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#955495 - 07/10/13 10:33 AM Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013
Foxiyama
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:19
:5.6.2013 23.6.2013
:1200
:deGermany

Hallo , ich bin neu im Forum und möchte von meiner ersten großen Radreise berichten. Ich hatte mich zunächst im Forum zu einigen Sachen schlau gemacht, da ich als Anfänger überhaupt keine Ahnung von Tageskilometerleistung, Unterkunftssuche, notwendiger Ausrüstung und allgemeiner Vorbereitung hatte. Auch bezüglich des Hochwasser und der Auswirkung auf meine Route bekam ich in einem Thread wertvolle Infos.Trainiert hatte ich bis auf die normalen kurzen Fahrradtrips im Urlaub an der Mosel oder am Main überhaupt nicht.Als Tagesleistung hatte ich 50 bis 60 Kilometer angesetzt. Als Gepäck hatte ich mehr als das notwendige, wie sich im Nachhinein zeigen sollte, aber wer hätte geahnt, dass ich nur schönstes Wetter, bis auf zwei Regentage, erleben durfte.
Die Reise sollte von der Haustür in Gelsenkirchen Buer starten , alles andere erschien mir unsportlich. Da ich kein Navi besitze, nahm ich eine Übersichtskarte von Aral aus dem Jahre 1987 für den Bereich Leverkusen bis Landau zur Hand, ergänzt durch ausgedruckte Tourenbeschreibungen aus dem Internet. Satteltaschen hatte ich bereits und kaufte mir noch eine Lenkertasche, einen einfachen Tacho für 20 Euro und einen Getränkehalter. Ich hatte mir vorgenommen Tagebuch zu führen um dieses Erlebnis festzuhalten, da es für mich schon etwas besonderes war, diese Reise ohne terminliche Zwänge erleben zu dürfen. Im Rückblick war das der beste Trip seit langem und ich habe soviel erlernt und erfahren das ich jederzeit wieder so eine Reise machen würde.
Ich werde bei Interesse gerne von meinen Etappen berichten und freue mich auf ein kritisches Feedback.

Meine Fahrradtour entlang des Rheins
von Gelsenkirchen nach Freiburg (1200 km)


Mittwoch, 5. Juni 2013, Tagesleistung 65 km
Endlich geht es los. Alles sorgfältig gepackt und geschnürt. Nach 10 m bemerke ich die abgebrochene Vorderlampe, die nur noch an den Kabeln hängt, also ab nach Meinhövel. 30 € und die Lampe sitzt. In Gladbeck verliere ist zuerst mein Gepäck und dann auch noch die Route (fängt ja gut an). Egal, erst einmal Richtung Bottrop. Nach 14 verschlungenen Kilometern bin ich gerade bei Ostermann. Dann Richtung Oberhausen-Dort endet mein Weg zwischen Gleisen an beiden Seiten. Super, jetzt am Rande des Feldes durch Getreide und Sträucher letztendlich so einen 15-m-Steilhang rauf. Fahrrad und Gepäck einzeln. Ist trotzdem schwer genug. Ich bin erst einmal erledigt und lege buchstäblich eine Zwangspause ein. Die nächsten 15 km bis Duisburg sind langweilig, aber bequem zu fahren. In Duisburg verfahre ich mich, aber ich kann wenigstens den Tacho richten lassen. Ein netter, freundlicher Fahrradhändler in der türkischen Enklave. Ein junger Türke lotst mich nach Duisburg-Ruhrort. Endlich am Rhein. Ich sehe das Hochwasser mit eigenen Augen. Mist, der Leinweg ist überflutet. Mir kommt ein Radler mit nackten Füssen durch den Wasserschwall entgegen. Rheinhausen ist hässlich, die Umwege führen mitten durch die Stadt. An einer Bude das erste Bier. Das zischt! Endlich kann ich ein kurzes Stück Rheindamm fahren. Herrliche Landschaft das Linksrheinische, flach und übersichtlich aber auch überall riesige Industrieanlagen. Da muss ich leider durch. In Uerdingen-Strotum kehre ich im Landgasthaus zu Reibekuchen ein. Und drei Bier! Sie vermieten keine Zimmer, geben mir aber die Telefonnummer einer Vermieterin. 37 € für ein schönes Appartement. Kann sogar den Wein und das Wasser kaltstellen und endlich duschen und Wäsche waschen. Später noch auf zwei Bier in das Gasthaus. Danke noch mal an die freundlichen Skaterinnen, die mich dort hingeschickt haben.

Donnerstag, 6. Juni 2013, Tagesleistung 95 km
Ohne Frühstück, nur einen Teebeutel in die Tasse gehauen und losgedüst. Mist, die nächsten 25 km gibt es nichts zu futtern auf dem Rheindamm. Fähre nach Kaiserswerth fährt nicht, also weiter nach Düsseldorf-Altstadt. Jetzt bekomme ich leider nur einen halben Muffin mit Kaffee runter. Schöne Strecke rechtsrheinisch den Damm lang. Fähre nach Konz geht nicht und der Weg ist überschwemmt. Am Fährhaus ein alkoholfreies Bier zwecks Flüssigkeitsausgleich. Weiter Richtung Monheim auf Wegen, auf denen nix nach Plan läuft, aber viele nette Menschen mir weiter helfen. Wenn mich einer fragt, wohin ich reise und ich Freiburg sage, staunen sie oder fragen interessiert nach, wie lange ich bräuchte usw. Eine Frau will mir sogar ihr eigenes Fahrradschloss geben, das der Fahrradladen erst um 15 Uhr aufmacht. Ein neues Schloss für 15 € bekomme ich in Monheim. Der Weg dorthin führt oft an Bundesstraßen entlang. Es nervt, aber es nützt nichts. Im Radfahrerforum hat jemand geschrieben: Spaß ist anders! Stimmt!!! Die Wupper hat die Brücke überflutet, über die ich eigentlich möchte. Ist eher ein Rückstau aus dem Rhein, der in die Wupper drückt. 6 km Umweg, dann konnte ich endlich über eine Brücke auf linke Ufer wechseln. Jetzt folgt ein richtig blödes Streckenstück, vorbei an Bayer und Fabrikanlagen fahre ich bei 25°C Richtung Köln. Endlich kann die die Türme des Doms sehen. Es geht zügig durch die Stadt. Alles ist unterwegs und liegt auf der Wiese oder sitzt in den zahlreichen Bars und Cafes am Wegesrand. Ich esse eine Currywurst bei der Tatortbude. Schöne Soße. Trotzdem fast zuviel für meinen Magen. Ich muss fürs Essen und Trinken meinen Rhythmus finden. Ich schaffe es noch bis Köln-Rodenkirchen, dann bin ich platt. Schnell ein Hotel. 82 € im Atrium, 4 Sterne. Zimmer klein, aber erst mal unter die Dusche. Dann die nähere Umgebung erkunden. Im Biergarten schaffe ich zwei Kölsch und einen Beilagensalat für 3,80 €. Auf dem MS Rodenkirchen war es mit zu schaukelig, mein Magen verträgt heute einfach nichts. In der Eckkneipe noch bis 23:30 Uhr lecker Kölsch bei netter Unterhaltung. Ich befürchte Wadenkrämpfe, doch wache nachts nicht auf, schlafe aber trotzdem schlecht, das Zimmer ist zu hell.

Freitag, 7. Juni 2013, Tagesleistung 84 km
Gutes Frühstück mit Obst/Müsli und Eiern sowie 1 Brötchen. Dann aufs Rad Richtung Bonn. Mitten durch Köln-Wesseling. Hässlich wie nur was. Autostau, weil der Rheinweg gesperrt ist. Teilweise aber auch durch nette Dörfer und Wald- und Wiesenwege. Mittags am Rhein einen Salatteller und alkoholfreies Weizenbier. Anstrengend, wenn man keinen Appetit hat, aber nachdem ich alles geschafft hatte, geht es mir tatsächlich besser als am Vortag. Ich versuche, immer parallel zum Rhein zu fahren. Bonn ist durch die weitläufigen Parkanlagen schön zu fahren. Kinder planschen auf den überfluteten Wegen im Wasser. Das Stück nach Remagen führt an der B 9 entlang. Ich bin etwas unsicher, aber es gibt keinen anderen Weg. Ich werde mutig, als ich zwei Rennfahrer dort entlang preschen sehe. Jetzt kenne ich mich aus, ab nach Sinzig! Wein- und Wasservorräte aufgefüllt. Frau Drenk ist belegt, aber ich finde was in Bad Bodendorf. Hotel „Haus zum Weiher“. Ich esse beim Winzer Sülze und realisiere, dass der Muskelkater in den Armen echt lästig ist. Heute haushalte ich besser mit meinen Kräften, insgesamt geht es mir deutlich besser als gestern. Komisch, da bin ich an der Ahr und trinke Bier! Morgen wird das anders! Mein Zimmer hat Balkon, das hilft beim Trocknen der Wäsche ungemein. An den Armen habe ich einen Sonnenbrand, aber bei dem Superwetter mit gefühlten 30° C kein Wunder. Abends ist es aber nicht schwül und im Biergarten sitzt es sich sehr schön. Balkon ist sehr angenehm. Grauer Burgunder aus Baden an der Ahr, hihihi.


Herzliche Grüße

Foxiyama


Edited by Foxiyama (07/10/13 10:40 AM)
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#955733 - 07/11/13 01:11 AM Re: Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013 [Re: Foxiyama]
Mooney
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Danke für deinen Reisebericht. Ich bin schon gespannt, ob es morgen wirklich anders gewesen sein wird. Noch zweifle ich....

Auf jeden Fall gefällt mir, daß du deine Fahrt bis zum Ziel durchgeführt hast und sie dir offenbar Spaß gemacht hat. Der Beginn war ja anscheinend kompliziert genug - gruselige Gegenden, Hochwasser, Konditionsprobleme und außerdem warst du fast so oft im Fahrradladen wie im Bierlokal.

Wolfgang
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#955782 - 07/11/13 07:24 AM Re: Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013 [Re: Mooney]
Foxiyama
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Samstag, 8. Juni 2013, Tagesleistung 68 km
Der Tag fängt gut an, beim Aufwachen finde ich mein Betthupferl zermatscht in meinem Bett. Doof! Ahrtal ist schön, aber ich möchte weiter. Durch die Felder von Bad Bodendorf nach Sinzig und weiter auf dem höher gelegenen Weg nach Bad Breisig. Die Strecke bis Andernach kenne ich gut und alles geht locker von der Hand. In Andernach geht es ohne Warnung wg. Hochwasser nicht weiter. 4 km zurück am Hafen lang ist die Strafe. Weiter über die Dörfer mit ersten Steigungen. Die Omis am Markplatz in Mülheim-Kerlig haben mich gewarnt, dass es steil wird. Die Umwege nerven, aber dafür sieht man viele Kleinigkeiten. Mit rasanter Fahrt runter nach Koblenz. Am Rheinufer ist alles überflutet. Ich verliere an meiner Lesebrille den Steg für die Nase. Die nächste Aufgabe für Montag. Am Ende von Koblenz raste ich in einem Biergarten. Alkoholfreies Weizenbier und Salatteller. Lerne einen Freak kennen, der Radfahren ausprobieren will. Wir trinken noch ein richtiges Bier zusammen. Wir plaudern über unsere Kinder und die Lage am Rhein. Er plant eine Tour zur Mosel und weiter bis hinter Boppard. Notfalls holt ihn sein Sohn aber mit dem Auto ab. Nach dem Regen trennen wir uns. Fieselregen stört mich nicht, aber der Regen wird stärker. Ich muss mich 30 Minuten unterstellen. Ich treffe an dem Unterstand einen Holländer (ist hier nicht ungewöhnlich), der morgens um 5:00 Uhr in Geelen losgefahren ist. 186 km, Wahnsinn! Viel Bundesstraße, zeitweise ohne Rad- oder Fußweg. Ich treffe immer wieder den Hochleistungs-Holländer, aber in Boppard ist er auch fertig. Ich frage mich zum Schinderhannes durch und werde freundlich aufgenommen. Grillabend inklusive „all you can eat“ 10 €. Sitze bei einem Hamburger Pärchen, die mir die günstigen Möglichkeiten der Bundesbahn darlegen. Für 42 € quer durchs Land. Rad kostet 5 € extra. Eine holländische Motorradgruppe hat sich heute hier eingenistet. Alle sehr trinkfest und rauchen, was das Zug hält. Treffe eine Doppelkopfrunde aus Hamm. Der Akzent ist so was von typisch. Viel Spaß an der Theke bis viertel nach zwölf. Die Holländer unterhalten sich lautstark im Innenhof vor meinem Fenster.

Sonntag, 9. Juni 2013, Tagesleistung 68 km
Gut geschlafen, aber leichte Kopfschmerzen. 8:45 Uhr Frühstück, ganz schön anstrengend, aber ein Brötchen und ein Ei brauche ich als Kraftreserve. 10:15 Uhr geht es los, aber nach 11 km ist der Regen so stark, dass ich pausieren muss. Kalt ist es auch. Hotel „Restaurant Landsknecht“ bietet Unterschlupf. Am Nebentisch sitzen vier Radfahrer, die in zwei Tagen von Köln nach Mannheim fahren wollen. 200 km sind da nix. Nun, jeder wie er selbst will. Es regnet noch, als ich beschließe loszufahren. Bingen ist das Ziel. Die B 9 ist angeblich gesperrt. Der Regen lässt inzwischen nach. In der Sonne kann ich meine Sachen trocknen. In Bingen ist der Rheinweg wieder unter Wasser. Es geht über die Dörfer Ingelheim, Heidesheim über den Höhenweg. In Ingelheim ist Kilianfest. Ich gönne mir ein Bier, Hunger habe ich nicht. In Heidesheim komme ich für 45 € im Sandhaas unter. So heißen die Leute in Ingelheim. Ich esse auf dem Pfarrfest Nudeln und lecker Feuerwürstchen. Bei einem Spaziergang treffe ich die Tochter der Vermieterin mit zwei Hunden. Beim einer Nachtwanderung höre ich deutlich Wildschweine. Jetzt aber schnell ins Hotel, in dem ich bis 00:00 Uhr wach bin, aber dann doch gut einschlafe.

Montag, 10. Juni 2013, Tagesleistung 90 km
Mein linker Arm macht mir Sorgen. Wie gelähmt. Ich kann keinen Schlüssel umdrehen oder die Schnallen der Satteltaschen schließen. Zigaretten drehen ist echt schwierig. Das ist doch hoffentlich nur die Anstrengung beim Hochschieben in Duisburg und kein Schlaganfall.

Los geht es und gleich verfahren. Es ist kalt, ich ziehe meine Windjacke an. Bis Mainz fahre ich teilweise auf Landstraßen ziemlich schnell. Ich treffe einen 70jährigen Rentner, der aus Franken über den Main und Rhein gefahren ist. Er will dann zum Bodensee und über die Donau nach Hause. Unterwegs halbtags beim Bauer arbeiten für Kost und Logis. Tolle Idee! Mainz gefällt mir trotz Nieselregen. Lecker Fisch für 7,60 €. Mit einer neuen, guten Karte von der Touristeninformation upgedatet. Am Rhein lang Richtung Nierstein. Dort kaufe ich beim EcoWinzer „Vom roten Hang“, hier gibts nämlich auch Rotschiefer. Dann geht es ab in die Wildnis der Rheinauen, mit Feld- und Wiesenwegen, als Highlight ein abgesoffener Flugplatz und Gärten mit überwiegend feuchten, schlammigen Böden. Also über die B 9. LKW hupen und kommen mir sehr nahe. Ich wechsele querbeet und verfahre mich wieder einmal. Eine Pferdezüchterin hilft mir weiter. Jetzt läuft es über die Dörfer recht gut. Ich mache gut Kilometer beim „Auf“ und „Ab“, aber alles gut zu schaffen. Das Mittagessen hat mir gut getan und ich gebe Gas. Mitten durch das Land Richtung Osthofen. Endlich mal kaum Verkehr. Mir kam aber auch kein Radfahrer aus der Gegenrichtung entgegen. Ich bin aber richtig auf dem Weg. Ich schaffe es bis Worms. Alles klappt wunderbar. An der Touristeninformation bekomme ich einen Stadtplan und ein Hotel nur 100 m entfernt im Garni-Hotel. Dann Stadt erkunden. Lecker Eis essen an der allerbesten Bude der Stadt. Mein Rad sieht aus wie Sau und ich suche eine Waschstraße. Die erste Tankstelle hat keinen Dampfstrahler und als ich an der zweiten Tankstelle danach frage, erhalte ich als Antwort ein barsches „keinesfalls“ So ein zensiert, hat wohl kein Bock auf 1 m³ Rheinschlamm. Der ist zäh. An einem kleinen Park gibt es Wasserspiele und ich unterziehe mich und meinen Rad einer Vollreinigung. Endlich, wenn auch widerspenstig, löst sich der Dreck. Dann eine paffen und einen Stadtbummel durch Worms. Eigentlich möchte ich duschen, aber ich habe noch Durst. Neben dem Hotel gibt es eine Thai-Massage und die Besitzer machen gerade Feierabend. Wo kann man locker ein Bier trinken? Ja, gehen Sie so und so und so lande ich in der Wein- und Bierschänke statt im Ambiente. Am Nebentisch sitzen zwei Mädels, eine mit sehr markantem Gesicht, war schon mal am Mount Everest. Egal. Die beiden haben Flammkuchen bestellt und bekommen 1,5 m², so was hab ich ja noch nie gesehen. Meine Pizza ist kleiner, die ich auch schaffe. Hunger und Durst haben sich jetzt eingestimmt. Ich freue mich auf die leckeren Intermezzos auf meinem weiteren Weg.

Bisher beim Weinkauf immer Glück gehabt. Muss an meiner Nase liegen.

Dienstag, 11. Juni 2013, Tagesleistung 85 km
Um 10:00 Uhr nach einem guten Frühstück geht es los. Im Frühstücksraum sitzen zwei Frauen, die ihre Radtour abgebrochen haben und aufs Wandern umgestiegen sind. Um Ludwigshafen und die Industrieanlagen zu umgehen, schlägt mir die Vermieterin die Route über Kleinniedersheim, Frankenthal, Mutterstadt, Waldsee, Speyer vor. In Frankenthal ein schöner Marktplatz mit tollen Produkten. Leider ist der Weg dann nicht mehr ausgeschildert und ich muss 30 Mal fragen und quäle mich durch das Gelände. Nach vier Stunden bin ich immer noch nicht in Speyer, aber immerhin in Waldsee. Vorher einen Rehbock im Feld gesehen. Das Wetter ist morgens frisch, aber um 14:00 Uhr super toll sonnig. Leichter Wind und Sonne, sehr angenehm. In Speyer besorge ich mir neues Kartenmaterial. Danach auf dem Rheindamm bis Germersheim. Ein kleiner Umweg, weil der Damm ausgebaut wird. Von Mechtersheim über einen kleinen Anstieg zum Römerberg. Bei Lingenfeld komme ich dann wieder zum Rheindamm. In Germersheim hat die Touristeninformation schon zu. Beim örtlichen Radladen bekomme ich den Tipp, es bei Jochems Weinhandel zu probieren. Super! 30 € mit Frühstück. Die Vermieterin empfiehlt mir ein rustikales Gasthaus, wo ich eine Pfälzer Platte zu mir nehme. 8,60 € und ich platze. Germersheim ist eine Festung, die zum Bayrischen Königreich gehörte. Ich gehe zum Rauchen auf den Festungswall und sehe die angestrahlten Bastionen. Die Stadt hat das Kulturamt und andere Ämter in alten Militärgebäuden untergebracht, aber durch viele künstlerische Objekte in eine sehr angenehme, lockere Atmosphäre verwandelt. Dann beschließe ich den Abend mit einem leckeren Eis. Die Kugel kostet 1 €, was mich zu der Bemerkung veranlasst: So viel habe ich noch nie für eine Kugel bezahlt, aber dafür sehr lecker.

Mittwoch, 12. Juni 2013, Tagesleistung 89 km
Gut geschlafen, aber leichte Kopfschmerzen. 10:15 Uhr Richtung Wörth, 24 km. Mit Umwegen wegen Baustellen sind es dann doch 35 km. Ich fahre ein flottes Tempo mit einem pensionierten Polizisten mit Rennrad. Er ist Witwer und freut sich mit Radlern unterwegs zu plaudern. Er gibt eine bequeme Geschwindigkeit vor und mit 20 / 25 km/h sind wir unterwegs. Wir sehen mehrfach Schwarzstörche, Reiher und große Raubvögel. Im Lauterburg trennen wir uns und ich besorge mir neues Kartenmaterial in der Stadt am Rathaus. 2 € in die Kaffeekasse. Am Rheindamm entlang ist flottes Fahren. Bei Seltz ist die Fähre wegen Hochwasser außer Betrieb. Also weiter, nach 10 km durch Wasserwege und etlichem Hin und Her finde ich endlich nach 6 km Umweg die Brücke über den Rhein bei Beinheim. Ziemlich eng, aber es geht ganz gut. Dann noch weitere 5 km und ich lande in Iffezheim, in einer düsteren Kaschemme. Zimmer 30 €. Hunger und Durst, das Dusche kann warten. Auf dem Zimmer steht sogar noch ein Aschenbecher. Dusche über den Flur, Toilette dito. Schnitzel, Tomaten, Mozzarella mit Spätzle und Salat 11,80 €. Die Dusche ist okay. Danach Dorfbesichtigung. Ich finde ein Cafe mit Eis. Wunderbar. Erdbeere, Cassis, Himbeere, lecker. Danach einen verwässerten Hugo. Ich fahre an einer Ortskneipe vorbei und möchte ein Bierchen als Absacker trinken, als neben mir eine Dame mittleren Alters kollabiert. Der Kreislauf. Wir schleppen sie ab und der Notarzt kommt. In der Kneipe herrscht absolute Raucherlaubnis und ich komme mit den Jungs an der Theke ins Gespräch. Rennradler, die nicht klingeln und grüßen, sind sehr unbeliebt. Mittlerweile hat sich die Dame erholt, der Notarzt hat sie wohl fit gespritzt. Ich gehe noch eine Runde um die Kirche und bringe im dunklen Hof mein Rad in den Verschlag. Das Feuerzeug hilft mir, den Weg zu finden.

Donnerstag, 13. Juni 2013, Tagesleistung 90 km
Frühstück ist okay und ich bin um 9:30 Uhr unterwegs. Erst den Damm Richtung Fähre nach Frankreich. Bis Straßburg über nette Dörfer, meist wenig befahrene Straßen und schöne Waldwege. Die Leute sprechen fast alle deutsch. Um 14:00 Uhr bin ich in Straßburg. Dort kostet am Dom ein Bier 6,60 €, in Kehl 3,20 €, das ist schon ein Unterschied. Heute ist es extrem heiß, erst 30° C, dann 36° C. In Kehl bekomme ich neues Kartenmaterial und den Hinweis, dass die Fahrt über das Kinzigtal über einen unbeschatteten Damm führt. Tatsächlich, man freut sich über jeden einzelnen Baum, der selten genug Schatten spendet. Endlich in Offenburg, aber die Touristeninformation hat um 18:00 Uhr dicht gemacht. Leider 10 Minuten zu spät. Ein Mann auf der Straße gibt mir Tipps, welche Hotels okay sind und wo man lecker Essen kann. Erst einmal Sonnenmilch kaufen. Mist, da muss das Bier noch warten, Unterkunft geht vor. Die „Sonne“ teuer, aber leider ausgebucht. Union Hotel ausgebucht, blockiert durch eine Busreisegruppe aus Oschatz, ist ja nicht zu fassen!
Am Central Hotel klappt es endlich. Hurra, die kalte Dusche ist genial. Kurz noch Wäsche waschen und ich gehe ins Örtchen. Im Anker das erste Bier. Wolken ziehen auf, und der Wind nimmt an Stärke deutlich zu, der erste Schirm fliegt plötzlich durch die Gegend und verfehlt mich nur knapp. Jetzt was essen. Die Sonne ist zu teuer, aber ich finde eine kleine Brasserie und esse Backhendl Wiener Art mit selbstge-machtem Kartoffelsalat. Dazu ein Glas Riesling. Ein Glas ist hier immer 0,25 l. Anders geht gar nicht.

Freitag, 14. Juni 2013, Tagesleistung 20 km
Super Frühstück im Hotel, frisches Obst, leckere Brötchen, alles vom Feinsten. Ich beschließe, einen Tag zu verlängern. Nach harten Verhandlungen bekomme ich das Zimmer für 63 € die Nacht. Dann zur Touristeninformation Kartenmaterial besorgen. Es ist deutlich kühler als gestern. So ein Ruhetag tut gut. Ich gehe zum Orthopäden wegen meines linken Arms. Schwierig, ich soll zuerst in die Notfallaufnahme des Krankenhauses. Nach acht Tagen kann man ja wohl kaum von einem Notfall reden. Sie bespricht sich mit ihrer Kollegin und ich werde „gnadenhalber“ aufgenommen. Nach 1 ½ Stunden komme ich dran. Der Arzt ist eher an meiner Lebens- und Radtourgeschichte interessiert als an meinem Arm. Er untersucht ihn und bietet mir eine Cortisonspritze an (Karpalltunnelsyndrom).

Ich erkunde die Stadt und nähere Umgebung.




Samstag, 15. Juni 2013, Tagesleistung 85 km
Zuerst nach Gegenbach, die Kinzig entlang. Ich fahre am Gasthof Rebenhof vorbei. Leckeres Rib-Eye-Steak auf der Speisekarte, aber ist noch geschlossen. Gengenbach hat einen tollen Markt. Traumhaft schön zurück Richtung Lehr dann weiter Richtung Kaiserstuhl immer an der B 3 entlang nach Herbolzheim, nettes Örtchen. Ich fahre durch bis Kinzig und Endingen. In der Weinstube „Die Sonne“ lerne ich Daniel kennen, der mir bei meinem Schnitzel hilft. Er arbeitet in Freiburg (Kunstgeschichte der Kirchenfenster) und hat dort Kunst-geschichte, Philosophie und Archäologie studiert. Er fährt dann mit dem Zug zurück. Ich frage nach einem Quartier in Pfauen. Die Dame am Empfang telefoniert drei Mal rum und findet etwas bei Frau Meier (Bett + Bike). Nach dem Duschen fahre ich zur Grauburgunder-Präsentation, die aber leider schon beendet ist. Dann eben in die Strauße Linder. Es wird ein lustiger Abend. Eine Engländerin, die badisch babbelt. Ein Privatier schmeißt eine Runde und lädt mich ein. 2009er Burgunder, Rose usw. Um 22:00 Uhr ziehen wir um in den Innenhof und paffen und trinken fröhlich weiter. Es gibt einen ganz tollen Spätburgunder, der intensiv nach Kirsche schmeckt. Um 23:00 Uhr gehe ich in meine Ferienwohnung auf den Balkon. Herrlich!

Sonntag, 16. Juni 2013, Tagesleistung 32 km
Ich fahre in die Gärten von Endingen und weiter zu Fuß den Berg in den Wald. Um 9:00 Uhr sind es schon 30° C. Nach einer Stunde durch den kühlen Wald komme ich nass geschwitzt an der Katharinenkapelle an. Hier war ich schon mit Ute, als wird in Königschaffhauen Urlaub gemacht haben. So ein Zufall und so eine Überraschung. Ich fahre zurück ins Örtchen, besuche dann Königschaffhausen und esse beim „Ochsen“ einen Zwiebelrostbraten. Als Gruß aus der Küche wird eine Frischkäsecreme mit Hüttenkäse serviert. Ich freue mich sehr, hier zu sein in dieser herrlichen Landschaft. Die Kirschen sind schon reif und leuchten an den Bäumen. Anschließend weiter nach Sasbach. Zuerst wieder den falschen Weg genommen, aber durch Erfahrung schlau geworden, drehe ich frühzeitig um. Der richtige Weg ist bald gefunden und es geht durch Kirschplantagen flott nach Sasbach. Ich finde einen Badesee und kann mich gut erfrischen. Bei den Temperaturen ist das ein geiles Gefühl, sich im kalten Wasser abzukühlen. Auf dem Rasen trocknen in der Sonne. Man könnte meinen, ich sei zum Spaß hier. Auf dem Rückweg komme ich an einem Gasthof vorbei, in dem Ute, Philip und ich schon gegessen haben, als wir in Königschaffhauen Urlaub gemacht hatten. Die Welt am Kaiserstuhl ist klein. Nach meiner Rückkehr ist ein leckeres Eis fällig. Jechtinger Pflaumen- und Meloneneis. Ich sitze im Schatten auf der Rathaustreppe und genieße. Dann ab in die Ferienwohnung duschen. Auf dem Balkon ist es viel zu warm und ich ziehe mich ins kühle Schlafzimmer zurück. Mit Wasser und Klingenberger Abtsberg aus dem Kühlschrank kann man es gut aushalten. Beim „Schützen“ esse ich eine Fädlesuppe. Da bin ich wahrscheinlich der einzige, aber mehr schaffe ich nicht. Die Portionen sind mir eindeutig zu groß. Dann in die Strauße von Linder. Ronald ist nicht anwesend, seine Mutter bedient. Gäste sind eine Wandergruppe und ich. Die Wandergruppe tut mir bei dem Wetter leid. Beim Radfahren hat man wenigstens den Fahrtwind zur Abkühlung. Alles wunderbar, aber so langsam vermisse ich meine Frau. Wir haben ja Gott sei Dank den gleichen Geschmack und zu zweien ist es doch schöner.

Montag, 17. Juni 2013, Tagesleistung 60 km
35° C werden es heute. Ich fahre zum Badesee in Endingen und relaxe im Schatten. Aber irgendwie vertrage ich soviel Ruhe gar nicht. Ich starte zur Runde um den Kaiserstuhl. Leider fange ich an der falschen Seite an. Riegel – Bahlingen – Eichstätten – Batzing – Ihringen. Vor Ihringen kaufe ich Kirschen und Wein. ½ Pfund 2,30 €, sehr lecker. In Ihringen stoppe ich an der Weinstube und bestelle einen ½ l Schorle. Das zischt. Ich verfahre mich Richtung Vogtsburg und merke das erst nach 2 Kilometern, Mist! Der Nachmittag wird höllisch heiß. Kaum Schatten und jetzt gehen die Schotterwege los. Kneipen gibt es nicht und ich habe meinen Wasservorrat fast verbraucht. In Burkheim endlich die Erlösung. Ein Kiosk ist meine Rettung. Alkoholfreies Weizenbier und eine Schorle. Ich bekomme den Tipp, mir eine Kunstausstellung im Wald anzusehen. Ich kenne den Künstler aus einer SWR-3-Sendung. Er bedauert die Sendung, denn seitdem werden dauernd Objekte gestohlen. Plötzlich stürzt er beim Gießen des Rasens auf den Kopf und hat eine stark blutende Kopfwunde und noch ein paar kleinere Blessuren. Endlich kann ich mein Notfallpäckchen einsetzen. Besser bei ihm als bei mir! Er schenkt mir zum Abschied eine kleine Figur. In Sasbach esse ich lecker Fisch und Salat. Am Abend Wäsche waschen und meine Geldbörse geht dabei leider in der Hose baden. zensiert! Gott sei Dank sind die Papiere bei dem Wetter ruckzuck trocken. Meine Klamotten hänge ich zum Trocknen auf den Ständer. So wird meine Wäsche beim Gewitter noch einmal richtig nass. Um 22:00 Uhr gehe ich Eis essen und auf einen Schlummertrunk in die „Kleine Kneipe“. Die Dorfjugend erzählt mir von der Endinger Fassnacht. Wir beenden den Abend bei Miro im Keller um 1:30 Uhr. Zuhause sehe ich die Bescherung. Alle Klamotten klitschnass. Wenn ich morgen mit meiner langen Hose fahren muss, wird das aber übel. Morgen soll der heißeste Tag werden.

Dienstag, 18. Juni 2013, Tagesleistung 60 km
9:30 Uhr nach einem kargen Frühstück los. T-Shirt und Socken sind nass und kommen in die Tüte. Die Strecke über Königschaffhausen nach Sasbach kenne ich schon ganz gut, aber immer wieder schön. Im Frankreich fahre ich nur auf einer „D-Straße“. LKW sind kein Vergnügen auf der schmalen Straße. Ich biege rechts ab und lande an einem Fischteich. Kein Mensch dort, ist wohl nur am Wochenende bewirt-schaftet. Sehr schade! Beschilderung echt unübersichtlich. Endlich bin ich wieder raus aus Frankreich über den Rhein in Breisach. Salatteller in der ersten Kneipe.
37° C. Nach der 1. Stunde Pause weiter durch den Wald nach Hartheim, aber bis Neuenburg a. R. ist es mir zu weit, also fahre ich Richtung Bad Krozingen. Der Wald ist an einem Baggersee mit tausenden Ameisen zu Ende. Baden unmöglich, wie machen die das bloß? Bis nach Hartheim geht es in der prallen Sonne über staubige Straßen. Ich brauche dringend mehr Wasser. In Hartheim finde ich einen Bäcker mit Kaltgetränken. ½ l trinke ich sofort, die zweite Flasche nehme ich mit für unterwegs. Der Metzger im Ort füllt freundlicherweise meine Wasservorräte auf. Das letzte Stück schlaucht mich total. Da helfen nur viele kleine Pausen mit Trinken. Zwei große Dosen Trinkbehälter habe ich heute geschafft. Endlich bin ich im Kurort Bad Krozingen. Jede Menge Krankenhäuser, u. a. die Schwarzwaldklinik. Das erste Mal habe ich keinen Bock mehr auf Radfahren. Vielleicht morgen mit dem Bus? Im „Lamm“ kostet ein schönes Zimmer 45 € mit Frühstück. Der Balkon ist glühend heiß. Nachdem ich geduscht habe, gehe ich in den „Eulenspiegel“ und esse ein Rumpsteak mit Gemüse, aber ohne Pommes. Sehr lecker. Anschließend eine kleine Stadttour. Vor dem „Lamm“ spricht mich jemand auf mein Fahrrad an (Astrid und Wolfgang aus Bad Bodendorf). Es stellt sich heraus, dass Wolfgang Fertigungsleiter bei einem Radhersteller ( Schauff in Remagen)war. Echt witzig! Um 23:00 Uhr gehen wir, nachdem am „Lamm“ die Stühle zusammengeschoben werden, noch in den „Eulenspiegel“, aber auch dort wird draußen abgeräumt. Das Ordnungsamt ist hier im Süden sehr streng. Als Wolfgang hört, wie ich meine Tour organisiert habe, ist er sehr erstaunt. Aralkarte von 1987 hat was.
Herzliche Grüße

Foxiyama

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#955838 - 07/11/13 10:53 AM Re: Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013 [Re: Mooney]
Foxiyama
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Hallo Wolfgang, für den Anfang der Tour trifft das zu, aber in Laufe der Reise hatte ich erstaunlicherweise keine Reifenpanne oder technische Ausfälle mehr und am wichtigsten, mit dem Sitzfleisch keine Probleme.
Die meisten Radler haben ja spezielle Radlerhosen oder Wäsche und ich bin mit meiner Jeans und einer kurzen Treckinghose unterwegs gewesen und habe nie Schmerzen oder Sitzprobleme gehabt. schmunzel Im Vorfeld der Reise war das aber eine meiner Hauptsorgen. Danke für Dein Feedback!
Herzliche Grüße

Foxiyama

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#956034 - 07/11/13 10:23 PM Re: Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013 [Re: Foxiyama]
Sagan
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Herrlicher Bericht, sehr sympathisch&amüsant!

Grüße,

Sagan
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#956156 - 07/12/13 11:00 AM Re: Rheintour zum Kaiserstuhl Juni 2013 [Re: Sagan]
Foxiyama
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Okay, jetzt kommt der Rest der Reise.


Mittwoch, 19.06.2013, Tagesleistung 15 km
Morgens um 9:00 Uhr hat es schon 28° C. Das kurze Stück nach Staufen ist schon anstrengend genug. Eine wunderschöne Stadt, die noch April 1945 einen schweren Bombenangriff erlebt hat. Leider hat die Stadt ein Problem: Bei einer Erdbohrung ist man auf Salz gestoßen und in Verbindung mit Wasser quillt der Untergrund auf und drückt nach oben. Die Folge sind üble Risse in den Hauswänden und erinnert an Bergschäden im Ruhrgebiet. Staufen nennt man auch die „Faust-Stadt“. Mephisto hat sich hier angeblich als Alchemist in die Luft gesprengt. Einmal den Rundgang durch die Stadt mit den prächtigen alten Häusern. Jede Menge gute Restaurants, aber mein Magen ist einfach nur voll und ich habe überhaupt keinen Hunger. Im „Simpel“ esse ich den kleinen Salatteller mit Ziegenkäse. Hm, echt gut, aber sehr viel. Das ist hier immer so. Zurück immer den Bach Mergenheim entlang, ganz gemütlich rollt man in das flache Bad Krozingen. Eis essen und das Leben genießen. Der Stadtpark ist ganz nett und hat einen Würz- und Kräuterarten mit Skulpturen. Es lässt sich hier im Schatten gut aushalten. Im „Eulenspiegel“ esse ich Zander und Spargelgemüse für 11,90 €. Astrid und Wolfgang sind dazu gestoßen. Später verabreden wir einen Besuch im Parkpavillon. Dort sitzt man bequem und es sind 2° C weniger als in der Stadt selbst. Um 23:00 Uhr macht der Wirt zu und alle gehen nach Hause. Die Sanatorienpatienten verlassen schon um 22:00 Uhr den Ort, da passt wohl eine strenge Schwester auf. Ich sitze noch für eine Stunde auf meinem Balkon. Endlich wieder etwas kühlere Luft. Das erwartete Gewitter ist ausgeblieben.

Donnerstag, 20.06.2013, Tagesleistung 68 km
Beim ersten Blick auf dem Fenster zeigt das Thermometer 23° C. Bedeckter Himmel. Gibt es heute Regen? Die spannende Frage ist: Wo bin ich dann und wie komme ich dann unter? Ich überlege bis zuletzt das Fahrtziel. Freiburg oder weiter ins Markgräfler Land? Wenn ich schon mal hier bin, kann man ja ruhig weiterfahren, denn Freiburg würde irgendwann das Ende dieser Reise bedeuten. Also weiter nach Süden, tiefer in das Markgräfler Land. Mülheim ist nett, aber sagt mir nix. Neuenburg am Rhein ist auch nichtssagend. Ich stehe in der Stadt an einem Wegekreuz und frage jemanden nach dem besten Weg. Es stellt sich heraus, der Mann ist 80, hat Arthrose und ist von Wilhelmshaven nach Lörrach gefahren. Er hatte eine Reifenpanne am Hinterrad und Probleme, mit seinem Ersatzschlauch zu Fuß zu seinem Rad zu kommen. Ich kann ihm leider nicht helfen. Bad Krozingen ist in seinen Augen eine „Scheiß“-Stadt. Er wollte dort mal am Ende eines langen Tages im Park am Kursaal übernachten und wurde dort nachts von der Wach- und Schnarchgesellschaft übel geweckt. Außerdem ist ihm kürzlich sein Zelt vom Rad geklaut worden, als er in einem Supermarkt einkaufen war. Dabei fällt mir auf, dass mir auf all den Kilometern jede Panne erspart geblieben ist. Respekt für den Hersteller Kettler. Den Rheindamm nach Breisach fahr ich flott über Schotterwege. Keiner überholt mich, dabei fahre ich nur 20- 25 km/h. Hoffentlich hält sich das Wetter, denn zum Unterstellen gibt es hier nichts. Ich brauche eine gute Stunde bis Breisach und fahre zum Bahnhof wegen der Rückfahrt. An der Bahnauskunft fallen mir zwei südländisch aussehende Ladies durch ihr penetrantes Auftreten auf. Das Internet der DB zickt und kann keine Buchung ausführen und das können die beiden Damen überhaupt nicht einsehen und nerven rum. Ich fahre in die Stadt, esse eine Currywurst und fahre anschließend wieder zum Bahnhof. Alles klappt problemlos. Egal, ob ich Sonntag oder Montag fahre alles kein Problem.Das Problem zeigte sich dann am Sonntag, als der Schalter zu war und ich deshalb das zusätzliche Ticket für das Rad in Freiburg beim umsteigen erstehen mußte und deshalb einen Zug verpasst habe. Ihringen ist mein nächstes Ziel. Der Winzer hat ein Zimmer für mich frei. 30 € ohne Kabel-TV, aber mit Balkon. Der Winzer und seine Frau sind ziemlich spröde. Zimmer wirkt zuerst düster, aber das kann auch an den blöden Wolken liegen. Direkt nachdem ich eingecheckt habe, fängt es an zu regnen. Die Tour heute hat sich in jeder Hinsicht gelohnt. Auf dem Rheindamm die Auen und der Fluss selbst sind nicht eintönig, sondern abwechslungsreich und erfrischend. Endlich mal reichlich Schmetterlinge. Aber bis man vom Rad gestiegen ist und die Kamera bereit hat, sind sie schon weg. Breisach ist lange nicht so schön wie Ihringen, mitten in der Pampas auf dem Weingut Düringer. Zum Essen fahre ich in die bekannte Weinstube. Als ich mich gerade gesetzt habe, geht das Unwetter los und alle flüchten ins Lokal. Der Toast ist wieder mal reichlich. Das Unwetter verzieht sich, und es nieselt nur noch.

Ich habe auf dieser Reise so viele verschiedene Menschen getroffen und kennen gelernt, dass sich allein dafür die Reise gelohnt hat. Das Schicksal hat es bisher immer gut mit mir gemeint, keine Panne, kein Unfall oder Diebstahl, nur Hilfsbereitschaft, Interesse und ein bisschen mehr von der Seele der Menschen kennen gelernt. Auch das Wetter war mir sehr zugetan. Das bisschen Regen, dass ich seit Oberwesel hatte, ist das absolute Minimum, was bei einer Radtour passieren kann. Das Hochwasser am Rhein hat die Sache zwar erschwert, aber ich habe auch auf den Umwegen immer besondere Erlebnisse gehabt.

Freitag, 21. Juni 2013, Tagesleistung 60 km
Früh aufgestanden und dann lange mit Ute telefoniert. Frühstück ist okay, aber auf dem Winzerhof geht alles gaaaaanz laaangsaaam. Die ersten Kilometer nach Freiburg gehen über die schönen Radwege am Kaiserstuhl, dann wird es etwas hackelig und geht öfters rauf und runter. Mit leichtem Gepäck kein Problem. Im Stadtgebiet fahre ich sechs Kilometer die Dreisam entlang. In der Innenstadt mache ich die erste Rast und erfrische mich mit einer selbstgemachten Schorle. Ich trinke immer noch an dem Grauburgunder aus dem Bioladen Wasenweiler. Obwohl er schon einiges mitgemacht hat, ist er immer noch trinkbar. Im Freiburg sieht man doch viel mehr, wenn man mit dem Rad unterwegs ist. Viele Leute waren in der Stadt zum Einkaufen unterwegs, und es herrschte ganz schön Gedränge. Am Dom war Markt und richtig was los. 1 Pfund Erdbeeren 1,80 €. Sechs verschiedene Bratwurststände und bestes Öl und Holunderblütensirup. Ein Bratwurststand hatte sogar vegane Tofu-Bratwürste im Angebot. Ich besorge mir einen Stadtplan und drehe meine Runden. Aber irgendwie ist mir die Stadt nach all den kleinen ruhigen Dörfern doch zu laut und hektisch. Ich fahre zurück, versuche eine bessere Route zu finden und verfahre mich prompt. Da die Leute aber nett und hilfsbereit sind, finde ich auf den Weg zurück. Es wird jetzt im Gegensatz zu heute Morgen, richtig heiß. In Ihringen im „Holzlöffele“ trinke ich erst mal ein kaltes Bier. Das Tagesgericht (Königsberger Klopse) gibt es leider nur bis 14:00 Uhr. Als ich kurz vor dem Trottenhof sitze und eine paffen will, hält sofort ein freundlicher Badenser an und fragt, ob alles in Ordnung ist. Total hilfsbereit eben und ich meine „so sollte es ja auch sein“. Meine Kamera gibt den Geist auf. Die Anzeige zum Ladezustand ist wohl eine reine Phantasieanzeige. Im Elektrofachhandel ist man ebenfalls sehr hilfsbereit, aber hat leider nicht das richtige Kabel. Naja, probiere ich es halt morgen mal in Breisach. Am Winzerhof kommt gerade die Frau vom Einkaufen zurück und es gelingt mir tatsächlich, eine Flasche Riesling zu ergattern. Meiner schriftlichen Bitte um eine kalte Flasche Weißburgunder hatte sie leider noch keine Gelegenheit nachzukommen. Man sitzt hier aber an einem wunderschönen Platz mit Blick auf den Hof und den Kaiserstuhl. Im Schatten sitzend, einen leichten Wind verspürend und den Riesling schmeckend hat schon was vom Paradies. Der Sohn der Winzerfamilie ist anders als seine Eltern und spricht sogar über das Wetter mit mir. Die Großfamilie hat sich zur Weinprobe mit Vesper verabredet. Auf dem Hof gibt es Bienen, jede Menge Katzen, Vogelhäuser, Gänse und vieles mehr. Zwei Katzen hatten heute Morgen schon vor dem Frühstücksraum gelauert. Die Tür bildet aber deutlich die Hemmschwelle. Der große Schwarze scheint der Platzhirsch zu sein. Nach dem Duschen verspüre ich Hunger. Die Lokale in der Stadt sind gut, aber ich möchte lieber in einer Strauße essen. Zum „Martinshof“ geht es aber 2 km bergauf. Egal, wir sind ja nicht in der Wildnis und verdurstet ist dort noch keiner. Als ich ankomme, stelle ich fest, dass man sich auf Pute und Gänse spezialisiert hat. Aber es gibt auch interessante Bärlauch-Gerichte. Bin mal gespannt. Der Weißburgunder ist randvoll eingeschenkt und schmeckt nach einem Hauch Waldmeister. Aber bitte nicht in diesen Pokalen, sondern lieber mit Schott-Zwiesel-Gläsern. Ich bekomme Angst, der junge Mann am Nebentisch bekommt eine Riesenportion Spargel mit Sauce Hollandaise, Schnitzel, was für eine 5köpfige Familie reichen würde. Der Typ sieht durchtrainiert aus, aber ich bin gespannt, an welchem Punkt er aufgibt. Tata, er schafft es bis auf einen geringen Teil der Beilage. Respekt! Mein Bärlauchteller mit Bibliskäse schmeckt sehr gut, ich schaffe es dieses Mal ganz gut. Die Abfahrt ist ziemlich rasant vom Martinshof nach Ihringen. Dort hole ich mir noch ein Himbeer- und Blaubeereis zum Nachtisch. Jetzt kann ich schon einhändig Rad fahren und Eis essen. Den Abend lasse ich mit einem Glas Riesling auf dem Balkon und einer Zigarette bei Baden-Radio ausklingen. Der Wetterbericht sagt ab Montag kaltes Wetter an. Das wäre aber auch schon meine späteste Abreise.

Samstag, 22. Juni 2013, Tagesleistung 45 km
Der Morgen fängt gut an, 22° C. Im Frühstücksraum ist eingedeckt, aber weder Kaffee noch Brötchen oder irgendetwas auf dem Teller. Ich warte bis 9:00 Uhr und fahre dann wegen meiner Kamera mit nüchtern Magen nach Breisach. Im Kaffee frühstücke ich einen großen Kaffee und ein Croissant. Als ich mit meiner Mutter telefoniert habe, spricht mich eine ältere Dame an. Alles sehr langweilig hier. In Staufen ist im Winter oder außerhalb der Saison kein Mensch auf der Straße. Außerdem gehört man hier nie dazu. Immer als Zugereister angesehen für die nächsten drei Generationen. Sie will jetzt lieber nach Bad Ems ziehen. Im Fotogeschäft bekomme ich Hilfe für meine Kamera und darf meinen Akku aufladen lassen. Dann zum Bahnhof, die Abfahrtzeiten checken, aber die Auskunft hat zu. Laut Fahrplan fährt der Zug um 9:30 Uhr ab Ihringen. So ab 11:30 Uhr wird es wieder richtig warm, aber mit einem kühlen Windhauch. Ich sitze am Rhein und schaue den Schwänen zu. Nördlich und südlich von Breisach sieht man dunkle Wolkenbänke, aber am Kaiserstuhl ist mal wieder schönstes Wetter. Im Fotogeschäft spende ich 2 € für das Akku-Aufladen. Auf dem Markt treffe ich den Künstler aus Burkheim zufällig wieder. Hier am Kaiserstuhl ist die Welt ziemlich klein. Im Breisach fahre ich auf dem Rückweg an den französischen Kasernen vorbei. Na ja, ist doch einfach schöner auf der deutschen Seite. Bei meiner Rückkehr zum Winzerhof ist die Wirtin endlich da. Es wäre gut, dass ich jetzt käme, sie braucht mein Zimmer. Der andere Raum hat keinen Balkon und die Menschen hier muss ich nicht um mich haben. Ich lasse mir die Rechnung geben (60 + 5 + 5) und versuche, in Ihringen ein anderes Zimmer zu bekommen. Vergebens, alles ausgebucht. Etwas angesäuert fahre ich nach Breisach zur Touristeninformation. Man hilft mir sofort mit einer Liste der offenen Zimmerangebote. Mein erster Versuch ist von Erfolg gekrönt. Ein sehr schönes Zimmer für 47 €. Der Mann zeigt mir sofort den Kühlschrank für Gastgetränke und ist überaus freundlich. Das gibt mir ein wenig den Glauben an das Gute im Menschen zurück. Kurz nach mir treffen drei Radler ein, von Basel nach Rotterdamm. Die haben jetzt die schöne Zeit vor sich, aber ich gönne es ihnen von Herzen. Dann mache ich eine kleine Tour durch die schattigen Rheinauenwälder. Angenehm kühl lässt es sich sehr schön auf den Waldwegen fahren. Beim Essen habe ich wieder die Qual der Wahl und entscheide mir für einen Italiener und nehme Talgionlino con Tartufo nero. Der Kellner verteilt Schafskäse und schwarzen Trüffel großzügig über die Nudeln, köstlich. Später auf dem Weinfest der Winzergenossenschaft Baden in Breisach. Das Essen ist ganz gut, aber der Wein nicht. Da ziehe ich es vor, im Garten meiner Vermieterin zu sitzen. Abends leichter Regen, ich gehe früh ins Bett.

Sonntag, 23. Juni 2013, Rückfahrt per Regio-Züge
Himmel leicht bewölkt. Heute geht es auf die Rückreise. 9:26 Uhr Abfahrt mit der Lokalbahn über die Dörfer. Weil ich in Freiburg erst an das Ticket komme, verpasse ich schon den wichtigen Anschlusszug, aber so kann ich mich seelisch auf das Ende vorbereiten. Acht Mal umsteigen in allen Varianten (Rolltreppen, Schieberillen, Fahrstuhl, Treppen, Gepäckband) aber die Zeit reicht jedes Mal, um pünktlich auf das richtige Gleis zu kommen, aber nicht, um etwas Vernünftiges zum Essen zu besorgen. Das Ticket ist günstig, 44 € + 5 € für das Rad. Ab Karlsruhe wird es voll. Man hat nette, aber auch nervige Mitfahrer. Einzelheiten erspare ich mir. Ab Köln wird es richtig voll. Im Abteil - für sechs Räder vorgesehen – stehen bis zu 16 Räder und sogar im WC stehen drei. Nach 12 Stunden bin ich endlich wieder zu Hause. Es war ein seltsames Gefühl, die Strecke, die so viel Anstrengung erfordert, mal eben so abzureißen und mehr als einmal sehe ich Stellen, die mir noch in besonderer Erinnerung geblieben sind. Die Regenstrecke hinter Boppard zum Beispiel, der Biergarten hinter Koblenz, der Park in Bingen oder Oberwesel. Alles Orte mit Erinnerungen. Ab Remagen fühlt man sich schon fast wie zu Hause. Ab Oberhausen Hbf ist sofort das krasse Ruhrgebiet. Dreckig, Kippen auf dem Bahnsteig und jede Menge Volk. Hach ja, so isset hier nu ma. Vertraute Dialekte, zu Hause eben. Als ich in Buer-Nord aus der S-Bahn steige, bin ich an unserem Haus vorbei gefahren und freue mich nach diesem hoffentlich nicht einmaligen Erlebnis auf Frau, Bett und unser Zuhause. Ich bin über den Fahrstuhl mehr als erfreut und steige das letzte Mal in die Pedale. Noch 700 m und meine erste Radtour endet glücklich.

Für die nächste Reise:
nur 3 T-Shirts, 4 Paar Socken
kein Besteck/Geschirr
Ersatzschlauch
Herzliche Grüße

Foxiyama

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