Die Idee schmorte seit gut 10 Jahren in meinen Kopf, nun wurde die Tour durchgeführt.
Es sollte einmal längs durch Deutschland gehen, von dänischer Grenze nördlich Flensburg bis kurz hinter bei Füssen an österreichischer Grenze.
Auswahl des Fahrrads: es standen Tourenrad VSF TX800 und Gravelbike Scott Speedster zur Wahl. Mit dem Tourenrad würde ich 90-120 km pro Tag schaffen, mit dem Gravler 100-140 km am Tag.
Ich entschied mich für den Gravler, hatte von Ortlieb die Sattelstütztasche, die Rahmentasche und die uralte Ultimate Lenkertasche von 2003 dabei, dazu ca. 5 kg Kleidung im VauDe Rucksack. Als Ergänzung eine kleine Oberrohrtasche und 2 Trinkflaschen á 0,7 l.
Der Plan war, die Strecke, geplant mit Komoot, in 14 Tagen incl. Pausentag(e) zu absolvieren.
Die Jahreszeit wurde bewusst gewählt, im September ist die Hauptsaison vorbei, es besteht Chance auf spontane Unterkünfte, zudem ist das Wetter oft stabil und noch genügend Tageshelligkeit.
Tag 1, 7.9.21Fahrt mit Nahverkehr nach Flensburg, dort beim Bäcker versorgt, dann an der Flensburger Förde zur dänischen Grenze bei Wassersleben / Kupfermühle geradelt. Ein Fußgänger durfte mich fotografieren.
Start an der dänischen Grenze
Um 11 h nach Süden gestartet.
Blick auf Flensburger Förde
Fahrt über Flensburg, Oeversee, Schleswig (Schloss Gottorf), Fockbek, NO Kanal gequert, Ziel in Hohenwestedt.
Schloss Gottorf bei Schleswig
Leider gleich die erste Pleite: Hotel (hatte nicht vorgebucht) war ausgebucht, in der Umgebung auch alles voll. „Wissen sie nicht, dass die Messe in Neumünster aufgebaut wird?“. Nein, wie sollte ich das wissen.
Aber, Google hilft, Unterkunft gefunden in 10 km Entfernung in Aukrug- Bargfeld.
Strecke 136,1 km, 686 hm.
Wetter sonnig, 13-22°C.
Tag 2, 8.9.2021Vormittags viel Fahrt durch Wald- und Feldwege.
Ich hatte die Komoot Planung schon zuhause verworfen und CXBerlin als Planungstool verwendet, dabei Trekking/Gravel eingestellt. Die Tracks führten doch tlw. arg durch Buschwerk, dies habe ich ab Tag 4 etwas abgeändert.
Mitten in Schleswig-Holstein
Schöne Pause in Barmstedt, dann durch das Baumschulgebiet nordwestlich Hamburgs.
Schließlich westlich durch Hamburg, und vom mir sehr bekannten Anleger Teufelsbrück über die Elbe in Heimatgefilde. Dort aber nucht nachhause gefahre sondern weiter auf dem Track.
Ziel sollte die Gegend von Schneverdingen sein, doch Unterkunftssuche am Nachmittag war in dieser Gegend erfolglos: „Heidschnuckenweg“ Wanderer und Heideblütenbesucher. Jedoch in Handeloh im Hotel Fuchs das letzte Zimmer bekommen, die nachfolgende drei Radler hatten kurz nach mir Pech.
Strecke 133,7 km, 572 hm.
Wetter sonnig, 13-24°C, kurz-kurz war angesagt.
Tag 3, 9.9.2021Ab Handeloh durch die westliche Lüneburger Heide viel auf Waldwegen, aber gut gepflegt, einige Heide-Sandstrecken dabei.
Nicht sehr sandige Heidewege.
Ein Freund war in der Gegend, zufällig nahe Wietzendorf, dann dort getroffen, auch um die "Boliden" zu vergleichen.
Wietzendorf, Müden, Celle, Burgdorf waren die Zwischenpunkte.
Der Track führte auch durch den Celler Schlosspark.
Den Schwager kontaktiert, doch war er selbst zum Start seiner eigenen Radtour aufgebrochen.
„Hotel/Pension in der Nähe von…“ half mir weiter. Schöne Monteurspension auf einem Pferdehof in der Nähe von Lehrte gefunden, nebenan ein Grieche, was will man mehr.
Strecke 132,1 km, 411 hm.
Wetter : Sonne satt, 13-28°C.
Tag 4, 10.9.2021Beim Frühstück Regenschauer, verzog sich schnell, dann Fahrt durch die ehemalige Heimat Hildesheimer Land.
"Hier kommt kein Baum hin, an jede Ecke eine Zuckerrübe!" Zitat Landwirt im Hidesheimer Land.
Algermissen, Lühnde, Ahrbergen, Harsum, Hildesheim, Groß Düngen, Bad Salzdethfurth, Bodenburg, hier kenn ich jeden Fußballplatz…
Alte Pracht in BAD Salzdethfurth.
Vorbei an Lamspringe auf dem Kulturradweg, die ehemalige Bahntrasse Hildesheim-Bad Gandersheim.
Vom Kulturradweg über einen echten Knuppel (>10%) in das Leine Tal und dort über Northeim, Göttingen nach Friedland in das am Morgen gebuchte Quartier.
Landhotel in Friedland.
Strecke 134,4 km, 758 hm.
Wetter : heiter, 18-25°C, immer leichter Gegenwind.
Tag 5, 11.9.2021Heute von Friedland vom Leinetal über einen kleinen Hügel an die Werra bei Unterrieden geradelt.
Am Werraradweg bei Lindewerra.
Bis kurz vor Eschwege am Werraradweg geblieben, vorher in Bad Sooden-Allendorf beim Kaffestopp die Unterkunft für den Abend gebucht.
Allendorf hat schön restaurierte Fachwerkhäuser.
Kurz vor Eschwege den Werraradweg verlassen und an der Wehre und später an der Sontra bis zur Stadt Sontra weitergefahren, ausgeschildert als R5 Hessischer Radfernweg. Hier erstmals etwas Regen erwischt.
Ruhige Nebenstraßen in der Gegend von Sontra.
Bei Dankmarshausen wieder auf den Werraradweg gestoßen und bis zur Unterkunft in Philippsthal auf diesem geblieben.
In der Unterkunft konnte ich für kleines Geld meine Wäsche reinigen lassen.
Strecke 107,4 km, 832 hm.
Wetter: 2 Regenschauer á 15 min, sonst südlicher Wind, also gegenan, 17-21°C.
Tag 6, 12.9.2021Servicekraft für das Frühstück verschläft, daher erst gegen 9:00 h Abfahrt Richtung Bayern. Klasse Strecke, zuerst noch 10 km auf dem Werraradweg, dann auf dem neuen Bahntrassenweg an der Felda von Dermbach nach Fladungen.
Ehemaliger Bahnhof Dermbach.
In der Ostrhön dann auf Schotter hoch bis 700m und einmal Schieben bei ca. 12%.
Schussfahrt runter von Thüringen nach Bayern, dort sofort sehr gute und gepflegte Radwege, auch abgesetzt von den Landstraßen.
Blick nach Süden (Bayern), rechts die Ostrhön, hinter mir Thüringen.
In Bad Neustadt/Saale Mittagspause, diesmal etwas ausführlicher mit Pizza auf dem Marktplatz. Nachmittags weiter bis Schweinfurt in das vorgebuchte Hotel in der Innenstadt.
Marktplatz in Schweinfurth
Strecke 121,3 km, 967 hm.
Wetter prima, weniger Wind als zuletzt, Sonne, 13-25°C.
Tag 7, 13.9.2021Von Schweinfurt Richtung Erlangen auf dem Mainradweg über Hassfurt, Bamberg, Forchheim gefahren.
Weinbau in Franken nahe Schweinfurt.
Zuerst sehr langweilige Strecke, kurz vor Bamberg wurde es abwechslungsreicher.
In Hassfurt dürfen die immer blitzblank gewienerten SUVs mitten durch die Altstadt fahren, einige Poser und etliche Parkplatzsucher, gruselig.
In Bamberg ein Foto beim Schlenkerla, an der Brücke auch,
Im Trubel an der Wurstbude „zwoa in a weckla“ und schnell wieder weg, „Overtourism“, viele ausländische Touristen.
In Forchheim ob des frühen Nachmittags eine Einkehr gesucht und „Brauerei Neder“ gefunden. Sehr urig, aber auch viele Saufnasen, traurig.
In Erlangen war in ich meiner aktiven Zeit öfter, nun alles noch einmal aus Sicht eines Ruheständlers genossen, keine Hochhäuser, schöne stadtnahe Wohngebiete, nette Biergärten und Restaurants.
Syrisches Restaurant in der Innenstadt Erlangens.
Strecke 104,9 km, und 271 hm, also Flachetappe am Main und MDK.
Wetter klasse, 15-26°C, Sonne satt, quasi kein Wind.
Tag 8, 14.9.2021Heute soll mich der Weg nach Weißenburg führen, privates Treffen mit Übernachtung. Da der Gastgeber erst etwas später zuhause ist, habe ich genug Zeit über Nürnberg zu fahren.
Doch erstmal durch das Knoblauchsland zwichen Fürth und Nürnberg.
In Nürnberg Kaffeepause, dann weiter nach Schwabach, Roth, Hilpoltstein und Heideck (Bahntrassenweg).
Roth ist ganz nett, aber auch hier fahren die blitzblank geputzten SUVs (andere normale PKW sieht mal nur selten, mitten durch den Ort. Das ginge auch anders, soll aber nicht, denn der Bayer muss zeigen, wie schön und kräftig ihre heimischen Blechprodukte sind.
Weißenburg selbst ist wirklich schön, wie ich auf einer abendlichen Führung erfahren durfte.
Strecke 94,4, 675 hm, die kürzeste Etappe der ganzen Tour.
Wetter prima, 15-28°C, etwas Wind aus Südost, nur Sonne , der wärmste Tag der Tour.
Tag 9, 15.9.2021Lange gefrühstückt, Abfahrt erst gegen 9:45 h, zuerst Nieselregen bis Treuchtlingen,
vorher zufällig am Karlsgraben vorbei gekommen.
Karl der Große hatte 793 eine Verbindung von der Nordsee zum Mittelmeer über Rhein Main Donau schaffen wollen. Projekt wurde aber nur begonnen und wegen Sumpfgebieten und anderen Schwierigkeiten (Geld?) eingestellt. Heute jedenfalls ein wichtiges kulturhistorisches Topo-Denkmal.
Hinter Treuchtlingen dann schöner Gravelweg am Möhrenbach entlang bis Gundelsheim, weiter bus Donauwörth, dort Mittag und die Via Claudia Augusta gefunden und dort meistens geblieben.
So kann man einen Holzlagerplatz aufhübschen!
Leider nach Augsburg hinein eine furchtbare Stadteinfahrt erlebt, Straße zu stark befahren.
Pause am Marktplatz.
Hinter Augsburg durch ein Waldgebiet und zur vorher gebuchten Unterkunft in Königsbrunn geradelt.
Strecke 113,6 km, 627 hm.
Wetter: zuerst regnerisch, dann wolkig, 15-22°C.
Tag 10, 16.9.2021Morgens Regen, beim Start trocken, den ganzen Tag über 15-20 min dauernde Schauer, einmal oben im Allgäu sehr heftig, aber viele große Heuschober bieten Schutz.
Leider an menem letzten Tag kein schönes Allgäu, aber die Alpen rücken heran.
Kaufering, Landsberg, Schongau nur gestreift, nicht durchgefahren.
Kurz vor Füssen, ein vorbildliches Radwegenetz.
Unterwegs am Lech kurz vor Füssen wurde es trocken, einen Tagestourradler getroffen, der wollte eine Runde nach Füssen und zurück machen, blieb aber bis zum Grenzschild hinter dem Lechfall bei mir, für das Zielfoto.
Hier ein letztes Foto auf das Kloster in Füssen von der Lechstraße aus gesehen.
Das war der letzte und leider vom Wetter her schlechteste Tag, und das im schönen Allgäu mit trübem Blick auf Forggensee und Ludwigschloss.
Schnell zurück zum Bahnhof an den Schalter, ob es nicht doch noch für heute Abend einen Nachtzug mit Radmitnahme gibt. Nein alles ausgebucht, aber morgen Mittag ab München über Karlsruhe. Das wollte ich nicht und bin per Nahverkehr nach München, dort ein günstiges Hotel am Bhf gefunden, und am Freitagmorgen mit Nahverkehr für 44€ plus 9€ für das Fahrrad einmal längs nach Norddeutschland gezuckelt. Alle Umstiege haben funktioniert.
Tagesstrecke 107,6 km , 665 hm bis Füssen.
Wetter regnerisch, durchwachsen bis 19°C.
FAZIT:Nach 14 Jahren hatte ich im Jahr 2021 die Idee endlich umgesetzt. 10 Fahrtage, 1186 km, und 6460 Höhenmeter, kein Pausentag, keine Panne, einmal etwas Öl an die Kette in einem Fahrradladen.
Nur ist solo Fahren für mich suboptimal, tagsüber ist es ok, aber abends möchte man dann beim Abendessen seine Erfahrungen austauschen.
--> Die 2022er Tour wurde dann mit einem Reisepartner durchgeführt... <---