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#853505 - 08/11/12 04:37 PM Tour vom Niederrhein über Triest nach Salzburg
westweg
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:8.6.2012 25.6.2012
:1970
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1970 km mit dem Rad über Triest nach Salzburg

Triest, die norditalienische Hafenstadt an der oberen Adria, direkt an der Grenze zu Slowenien gelegen, war das Ziel meiner Fahrradtour 2012. Bis 1918 gehörte Triest noch zu Österreich.

Bereits im Oktober 2011 begann ich mit den Vorbereitungen der Tour. Anhand meiner Karte über die Bundeswasserstraßen, die auch teilweise die angrenzenden Staaten abbildet, war schnell die Route ausgemacht: Rhein, Main, Main-Donau-Kanal, Donau und Enns waren die Flüsse, denen ich folgen wollte. Somit war bis Mitte Österreich der Weg für einen großen Teil der Tour skizziert, ohne dass ich eine Straßenkarte in die Hand nehmen musste.
Erst ab Hieflau in der Steiermark hatte ich mich näher mit der Route auseinanderzusetzen. Bis dahin musste ich mir nur die Fließrichtung der Flüsse ansehen und in die richtige Richtung fahren.

Den Rhein kenne ich schon von vielen Touren, die mich in den Süden führten. Das schönste Stück bleibt immer noch der Mittelrhein von Koblenz bis Bingen. Diese Etappe an den Hängen des Hunsrücks und des Taunus gibt mit seinen Burgen und Schlössern als Kulturlandschaft Zeugnis der Geschichte, besonders des Mittelalters.

Bei Mainz erreichte ich den Main, der über 524 Kilometer durch die wunderschöne Landschaften Frankens und Hessens fließt, bevor er in seinen großen Bruder den Rhein mündet. Erst waren es die Hänge des Odenwaldes, die mir die Schönheit unseres Landes vor Augen führten. Dann waren es die Ausläufer des Spessarts und des Steigerwaldes.
An meine Übernachtung in Miltenberg, auch Perle des Mains genannt, erinnere ich mich noch sehr gut. Die seit über 750 Jahren bestehende Stadt gewann im 12. Jahrhundert als Zollstätte des Mainzer Kurfürsten an Bedeutung. Die Verleihung des Münzrechts und im Besonderen die des Stapelrechts verhalfen Miltenberg zu großem Wohlstand. Dieses historische Städtchen mit seiner beschaulichen Altstadt beherbergt das älteste Gasthaus Deutschlands, das Hotel zum Riesen. Hier übernachteten viele Persönlichkeiten der Geschichte, unter anderem Kaiser Barbarossa, Kaiser Ludwig der Bayer, Kaiser Friedrich III, diverse Kurfürsten, Bischöfe, Martin Luther, Albrecht Dürer, Franz Josef Strauß. Mit einem Lächeln füge ich hinzu: „Und jetzt auch ich.“ Die Eigentümerin hat mir viel über die aktuelle Geschichte des Hauses erzählt, während wir uns gemeinsam das Fußballspiel Deutschland - Portugal anschauten.

Mit Wertheim, Gemünden, Würzburg und Bamberg liegen weitere beschauliche Städte am Main. Ich war jeweils nur durchgefahren, zum Erkunden hatte ich keine Zeit, denn das Motto meiner jährlichen Radtour ist: „Der Weg ist mein Ziel“. Den Mainradweg kann ich nur empfehlen. Er steht dem Mosel- oder dem Donauradweg in Nichts nach.

In Bamberg erreichte ich den Main-Donau-Kanal. Die zwischen 1960 und 1992 erbaute 170 km lange Bundeswasserstraße verbindet den Main mit der Donau bei Kehlheim und überwindet auf seinem Weg rund 175 Höhenmeter, was durch verschiedene Staustufen geregelt wird. Bis km 102 geht es quasi bergauf. Der Höhenunterschied beträgt 175 m. Nürnberg und Fürth lagen auf meinem Weg. Ab der Schleuse Hilpoltstein verläuft der Wasserweg bis Kehlheim abwärts. Etwa in Höhe des historischen Ortes Berching in der fränkischen Alb geht der Main-Donau-Kanal in die Altmühl über.

Meinen Grundsatz, immer auf die Fließrichtung der Flüsse zu achten, verletzte ich bei Kehlheim. Ich war mir fälschlicherweise sicher, mit dem Boot durch den 5,5 km langen Donaudurchbruch zum Kloster Weltenburg fahren zu müssen. 30 Minuten musste ich auf das Boot warten, 40 Minuten schipperten wir durch das im Jahre 1840 durch König Ludwig I ausgewiesene Naturdenkmal.

Anschließend stieg ich wieder auf mein Fahrrad. Nach etwa einem Kilometer fiel mir auf, dass ich flussaufwärts fuhr. Das konnte nicht sein. Ich musste Richtung Österreich flussabwärts fahren. Denn die Donau mündet, anders als andere Flüsse Deutschlands, nicht in der Nordsee, sondern im Schwarzen Meer. Also wieder zurück. 2,5 Stunden Zeit habe ich vertan. Die Einblicke in die Landschaft und das Kloster Weltenburg waren es aber wert. Ohne diesen Fehler hätte ich auch die Reisegruppe der Zeugen Johovas nicht kennengelernt, von denen 3 an meinem Tisch Platz nehmend durch Reden ohne Unterlass versuchten, mich von ihrer Religion zu überzeugen.

Außerdem schützte mich die außerplanmäßige Bootsfahrt einige Zeit vor dem Regen, der mich heftigst seit meiner Abfahrt am frühen Morgen bis Regensburg begleitete. Übrigens mein einziger Regentag. An den übrigen 17 Radtagen hatte ich bestes Sommerwetter, teilweise sogar viel zu heiß, bis beinahe 40 Grad. Dafür war mir der Gegenwind (in der Regel Süd/Südwest) während der gesamten Tour hold, so dass ich nicht selten auch bei Fahrten bergab in die Pedale treten musste.

In Regensburg übernachtete ich in einer privaten Herberge, im Brook Lane Hostel, allein in einem 7-Bettzimmer für 40,00 € ohne Frühstück. Abenteuerlich, keine Gardinen im Zimmer, schlecht gereinigt, die Gemeinschaftsküche verfügte nur über unsauberes Porzellan und Geschirr. Es war einfach nicht zu benutzen. Ich verzichtete darauf, mir selber etwas zum Essen zu bereiten. Ab drei Uhr nachts lag ich wach und wartete darauf, mich wieder auf das Rad setzen zu können. Bereits um 6 Uhr in der Frühe habe ich das ungastliche Haus verlassen.

Die nächsten beiden Tage waren mit 8 bzw 9 Stunden im Sattel meine weitesten Etappen. 140 bzw 155 km legte ich zurück, bis dass ich in Enns bei Linz in der ältesten Stadt Österreichs ankam. Auf dem Weg überquerte ich drei Mal die Donau mit kleinen Fähren. Die Temperaturen hatten inzwischen Höchstwerte erreicht. Der Wind war viel zu heiß, um eine Linderung zu geben; gerade jetzt, wo es in die Berge ging.

Die Eisenerzer Alpern überquerte ich über den Präbichl-Pass mit seinen 1226 m und kam in das Murtal. Ein Stück folgte ich der Mur flussaufwärts. Dann verließ ich die Steiermark und kam über den Obdacher Sattel (955 m), der zwischen der Packalpe und den Seetaler Alpen liegt, nach Kärnten. Die Hitze und die Bergfahrten machten müde. Ich wollte in St. Andrä übernachten. Zwei Hotels hatten Ruhetag und ein Hotel war voll belegt. Somit musste ich noch einmal einen kleinen Berg überwinden, bis ich im Gasthof Brenner ein Bett fand. Hier kam es zu einer Begegnung mit Bekannten aus meiner Heimat Neukirchen-Vluyn. Wir waren im Telefonkontakt, da ich wusste, dass sie Urlaub in Kärnten machten. Spontan kamen beide zum Abendessen in meinen Gasthof. Ich habe mich sehr über diesen Besuch gefreut.

Weiter ging es über den Griffen zur Drau nach Ferlach. Schon nach 70 km machte ich hier Rast. Denn am nächsten Tag musste ich in die Karawanken über den Loiblpass (1367 m), der Österreich mit Slowenien verbindet; bis zu 16 % Steigung erwarteten mich. Über die Beschaffenheit dieses Abschnitts meiner Tour hatte ich mich vorab auf der Internetseite „quaeldich.de“ unter dem Stichwort Loiblpass klug gemacht.

Bei der Anfahrt am nächsten Tag fiel mir mein Fotoapparat aus der Hand. Ich konnte leider keine scharfen Bilder mehr machen. Eine Reparatur war nicht möglich. In der slowenischen Stadt Trzic kaufte ich mir ein neues Gerät.

Ich kannte Slowenien schon von einer Tour aus dem Jahre 2003 entlang der Drau bis nach Maribor Wie damals war ich auch jetzt wieder von dem Land begeistert. Die Menschen freundlich und hilfsbereit, die Städte und die Straßen sauber, kein Müll entlang der Landstraßen, Steile bewaldete Berge, enge Täler, türkisblaues Wasser. In Bled machte ich eine Pause am Bledsee. Ich besuchte die Villa Bled, die der jugoslawische Präsident Josip Broz Tito bis 1980 als seine Sommerresidenz nutzte und wo er viele offizielle Staatsbesuche empfing.

Über den Bohinj See ging es weiter nach Nova Gorica, den slowenischen Teil der italienischen Stadt Gorizia Schließlich erreichte ich nach 13,5 Tagen und 1560 km die Hafenstadt Triest. Ich fuhr an den Strandpromenaden der Adria vorbei und genehmigte mir auf dem „Piazza dell'Unita“ einen Eiskaffee. Wenn ich aus der Beschaulichkeit der Natur herauskomme, haben Großstädte eher etwas Abstoßendes. So war es nicht verwunderlich, dass ich mich bereits nach drei Stunden auf den weiteren Weg nach Salzburg machte.

Ich fuhr den 410 km langen Alpe Adria Radweg. Dieser Radweg ist das Ergebnis der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit „Interreg IV Italien-Österreich“. Er wurde in den Jahren 2007 bis 2012 realisiert und wird voraussichtlich 2013 vollständig fertig gestellt. Die Kosten für dieses durch die EU kofinanzierte Projekt betragen insgesamt 1,2 Million Euro. Alte Bahntrassen unter Einbeziehung der Eisenbahntunnel durch das canyonartige Kanaltal wurden zwischen Udine und Villach reaktiviert. Dennoch ist dieses Teilstück nicht frei von Steigungen. Kontinuierlich geht es bin Camporosso bergauf. Allerdings verteilt sich der Anstieg von rund 700 Metern auf immerhin 110 km.

Von Villach bis Möllbrücke fuhr ich wieder durch das Drautal. Ab Obervellach im Mölltal folgte ein heftiger Anstieg nach Mallnitz. Rund 550 Höhenmeter verteilen sich auf 8 km. Von Mallnitz bis Böckstein mussten die 12 km mit einem Autozug überbrückt werden, da es hier keine Straßenverbindung gibt. Ab hier waren es nur noch 104 km bis Salzburg, wobei es über Bad Gastein, Hofgastein, Dorfgastein, Schwarzach, Bischofshofen und Golling stetig bergab ging. Lediglich am Talpass Lueg wurden noch einmal die Beinmuskeln gefordert. Dieser Pass diente in früheren Jahren als Zollstelle.

Der Pass hat aber auch anders Geschichte geschrieben. Im Februar 1950 wurde im Eisenbahntunnel unter dem Pass Lueg der ehemalige US-Militärattaché in Bukarest Navy-Captain Eugene Simon Karpe, tot aufgefunden. Ermittlungen ergaben, dass er von Wien in Richtung Paris reisend, gewaltsam aus dem Arlberg-Orient-Express gestoßen und im Tunnel vom Zug überrollt wurde. Verantwortlich für die Tat wurden östliche Geheimdienste gemacht.

Nach 18 Tagen im Sattel, 1970 km, 10000 Höhenmetern und 125 Stunden im Sattel erreichte ich Salzburg. Auf meinem Weg habe ich Menschen mit und ohne Fahrrad getroffen, die mir in Gesprächen interessiert und offen begegneten. So zum Beispiel Rainer aus Stuttgart. Er war auf dem Weg nach Venedig. Auf einer schattigen Bank an der Salzach nahmen wir beide unser Mittagessen in Form eines Kanten Brots und je eines Stückes Wurst und Käse „auf der Faust“ ein. Diese Menschen und auch 1000 andere Eindrücke werden mir in Erinnerung bleiben. Mit der Air Berlin ging es am nächsten Tag nach Hause.

NS: Meine Route im Einzelnen

http://www.stepmap.de/karte/tour-nach-triest-162958
Michael - Niederrhein
Der Weg ist mein Ziel
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#853536 - 08/11/12 05:51 PM Re: Tour vom Niederrhein über Triest nach Salzburg [Re: westweg]
gibbi_affe
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Toller Bericht! schmunzel

In Antwort auf: westweg
1970 km mit dem Rad über Triest nach Salzburg
Schließlich erreichte ich nach 13,5 Tagen und 1560 km die Hafenstadt Triest. Ich fuhr an den Strandpromenaden der Adria vorbei und genehmigte mir auf dem „Piazza dell'Unita“ einen Eiskaffee. Wenn ich aus der Beschaulichkeit der Natur herauskomme, haben Großstädte eher etwas Abstoßendes.


So geht es mir auch oftmals. In Triest hätte ich damals aber gerne noch mehr Zeit verbracht, ich fand die Stadt sehr stilvoll und schön.
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#855058 - 08/16/12 09:07 AM Re: Tour vom Niederrhein über Triest nach Salzburg [Re: westweg]
peter chris
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Hallo Michael, toller Bericht zu einer grossen Tour. Respektable Leistung auch angesichts Hitze und obendrein Gegenwind bäh Hast du den Tagesablauf auf die Temperaturen abgestimmt, also früher Start in den kühleren Morgenstunden, oder bist du gerade durch, wie`s halt gekommen ist?
schöne Grüsse, Peter
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#855897 - 08/19/12 12:07 PM Re: Tour vom Niederrhein über Triest nach Salzburg [Re: peter chris]
westweg
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Hallo Peter,
eigentlich starte ich immer früh, wie es halt das Frühstück
zulässt. In den meisten Häusern gibt es das nicht vor 7,30 Uhr.
Danach geht es los.
Ich fahre auch jeden Tag mein Pensum, unabhängig vom Wetter.
Die Etappen habe ich mir lange vorher überlegt. Übrigens,
Österreich ist mein erklärtes Lieblingsland zum Radfahren.
Michael - Niederrhein
Der Weg ist mein Ziel
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