Hey!

Ich bin am überlegen eine "maßgeschneiderte" Gabel für das Rad meiner Freundin fertigen zu lassen. Die im Moment montierte Gabel gibt dem Rad ein sehr indirektes Gefühl. Mein Ex-Chef nannte dieses Gefühl (an anderen Rädern) auch mal "schubkarrig"... Besser kann ich es leider nicht beschreiben.

Ich habe den Verdacht, dass es daran liegt, dass die Gabel zu lang ist, weiß es aber nicht genau.

Meine Frage daher:

Gibt es "Regeln" oder Richtlinien, die bei der Suche nach der "richtigen" Gabel in Sachen Geometrie helfen? Wenn ja wo und wie komm ich dran?

Vielen Dank,

DMK

Dies erstmal zum Verständnis der Geometrie der Fahrradgabel:



Entscheidend für das Lenkgefühl ist der Nachlauf. Ein kurzer Nachlauf begünstigt eine leichtgängige, direkt reagierende Lenkung, ein langer Nachlauf begünstigt eher das Geradeausfahrenwollen. Unter 5 cm wird die Lenkung tendenziell nervös, über 7 cm träge.

Weniger entscheidend, aber auch maßgeblich ist der Steuerwinkel. Als goldenes Mittelmaß darf ein Wert von 71° gelten. Rennräder gingen früher bis auf 74°, moderne MTBs mit ihren gigantischen Federgabeln rangieren bis 65° herunter, beides für ein Reise-, Touren- oder Stadtrad nicht empfehlenswert.

Thema Bauhöhe: sie hat Einfluß auf beide oben genannten Parameter. Steigt sie an, werden Nachlauf und Winkel verändert, mehr als 2 cm Bauhöhenunterschied zum berechneten Ausgangsmaterial sind zu vermeiden.

Salut DMK



Schwierige Sache.

- Zuerst würde ich mal Deine Freundin genau fragen, WAS sie an dem Rad genau stört.
- Dann würde ich mal die jetzige Gabel und den Rahmen vermessen (Steuerrohrwinkel, Vorbiegung, LR-Durchmesser, Kettenstrebenlänge etc.)), da dies die Ausgangslage für eventuelle Veränderungen sein wird und auch die Rahmengeometrie mit der Lastverteilung das Fahrverhalten beeinflusst
- das ganze mit dem von Dir gewählten Rahmenbauer besprechen
- Das Ganze lohnt nur, wenn das Restrad perfekt passt oder einen besonderen sentimentalen Wert hat
- Buchtip: Fahrradrahmenbau von Smolik

Insgesamt würde ich aber eher Komplettraeder probefahren lassen und dann ev. neu kaufen. Das ist erfolgversprechender, da es schwierig bis unmöglich ist, aus Geo-Veränderungen ausreichende (!) Verbesserungen des Fahrgefühls vorherzusagen.

Schubkarrig im Sinne von gutem Geradeauslauf aber großen benötigten Lenkkräften? Das würde schon für eine zu lange Gabel sprechen, wobei der Steuerrohrwinkel flacher wird und sich der Nachlauf verlängert.

Hast du vielleicht ein Bild von dem Rad von der Seite? In der Regel sieht man recht gut, ob eine passende Gabel verbaut ist. Zusätzlich wäre die Einbauhöhe der Gabel noch hilfreich.

Ob es nach der Feststellung des Problems dann eine Maßgabel sein muss oder es auch eine Standardgabel tut, kannst du dann ja entscheiden.

Hier nochmal was zur Info: https://roadcycling.de/ratgeber/werkstatt-material/rennrad-geometrie-ratgeber im Abschnitt 'Steuerrohr-Winkel, Gabel-Vorbiegung und Nachlauf'

Nur um sicher zu gehen, dass Du nicht überflüssig viel Geld ausgibst: zu geringer Luftdruck im Reifen kann durchaus auch so ein Gefühl hervorrufen. Hast Du's schon mal mit höherem Druck probiert?

Cheers
tadzio

Guten Morgen,

es wurde ja schon gesagt: Das Wichtigste ist, erstmal herauszufinden, was überhaupt Stand der Dinge ist. Das heißt, man braucht die komplette Geometrie des ganzen Rades, vorhandene Gabel natürlich eingeschlossen.

Und dann mal bitte von hinten peilen, ob Hinter- und Vorderrad überhaupt in einer Spur laufen.Ist das nicht der Fall, wird sich das Rad immer lahm anfühlen.

Sonst ist alles Kaffeesatzleserei.

Viele Grüße,
Georg

Die Aufnahme der aktuellen Geometrie scheint mir auch richtig, ist aber ohne Rahmenbauhilfsmittel nicht ganz einfach (wenn also keine verläßlichen Daten existieren) - oder es gibt einen besonderen Trick. Die Aufnahme mit viel Mühe, Bindfaden, Senkblei, Maßband, Millimeterpapier, Geodreieck und Zirkel ist möglich. Die von iassu genannten Daten kommen auch heraus, aber es kombinieren sich da alle "Meß"toleranzen rein. D.h. sehr sorgfältig aufnehmen und auch redundante Maße als Korrektur aufnehmen. Vorbiegung der Gabel kann im ausgebauten Zustand gemessen werden.

Hi!

Erstmal vielen Dank für die ganzen netten Antworten. Ich muss sagen, dass ich mindestens eine nicht-Antwort a la "ist doch eh zu viel Arbeit und teuer, lass es" erwartet. Da merkt man, dass es in diesem Forum hier doch nochmal eine Ecke netter zugeht als in den meisten anderen.

Nochmal vielen Dank dafür!

Dass es wirtschaftlich sicher nicht die optimale Strategie ist eine Gabel maßfertigen zu lassen ist mir klar, das Rad ist sowohl mir (weil ich es vom Rahmen ab komplett selbst aufgebaut habe) als auch meiner Freundin sehr ans Herz gewachsen und der Umbau auf eine neue Gabel ist trotz ein wenig Rostbefall an der alten auch nicht mit ausschließlich rationalen Gründen zu erklären. Da ich 2 sehr schöne 1 Zoll Ahead Steuersätze und Vorbauten habe, würde ich gerne von geschraubtem Steuersatz auf Ahead Klemmung umsteigen und dasselbe dann gerne an meinem eigenen bald anstehenden Radaufbau verwenden. Da ich mittlerweile recht sicher bin, dass ich entsprechende Gabeln, wie ich sie suche nicht finde (ein hier aufgemachter Thread vor einiger Zeit hat mich darin leider bestärkt), wollte ich nun einmal prinzipiell wissen, was es bei der Auswahl von Gabeln zu beachten gilt.

Jetzt hab ich ja erstmal ein paar Infos, mit denen ich mich mal beschäftigen werde und sehe dann weiter. Wenn ich am Wochenende Zeit habe setz ich mich vielleicht hin und versuche mal den Rahmen auszumessen...