So, hier kommt der Rest von meinem Reisebericht. Ich hoffe, ich hab die Bilder ausreichend klein komprimiert. Insgesamt dürften es trotzdem noch 2.5MB geworden sein...
@Falk: ja, war leider nur ein Sitzwagen. Ich habe mich von den "bequemen Ruhesitzen mit Waschgelegenheit am Wagenende" blenden lassen; was sich dann als simpler Kurswagen älterer Bauart mit unverstellbaren Sitzen entpuppte. Und nein, Mitleid habe ich dafür nicht verdient
Tag 3Nach dem ich mir im Mini-Markt noch ein paar Cracker, drei Brote und einen kompletten Käse mitgenommen habe (der im Laufe der nächsten drei Tage in den heißen Ortlieb-Taschen für ein interessantes Aroma sorgt), gehts wieder auf die Piste. Ziel für heute sind San Gimignano und Volterra. Bald biege ich wieder auf eine unbefestigte Strada Provinciale ab. Es geht wieder kräftig bergauf, und die Aussicht lädt wieder zum anhalten und fotografieren ein. Häufig kommt man an befestigten Anlagen vorbei, seien es Klöster, Dörfer oder Burgen.
ObenNach den üblichen paar hundert Höhenmetern ist der höchste Punkt (582m) der Straße erreicht. Der Ausblick in die Ebene verspricht einen Tag mit weniger Höhenmetern (ein Irrtum!). Zumindest geht es die nächsten 10km wieder schön bergab, bis Colle di Val d'Elsa erreicht ist.
Colle di Val d'ElsaColle di Val d'Elsa ist eine Überraschung. Die Stadt wurde nicht im Reiseführer erwähnt; ich komme hier auch rein zufällig dran vorbei. Die ganze Altstadt ist eine einzige von einer Stadtmauer umgebene Festung. Sie ist auf zwei Hügelkuppen angelegt, die über eine große Brücke miteinander verbunden sind. Hier mache ich erst einmal Mittag auf einer Bank im Park, vernichte das erste Brot und ein Viertel vom Käse, bevor ich durch die Tore und engen Gassen der Stadt bummele.
San GimignanoSan Gimignano heißt nicht umsonst 'Manhattan des Mittelalters': schon von Ferne sieht man die insgesamt sieben Wohntürme, die die drei- bis vierstöckigen Gebäude der Stadt überragen. Ich erreiche die Stadt über eine ausnehmend steile Schotterpiste von Süden her, während sich auf der Straße nebenan die Reisebusse und Campingmobile stauen.
Die Stadt wäre sehr malerisch -- wenn die Touristenmassen nicht wären. Ich wage es mir kaum auszumalen, wie es hier in der Hauptsaison zugehen mag. Immerhin ist San Gimignano nur eine Kleinstadt, verglichen mit Florenz und Siena. Also ziehe ich mein übliches Programm durch: einmal quer durch die Stadt schlendern, dann wieder auf die Straße. Nicht dass ein falscher Eindruck entsteht -- um nichts in der Welt hätte ich an diesem oder den anderen genannten Orten achtlos vorbeifahren wollen! Aber ich hab einfach keine Lust, mich für ein/zwei Stunden zwischen die anderen Pauschaltouristen in ein überfülltes Ristorante zu quetschen, sondern genieße viel lieber die Freiheit, unterwegs zu sein.
Vor Volterra15km hinter San Gimignano ändert sich die Landschaft das erste mal drastisch. Aus den steilen Bergen mit Trockenwäldern werden sanfte, grüne Wiesen, die bis zu den nächsten Bergkämmen in ca. 30km Entfernung reichen. Die Kamera kann dieses unglaublich liebliche Erscheinungsbild kaum wiedergeben. Es ist warm und sonnig, geht leicht bergab, der Wind bläst sanft und die Vögel zwitschern. Alle 10 Minuten kommt mal ein Auto vorbei. Ich bremse auf der Abfahrt so viel wie nie zuvor, weil ich keine Lust habe, diese Landschaft mit 40 Sachen einfach so an mir vorbeirauschen zu lassen.
Die BalzeDie sanften Hügel sind das Ergebnis eine sehr mächtigen lehmigen Bodenschicht, die durch Wind und Wetter abgetragen und abgerundet wird. Es gibt zahlreiche 'offene' Abbruchkanten, wo diese Erosion in vollem Gange ist. Diese Gebiete (oder die ganze Region?) nennt sich 'Balze'. Würde es in Italien soviel regnen wie in Deutschland, wären die Gehöfte und Klöster auf dem Bild schon längst Opfer eines Bergrutsches geworden.
VolterraVolterra wird dominiert von einer *riesigen* Festungsanlage, die heute noch als Knast verwendet wird.
Abgesehen von der Festung bietet Volterra die für Italien typischen engen Gassen und wuchtigen Palazzos. Das Palazzo dei Priori auf dem Bild ist sogar das älteste erhaltene Rathaus der Toscana.
Von der Straße rund um die Festung hat man eine ausgezeichnete Fernsicht ins Umland.
Volterra hat zwar einen geöffneten Campingplatz, aber es ist erst kurz nach 16 Uhr -- also entschließe ich mich, in Richtung Küste weiterzufahren. Notfalls gibts direkt an der Küste jede Menge offener Campingplätze, falls sich unterwegs keine Gelegenheit bietet.
BergaufLangsam werden die Schatten länger, und die Küste rückt nicht näher: das ewige Bergauffahren schüttelt meine Planung ganz schön durcheinander. Ausserdem werde ich langsam müde...
Tagesziel erreichtBei Guardistallo, 10km vor der Küste, stoße ich zufällig auf einen Wegweiser auf einen Campingplatz. Der entpuppt sich dann zwar als noch nicht offen, der unglaublich nette Besitzer lässt mich aber trotzdem rein; ich bin der einzige Gast. Ich schlage mein Zelt in einem malerischen Pinienhain auf, nachdem ich im Schein der Taschenlampe herumliegende Pinienzapfen davongekickt habe. Da die Sanitäranlagen auch noch nicht offen sind, wasche ich mich unter einem Wasserhahn an der Camping-Wiese, und freue mich, noch ausreichend Brot und Käse für ein Abendessen und Frühstück dabeizuhaben.
Heute habe ich 117km und 2150 Höhenmeter geschafft, und habe dazu insgesamt 7 Stunden in Bewegung und 1:30 Stunden Pause gebraucht.
Tag 4Zur KüsteWeil am Ostermontag die Geschäfte geschlossen haben, schenkt mir der freundliche Campingplatz-Besitzer bei der Abreise ein Stück Kuchen und ein halbes Brot zum Frühstück. Deswegen ein bisschen Reklame: Reisender, bist du zufällig in der Gegend unterwegs, findest du eine sehr herzliche Aufnahme auf dem Campingplatz bei 43°18'53.41"N, 10°35'31.13"E an der Straße zwischen Cecina und Guardistallo.
In Cecina an der Küste finde ich dann noch einen offenen Laden, wo ich mir eine Tüte Kekse, Brot und eine große Tüte mit Birnen und Bananen kaufe. Das ist aber das einzg erfreuliche, was die Küste zu bieten hat. Die Straße ist dicht mit stinkenden Campingmobilen befahren, und die Campingplätze liegen so dicht beisammen, dass man kaum das Meer sieht. Also wende ich mich bei Rosignano wieder ins Landesinnere, obwohl das einen langen Umweg mitten über einen Höhenzug erfordert, um nach Livorno zu kommen.
Vor LivornoDie Landschaft wechselt ein weiteres Mal: dieser Berg ist dicht mit harzigen Pinien bewachsen. Es riecht fast wie in den sommerlichen Kiefernwäldern daheim. Die Straße von Colognole nach Livorno gehört auch zu denen, die man einfach mal entlanggeradelt sein muss: die Aussicht auf Livorno aus ein paar hundert Metern Höhe ist einfach grandios!
LivornoLivorno macht einen sehr zentraleuropäischen, aufgeräumten Eindruck. Laut Reiseführer haben hier die Faschisten heftig 'ordnend' in das Stadtbild eingegriffen. Es macht aber Spaß, durch den Hafen zu schlendern, ein bisschen Seeluft zu schnuppern und sich das alte Hafenkastell anzusehen, das heute fest in der Hand (Pfote) zahlreicher Straßenkatzen ist. Der Kontrast zwischen der alten Festung aus roten Ziegeln und den modernen Fährschiffen und Motorjachten könnte kaum größer sein.
Leider hat Livorno keinen Campingplatz (zumindest hab ich keinen gesehen), also mache ich mich auf den Weg nach Pisa. Leider hab ich bei den Straßen nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Es gibt zwar eine Autobahn, eine Strada Statale und eine kleinere Landstraße, aber alles sehr dicht befahren. Ich entscheide mich für die Landstraße, aber Spaß machen die stinkenden 20km nicht.
Tagesziel PisaDie Durchfahrt durch Pisa ist abenteuerlich. Im Internet tauchen immer mal wieder Videos von verrückten Fahrradkurieren auf, die eine wilde Fahrt unter Mißachtung sämtlicher Verkehrsregeln durch Boston oder New York veranstalten -- sowas ist in Pisa zur Rush Hour vollkommen normal, wenn man vorankommen will. Man zirkelt sich zwischen ungezählten Autos und Motorrollern im Stop-and-Go-Verkehr durch, fährt verkehrtherum durch Einbahnstraßen, selbst wenn die dicht befahren sind, benutzt ganz selbstverständlich die Mittellinie zwischen den Fahrspuren sowie die Bus- und Taxi-Spuren mit, und hat immer im Blick, ob zur Stoßstange vom Hintermann noch ein halber Meter Platz ist. Rote Ampeln sind eher Empfehlungen denn Anweisungen. Und egal wie irre man fährt, man ist immernoch um Klassen rücksichtsvoller als die Einheimischen auf ihren Motorrollern (die für diese Darbietung öfters Beifall in Form von 'Stupido!'-Rufen und wildem Gehupe bekommen). Andere Radfahrer sieht man nicht auf der Straße, die bleiben entweder in den Fußgängerzonen oder auf dem Gehweg.
Ich stelle mein Rad auf dem Zeltplatz unter, esse einen Happen, und gehe zu Fuß zum schiefen Turm, nachdem sich gegen halb acht die Touristenmassen irgendwohin verlaufen haben. Pisa ist eine sehr schöne Stadt. Ich sollte meine Touren das nächste Mal möglichst so planen, dass ich gegen Abend ankomme, nachdem die Tagesgäste weg sind.
Heute habe ich 108km und 1085 Höhenmeter auf dem GPS. Dabei war die Maximalhöhe nur 354m. Langsam komme ich in Form; bin eigentlich noch gar nicht müde.
Tag 5Nach LuccaHeute mache ich noch einen kurzen Bummel durch die Ecken von Pisa, die ich gestern ausgelassen habe, dann steht Lucca auf dem Plan. Wie es danach weitergeht, weiß ich noch nicht. Auf jeden Fall sehen die Berge schon mal vielversprechend aus, und die Straße aus Pisa heraus ist auch nicht so entsetzlich befahren. Hinter San Giuliano Terme fahre ich erst einmal ein paar Serpentinen zum Tunnel hinauf. Der Tunnel ist so lang und düster, dass ich erst einmal mein Batterierücklicht herauskrame. Im Tunnel ist ein so starkes Gebläse installiert, dass man von dem Krach halb taub wieder herauskommt. Auf der anderen Seite erwartet einen nach kurzer Fahrt dann Lucca.
LuccaDas Stadtbild von Lucca wird beherrscht durch eine riesengroße Stadtmauer. Die Mauer ist so breit, dass sie zwei Reihen Bäume und eine Straße trägt, die auf wenigstens 5km Länge einmal um die Altstadt herumführt. Von der Mauer aus hat man einen sehr schönen Blick in die einzelnen Stadtteile, auf die Parks und Villen.
Innen ist wieder Markt.Ich kaufe mir erst mal kräftig Obst zum Mittagessen. Der freundliche Händler am Stand kann zwar nur italienisch, feilscht aber trotzdem erstaunlich hartnäckig
Die Stadt macht einen sehr natürlichen und sympatischen Eindruck. Die Touristen sind gegenüber den Einheimischen nur knapp in der Überzahl. Niemand hetzt, es gibt kein Gerenne und Geschiebe. Schade, dass ich nur eine knappe Woche Urlaub habe.
Villa TorrigianiDie nächste Station ist die Villa Torrigiani, die in meinem Reiseführer erwähnt wird. Ich hab keine Lust auf eine Besichtigung, sondern setze mich erst mal unter einen Baum, esse die langsam matschig werdenden Vorräte und überlege, wo es als nächstes hingehen soll. Es ist früher Nachmittag, und ich will ja nicht heute Abend schon wieder in Florenz sein. Also beschließe ich einen Umweg über die nahen Berge, allgemeine Richtung ist der Campingplatz in Montecatini Terme.
San GennaroUnterwegs komme ich an San Gennaro (Lucca) vorbei. Der Ort liegt auf einem Hügelzug, der von den Bergen aus in die Tiefebene hineinragt, und bietet einen unglaublichen Anblick vor dem Hintergrund der dicht besiedelten Ebene.
CollodiLaut Google Earth müsste das ein Teil von Collodi sein, der sich da so eng den Berg hinaufzieht. Unten ein Schloss, oben eine befestigte Burg, in der Mitte Wohnhäuser.
UnterwegsLangsam wird es Zeit für eine weitere Rast. Ich setze mich in einem Dörflein auf eine Bank und packe meine Sachen aus. Kaum fange ich an zu essen, habe ich auch schon eine Katze auf dem Schoß und eine Katzennase im Honigglas
Tagesziel Montecatini TermeDas ist der letzte Abstieg, bevor es zum Campingplatz in Montecatini Terme nochmal hundert Meter raufgeht. Heute habe ich nicht viel geschafft, nur 78km und 840 Höhenmeter in 6 Stunden. Aber der nächste Platz ist eindeutig zu weit weg, um ihn noch im Hellen zu erreichen. Ausserdem locken mich die Berge; ich will noch gar nicht wieder in Richtung Florenz fahren.
Tag 6Heute ist eine Bergetappe dran. Ich habe noch einen ganzen Tag übrig, bevor morgen Abend mein Zug aus Florenz abfährt. Also borge ich mir von einem Schweizer Camper eine Karte, und gebe ein paar Zwischenziele in mein GPS ein. Zuerst geht es aber über einen Hügelzug (der mir schon wieder 300 Höhenmeter beschert) nach Pistoia hinunter.
PistoiaIn Pistoia ist wieder ein Markt, an dem ich mich mit Obst eindecke. Ich frage mich, woher die ganzen Einheimischen die Zeit haben, unter Mittag auf dem Markt einkaufen zu gehen. In Deutschland würde man um diese Zeit nur Arbeitslose, Rentner und Schulschwänzer sehen. Hier in Italien scheint man dagegegen Mittags Zeit zu haben.
Der Verkehr in Pistoia ist fast so chaotisch wie in Pisa. Insbesondere die Einbahnstraßen machen mir zu schaffen. Inzwischen benutze ich mein GPS tatsächlich zum Auto-Routing: auf der Karte zum gewünschten Ort scrollen, zweimal Enter, und das Ding leitet mich durch das Gewirr von Einbahnstraßen und Kreisverkehren zuverlässig zum Ziel. Ein lohnenswertes Ziel ist insbesondere die Festung aus schwarzen Ziegeln.
Collina-PassJetzt will ich aber endlich Berge sehen. Zuerst fahre ich über Nebenstraßen zum Passo di Collina auf 930m Höhe. 900 Höhenmeter am Stück sind ganz schön anstrengend, wenn die Straße zum Teil so steil wird, dass man schieben muss, weil das Vorderrad vom Boden abhebt. Darum fahre ich ein Stück SS64, bei deren moderater Steigung man auf mittleren Kettenblatt ganz flott nach oben kommt. Aber bald wird mir der LKW-Verkehr zu lästig, und ich biege wieder auf eine Seitenstraße ab.
GebirgeDer nächste Abschnitt ist die Schotterpiste vom Collina-Pass über den 1300m hohen M. Bucciana nach Torri. Über 1000m Höhe ändert sich die Landschaft wieder drastisch. In den schattigen Flecken liegt noch Schnee, die Straße sieht streckenweise aus, als könnte Hannibal gleich mit ein paar Kriegselefanten vorbeikommen, und die Aussicht auf die Berge ringsum ist grandios. Auf einigen der entfernteren Gipfeln liegt noch eine geschlossene Schneedecke. Soviel werde ich heute aber nicht mehr schaffen.
Knirsch!Natürlich musste es ja mitten im Nirgendwo passieren: Chain-Suck, Kette um ca. 30° in sich verdreht. Als Notreparatur habe ich einen Imbusschlüssel zwischen die verbogenen Kettenglieder gesteckt und mit einem Kettennieter dagegengedrückt habe, bis die Kette wieder einigermaßen gradegebogen war. Bei einigen Ritzeln (und natürlich grade dem Berggang) sprang die Kette zwar immer aufs nächstkleinere Ritzel, aber laut GPS sind es nur noch 40km bis zum nächsten Campingplatz.
Ich fahre erst mal bei Torri auf 500m Höhe herunter, weil ich auf meiner Karte eine Straße neben einem Fluß sehe und einen langsamen Abstieg in Richtung Ebene erhoffe. Unten dann die Enttäuschung: der Fluß fließt in die falsche Richtung, tiefer rein ins Gebirge! Ich nehme trotzdem die Straße, darf aber wieder auf 850m hinaufstrampeln, und zwar ohne Berggang
Die Gegend ist wirklich abgelegen. 2m neben der Straße grasen Rehe und glotzen einen nur verwundert an, wenn man stehenbleibt und seinen Fotoapparat auspackt.
Endlich nur noch bergabDurch den Chain-Suck und die langsamere Reisegeschwindigkeit habe ich eine Menge Zeit verloren. Die Schatten werden schon länger, und der nächste Campingplatz ist immernoch 20km entfernt. Dafür habe ich eine großartige Aussicht über Pistoia hinweg in Richtung Florenz in der Abenddämmerung.
Tagesziel San BarontoDummerweise muss ich zum Campingplatz nochmal 150m rauf, und alles ohne Berggang. Langsam schleift meine Zunge auf dem Boden. Ich bin wirklich froh, als ich den Zeltplatz im Dunkeln erreiche, und freue mich auch, dass mich die Rezeption noch reinlässt, obwohl eigentlich schon geschlossen wäre.
Heute habe ich 120km und 2700 Höhenmeter geschafft. Insgesamt war ich 9:45 Stunden unterwegs, davon 2 Stunden Pause. Zur Feier des Tages gönne ich mir ein 20-Euro-Essen mit zwei Bier im Ristorante, und plumpse dann ins Bett.
Tag 7Heute muss ich nur bis 21:45 Uhr in Florenz sein. Laut GPS sind das nur 40km. Also versuche ich erst mal, meinen Chain-Suck zu reparieren. Ich habe einen Kettennietendrücker am Multi-Tool, drei Glieder Ersatzkette und ein PowerLink-Kettenschloss dabei. Also werfe ich erst mal die verbogenen Glieder raus. Nach der Operation hat der Kettennieter kein Gewinde mehr -- aber wenigstens hat es für eine einmalige Benutzung gereicht, also Ziel erfüllt. Zu Hause gibts einen neuen. Zu meinem Pech sind aber die Ersatzkettenglieder nagelneu, die
alte Kette hatte aber schon ca. 8000km hinter sich. Das merkt man beim Treten sehr deutlich; nun sprangen andere Gänge (zum Glück nicht mehr der Berggang).
Die beiden Biere am Abend waren keine gute Idee. Heute ist es kochend heiß und schwül, ich habe auf der kurzen Strecke nach Florenz ganz schön zu kämpfen.
Wieder in FlorenzIn Florenz komme ich am Nachmittag an. Der erste Weg geht zum Bahnhof: in Deutschland hatte man mir erklärt, ich müsse hier vor Ort eine internationale Fahrradkarte kaufen, das ginge von Deutschland aus nicht. Die nette Dame am Schalter hat mich dann aufgeklärt: von Deutschland nach Italien braucht man eine internationale Fahrradkarte, in der umgekehrten Richtung ist der Preis dafür in der Reservierung für den Fahrradstellplatz enthalten.
Ich laufe noch ein bisschen durch Florenz, und schlage dann mein Lager auf einer Bank auf dem Michelangelo-Platz auf, bis es dunkel wird und mein Zug fährt.
Heute bin ich 87km weit gekommen, und hatte dabei 640 Höhenmeter auf dem Tacho. Das ist erstaunlich viel, wo ich doch eigentlich nur durch die Ebene nach Florenz rollen wollte...
Mir kommen fast die Tränen, wenn ich daran denke, dass ich morgen direkt aus dem Nachtzug ungewaschen ins Büro muss, weil einige unaufschiebbare Termine drücken. Selten ist mir die Heimfahrt so schwergefallen wie bei diesem Urlaub. Keine Spur von dem zu-Hause-ists-am-schönsten-Gefühl, eher das absolute Gegenteil. Sieben Tage vergingen wie im Fluge. Insbesondere nachdem ich mich an Land und Leute gewohnt hatte, wäre ich gern noch tiefer ins Hinterland vorgestoßen, wäre mal auf die richtig hohen Berge rauf, oder zur Insel Elba. Ich hätte auch gern mein Rad mal für einen Tag stehenlassen und einige Orte zu Fuß erkundet. Mist; ich brauche einen anderen Job mit Urlaub, den ich auch tatsächlich antreten kann (*jammer*)
AbschlussBeim Zusammenrechnen meiner aufgeschriebenen Werte und beim Auslesen des Fahrradtachos komme ich auf 667km Strecke waagerecht und 10,5km senkrecht. Die Steigungen sind dabei durchweg heftig. Während in Deutschland die meisten Dörfer im Tal an einem Fluß liegen und halbwegs eben zu erreichen sind, verbinden die Nebenstraßen in der Toskana durchweg Dörfer, die auf Hügelkuppen angelegt wurden. Die Strada Provinciale führen daher meist gleich für 200 oder 300m bergauf, dann ins Tal und zum nächsten Dorf hinauf, und sind dabei so eng und kurvig, dass die Autofahrer vor jeder Kehre hupen, damit der Gegenverkehr rechtzeitig anhält. Zum Ausgleich sind sie nur schwach befahren und bieten eine unglaublich schöne Aussicht. Es gibt sogar etliche wunderschöne Strada Provinciale ohne Asphaltdecke. Als Alternative für Flachländer blieben die relativ ebenen Strada Regionale oder Strada Statale, die unseren Land- und Bundesstraßen entsprechen. Die sind allerdings häufig sehr stark befahren. Zudem verwenden die Italiener einen unglaublich stinkenden, rußenden Treibstoff. Es macht überhaupt keinen Spaß, da langzufahren.
Die Zeltplätze in Italien kosten in der Vorsaison zwischen 10 und 14 EUR. Das finde ich durchaus fair für Plätze, die z.T. nur 900m vom Schiefen Turm entfernt sind. In der Vorsaison sollte man sich vorher im Internet heraussuchen, welche Plätze überhaupt offen sind. Auf den Zeltplätzen in den höheren Lagen schläft man dabei besser. Die sind meist weitab vom Verkehr, und nicht so warm und feucht. Im Tal dagegen ist die draußen aufgehängte Wäsche morgens manchmal nasser als nach dem Waschen am Abend. Weil der Boden relativ hart ist, empfehlen sich schlanke Aluminiumnägel als Heringe. Wildes Campen kann man vergessen. Die Landschaft ist bis in 600m Höhe hinauf unglaublich zersiedelt. Einzeln stehende Gehöfte wechseln sich mit Olivenhainen und Weinbergen ab. Es gibt nicht wie in Deutschland Wälder, wo man einfach einen Waldpfad reinfahren und es sich auf einer Lichtung bequem machen kann. Alle nicht-senkrechten Flächen sind landwirtschaftlich genutzt. Man muss also entweder genug Italienisch beherrschen, um beim nächsten Bauern zu klingeln und zu fragen, ob man auf seinem Grund schlafen darf, oder ist auf Campingplätze angewiesen.
Pro Tag habe ich insgesamt etwa 30 EUR ausgegeben, habe mich dafür aber auch meist mit frischen Sachen vom Markt oder aus Supermärkten und kleinen Geschäften im Inland ernährt. In den Touristenzentren wird man für eine Mahlzeit in jedem Restaurant gleich 20 EUR oder mehr los. Ich kann auch nicht recht nachvollziehen, warum in den Bars so viel Panini gekauft werden. Ich hab ein paar gegessen, aber rasch festgestellt, dass ich mir leckere Schinkenbrötchen aus eingekauften Lebensmitteln zu einem Bruchteil des Preises auch selber machen kann
Wenn man wirklich über die kleinsten Dörfer will, sollte man darauf achten, genug Lebensmittel für einen Tag mitzuführen. Supermärkte gibts nur ausserhalb der größeren Ortschaften (nach Schildern mit 'Coop' suchen; Lidl, Spar und Konsorten sind auch vertreten), und kleinere Lebensmittelläden ('Alimentari') haben auch häufig grade dann zu, wenn du Hunger hast. Grundsätzlich findet sich aber immer etwas, selbst am Sonntag oder Feiertag. Nur musst du dafür eben manchmal in die nächste größere Stadt abzweigen oder in Touristenorten einen relativ hohen Preis zahlen. Zum trinken hatte ich zwei 1.5L-Flaschen am Rad. Das ist etwas knapp für einen Tag. Aber man findet relativ häufig in den Parks oder am Wegesrand Wasserhähne oder Brunnen, aus denen man sich bedienen kann. Wenn die Einheimischen daraus trinken, ist das Wasser o.k. Auf den Zeltplätzen roch mir das Wasser dagegen manchmal zu sehr nach Chlor. Aber dafür findet man hier üblicherweise einen Mini-Market.
So, zum Abschluss: ich würde da jederzeit wieder hin. Die Zeit von April/Mai ist ausgezeichnet zum Radfahren geeignet. Allerdings würde ich das nächste Mal weniger Kekse von zu Hause mitnehmen, und lieber gleich frische Lebensmittel vom Markt essen. Ausserdem würde ich die Touristenzentren noch stärker vermeiden als auf dieser Tour, und gleich ins Hinterland verschwinden -- ich fand die Straßen unterwegs einfach schöner als die Städte; selbst wenn es sich um Florenz oder Pisa handelt. Die Toskana ist zum Radfahren wirklich ideal: es wird nie langweilig, die Landschaft ändert alle zwei Tage ihre Gestalt, und man kann herrlich ungezwungen genau da hinfahren, wo man grade sein möchte.
Straßen, die man unbedingt entlangradeln sollte, wenn man in der Gegend ist:
über den Valico del Morellino-Pass ins Chianti-Land hinein
die Straße von Volterra nach Montecatini Val di Cecina
von Colognole nach Livorno herunter
die Straße über Petrognano an San Gennaro vorbei nach Collodi
die Schotterpiste vom Collina-Pass über den 1300m hohen M. Bucciana nach Torri
die Strada Provinciale, die von Acqua nach Pistoia führt