Da ich weder im Forum, noch im Internet Anworten gefunden habe, möchte ich hier einige Fragen zur Schadstoffbelastung bei Zelten stellen. Zunächst das Problem aus der Praxis:

Wir haben im Mai 2012 ein neues Zelt aus der Fertigung Herbst 2011 gekauft. Nach einem Probeaufbau wurde dieses Zelt drei Wochen in Skandinavien genutzt.
Dabei mussten wir erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen feststellen, die offenbar mit der Nutzung des Zeltes direkt im Zusammenhang standen:
- tränende Augen
- plötzliches und starkes Schwindelgefühl
- sofortige Besserung an der frischen Luft
- danach noch mehrere Stunden leichte Übelkeit

Beispiel nach 10 Tagen Gebrauch des Zeltes und ständiger Belüftung: An einem Nachmittag habe ich nach einer gemütlichen Radtour ungefähr eine Viertelstunde flach im Zelt auf der Isomatte gelegen. Beide Zelteingänge waren vollständig offen und nur durch Mückennetz verschlossen. Temperatur ca. 25°C, Windstille, Sonne auf dem Zelt. Nach 15 min wollte ich das Zelt verlassen und konnte mich wegen einer schweren Störung des Gleichgewichtssinnes nicht mehr auf den Beinen halten. Frische Luft verbesserte den Zustand binnen weniger Minuten. Eine leichte Übelkeit blieb für ca. 3 Stunden.

Eine Erkrankung oder Kreislaufprobleme können wir ausschließen. Die beschriebenen Effekte traten im unfreiwilligen Selbstversuch nur im Zelt auf und nur unter bestimmten Voraussetzungen:
- Temperatur über 20°C
- Atmen unterhalb der Reißverschlüsse in der Bodenwanne

Mögliche Erklärungen:
Der mehrfach beschichtete Zeltboden lässt bei höheren Temperaturen einen Schadstoff entweichen, der Übelkeit erzeugt und den Gleichgewichtssinn stört. Denkbar wäre auch ein gasförmiger Schadstoff aus dem Zeltgewebe, der schwerer als Luft ist und sich in der Bodenwanne sammelt.

Im Internet findet sich lediglich ein Test von Spielzelten für Kinder, der zu hohe Werte bei Cyclohexanonen beanstandet, die Übelkeit verursachen können.

Wir haben Hersteller und Händler im Juli 2012 ausführlich informiert und dem Hersteller exakte Fragen gestellt, u.a. nach Bestandteilen und Technologie der Beschichtung und einer Schadstoffprüfung. Antworten haben wir nicht erhalten.
Auf Nachfrage erklärte der Händler, der Hersteller hätte auf dreimalige Nachfrage nicht reagiert. Dem Händler sind diesbezügliche Reklamationen aus der Vergangenheit völlig unbekannt. Ein Umtausch wurde natürlich angeboten, wovon wir eigentlich keinen Gebrauch machen wollen:
Nachdem wir das Zelt nochmals mehrere Sommertage bei hohen Temperaturen gelüftet hatten, sind die beschriebenen Phänomene ausgeblieben. Ein neues Zelt gleicher Art würde eventuell erneut diese Probleme hervorrufen. Ein anderes Zeltmodell wollen wir aus technischen Gründen nicht. Ob dieselben Materialien von mehreren Herstellern verarbeitet werden, ist ebenfalls unbekannt. Allerdings beunruhigt uns, ob es auf Dauer nicht doch noch zu gesundheitlichen Schäden kommen könnte.

Um welches Zelt und welchen Hersteller es sich handelt, möchte ich öffentlich nicht verkünden, da ich den Nachweis nicht führen kann, niemanden unrechtmäßig verdächtigen will und keinen Kontakt mit der Rechtsabteilung des Herstellers wünsche. Nur soviel: Es handelt sich um ein hochwertiges Markenprodukt, kein Billigzelt aus dem Kaufhaus. Boden PU-beschichtet, Außenzelt silikonbeschichtet.
Im Zelt wurde nicht gekocht. Das große Zelt war mit 2 Personen unterbelegt. Mindestens 2 Lüftungsöffnungen waren stets offen. Sauerstoffmangel kann also nicht die Ursache sein.

Meine Fragen:

Wer kennt aus eigener Erfahrung Übelkeit und Gleichgewichtsstörungen, die gleichzeitig mit dem Gebrauch eines neuen Zeltes auftraten?

Welche chemischen Stoffe könnten eine so plötzliche und gravierende Gleichgewichtsstörung bei einem Erwachsenen mit 90 kg Gewicht auslösen?

Welche Normen und Vorschriften muss ein Zelthersteller einhalten?

Wer kennt Literatur oder Internetartikel zum Thema?

Danke im Voraus für alle sachdienlichen Hinweise.

Habe ich es richtig verstanden, dass Ihr beide das Problem mit dem Schwindel und der Übelkeit hattet?

Gruß Rennrädle

Ich hatte schon mehrere neue Zelte aber noch nie so ein Problem.
Vielleicht eine spezielle Allergie?

Nahezu jedes organische Lösungsmittel zeigt diese unspezifische Reaktion. Bekannt ist das für Benzin (speziell für Hexan), Aceton, Essigester (letztere beide oft im Klebstoff genutzt)....

Die diffundieren unspezifisch in die Zellmembran der Zellen an den Synapsen. (*) Dadurch werden die elektrischen Potentiale der Nerven verändert, und das führt genau zu den von Dir beschriebenen Symptomen. Es gibt doch auch Lösungsmittelsucht als Krankheit. Die Dosis muss allerdings schon einigermaßen groß sein. Und bei so hohen Dosen riecht man das eigentlich auch.

(*) Auch bei anderen Zellen, aber da stört es i.d.R. nicht.

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Das ist nur eine mögliche Erklärung. Ich kann wirklich überhaupt nicht einschätzen, ob das bei Euch der Fall ist.

Gruß
Thoralf

Kannst du das Zelt nicht mal einschicken - zum Verbraucherschutz oder so?
Das ist ja sehr extrem und falls Kinder mit in so einem Zelt sein sollten sicher noch gefährlicher als beim Erwachsenen!

Ja, so war es. Allerdings nicht gleichzeitig. Ich war zunächst nicht betroffen, weil ich den Kopf etwas höher gebettet hatte und genau an meinem Kopfende eine Lüftungsöffnung für Durchzug sorgte. Wir sind erst nach einigen Tagen auf den offensichtlichen Zusammenhang mit dem Zelt gekommen. Wegen günstigen Wetters konnten wir in den folgenden Nächten das Zelt geöffnet lassen. Nach 10 Tagen hätte ich dann eine "umwerfende Wirkung" nicht mehr für möglich gehalten, aber - siehe oben.

Allergie hat der Fachhändler auch vermutet. Mein Heuschnupfen kann die tränenden Augen erklären, aber schlagartigen Gleichgewichtsverlust als Allergie? Davon habe ich noch nie gehört.

Danke für die "toxische" Erklärung. Ein bestimmter Geruch war nicht feststellbar, auch nicht beim Auspacken des ganz neuen Zeltes in der Wohnung. Es roch keinesfalls nach Benzin, Aceton oder Essig - die Gerüche kenne ich.

Ja, die Dosis muss sehr groß sein, wenn es erwachsene und körperlich gesunde Menschen so schnell umwirft. Darum hatte ich ja auch gedacht, dass der Hersteller ein Interesse an der Sache haben müsste. Wenn es eine Familie mit Kleinkindern treffen sollte... Schön war das Erlebnis nicht. Keine Empfehlung für ein Suchtmittel.

Der Zeltboden ist laut Herstellerangabe dreifach PU-beschichtet. Eine Vermutung war, dass wegen zu schneller Fertigung die unteren Schichten nicht völlig abgelüftet sind. Dann entweicht das Lösungsmittel noch über einen sehr langen Zeitraum.

Das ist das Problem: Unser Zelt ist inzwischen wahrscheinlich ausreichend abgelüftet. Man müsste ein neues Zelt, möglichst aus der gleichen Charge testen. Ohne Interesse von Hersteller und Handel geht das nicht. Laut neuestem EU-Recht sind die Hersteller verpflichtet, auf Anfrage mitzuteilen, ob Schadstoffe einer EU-Liste enthalten sind. Das nützt aber auch nichts, wenn der Hersteller einfach nein sagt oder der betreffende Schadstoff unbekannt oder nicht EU-gelistet ist.

Danke für das Stichwort Hexan. Das könnte passen: Industrielle Verwendung als Lösungsmittel bei der Polymerisation, bei Lacken, Kunststoffen, synthetischen Kautschuk. Nur schwacher Geruch nach Benzin. Verdampft bei Raumtemperatur. Dämpfe sind schwerer als Luft und breiten sich am Boden aus. Bemerkenswert auch die hohe Explosionsgefahr in niedrigen Konzentrationen. Gesundheitliche Wirkung wie von mir erlebt und noch schlimmer. Quellenangabe: Wikipedia und Seilnachts Chemikaliendatenbank

Ich hatte deswegen 2 Zelte mal nicht gekauft. Probeliegen im Laden hatte mir schon gereicht. Die standen dort wohl schon ein paar Tage. Trotzdem rochen die "schön" chemisch. Nach 10 Minuten hatte ich Kopfschmerzen. Der Verkäufer meinte noch, neue Zelte riechen immer, da sie aber draußen etwas Zugluft durchließen, wäre das nicht so schlimm. Außerdem ließe das mit der Zeit nach.

Ihr seid also nicht allein.

PS. Es handelte sich um 2-Mann-Zelte zweier "Markenhersteller", jeweils >400€.

Vielleicht könnte man ja mal Kontakt zu Stiftung Warentest oder Ökotest aufnehmen!? Ich weiß gar nicht ob da schon mal Zelte getestet worden sind.

In Verbindung mit einem Zelt nicht, jedoch in Verbindung mit div. anderen Produkten.
Normalerweise genügt mehrtägiges Auslüften. Bei mancherlei Kleidung wird empfohlen sie vor dem ersten Tragen zu waschen.

Ich hatte mal einen wirklich gravierenden Fall, da hat es deutlich über ein Jahr gestunken wie "der Gulli einer Chemiefabrik" (nein, ich war noch nie in einem solchen Gulli ,) ).

Ich sehe derlei erheblichen Gestank für mich inzwischen als Ausschlußkriterium für einen Kauf an.