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#1050477 - 06/20/14 04:53 PM
Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
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Hallo, ich bin ein Fan von Nabenschaltungen, vor allem der Rohloff Speedhub, welche ich NOCH nicht besitze. Nun meine Frage an die Technikaffinen hier im Forum: Warum haben hochwertige Nabenschaltungen zwei anfällige Bowdenzüge statt einem langlebigem einzelnen Schaltdraht? Zur Verdeutlichung: Ich fahre auch noch eine Vespa PK. Auch diese hat eine Drehgriffschaltung am Lenker und ein Getriebe direkt am Hinterrad. (vom bösen Verbrennungsmotor reden wir mal lieber nicht  ) Bei dieser hat Piaggio um 1990 rum um die beiden Bowdenüge duch einen einzelnen Schalt draht ersetzt, der praktisch ewig hält und niemals ausfranst. Aus 21jähriger Erfahrung kann ich es bestätigen - ich musste ihn nie erstzen oder tauschen, die Schaltung arbeitet butterweich wie am ersten Tag und ich bin froh, kein füheres Modell zu haben. Hier ein Beispiel aus einer einer google-Suche: http://www.vespen-shop.de/Schaltdraht-m-Huelle-PK-XL2Nun eben meine Frage: Wäre sowas am Rad nicht auch ein Fortschitt? Das soll keine Kritik an der vorhandenen Technik sein. Ich bin weder Ingenieur noch Mechaniker sondern nur an Eurer Meinung interessiert. Danke für eure Meinungen.
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Edited by Borten (06/20/14 04:54 PM) |
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#1050490 - 06/20/14 05:54 PM
Re: Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
[Re: Borten]
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Wahrscheinlich hat die Vespa aber keine 14 Gänge!  So'n Schaltdraht gab's auch mal am Fahrrad (Shimano Positron) und er entpuppte sich dort nicht gerade als ein Segen. Wenn du 14 Gänge schalten willst, statt wie damals sechs, mußt du entweder die Schnur über eine ziemliche Länge hin und her bewegen oder du verbaust hinten einen Ratschenmechanismus, mit dem du aber immer nur einen einzigen Gang weiterschalten könntest. Dann Hebel zurück und nächster Hub. Am Fahrrad willst du aber häufig drei, vier oder fünf Gänge auf einmal schalten, also brauchst du den langen Betätigungsweg. Das wiederum heißt, daß du entweder die Schnur am Ende auf irgend 'ner Rolle auf- und abwickeln oder auf eine aufwendige, schwere und teure Zahnstange/Zahnradkombination ausweichen mußt, um den Zug gerade führen zu können. Auf- und Abwickeln bedeutet für den Zug ein Hin- und Herbiegen. Dabei gibt es in der Mitte des Zuges eine gedachte Linie, die sog. neutrale Faser, der das wurscht ist und die das beliebig lange mitmacht. Je weiter du dich jedoch von dieser Linie entfernst, desto mehr wird das Zugmaterial gedehnt und gestaucht. Daraus resultiert ab einem gewissen Maß eine Materialermüdung, aufgrund derer sich irgendwann Risse bilden, die sich rasch durch den ganzen Drahtquerschnitt fortsetzen. Der Zug reißt. Die technische Abhilfe besteht darin, daß man entweder den Einzeldraht auf einem sehr großen Radius aufwickelt, um diesen Stauch-/Dehneffekt gering zu halten oder daß man eben statt des Einzeldrahts viele dünne Litzen zu einem Seil des gleichen Querschnitts verdrillt. Je kleiner dieser Litzenquerschnitt, desto kleiner der zulässige Durchmesser, auf den man ihn aufrollen kann. Im Flugzeugbau, wo ja von alters her auch viele Seilzüge für die einzelnen Steuerelemente verwendet wurden und werden, beträgt der zulässige Faktor Rollendurchmesser zu Litzendurchmesser m.W. 200. Die genaue Zahl müßte ich allerdings nochmal nachlesen, deshalb unter Vorbehalt. Von Magura gibt's einen superaufwendigen Gasgriff, der serienmäßig z.B. bei BMW verbaut wird und bei dem zuerst über ein Kegelradpaar die Drehbewegung auf eine Rollenkette übertragen wird, an deren Ende sich dann die Nippelaufnahmen für die Gaszüge befinden. All dieser Aufwand dient nur dem Zweck, die Züge parallel zum Lenkerrohr geradlinig bewegen zu können. Auch bei den Sachs Dreigangnaben, wo man an der Achsmutter rechtwinkel eng ums Eck mußte, hat man eine Rollenkette in den Zug eingefügt, da dieser enge Radius mit einem Seil nicht machbar gewesen wäre. Hat also schon alles seinen Sinn, so wie's ist! Gruß, Clemens
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#1050535 - 06/20/14 09:33 PM
Re: Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
[Re: Borten]
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Warum haben hochwertige Nabenschaltungen zwei anfällige Bowdenzüge statt einem langlebigem einzelnen Schaltdraht? Stahl ist wie die meisten Metalle auf Zug deutlich stärker belastbar als auf Druck. Du müsstest, wenn Du mit einer Leitung auch Druckkräfte übertragen willst, dafür im Prinzip eine Gestängeleitung verwenden. Der Unterschied zu anderen Schaltungen ist beim R-Gerät und bei Pinion, dass die Rastung eben nicht im Schalter, sondern im Getriebe liegt. Du musst in beiden Richtungen ziehen und das geht am besten mit zwei Drahtseilen. Die stehen sehr lange und wenn sie doch mal zum Igel werden, ist der Wechsel sehr einfach. Viele Verbindungen sowie Abschnitte mit Rollenketten sind vor allem verschleißanfällig. Der Einzeldraht der Positronschaltung wäre ein Schuss in den Ofen, der Stellweg, der bei beiden Getrieben nötig ist, ist dafür viel zu groß.
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#1050570 - 06/21/14 07:03 AM
Re: Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
[Re: Falk]
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Clemens, Falk, vielen Dank für Eure Ausführungen!! Ich habe es verstanden und bin jetzt schlauer. Daß es das bei der Positron schon mal gab, wusste ich nicht. Wenn dann ein Zugwechsel, wenn er dann irgendwann mal ansteht, kein großer Act ist, ist um so besser. Außerdem ist es ja am Fahrrad, wo man überall ran kommt, und an keiner Vespa, wo die Züge im Rahmen verlegt sind.
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#1050572 - 06/21/14 07:13 AM
Re: Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
[Re: Borten]
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Nur der Vollstänigkeit halber: Bei der Vespa sind die Schaltwege natürlich kurz, da nur 4 Gänge. Der Schaltdraht wird über einen Hebel am Schaltrohr neben dem Steuerrohr nach oben gezogen und nach unten gedrückt. Am Getriebe wird er gerade vorbeigeführt. Muss also nich gerollt werden und bewegt sich nur mit Leichter Biegung durch den Rahmen. An den Bildern sieht man es ein bisschen. 
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#1050953 - 06/23/14 08:05 AM
Re: Frage zu (anfälligen) Schaltzügen
[Re: Borten]
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Sei froh das Rohloff mit 2 Zügen arbeitet. Das verspricht die wenigsten Probleme.
Die seltene Variante des massiven Drahtes statt Seil wurde ja schon abgehandelt. Der Normalfall ist, dass statt des zweiten ebenfalls ziehenden Seiles eine Feder in der Nabe verbaut wird. Nun ja, neu funktioniert das ja, doch wenn die Nabe nicht gewartet wird (der Regelfall) ist die Kraft der Feder irgendwann zu schlapp. Eher weniger weil die Feder schlapp macht, sondern weil das Fett in der Nabe immer zäher wird.
Apropos, die von Falk erwähnte Gestängeübertragung gab es auch. Ich meine sogar für die Getriebesteuerung. Aber das ist sehr lange her, und war sehr exotisch, nämlich beim Versuch das Getriebe im Bereich des Tretlagers im Rahmen einzubauen. Mit Gestänge ist heute noch in Indien und Afrika serienmäßig zu finden. Nämlich dort, wo heute noch die Fahrräder aus der Kolonialzeit gebaut werden. Die Felgenbremsen mit Gestängeansteuerung meine ich.
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