Ende Februar war es Zeit für die erste kleine Ausfahrt in diesem Jahr. Hauptziel war der sonntägliche Besuch bei einem Freund am Zürichsee, Nebenziele war der Anschluss Luzerns an mein Netz der abenteuerlichen Schweizer Reise sowie die Bepilgerung der Schwarzen Madonna in Einsiedeln.
Tag 1: St. Urban – Luzern – Einsiedeln (Karte)Wie immer ist im Februar krass viel zu tun beim Job, so dass ich am Freitagabend überhaupt nicht sicher bin, ob ich überhaupt losziehen mag. Zudem finde ich den donnerstäglichen Überfall auf die Ukraine eine belastende Ungeheuerlichkeit. Früh am Samstagmorgen packe ich dann aber doch rasch das übliche Zeugs zusammen und schleiche mich davon – ein bisschen den Kopf verlüften wird mir wohl guttun.
Ich sause runter nach Sion und reise mit dem Zug zu einem Anschlusspunkt der Schweizer Reise: In St. Urban bin ich letzten Frühling mit dem
Militärvelo vorbeigekommen. Letztes Jahr hat mich in der Klosterkirche ein Orgelspieler zu Tränen gerührt; dieses Mal erkunde ich die wunderbare Akustik nur mit ein bisschen halbgarem Gepfeife.
Das wunderbare Wallis ist um diese Jahreszeit unten graubraun und oben weiss – fürchterlich... Da ist das Grün des Luzerner Hinterlandes eine willkommene Abwechslung.
Die Ostergau ist ein hübscher Flecken:
Ich folge ziemlich konsequent der Veloroute 38, «Luzerner Hinterland – Rigi». Und tatsächlich, nach einer Weile taucht am Horizont die Rigi auf.
In diesen unsicheren Zeiten tut es gut, Gewissheiten zu haben: rechts geht’s definitiv nach Luzern.
In der Altstadt tänzle ich mich durch die Fasnacht – oh, ich liebe diese Rhythmen, und ich überlege kurz, hier bereits ein Zimmer zu nehmen und mitzufeiern.
Bei diesem Anblick kommt mir unweigerlich Stille Has’
Walliselle in den Sinn: «Uh Luzärn –
s’brönnt gärn z’Luzärn, s’brönnt gärn z’Luzärn»:
Die Menschenmassen lichten sich, und ich erreiche den Bahnhof. Cool, Luzern wäre jetzt auch an meine Schweizer Reise angeschlossen!
Ich gucke noch rasch, ob vielleicht gerade ein Schiff nach Brunnen fährt, aber dann fahre ich doch lieber über Land, Richtung Küssnacht an der Rigi.
Ich hatte so halb angedacht über Brunnen zu fahren und noch die Ibergeregg mitzunehmen, aber das wäre definitiv zu viel gewesen.
Der Vorteil der Alternativroute: ich komme an der Hohlen Gasse vorbei. Die Gedanken gehen unweigerlich zum Tyrannen im Osten…
Zugersee mit Rossberg:
Beim Bahnhof Arth-Goldau gönne ich mir ein Birchermüesli, und frisch gestärkt nehme ich den Sattel in Angriff, natürlich mit schönen Ausblicken auf die Mythen.
Hier fährt auch der legendäre
Voralpen-Express:
Das Licht wird weniger, der Schnee wird mehr:
Die Armee galt während des Kalten Krieges als eine Art Heilige Kuh der Schweiz. Hier, im Moor von Rothenthurm, erhielt sie vor 35 Jahren einen ersten grösseren Dämpfer: die
Rothenthurm-Initiative verhinderte den Bau eines Waffenplatzes und stellte die Schweizer Moorlandschaften unter Schutz. Als dann 1989 35% der Stimmberichtigten für die
Abschaffung der Armee stimmten und die Bedrohung aus dem Osten zusammenbrach, musste die Schweizer Armee sich definitiv neu orientieren. Und jetzt steht wegen eines kriegsgeilen Vollpfostens die nächste Neuorientierung an.
Aber lassen wir das weite Feld der Politik und wenden uns dem Katzenstrick zu – ein herrliches Pässchen:
Was gibt es schöneres, als nach einem langen Tag im Sattel das gelobte Land zu erblicken?
Tag 2: Einsiedeln – Sattelegg – Stäfa – Turbenthal (Karte)Heute habe ich um 10:30 mit meinem Freund in Stäfa abgemacht. Hm, einfach runter zum Seedamm zu rollen wäre ein bisschen mager… Ah, das hat’s so ein gluschtiges Pässchen auf der Karte
Statt über den Seedamm geht’s über die Seebrücke, nach Willerzell. Morgenlicht, ich liebe dich.
Es ist kalt, aber in den Tannenspitzen kündigt sich bereits die Sonne an.
Und dann ist sie da! Danke Sonne, dass Du jeden Tag aufgehst – Du bist einfach wunderbar
Die Sattelegg ist definitiv ein schöner Ort: Restaurant, kleines Skigebiet, viel Schnee. Ganz links sieht man den Chöpfenberg.
Die Abfahrt durchs Wägital ist eine feine Sache!
Ich erreiche die Linthebene und den Zürichsee:
Der Seedamm bringt mich nach Rapperswil-Jona.
Durch die Weinberge erreiche ich Stäfa, wo ich vergnügliche Stunden mit meinem Freund und seiner Familie verbringe.
Ich überlege kurz, ob ich nach dem Besuch nicht zurück ins Wallis soll, denn dort wartet viel Arbeit auf mich. Aber da gerade nicht so klar ist, ob demnächst der 3. Weltkrieg ausbricht oder der atomare Erstschlag erfolgt, fahre mal noch ein bisschen weiter – man weiss nie, wann sich wieder eine Tourgelegenheit ergibt…
Die Schatten werden länger und das Licht schöner.
Über dem Tösstal weist mir eine Sternschnuppe den Weg zu Bett und Znacht in Turbenthal.
Tag 3: Turbenthal – Konstanz (Karte)Gestern Abend hat mich auf der Karte der Schauenberg angelacht – und ja, der Aufstieg lohnt sich:
Danach geht es über Schotter und Teer Richtung Nordosten.
Das Cutthroat hat sich wie immer bewährt, auch wenn die Schlappen viel zu dick waren für diesen Ausflug. Aber in der Hektik des Aufbruchs hat es mir nicht gereicht, die 2.1er Nanos durch was Schmaleres zu ersetzen.
Es ist kalt, und doch weht ein Hauch von Frühling
Ich nehme noch den Ottenberg mit. Die Hoffnung auf schöne Bodenseeausblicke erfüllt sich nicht, aber dafür gibt es dort oben Leckeres zu futtern.
Es gibt Schilder, die falsche Hoffnungen wecken
Ach, wie ich mich auf die Schneeschmelze und den Sommer freue!
Falls es bis an die Nordsee durchwegs so aussieht, wird das glaub bei mir nichts mit Deutschlandtouren
Nach Savièse – Nizza und St. Moritz – Venedig führt mich schon wieder eine Tour bis ans Meer. Deutschland ist irgendwie doch nicht so übel
So, es sind wieder fünfzehn 10x10km-Kacheln hinzugekommen – wenn ich aber auf meine Übersichtskarte gucke, sehe ich noch immer viele zu durchstreifende Gegenden für meine abenteuerlichen Schweizer Reise.
Noch eine kleine Bitte: ich habe mich ja bei MTB-News vorübergehend abgemeldet, da mir die Posterei zu viel wurde. Es wäre nett, wenn dort ein MTB-Newser diesen Bericht verlinken würde (z.B. als Antwort auf
diesen Post), mit lieben Walliser Grüssen an die Kumpels dort. Es tut mir leid, dass ich mich nicht angemessen verabschiedet habe – und ja, es geht mir gut