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Liebe Leute, zunächst einmal vielen Dank für die zahlreichen, durchaus differenzierten Beiträge. Ich bin froh, dass ich hier nicht bloß Unverständnis ernte. Auf ein paar Sachen möchte ich näher eingehen: Mal ehrlich: gibt es irgendjemanden, der davon ganz frei ist? Ich halte mich ja für relativ immun, aber auch mir gefallen schöne Räder (auch wenn man sich über die Definition von 'schön' natürlich streiten kann) und auch ich wollte für unser zweifarbig grün/blaues Rad unbedingt vorne grünes und hinten blaues Lenkerband, auch wenn schwarzes viel praktischer ist. Ob ich beim nächsten Einspeichen allerdings wirklich farbige Alunippel nehme, weiss ich noch nicht so genau. Ich habe nichts gegen schöne Räder (ich habe ja selber Aufpreis für die Rohloffnabe in Schwarz und schwarze Speichen bezahlt, um ein schöneres Rad zu bekommen), und von mir aus magst du auch mit farbigen Alunippeln einspeichen. Das mag überflüssig und teuer sein, aber es mindert den Nutzwert des Rades nicht. Da ist der Punkt, wo bei mir die Grenze überschritten wird, denn ein Rad, das schlechter fährt, wird im Endeffekt weniger gefahren. Nee, nicht zu kulturpessimistisch, sondern vielleicht zu betriebssblind um die gleichen unterschwelligen Botschaften in den Rohloff/Magura/SON/Maßrahmen-welche-Unterlegscheibe-soll-ich für-meinen-Ultra-Adapter-nehmen?-Threads ebenso zu sehen. Pimp my bike ist das gleiche in bunter - und mir persönlich symphatischer, weil da wenigstens offen zugegeben wird, daß die Show wichtig ist. Wenn hier im Forum vorgeblich über Nutzwert diskutiert wird, in Wirklichkeit aber Prestigewert gemeint ist, dann hast du recht. Zum Glück haben aber diese Teile in der Regel tatsächlich einen Nutzwert, auch wenn er manchmal nur Vorwand ist. Aber zumindest hindern einen diese Teile nicht an der Benutzung des Rades, und das ist, worauf es mir ankommt. aber schau dich bei den RennRadFahrern mal um.
Jedes Jahr das neueste Rad. Anläßlich Mailand-San Remo, TdS, TdF und so weiter wird genau hingeschaut, welches neue Material die Profis fahren, und es wird gekauft, sofort, ohne Rücksicht auf irgendetwas. Da fahren die Spargel mit dicken Übersetzungen, die Bauchträger mit Carbon-Leichtbau, ein weiß-nicht-was-Mensch mit 10-gang-Getriebe, bei dem sich 7 Gänge überschneiden und die "beste" Übersetzung 53:11 ist Dagegen bin ich ja geradezu supertolerant  : Zwar mag die Übersetzung unangepasst sein, aber wenn das neueste Material die Leute motiviert, überhaupt aufs Rad zu steigen, sollen sie es von mir aus; und wenn sie meinen, dazu in Papageienkostüme zu schlüpfen: bitte sehr: Die kurbeln die Wirtschaft an und sichern Arbeitsplätze, da bin ich bereit, auch mal über schlechten Geschmack hinwegzusehen. Und sie fahren tatsächlich damit rum, das ist doch gut; und sie sind leicht zu überholen, das motiviert mich dann wieder zum Rad fahren. wenn meine kinder den gepäckträger abbauen und mit rucksack zur schule fahren, weil das cooler ist, sehe ich keinen untergang des abendlandes Mal ganz ehrlich: Wenn sie den Gepäckträger abbauen, weil der Gewicht und Luftwiderstand erhöht, wäre mir das lieber. Und wenn sie auch noch die Schutzbleche aus gleichem Grunde abbauen, dann würde mich das auch nur dann stören, wenn die Eltern sie dann bei schlechtem Wetter nicht mehr fahren ließen, weil sie sonst zu dreckig würden Das so was überhaupt erlaubt ist! Verbieten sollte man das, jawoll! Endlich mal einer, der mich wirklich versteht Aber bevor unsere Regierung sich jetzt ans Verbieten gibt: Ich hätte da noch so eine Liste von Sachen, die dringender verboten werden müssten Mal im Ernst, ich befürchte genau das: Wenn solche Fahrräder mehr und mehr in Mode kommen und dann auch entsprechend häufiger in Unfälle verwickelt werden, dann ist die Gefahr groß, dass der Gesetzgeber hingeht und den Verkauf von allem verbietet, was nicht STVZO-konform ist.Der ADAC macht schon Stimmung für solche Gesetzesänderungen. aber sind die Reiseradler hier wirklich anders? Hier wollen doch die meisten auch ein schickes Rad haben, das sich etwas vom Einheitsbrei abhebt Da bin ich, was die Leute im Forum angeht, optimistischer, die wollen nämlich ein schickes Rad nicht nur haben, sondern auch fahren. Und da liegt für mich schon ein gewaltiger Unterschied drin.
Ich kenne "Pimp my Fahrrad" nicht, aber ich denke, daß das im Endeffekt mehr Leute zum Rad bringen kann, also ist es harmlos! Hier in Norwegen fahren plötzlich alle 'coole' Leuten auf diesen widerlichen 'American style' cruisers, aber gut finde ich es schon. Sonst hätten sie vielleicht Dosen gefahren Genau hier setzen meine Bedenken an: Leute zum Rad bringen heißt, dass sie dauerhaft mit dem Rad fahren. Wenn das def Fall ist, okay; wenn aber - nachdem der Coolnessfaktor sich abgehühlt hat (tolle Formulierung oder ) - das Rad dann, weil zu unpraktisch, in der Ecke landet und das Radfahren generell, weil zu mühsam, aufgegeben wird, dann wäre das nicht gut.
Ich wollte auch nicht gegen die Show wettern; wenn die technischen Eigenschaften stimmen, dann darf das Rad Show sein, so viel jeder mag - solange er deswegen nicht weniger damit fährt! Die Grenze - für mich, wohlgemerkt - ist dort überschritten, wenn technisch minderwertiges Zeug zur großen Show hochgepusht wird. Dies dient nicht der Idee des Radfahrens, und es widerstrebt mir auch aus prinzipiellen Erwägungen.
Gruß
Igel-Radler
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