Hallo allerseits,
alles hat einmal ein Ende, so nun auch dieser Bericht, wenn auch bestimmt wieder mit Tippfehlern
6.8.Doubice-Chribska-Jetrichovice-Ruzova-Hrensko-Decin-Usti n/L-Chuderov-Chlumec-Chabarovice-Modlany-Teplice-Oldrichov 97 km Wir beschließen die letzten Tage der Tour gemütlich ausklingen zu lassen . Zunächst einmal geht es weiter durch die fantastische Landschaft der böhmischen Schweiz. Die engen Strassen sind morgends menschen- und autoleer, die Schluchten so eng und tief, dass bisweilen kein Lichtstrahl auf den Boden kommt. Rechts und links der Strasse türmen sich im Wald bizarre Felsformationen empor, während sich unsere Route beständig auf und ab windet. Mehrfach habe ich bei abfahren das Gefühl in ein finsteres Loch zu fallen und bin jedesmal erstaunt, dass es dann immer noch tiefer geht und noch tiefer. Bergauf kann man sich dann wieder aufwärmen, über Schlaglöcher fluchen und in aller Seelenruhe die Landschaft betrachten – zumindest wenn man so langsam fährt, wie ich das tue.
Nach einigen Kilometern tut sich endlich ein Dorfladen auf, der uns nicht nur frische Brötchen verkauft, sondern bei dem wir auch den Frühstückkaffee einnehmen können. Danach kommen wir von der beschaulichen Stille des Waldes in rummelige Touristenorte, wir nähern uns der Elbe. Die schöne Schlucht ist zugestellt mit Geschmacklosigkeiten aller Art, auch chinesische Haute Couture kann man hier erstehen. Einen Kaffe später sitzen wir dann wieder auf dem Rad und fahren parallel zur Elbe nach Decin, wo man ausnahmsweise einmal richtig schön Tempo machen kann kann. Dort folgt dann eine kleine Stadtrundfahrt, Lebensmittel füllen wir ebenfalls auf. Dann begeben wir uns für ein kurzes Stück auf die Bundesstrasse Richtung Teplice, das geht zwar ganz gut, ist aber trotzdem mehr etwas für den schnellen Transit. Zeit haben wir aber genug, weshalb wir auf kleine Nebenrouten ausweichen. Das ist zwar mit vielen zusätzlichen, steilen Höhenmetern verbunden, entschädigt dafür aber mit schönen Ausblicken und himmlischer Ruhe.
Wir fahren nun durch ein ehemaliges Bergbaugebiet, womit wir sämtliche Tourismusanlagen hinter uns gelassen haben.
Die Zeltplatzsuche für den Abend gestaltet sich schwieriger als gedacht. Am Badesee von Oldrichov findet sich dann doch ein Campingplatz. Nach einem erfrischendem Bad im See trifft noch ein weitere deutscher Radfahrer ein, der aus Tübingen stammt. Mit ihm verbringen wir fröhlich plaudernd den Rest des Abends bei allerlei Getränken. Später kann dank der in Östereich erstanden Ohrstöpsel, selbst die ausschweifend feiernde Motoradgruppe aus den Niederlanden unserem Schlaf nichts anhaben
7.8.Oldrichov-Hrob-Mikulov-Zinnwald-Geising-Bad Gottleuba-Berg-Giesshübel-Rathen-Hohnstein 89 kmDer nächste Morgen bringt das direkt einen Schock. Kaum haben wir unsere Habseligkeiten verpackt, kommt der tübinger Fahrradkollege vom gestrigen Abend angelaufen und beklagt den Verlust seines Fahrrads. Wir suchen dann die komplette Umgebung des Campingplatzes ab, können aber leider nichts finden, das Fahrrad ist wohl schon auf dem Weg zu seinem neuen Besitzer. Was für eine unerfreuliche Art eine Radreise abzuschließen, ich bin heilfroh, dass unsere Räder noch da sind, obwohl wir sie vollbepackt und unabgeschlossen nur an einen Baum neben das Zelt gelehnt haben. Vielleicht sind wir ja doch zu leichtsinnig.
Bedrückt lassen wir nach einigem hin und her den nun fahradlosen Kollegen zurück. Ich hoffe, dass das Rad vielleicht doch noch aufgetaucht ist, viel Hoffnung mache ich mir diesbezüglich aber nicht.
Wir fahren nun bergan in die Deciner Berger und Richtung deutsche Grenze. Die Auffahrt gefällt mir ausgesprochen gut, der Verkehr ist auch kaum der Rede wert. Auch hat man hier schon etwas von der Erfindung der Serpentine gehört, weshalb es nicht nur halbwegs gemäßigt steil bergan geht, sondern man auch schöne Ausblicke in den Kurven genießen kann. Den Frühstückskaffee nehmen wir in einer Pension ein, die augenscheinlich ein beliebter MTBer Treffpunkt ist. Der Wirt schenkt uns zum Abschied sogar noch eine Fahrradkarte, unbeeindruckt von der Tatsache dass man den Haupteil der vorgeschlagenen Routen nur ungerne mit einem vollbepackten Reiserad auf 25mm breiten Reifen antreten möchte.
Oben angekommen, gelangt man auf eine hügelige Hochebene, die mit viel Nadelbäumen und einer heideähnlichen Vegetation bestückt ist. Hinter der Grenze folgt dann eine berauschene Abfahrt, die nur durch einen löchrigen Reifen kurz gestoppt wird. Eigentlich habe ich erwartet nun wieder in eine Touristenecke zu kommen, aber die Orte sind allesamt relativ ruhig und leer, was man leider nicht von den Strassen behaupten kann.
Wier drehen eine kleine Extrarunde, weil wir hoffen, an den auf der Karte verzeichneten Stausee zu kommen, aber das scheint ohne längeren Fußmarsch nicht möglich zu sein. Dafür besichtigen wir einen sehr hübschen Wasserfall, in dem lediglich ein paar jugendliche Wasserratten herumplanschen. Im Schwarzwald hätte man hier mindestens 3 Andenkenbuden, einen Parplatz und 2 Gasthäuser errichtet, hier weist hingegen lediglich ein kleines Schildchen auf die Sehenswürdigkeit hin.
Als wir uns wenig später der Elbe nähern, holt uns auch wieder der Touristenrummel ein. Vorher haben wir aber einen sehr schönen Blick auf die diversen Felsformationen der Umgebung. Das läßt mich fast verzeihen, dass ich mich über die ein und andere Kopfsteinpflasterstraße quälen darf. Wenn ich in Sachsen wohnte, würde ich vermutlich auch vorwiegend ein breitreifiges Rad fahren.
Nach einer Kaffeepause queren wir die Elbe und fahren auf der anderen Seite wieder bergauf, was mit weiteren schönen Ausblicken belohnt wird. Leider finden wir den Zeltplatz von Hohnstein erst nach mehrfachen Extrarunden, was uns ein paar zusätzlich gefahrene Höhenmeter einbringt.
8.8.Hohnstein-Dresden - nicht ganz der direkte Weg: 64 kmHeute abend geht unser Nachtzug aus Dresden, wir haben also unendlich viel Zeit, weil Dresden nur einen Fliegenschiss entfernt ist. Wir begeben uns also ersteinmal in den Wald, um wenigstens einige der schönen Felsformationen bewundern zu können. Hier fahren wir dann kreuz und quer den ein oder anderen Waldweg, entgegenkommende Wanderer grüßen freundlich. Dann ist die ein oder andere Schiebepassage angesagt, was aber nichts macht, wir haben ja Zeit. Froh bin ich über diesen Abstecher allemal, nur auf der Strasse hätten wir nicht halb soviel gesehen.
Später fahren wir dann auf den Elberadweg, drehen eine unfreiwillige Sonderrunde durch Pirna und laufen dann am späten Mittag in Dresden ein.
Nach kurzer Stadtbesichtigung steuern wir den Globetrotter an, weil mir der Verschluss meiner Schlafsackhülle gebrochen ist, um für Ersatz zu sorgen. Dort begegnet uns, die Welt ist ja bekannlich ein Dorf, ein uns bekanntes Forumsmitglied, mit dem wir den Rest des Tages in einem Biergarten verbringen, bevor wir ein weiteres heimsuchen.
Viel zu schnell vergeht die Zeit bis zur Abfahrt des Zuges, in dem zwei penetrant zeternde Amerikanerinnen sämtlichen Mitreisenden die Nacht vergällen. Der Schaffner bewahrt bewundernswerte Ruhe – ich hätte die Damen unsanft vor die Tür gesetzt.
Insgesamt hat mir unsere Tour sehr gut gefallen, auch wenn unzureichende Vorplanungen die ein oder andere Überraschung bereithalten. Wir werden dennoch nach wie vor nicht zu den Leuten gehören, die jede Etappe ihrer Tour vorplanen, mir ginge dabei ein wesentlicher Reiz des Radreisens verloren. Und der besteht für mich auch in den unerwarteten Gegenden, Orten und Begegnungen.
Weshalb ich auch ein vorherigen Buchen der Rückfahrt das nächste Mal eher vermeiden möchte. In diesem Urlaub wären wir dann nämlich wieder heim geradelt, was der Urlaubstour dann freilich wieder eine andere Wendung gegeben hätte. Leider erschweren einem die Tarifpolitik und die Fahrradmitnahmemöglichkeiten der Bahn derartige Spontanitäten, so dass man alternativ stundenlang mit etlichen Umsteigeinlagen in diversen Nahverkehrszügen unterwegs ist oder eben zum radelnden Kilometerfresser wird. Letzteres erscheint mir eine immer interessantere Option, solange Zeit, Distanz und Muskelkraft mitspielen.
Ansonsten würde ich für die Fahrradfreundlichkeit der einzelnen Länder und Regionen Tschechien und Östereich 4 Sternchen, der Slowakei 2,5 Sternchen, Deutschland 2 Sternchen und dem südwestlichen Polen 1,5 Sternchen verteilen. Gerade in seinem südöstlichem Teil fand ich Tschechien und die angrenzenden Regionen Niederöstereichs sehr angenehm zu beradeln. Die Straßen waren in einem überwiegend sehr gutem Zustand, die Verkehrssituation entspannt und die Gegend abwechslungsreich. Allerdings baut man in etlichen Teilen Tschechiens gerade in großem Umfang seperate Radwege, was, wie ich fürchte, möglicherweise wie in Deutschland dazu führt, dass Radfahrer auf der Straße nicht mehr geduldet werden. Für Freunde des Radwegetourismus mögen da die Prioritäen anders aussehen. Ausgeschilderte Radrouten ziehen sich in Tschechien bereits durchs ganze Land. Die beziehen aber momentan die Straßen noch oft mit ein und sind sonst auf eher MTB-freundliche Holperstrecken durch Wald und Flur ausgerichtet. Gelegentlich werden wir mal mit einem MTB wiederkommen und diese antesten. Auch in der Tatra und in der sächsischen und böhmischen Schweiz würden sich mit einem geländegängigen Rad durchgeführte Rad und Wander-Kombinationstouren anbieten.
Dank der wirklich guten Infrastruktur wäre auch nur ein Bruchteil des von uns mitgeführten Gepäcks notwendig. Den gut zwei Kilo schweren Benzinkocher und die zahlreichen Töpfe und Nahrungsmittelreserven könnte man getrost zu Gunsten einer leichteren Version zu Hause lassen. Vielleicht gelingt uns das ja dann das nächste Mal. Vielleicht kommt ja auch noch der Tag, an dem ich es außerdem schaffe ein polnisches Wort auzusprechen, ohne dass mein Gegenüber in unkontrollierte Lachkrämpfe ausbricht, aber das darf mit Zweifel betrachtet werden.
Allen die die Geduld aufgebracht haben diesen Bericht bis zum Ende durchzuhalten einen Dank und:
Mitteleuropa ist wenig exotisch, überall kulturell ähnlich, landschaftlich vertraut und
wunderschön.
Bis zum nächsten Mal
Nat