Den Resturlaub wollten wir nicht nur auf der faulen Haut liegend verbringen und unser Startgewicht mit
pasta, vino e polenta verbessern. Deshalb machen wir von unserer Ferienwohnung etliche Radtouren in die nähere und fernere Umgebung. Eines Tages begaben wir uns noch vor Sonnenaufgang mit den Rädern von unserem toskanischen Hügel
zum Bahnhof in Grosseto und nehmen den Regionale nach Rom. Den Streckenplan für unsere Tagestour habe ich auf gpsies.de zusammengeklickt, den Tiber-Radweg eingebaut und ein bisschen Ortskenntnis aus früheren Rombesuchen hinzugefügt. Die Via Appia sollte auch dabei sein.
In San Pietro verlassen wir nach 1 ¾ Stunden den Zug und fahren direkt vom ersten Bahnsteig (einem freundlichen Tipp einer Mitreisenden folgend) auf einem Viadukt zum Vatikan.
Parallel verläuft die „Anschlussbahn“ zum Bahnhof Vatikanstadt, die aber an diesem Tor
vorerst endet, wie bereits im
Bilderrätsel 573 identifiziert. Leider lässt man uns hier auch nicht rein,
so dass wir den Ministaat erst einmal umrunden:
Nach einer Dreiviertel-Umrundung erreichen wir nun das Staatsgebiet der Città del Vaticano,
das wir nur mittels „Schiebung“ betreten dürfen:
Unter den wohlwollenden Blicken dieser Herren stürzen wir uns anschließend ins römische Verkehrsgewimmel.
Mit kreativer Auslegung der Verkehrsregeln kommt man in der ewigen Stadt ganz gut zurecht. Wer sich hier auskennt, weiß, dass wir gegen die Einbahnstraße fahren, aber was will man machen, wenn’s das Navi so vorschreibt?
Die Damen von der Polizia hat’s nicht gestört.
An der Engelsburg vorbei
geht’s direkt an die Seine,
… äh, an den Tiber. Wer sein Fahrrad liebt, trägt es auch schon mal ganz liebevoll.
Jedenfalls sind wir nun auf der
Pista ciclabile Tevere:
Der Radweg unmittelbar am Tiber ist recht gut ausgebaut, nicht immer gut aufgeräumt und nicht überall ganz glatt (Donauradweg ist anders). Er führt teilweise direkt am Ufer entlang, unter den Brücken hindurch, manchmal geht’s auf Rampen ein paar Meter höher auf Straßenniveau:
Die Ausblicke sind meist sehr interessant: Viele Hausboote sind als Hotel oder Restaurant ausgestattet, einige auch als Sportklub. Uns begegnen zahlreiche Radfahrer und Jogger.
Hier sind mal wieder starke Arme erforderlich:
Auf der Ponte Milvio
pflegt man offenbar russische Hochzeitsbräuche,
oder was mögen die zahlreichen Schlösser am Brückengeländer bedeuten?? Die Schlösser kann man übrigens gleich nebenan bei den
Vu compra erwerben.
Leider war ich bei der Ausarbeitung der Route etwas schlampig. Manche Straße erwies sich bei näherer Betrachtung als topografisches Hindernis:
Wir kreuzen durch schöne Villengegenden, kommen zufällig an der deutschen Botschaft vorbei und erreichen durch dieses Tor
die Villa Borghese, eine herrliche Parkanlage mit zahlreichen schönen Gebäuden, Skulpturen und Brunnen, dazu noch ein bisschen Rummel, Bistros und Spielplätze. Von einem Aussichtspunkt gibt es einen wunderbaren Blick auf den Petersdom. Eine serpentinenreiche Straße bringt uns hinunter zur Piazza Popolo. Von hier ist es nicht mehr weit zur Spanischen Treppe. Wir waren schon einmal hier, aber mit dem Rad ist es doch etwas Besonderes:
Auf den Spuren der Alt-Touris von Goethe bis Casanova durchfahren wir die Via dei Condotti.
Für einen
caffè im Café Greco nehmen wir uns heute keine Zeit. Unser Ziel ist die Fontana di Trevi, wie immer dicht belagert. Vorsichtig schieben wir die Räder durch die Massen.
Pflichtschuldig werfen wir zwei Münzen in den Brunnen, denn ein paar Wünsche sind noch offen und außerdem wollen wir mal wieder kommen. Nun wird es verkehrsmäßig etwas enger, aber wir haben uns schon ganz gut an römische Verhältnisse gewöhnt. Man muss sich eben nur anpassen. Die Autofahrer behandeln uns mit Respekt und wir nutzen die speziellen Möglichkeiten als Radfahrer, indem wir uns an manchem Hindernis vorbeischlängeln.
Nun geht es an diversen Regierungsgebäuden vorbei, die teilweise von Fernsehteams belagert sind. Auf meine Frage, ob etwas Besonderes los ist, heißt es nur „niente“.
Nun ist es nicht mehr weit bis zur Piazza Navona, einem der schönsten Plätze Roms. Wir umrunden den Platz mit den 3 Brunnen. Für die schönen Künste nehmen wir uns heute keine Zeit.
Zu Mittag hatten wir schon vor einer Bar hinter‘m Duce-Palast, … äh Palazzo Madama, Sitz des beliebtesten italienischen Politikers, gegessen, so dass wir den zahlreichen Tourifallen gut ausweichen konnten:
Ein Geräusch macht uns darauf aufmerksam, dass wir mal eine kurze Pause einlegen sollten. Als Unruhestifter erwies sich dieser prähistorische Nagel, der bei jeder Radumdrehung gegen das Schutzblech schlägt und der nach seiner Entfernung die gesamte Luft aus dem Schlauch entweichen ließ:
Für die Reparatur suchen wir uns einen halbwegs ruhigen Platz an einem Brunnen aus. Die Arbeit macht natürlich an so einem prominenten Platz besonderen Spaß.
Ein italienischer Reiseradler wird auf uns aufmerksam und erzählt von seinen Touren durch Bella Italia und von
Milano verso capo nord. Nach Wiederherstellung der Fahrbereitschaft geht es weiter durch kleine Gassen, meist für Autos gesperrt; es stören eigentlich nur die laut knatternden Vespas und ähnliches „Getier“. An der Piazza Venezia stoßen wir auf dieses allseits bekannte Tortenstück (Monumento Vittorio Emanuele II):
Das Forum Romanum ist leider für Radfahrer gesperrt, so dass wir uns dem Kolosseum auf profanen Straßen (Via dei Fori Imperiali) nähern müssen:
Dieses kolossale Bauwerk wird knapp umrundet,
bevor wir uns durch dieses Tor auf die Via Appia Antica begeben:
Die ersten paar Kilometer bei belebtem Verkehr, geht es auf einigermaßen glattem Kleinpflaster, teils als Einbahnstraße, entlang historischer Gebäude
vorbei an den Katakomben, bis zu einer Kreuzung, an der für Autos Schluss ist. Nun fahren wir auf antikem Straßenbelag.
Hier sind radeltechnische Höchstleistungen gefordert, um nicht auf der Nase zu landen.
Anschließend kreuzen wir durch ein Ausgrabungsgebiet mit einigen Ruinen und Schautafeln. Diese Teilstrecke habe ich auf gpsies.de entdeckt (OSM-Fahrrad). Sie führt durch hügeliges Gebiet mit teilweise geschotterten und teilweise nur festgefahrenen Wegen. Unterwegs sehen wir diesen Bauernhof mit Pferden, Ziegen und Hühnern
und das mitten in Rom! Wenige Meter weiter hat uns die Zivilisation wieder. Nach ruhiger Fahrt durch „bessere“ Wohngebiete und Parks gelangen wir auf die turbulente Via Appia Nuova,
der wir bis zum Lateranpalast folgen. Nun zweigen wir Richtung Termini ab. Auf der Via Manzoni gibt’s in einem Straßencafé noch einen
caffè und ein paar
dolci. So gestärkt erreichen wir den Bahnhof.
Arrivederci Roma!Kurz nach 18 Uhr bringt uns der Regionale zurück nach Grosseto. Um 20 Uhr 30 ist es dort natürlich schon dunkel. Heute ist sogar Neumond. Die 5 km durch die Stadt und auf der Bundesstraße sind noch recht gut illuminiert. Danach kommen 4 km unbeleuchtete Landstraße bis zum Abzweig zu unserem Poggio Al Vento. Der asphaltierte Landwirtschaftsweg hält auf 3 km ca. 120 Höhenmeter bereit. Bei sternenklarem Himmel schaffen wir auch das noch! Auf dem Hügel erwartet uns die Abkühlung im Pool.
Wer die Strecke nachfahren möchte, kann sich hier die Daten herunterladen:
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=tlqjmkpcbqxbcyyiUn giro in bici a Roma - una esperienza grandiosa!Rom mit dem Rad – eine Empfehlung von Dietmar!