Zu pubertierenden Kindern kann ich noch nichts beisteuern, aber zur Entwicklungsgeschichte eines kleinen Reiseradlers
: Mein Sohn war noch keine zwei, da ging ich mit ihm im Anhänger auf Radreise an die norwegische Südküste. Die Steigungen waren mit Anhänger und Schwerlastgepäck damals zu viel für mich, nicht aber die Reise an sich für ihn. Mit drei war er wieder im Anhänger, diesmal plus Laufrad, auf Bornholm, via Schweden. Mit vier kam das Trets, es wurde nur besser: 2004 sind wir die jütländische Westküste hoch. 2005 wollte ich mal einen ruhigen Urlaub: Autourlaub in Schweden. Boh, war das langweilig - für uns beide.
Zum Glück hatten wir die Räder aufgeladen und das Trets im Kofferraum. Auch 2006 waren wir dem Rad im Urlaub untreu. 2007 dann - wieder mit Trets - noch einmal Bornholm. 2008 ging es von Göteborg nach Norden, bis Oslo, die letzte Tour mit Trets.
Dieses Jahr ist das erste ausschließliche Selbstfahr-Jahr, das Trets ist verliehen, und wir waren im April an Donau, Altmühl und Ludwigskanal unterwegs. Jetzt kommen wir gerade vom Leine-Heide-Radweg zurück, er war jeden Tag voll dabei, 60 km pro Tag, bis er am Abend des 5. Tages in Soltau über den Lenker abstieg und wir die Radreise im Krankenhaus von Rotenburg beendeten. Aber auch die Schulterprellung (wieder mal gut gegangen
) hielt ihn nicht davon ab, am nächsten Tag noch nach Zug-Transfer die letzten km nach Hamburg reinzufahren.
Ob es so weitergehen wird? Keine Ahnung. Ich war gespannt, wie er die ersten Touren ausschließlich selbstfahrend (auch auf dem Trets musste er konsequent mittreten die letzten zwei Jahre, sonst gabs Ärger
, aber es war natürlich bequemer) mitmachen würde - er war und ist nach wie vor begeistert dabei. Ich konnte mir nie einen "stationären" Urlaub für uns beide vorstellen, ich wäre vermutlich verrückt geworden.
Und so musste er eben mit und erwies sich als kompatibel.
Von der Pubertät ist er allerdings noch etwas entfernt, auch wenn sein Verhalten auf den Campingplätzen, wenn es um Abwasch etc. geht, doch schon so einiges anklingen läßt.
Ob er diese Art des Reisens irgendwann über haben wird? Möglich. Wir hatten bereits tolle Reisen miteinander, die zwar für mich nie "erholsam" waren, aber unglaublich schöne Erlebnisse mit sich brachten. Das möchte ich nicht missen, er vermutlich auch nicht. Und wir haben Pläne. Im Augenblick studieren wir gemeinsam einen Bildband über die Gobi.
Wenn er so nicht mehr reisen will, findet sich was anderes. Überreden werd ich ihn nicht. Aber entscheiden, wie ich reisen will. Und dann müssen notfalls Kompromisse her. Wir liebäugeln z.B. mit einem Faltboot. Und dann reist man mal mit anderen - ein Hauptmotivator für die zwei vorpubertären Jungs, die uns auf unserer Aprilreise begleiteten. Und ich reise auch ganz gerne mal ohne ihn - aber nicht ohne Rad.
Wenn Eltern einen Urlaub für ihre Kinder machen, dem sie selbst nichts abgewinnen können, geht es schief. Wenn Eltern einen Urlaub machen, der zu ihnen passt, sind sie wesentlich entspannter und können pubertären Genervtheiten mit größerer Gelassenheit begegnen.
Und für die zwei, drei anstrengendsten Jahre der Pubertät gibt es schließlich Jugendfreizeiten etc. Als Eltern kann man in der Zeit ja prima eine schöne Radreise machen. Ein paar Jahre später wollen viele Jugendliche plötzlich wieder mit - Erfahrungswerte besonders bei Radreisenden in Skandinavien - dann ist das nämlich wieder
...
Wünsche Dir viel Spaß auf Deinen Reisen, mit und ohne Kind.
Tine