten Linie. Irgendwie scheint mich die Landschaft in diese Richtung nicht mehr so zu reizen, und die Lust auf schlechte Wege ist auch in den letzten Tagen sehr gesunken. Hinzu kommt, dass es nicht klar ist wie oft dort Menschen verkehren, sollte ich irgendwie fahrunfähig werden, würde mich möglicherweise niemand finden. Diese Gründe, sowie die Tatsache, dass der Weg Richtung Murgab richtig spektakulär aussieht, lassen mich für die kürzere Variante entscheiden.

Nach Dzhartygumbez ändert sich die Landschaft ziemlich schnell. Die hohen Berge weichen jetzt tollen Felsformationenen, die mich an Utah erinnern würden, wäre ich schon mal dort gewesen. Alles ist auch in der Realität so bunt wie auf den Fotos, die Abendsonne mit den restlichen dunklen Wolken hilft da gewaltig mit. Heute zelte ich mitten in der Ebene, was mich beim nächtlichen Gewitter nervös macht. Allerdings bleiben die Blitze zwei Kilometer entfernt.


5 Km weiter schaut der Pamir doch etwas anders aus


Der Morgen beginnt wieder sonnig, und mit einer Querfeldeinpartie zum Fluss um ordentlich Wasser aufzunehmen. Es soll die letzte Gelegenheit bis zum Abend sein, um an Wasser zu kommen. Jetzt muss ich das erste Mal auf der Reise wirklich ein wenig navigieren. Aber mit Kompass findet man mangels vieler Pisten ganz gut den Weg.




Es ist wirklich alles so bunt


Vom Osten schaut eine sehr dunkle Regenwolke her und ich rüste mich für Regen um. Hier gibt es keine Möglichkeit sich irgendwo unterzustellen, also muss ich da durch. Es soll aber kein Regen sein:
Erst fällt die Temperatur von 20 auf 0 Grad, und es beginnt zu schneien. Es schneit recht heftig und einiges bleibt liegen. Ich kämpfe mich weiter, und bin etwas froh, dass ich mir nur kalt und nicht nass wird. Nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei, und ich rühre Pulvermilch mit Keksen zum Frühstück an. Ich habe noch keinen Löffel zu mir genommen, als der Wind wieder stärker wird, und in Sekunden eine Wolke über den nahen Bergrücken geblasen wird.








Nicht viel Zeit für gute Fotos




Es beginnt wieder zu schneien, diesmal allerdings mit sehr starken Wind. Ich trage jetzt sämtliche Kleidungsstücke die ich mitgenommen habe. In Europa könnte ich mit meiner Ausrüstung im Winter damit ganz normal fahren, aber hier wird mir durch den beissenden Sturm so kalt, dass ich es nicht mehr aushalte, und deshalb beginne das Zelt aufzubauen. Da jeder Schritt im Zeltaufbau perfekt sitzt und genügend Steine herumliegen gelingt mir das auch. Immerhin lenkt der Zeltaufbau von der Kälte gut ab. Hoffentlich reisst mir bei dem Wind nicht die Zeltstange. Alles ist fertig und im Daunenschlafsack löffle ich den aufgeweichten eiskalten Keks-Milchbrei. Kaum bin ich fertig, scheint schon wieder die Sonne, und alle Wolken sind wieder weit weg.


Mein rettender Unterstand für 5 Minuten


Der Weg zwischen den Bergen sieht zuerst wie ein Pass aus, jedoch gibt es keine Abfahrt, sondern ein weiteres Plauteau. Hier überholt mich noch das einzige Auto auf diesem Weg, und es geht durch tolle Felsformationen in Richtung Murgab. Immer wieder treffe ich auf ausgetrocknete Seen, die offenbar auch im Sommer Wasser haben können.





Die Hörner werden offenbar von Hirten gefunden und am Straßenrand abgelegt.





Jetzt stimmt die Karte nicht mehr mit der Landschaft überein, zumindest meiner Meinung nach. Ich wähle bei einer Abzweigung den optisch besseren Weg der mich auf einen 4400er Pass bringt, dessen Abfahrt nun wirklich nicht mehr in die Richtung zeigt in die ich eigentlich möchte. Aber ich bin mutig und neugierig wohin mich dieser unbekannte Weg führen wird. Ein anderes Ziel als Murgab gibt es hier sowieso nicht.


Wohin wird dieser Weg führen?


Nach einer sehr langen Abfahrt mit mehreren Richtungsänderungen befinde ich mich in einem richtig breiten Wüstental. Hätte mich jemand blind hierher geführt und mir erzählt, dies wäre das Death Valley in Nevada, ich hätte es durchaus geglaubt.


Dahin gelangt man


Gibt es hier Wasser?




Auf jeden Fall ist es sehr beeindruckend und ich hätte nicht erwartet, dass ich nach dem Ende der Passabfahrt auf einmal in so einer Wüste bin. Ich spekuliere darüber, ob es hier einen Fluss geben könnte. Optisch deutet nichts darauf hin, und das Wasser geht langsam aus. Jedoch sehe ich in der Ferne eine Straße. Als ich darauf einige LKWs ausmachen kann, wird mir klar, dass dies die Hauptverbindung nach China sein muss. Nach einer halben Eigkeit ist die andere Seite des Tals erreicht, und der Fluss gefunden. Die Straße ist auf der anderen Seite, aber wegen einem Bergwerk auf meiner Seite gibt es eine Brücke über den Fluss.




Die Straße ist schlicht enorm: Breit wie eine Schnellstraße und aus frisch angeschütteten Schotter. Die LKWs werden offenbar blockweise an der Grenze abgefertigt und passieren mich im Minutentakt. Die LKWs samt Fahrer stammen aus China und fahren zu den Frachtterminals in der Nähe von Murgab oder Korogh, um die Waren zu übergehen. Die Straße wurde offenbar von China gebaut, um den eigenen LKWs die Strecke zu vereinfachen. In einer Flusskehre finde ich einen tollen Übernachtungsplatz und kann mal meine Kleidung waschen. Über Nacht wird sie durch den Wind und die trockene Luft tatsächlich trocken. Allerdings fängt es am Morgen gleich zu regnen an, und ich kann in Ruhe mein Handy zerlegen, dass schon seit einer Woche keine Funktion mehr hat. Ich komme zum Schluss, dass jetzt das dritte Elektrogerät defekt ist. Um 10 Uhr geht es endlich Richtung Murgab, wo ich vor allen Benzin kaufen will. Einkaufen muss ich wegen den Vorräten nicht viel, außerdem habe ich sowieso umgerechnet nur mehr 3 Euro übrig.



Ein kleiner Ort vor Murgab, das Wetter kann einen auch auf diese Art motivieren


Murgab


In Murgab wundere ich mich erst mal über die Größe, ich hatte mir eher ein Dorf vorgestellt, nach der langen Einsamkeit wirkt es eher wie eine kleine Stadt.
Ein paar Engländer geben mir einen Tipp für ein Internetcafe, offenbar auch das einzige hier. Die Tankstelle hat kein Bezin, was ich durchaus frustrierend finde. Martin hat mir in Langar zwar noch etwas Spiritus überlassen, jedoch muss ich feststellen, dass mein Kocher nichts damit anfangen kann. Am Basar kaufe ich noch etwas Gemüse und Eier ein. Eine Tankstelle am Ende von Murgab rettet mir dann doch noch den Tag. Ein kleines Mädchen, maximal 5 Jahre alt bedient mich. Abgesehen, dass sie den schweren Zapfhan kaum heben kann, stellt sie sich recht gut dabei an. Umgerechnet 1 Euro bleibt mir noch, mal sehen was ich mir in Karakul dafür kaufen kann.




Jetzt fahre ich wieder auf dem richtigen Pamir Highway. Eine Abzweigung zu einem Fluss beschert mir den ersten windgeschützten Platz seit langer Zeit. Ich koche noch Nudeln mit Gemüse und bin frustriert wie lange man in dieser Höhe das Gemüse kochen muss. Ich bin froh heute nicht in der Ebene zu zelten, wieder gibt es ein nächtliches Gewitter und diesmal spüre ich die elektrostatische Ladung sehr deutlich, indem mir alle Haare zu Berge stehen.

Am nächsten Tag will ich den Ak-Batail Pass erreichen. An diesem Tag ist der Pamir zwar recht nett, aber ich bin von den letzten Tagen tolleres gewohnt. Die heutige Etappe zieht sich gewaltig.


In der Nacht hat es auf den Berge frisch geschneit.


Am späteren Nachmittag biegt die Straße in ein engeres Tal ab, aber von der Passhöhe ist noch keine Spur.
Es ist ziemlich kalt und zweimal fängt es kurz an zu schneien. Das Problem ist, dass man in dieser Landschaft nirgends wirklich rasten kann, da einen der Wind sofort auskühlt. Heute merke ich das erste Mal richtig die Höhe, ich bin unfitt und habe ordentliches Kopfweh. Zwei Ibuprofen Tabletten helfen da auch nicht. Von wegen, man soll absteigen wenn Ibuprofen gegen den Höhenkopfschmerz nicht hilft. Um den nicht so tollen Tag abzurunden reisst mir zum zweiten Mal die Kette. Gegen Abend kann ich dann endlich die Passstraße auf den Pass erkennen. Kurz vorher gibt es noch einen geschützen Schlafplatz in einem Seitental. 4400 Meter bin ich hoch, also nicht schlecht um mich über Nacht an die Höhe zu gewöhnen.

In der Früh hat es 0 Grad, und ich habe den Fehler gemacht nur leicht bekleidet zu schlafen. Es fordert doch einige Überwindung bei solchen Temperaturen aufzustehen. Schon um sieben Uhr bin ich mit dem Grießbrei fertig und bereit den Pass anzugehen. Ich finde es recht nett, dass man auf der Passstraße den schneebedeckten Gipfeln recht nahe kommt. Das Wetter ist auch wunderbar, der Himmel ist auf dieser Höhe wunderbar dunkelblau, und die Sonne lässt einen über die 2 Grad Celsius wegkommen.


Rückblick 100 vom Pass entfernt


Passabfahrt




Heute spüre ich garnnichts mehr von der Höhe und fühle mich fit. Schnell erreiche ich den höchsten Punkt der Tour und kann die Aussicht auf der anderen Seite bewundern. Hier schaut der Pamir doch wieder toll aus. Nach der Passabfahrt mache ich ersten Kontakt mit dem Grenzannäherungszaun, der fälschlicherweise oft für die chinesische Grenze gehalten wird. Der Zaun soll aber nur die Grenze in den Bergen sichern. Die echte chinesische Grenze werde ich aber noch in Kasachstan sehen. Nach einem Minipass kann ich am Horizont den Karukul See erkennen. Zwei englische Motorradfahrer kommen mir entgegen und sind etwas besorgt, da ich mangels Rastplatz auf dem Straßenrand sitze und die Proviantsäcke rund um mich angeordnet sind. Sie sind über die Anzahl der Radfahrer überrascht die sie hier treffen. Alleine in Tadschikstan haben sie heute schon 10 getroffen. Da es nicht einmal mehr 100 Kilometer nach Kirgistan sind, ist das schon beeindruckend.
Als ich später nocheinmal halte, holt mich ein Niederländer auf dem Fahrrad ein. Er heist Martin und ist 6 Wochen in Zentralasien unterwegs. Seine vorgenommene Tour ist recht beachtlich und er muss dazu etwa 100 Kilometer pro Tag fahren, was er auch im Pamir bis jetzt durchgehalten hat. In seinem Windschatten geht es nach Karakul dem letzten Ort vor der Grenze. Das Homestay ist gleichzeitig das Magazin, und ich wandle die letzten Som in Kekse und Zucker um. Dieses Geschäft, welches nur aus einem winzigen Lagerraum mit Säcken und Waage besteht, hat die besten Kekse in Zentralasien, zumindest abgesehen vom Angebot in den Hauptstädten. Da die Frau einen 40 Kilo Sack davon hat, dürfte das noch länger ein Geheimtipp bleiben.


Karakolsee, Pik Lenin im Hintergrund falls ich mich nicht irre


Der Ort Karakul hat nichts was einen dazu verleitet länger zu bleiben deshalb fahren wird noch eine Stunde lang weiter. Der Wind ist ziemlich rau, und kommt genau von vorne. Martin ist jedoch ziemlich fit und prescht mit 20 km/h gegen den Wind vorran, während ich im Windschatten kaum mitkomme. Wir sollten langsam ans Zelten denken, jedoch ist nirgends ein Windschutz zu finden. Deshalb beschliesen wir einfach die Straßentrasse als Schutz zu nehmen, und schlagen die Zelte neben einem Bach an der Straße auf. Ich bereite die Nudeln zu und Martin spendiert eine Dose Fleisch. Das Dosenfleisch ist etwa auf die selbe Art hergestellt wie Hundefutter, also keine echten Fleischstücke, sondern komische Klumpen die irgendwie doch aus Fleisch sind. In Europa würde soetwas wohl kaum jemand essen, aber auf der Tour und besonders heute nach 10 Tagen Zwangsvegetarismus schmeckt mir dieses Fleisch sehr gut.

Am nächsten Morgen bricht Martin früh auf, und ich hole noch etwas Schlaf nach. Die Strecke bis zur Grenze ist nur noch etwa 60 Km lang, aber die anstrengenste Etappe der gesamten Tour.


Rückblick auf die Strecke am Karakolsee



Da haben sich wohl ein paar Schweizer gespielt


Die Straße ist nicht die beste, aber der Gegenwind macht mich richtig fertig. Um 14 Uhr schaffe ich es dennoch bis zur Grenzstation. Dort wird gerade gebaut, offenbar wollen die Tadschiken eine richtige Grenzstation haben. Die aktuelle Station ist ja nicht sehr ansehlich. Derzeit herrscht noch eine Mischung aus Containern und improvisierten Hütten vor. Ich spreche ein paar Bauarbeiter an wo ich hingehen soll. Sie bieten mir eine Zigarette an und deuten auf die erste Hütte. Drinnen ist tatsächlich jemand, ein Offizier in Räuberzivil. Nach den üblichen Zollfragen bietet er mir an Geld zu wechseln. Ich bin recht misstrauisch und erwarte einen denkbar schlechten Kurs. Ich weis leider nur den richtigen Kurs für Euro Somoni und nicht für Dollar, und Kopfrechnen macht in der Höhe auch nicht so viel Spass. Aber 5 Dollar kann ich ja mal wechseln. In Kirgistan soll es erst am dritten Tag eine Bank geben.
Wie sich später herausstellt, hat mir der Offizer einen ziemlich guten Kurs angeboten, sämtliche Banken in Kirgistan bieten einen geringfügig schlechteren Kurs. Nach dem Zoll kommt die nächste Behörde, bzw. Hütte und dann nocheinmal das selbe. An der letzten sind Soldaten in richtiger Uniform, hier bekomme ich endlich meinen Stempel. Vor der Hütte muss ich eine ganze Weile warten. Der Drogenhund leistet mir Gesellschaft, er kommt sogar her als ich ihn mit "Laika" und "Sabaka" rufe. Allerdings ist er an mir weniger interessiert und beginnt lieber die Grashalme vor der Barrake zu fressen. Der Schlagbaum ist schon in Sichtweite, und seitlich stehen die Soldatenunterkünfte. Dazu wurden offenbar in zwei alte Treibstofftanks Fenster und Türen hineingschnitten und Bettgestelle eingebaut. Nach der längeren Wartezeit bekomme ich von einem Offizier meinen Pass zurück, der mich in Englisch fragt ob alles problemlos gelaufen ist und mir eine gute Weiterreise wünscht. Am Schlagbaum sperrt der Wachsoldat den Schranken auf, und ich reise aus Tadschikistan aus.

Ich weis zwar, dass ich im Niemandsland problemlos übernachten kann, aber ich will heute noch nach Kirgistan gelangen. Das Niemandsland ist etwa 30 Kilometer lang, Grund dafür dürte sein, dass die Kirgisen die Grenze lieber im Tal überwachen und hier sowieso nicht viele Menschen wohnen. Der oft schlammige Pass ist heute trocken, und die Abfahrt viel kürzer als ich es von den Fotos erwartet hätte.


Das erste Yak, gleich nach der Grenze


Die Passabfahrt nach Kirgistan



Die Straßenmeisterei


Ich treffe das erste Mal in Asiens auf Yaks, also auf die coolere Sorte von Kühen. So bedrohlich sie auch aussehen, sind sie deutlich scheuer und schneller als ihre fauleren Verwandten. Im Tal halte ich die Straßenmeisterei zunächst kurz für die Grenzstation. Die Familie die dort wohnt ist sehr nett, ich werde sofort zu allem möglichen eingeladen, was ich aber ablehen muss, da ich noch nach Kirgistan will. Die Familie ist kirgisisch, jedoch gehöhren sie politisch zu Tadschikistan. Der Mann hat einige Raupenfahrzeuge und eine Sammlung verrosteter Warntafeln. Er ist für die Erhaltung und Schneeräumung der Straße bis Karakul zuständig.


Ich mit dem Nachwuchs - diesen Hut tragen hier sehr viele Kirgisen


Weiter im Tal kommt mir ein Mann entgegen mit Rucksack und einer Plastiktüte in der Hand. Er sieht nicht wie ein Wanderer aus, eher wie ein Europäer beim Einkaufsbummel.
Er ist tatsächlich Niederländer und per Autostop unterwegs. Heute hat er Pech gehabt und niemanden für die Strecke gefunden. Übernachtungsausrüstung hat er keine mit, er hat eigentlich geplant nach der tadschikischen Grenze eine Möglichkeit zu finden. Die Familie vorhin wird ihn aber bestimmt gut aufnehmen. Radfahrer hatten mich Tage zuvor gewarnt, dass eine Flussüberquerung ansteht da die Straße weggespühlt wurde. Auch die Bewohner der vermeintlichen Grenzstation hatten mich davor gewarnt.
Aber die erste Flussüberquerung meines Lebens stellt sich als viel leichter heraus als gedacht. Barfus und mit vollem Gepäck am späten Nachmittag ist ja eigentlich Worst Case für eine Flussdurchquerung aber es geht trotzdem einfach.


Abend am Rand vom Pamir


Ich fahre weiter aus dem Tal heraus und in die Ebene von Sary Tash hinein. Hinter mir tauchen die vergletscherten und verschneiten Gipfel des Pamirs auf. Die Landschaft hat sich total verändert, alles ist grün und endlos weit. Von der Steinwüste des Pamirs bin ich in eine fruchtbare Hochebene gewechselt. Trotz der langen Abfahrt bin ich immer noch auf 3200 Metern Höhe.

Endlich taucht dann die Kirgisische Grenzstation auf. Wie auch die Tadschikische Station ist das hier eine "richtige" Grenze die vom Militär verwaltet wird. Ich fahre zum Schranken hin, begrüße den Soldaten und gebe ihm erst einmal den Pass. Daraufhin wird das Tor aufgemacht, und ich muss die 3 üblichen Stationen absolvieren. Die Grenzkaserne ist deutlich besser ausgestattet als alles was man von Tadschikistan kennt. Vor mir ist ein Taxifahrer der die Formalitäten von 10 Fahrgästen erledigen muss, deshalb warte ich überall relativ lange. Dafür weis ich immer wo ich als nächstes hingehen muss.
Während der Wartezeit schaue ich mich in den Kasernen etwas um, die Offizierswohnungen sind ziemlich nett, aber normaler Soldat möchte ich hier nicht sein. Die letzte Station ist der Zoll, der für mich sehr schnell erledigt ist. Auch hier muss ich niemanden meine Taschen öffnen. Nach insgesamt einer Stunde heisst es "Welcome to Kirgistan" und ich darf das Tor passieren.

Es sind bis jetzt noch nicht einmal 3 Wochen vergangen und 3/4 meiner Reise liegen noch vor mir.



Danke für das viele positive Feedback!
Die Teile Kirgistan und Kasachstan müssen noch verfasst werden, also wird die Fortsetzung noch etwas dauern.
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