Hallo Stephan!
Ich glaube, die Frage ist eher, WIE wild zelten funktioniert, nicht ob.
Wer dort oben (und meistens auch anderswo) einen perfekten Zeltplatz wildzeltenderweise erwartet, mit kurz geschnittenem Gras, bester Aussicht, usw., der wird fast immer und fast überall enttäuscht. (Drei Ausnahmen habe ich heuer bei meiner Slowenientour erlebt. Aber die sind, wie schon geschrieben, Ausnahmen und waren auch nicht völlig perfekt.)
In Skandinavien musst du dich auf nicht ganz ebene, manchmal leicht schräg abfallende Zeltfleckerln einstellen. Feuchtem bis sumpfigem Untergrund ist nicht immer völlig auszuweichen, und sehr selten steht genau vor dem Zelteingang ein kratziger Busch. Manchmal kannst du vor dem Zelt dinieren, manchmal setzt du dich besser etwas abseits. Manchmal brauchst du ein bisschen Kreativität, um dein Tunnelzelt (falls du eines hast), auf den nur dünn überwachsenen Gneisflächen fixieren kannst. Manchmal wohnst du versteckt und unsichtbar für alle, und manchmal sieht dich jeder, vielleicht auch in der Nacht. Und manchmal hast du sogar einen Bach mit Trink- und Waschwasser direkt neben dir.
Je nachdem, wieviel Zeit, und wielange Strecken du für die Zeltplatzsuche investieren willst oder kannst, hast du eine grosse oder nur eine eingeschränkte Auswahl. Alle angenehmen Faktoren kannst du, auch wenn sie sehr selten grossteils erfüllt werden, nicht zugleich haben, alle unangenehmen dagegen wirst du auch fast nie erleben.
Selbst radle ich eigentlich so gut wie überall ziemlich unbekümmert vor mich hin und fange erst in den letzten paar km des Tages an, mir die Gegend genauer an zu schauen. Und gerade in Skandinavien war es meistens recht leicht, ein Platzerl zu finden, es gibt viel Land, das nicht landwirtschaftlich genützt ist, und ausreichend Abstand zu den Bewohnern des Landstriches, damit ich ihnen nicht zu nahe trete. Nicht gesehen zu werden ist in Skandinavien nicht wichtig. (Die seltene Ausnahme: besoffener, lästiger Passant, die kann dir überall blühen, auch auf den verstecktesten Platzerln, und noch viel mehr auf Campingplätzen.)
Ein Zelt mit einer eher kleinen Grundfläche macht es auch leichter, ein gutes Fleckerl zu finden, und wenn es einen guten Boden hat, bei dem allfällige Nähte eventuell noch einmal abgedichtet wurden, machen ein paar Tropferln Moorwasser auch nichts aus.
Mein Vertrauen, dass das Schicksal (die Vorsehung/der liebe Gott, wie es wer auch immer sehen will) mich immer noch zur rechten Zeit ein Platzerl finden lässt, hat mich noch nie getrogen, und wenn es nur eine zugewachsene Verkehrsinsel mitten im Kreisverkehr in Prag war, auf der ich herrlich geschlafen habe, nachdem ich in stockfinsterer Nacht und ohne Licht angekommen war.
Lass dich einfach darauf ein, du wirst sehen, es geht schon!
lg! georg