Nachdem ich das jahrelang vor mir her geschoben habe, ist mein 1996er Guylaine Rahmen im Sommer zum Rahmenbauer Pallesen von Norwid gekommen, wegen ein paar kleinerer Modifikationen, insbesondere aber weil das Rad eine neue Pulverbeschichtung bekommen sollte.

„Eigentlich“ sollte der Wieder-Aufbau sich nahe entlang der Möglichkeiten von Mitte der 90er bewegen. Meinem persönlichen Ästhetikempfinden sind dann aber die für Guylaine obligatorischen Plastik-Schutzbleche zum Opfer gefallen. Mit deren Optik konnte ich mich nie recht anfreunden.

Den Union Walzendynamo mit Fernbedienung habe ich allerdings aus nostalgischen Erwägungen behalten.

Die Komponenten habe ich tlw. vom vorherigen Aufbau übernommen oder hatte ich schon Jahre hier liegen.


Die Farbe ist das Guylaine-übliche RAL 3003 Rubinrot. Das ist "in echt" nicht so knatschrot wie auf dem Foto.


Die Leute bei Norwid haben für das Rücklicht auf den Gepäckträger Gewindsockel gelötet. Das Kabel läuft beim Rücklicht direkt in ein Strebe (ist verdeckt), endet am Ausfallende in zwei Bananensteckern, von diesen weiter in der linken Kettenstrebe ins Tretlager, dort hinaus durch die Entwässerungsbohrung zum Dynamo.
Die Suntour Sattelstütze (in der baugleichen Superbe Pro Ausführung) ist übrigens das einzige Suntour-Teil, dass es jemals in einen Guylaine Katalog geschafft hat.


Am Rande was zu dem Lenkerband.
Solches Cinelli Cork Ribbon wird dieses Rad für immer kleiden. Es war das Erkennungsmerkmal für einen aufmerksamen Mitbürger, welcher mir anlässlich eines Facebuchaufrufes nach einem Diebstahl den Ablageort dieses Rades mitteilen konnte.


Die Halfstep Übersetzung wird hier im Flachland überwiegend als 1 * 7 genutzt, mit dem Bonus, dass hin und wieder ein halber Gang dazwischen geschaltet werden kann.
Der Umwerfer ist übrigens ein extra Halfstep-Umwerfer von früher. Damals wusste ich garnicht dass es sowas überhaupt gibt. In den Guylaine Katalogen stand immer, dass Halfstep eher eine US-amerikanische Geschichte wäre. Könnte stimmen.



Der obligatorische Fernbedienungshebel für den Walzendynamo.
Die Kabelführung am Steuerrohr war damals schon ein Sonderwunsch von mir. Der Schalthebel stieß gegen die Führungsöse, hatte man wohl bei Schubert und Schefzyk nicht ausprobiert, habe ich dann ein bisschen auf der Innenseite abgefeilt.
Bei diesen langen Blechen fand ich die extra Strebe vorne angemessen. Die Befestigung am Bremssockel habe ich mir aus Alu-Winkelprofil selber gemacht.


Letztes Jahr ist mir dann noch ein weiterer unlackierter jungfräulicher 98er Rahmen über den Weg gelaufen. Weil ich ein paar Ideen ebenfalls schon Jahre vor mir herschob, konnte ich den nicht stehenlassen und er war zeitgleich beim Pallesen.

Vor allem wollte ich ein gelbes Fahrrad haben.
Ein paar Teile die ich schon lange liegen hatte, insbesondere die Command Schalter, mussten auch untergebracht werden.






Das Rücklicht sitzt auf einem extra Montage Teil für solche Zwecke, welches man bei Velolumino in den USA kaufen kann. Musste ich einfach mal ausprobieren. Das Kabel geht durch den Sattelstützenkopf ins Sitzrohr, hängt dort mittels einer Steckverbindung an dem Kabel vom Frontlicht.
Die Nabe ist eine White Industries MI5 für 8-10 fach (also nicht die aktuelle Version), und musste auch mal verbaut werden.


Die Kurbel ist von Specialites T.A. und hat zwei kleine Lochkreise, einen mit 74mm Durchmesser und einen mit 56 mm. Der Eine oder Andere mag sich erinnern: Es war Suntour, die Mitte der 90er zuerst mit kleineren Lochkreisen auf den Markt gekommen sind, und zwar mit den von T.A. adaptierten 56 mm LKD, Shimano war ein Jahr später mit einem LKD von 58 mm am Start. Da hatte sich TA aber wohl schon festgelegt.
Der Umwerfer ist ebenfalls ein "extra" Halfstep Umwerfer.




Das Ganze ist für mich eher Liebhaberei denn Reisevorbereitung.

SEHR SCHÖN - insbesondere das Gelbe !

WOW !!! Geil !!!

Gibts bei dem Gelben noch eine Alternative zum schwarzen Gepäckträger? Der wirkt da mit den ansonsten silbernen Anbauteilen irgendwie als Fremdkörper. Dann noch einen schwarzen Sattel oder braunes Lenkerband...

Der Gepäckträger als solches sollte es aus verschiedenen Gründen sein. Und ich habe ernsthaft eine Verchromung in Erwägung gezogen, es aber wieder verworfen, u.a. weil Pallesen sowas ablehnt. Blieb für mich nur noch Gelb oder Schwarz. Ganz gelb hätte das Rad sowas von Postfahrzeug gehabt ...
Und der Sattel musste auch sein, den habe ich seit ca. 1994, war aber seit 1997 fast nicht mehr in Benutzung, weil er nach einer Nacht im Schneeregen völlig ausgehärtet war und das Rad sowieso nicht mehr viel gefahren wurde. Die letzten ca. 15 Jahre hat er auf Regalen verbracht. Vor so 6-8 Jahren habe ich ihm eine dicke Ladung Brooks Profide auf der Unterseite spendiert, jetzt noch mal wenig. Es ist ein Brooks Professional.

Irgendwas ist immer

Hallo Heiko,
sehr schöne Räder Hut ab. Wir kennen uns ja schon aus dem Nachbarforum.
Kannst Du mir bitte mal mitteilen welche Kasettenabstufung und welche Kettenblätter du vorne fährst.
Liebe Grüße
Stefan
PS. Noch mal vielen Dank für die tolle Guylaine Historie.

50/46/29 * 12/14/16/19/22/26/30

Meist fahre ich 46*19, also Mitte/Mitte

Danke für die info. Hast Du mal darüber nachgedacht ein Guylainetreffen zu veranstalten?
Gruß
Stefan

Traut man sich damit auf die Straße ?

Sehr schön und geschmackvoll zusammengestellt ohne puristisch historisierend auf praktische Zugeständnisse zu verzichten.

Vor allem hast Du Dich nicht zu optischen Todsünden wie einem 4fach-Lochkreis, Ahead-Vorbau oder Kombi-Hebeln hinreißen lassen und stattdessen mit den beiden bestmöglichen Schaltesystemen bestückt: Lenkerendschalter und Suntour Command Shifter. Dazu noch die exzellenten Suntour XC-Pedalen, wenn ichs richtig sehe.

Was ich nicht verstehe: wie hast Du denn die Original-Schriftzüge und Decals hingekriegt, wenn Du nicht beim Hersteller hast neubeschichten lassen ? Und welche Naben/Ritzelkombination schaltest Du mit dem Commander (den man nicht besser positionieren kann, in dieser Position kann kein Kombihebel an Schaltkomfort mithalten) ?

gibts´ aktuell z.B. in den ....-Kleinanzeigen

(...und im Moment auch einen Rahmen !)

PS: Manchmal hilft auch freundliches Nachfragen beim Hersteller oder diese Adresse !

Decals:
Die großen Namenszüge hat der Pulverer (Bike Colours für Pallesen) mitgemacht. Der "richtige" Font wäre eigentlich "Arnold Böcklin". Weil der bei Benutzung aber Lizenzkosten verursacht hätte, bin ich auf "Böcklin Universe" ausgewichen, der ist fast identisch. Dazu habe ich die Größe vorgegeben.
Wenn es für den Schriftzug (irgend-)einen Font gibt, kann der Pulverer den problemlos aus Folie ausschneiden, aufkleben und mit Klarpulver überpulvern. Das hält auch länger als die originalen Decals.
Die Steuerkopflogos und der Aufkleber "Garantiert mit 56% ..." sind tatsächlich Abziehbilder (ohne Klarpulver drüber), gemacht von Manfred Slominski (der aus den Ebay Kleinanzeigen). Von dem habe ich auch noch ein paar Sätze "GUYLAINE" Decals, die wollte Pallesen aber nicht mit zum Pulverer geben, also blieb mit nichts anderes übrig.
Originale vom Schefzyk habe ich auch. Die sind aber allesamt brüchig und kaum noch bis nicht mehr klebend. Das Kleben kann man durch vorheriges Befeuchten so gerade befriedigend hinkriegen. Das Brüchige blieb bei mir. Nach dem gescheiterten Versuch eines Steuerkopflogos habe ich das gelassen.
Die Columbus Aufkleber habe ich mir mal online wo besorgt, weiß aber nicht mehr wo, sind aber Original.

Die Command-Shifter können nur deshalb in dieser Position stehen, weil ich den Bremsgriffsockel mit einer Feile etwas nachbearbeitet habe. Die Schellen vom Schalthebel und vom Bremsgriff liegen nun direkt nebeneinander.

Nabe White Industries MI5 mit Shimano 8/9/10-fach Freilaufkörper (also nicht die aktuelle Version).

Die Ritzel sind Shimano UG und HG Ritzel von 2 mm Dicke mit 2,8 mm Spacern. 3,0 mm Spacer hätten auch funktionieren sollen, 2,8mm gingen aber besser.

Eigentlich hatte ich was anderes vor, aber das hat sich aber als fulminanter und teurer Fehlschlag erwiesen:
7-fach Ritzelpaket mit 3 Hügi Alu-Ritzeln und 4 Chris King (Single-Speed) Cogs. Die Chris King Ritzel haben eine 5,0 mm breite Basis. Einer meiner ersten Gedanken dazu vor 15 Jahren war, dass man daraus dann ja auch einen Ritzelblock für 7-fach bauen könnte (weil 7fach einen Ritzelabstand von 5,0 mm hat, wenn Sheldons Aufzeichnungen korrekt sind). Das musste einfach mal gemacht werden. Hatte bloß recht lange gedauert, weil die doch etwas teuer sind und nur selten auf Ebay. Nach und nach über viele Jahre 12-14-16-19 meist über Ebay erstanden. Umdrehen kann man die auch.
Am Ende musste ich verstehen, dass Single Speed Ritzel offenbar eine andere Zahngeometrie haben, die nur funktioniert, wenn die Kette richtig auf Spannung ist und bei Schaltungen dazu führt, dass die Kette bereits unter kleiner Belastung überspringt.
Die Hügi Ritzel funktionieren natürlich, sind aber im Betrieb lauter als (Uniglide-)Stahlritzel. Und weil ich beim Fahren wenn's geht nur den Fahrtwind und das Surren des Vorderrades hören möchte, mussten auch die wieder runter.

Und ja ich traue mich damit auf die Straße, mit großer Freude sogar

...wieder ein Argument mehr, warum ich mich damals mit einem Vorrat an Uniglide-Ritzeln eingedeckt habe, der selbst bei optimistischer Einschätzung des erreichbaren Lebensalters noch Erbmasse abwerfen dürfte.

Moin Heiko,

brauchst Du bei Dir in der Gegend überhaupt diese Bandbreite? Ich habe zwar in NF wohnend auch ab und an das kleine KB gebraucht, aber hinten war bei 24 Zähnchen Schluss... übrigens zu der Zeit auch ein Guylaine.

Nein, Du hast recht.
Hier im Flachland bei einem 46er KB waren die größten und kleinsten Übersetzungen, die ich über längere Strecken gefahren bin mit einem 14er und 26er Ritzel. Den dazugehörigen Wind und die Richtung wird Du Dir aus persönlicher Erfahrung denken können

Hallo Heiko,

Danke für diesen Beitrag. Gefällt mir sehr gut. Zwei sehr schöne Aufbauten. Auch wenn mit die rote Guylaine etwas zu rot ist ;-) Den Gepäckträger hätte ich vermutlich nicht rot gepulvert. Aber das ist ja Geschmackssache (und auch gut so).

Eine Frage: Was sind das für Schutzbleche? Die gefallen mir zumindest optisch sehr gut.

Danke&Grüße,
Christian

Danke Christian.

Das Rote hat Honjo H31, "smooth", ca. 48 mm breit (außen), die Reifen 32 mm breit.
Das Gelbe hat Honjo H47, auch "smooth" ca. 51 mm breit (außen), die Reifen 35 mm breit.
Bei Beiden ist bei den Reifenbreiten so ziemlich Schluss.

Beide Bleche gibt es aktuell bei einem Online-Versender ab Lager. Die Preise dort finde ich human, meine hatte ich noch vor ein paar Jahren selbst aus Japan importiert. Inkl. aller Nebenkosten war das damals teurer.

Es ist nicht wirklich wichtig, ob man die in der 27,5" (=650B, ETRTO 584mm) oder 28" (700C, ETRTO 622mm) Version bestellt. Der Unterschied im Bogenradius liegt mal gerade bei 3 mm (355 zu 358mm, Herstellerangaben) und damit unterhalb der Relevanzgrenze.
Außerdem kann man sich auf die Herstellerlabel bzgl. des Radius auch nicht verlassen. Bei den H31 Blechen war das mal galant überklebt worden, 700C über 650B.

Vor ein paar Jahren habe ich mich mit dem Thema Honjo Bleche und deren Vorbereitung für die Montage schon mal ziemlich intensiv auseinandergesetzt. "Angewandte Mathematik bei der Schutzblechmontage" über Google-Suche bringt Dich dorthin.

Für den Berufsverkehr, eine Berthoud GB587:
Berthoud GB587

Berthoud GB587


Für schnelles Abnehmen und Wechseln vom einen zum anderen Guylaine eine selbstgemachte Befestigung:
Berthoud GB587

Ein Bügelschloss passt auch rein:
Berthoud GB587