Endlich wieder raus! Nach zwei Wochen Eiszeit und mit fast überstandener Grippe geht’s wieder los.
Start: Mittwochabend mit dem Metronom bis Sagehorn (eine Station vor Bremen). Von dort – dachten wir – ist es ein leichtes, bis nach Verden zu radeln, es gibt ja viele Radwege dorthin.
Na ja – nur vor lauter Radwegen und Schildern finden wir manchmal unseren Weg wegen der uneindeutigen und verwirrenden Beschilderung nicht. Und - wenn ich gewusst hätte, dass uns dieser Weg auch noch durch so eine furchtbar hässliche Gegend wie Achim/Baden führt, wären wir eine Station eher ausgestiegen und hätten einen anderen Weg genommen.
Wegen meiner Restgrippe kommt eine Übernachtung im Zelt bei angesagten 4° Nachttemperatur nicht in Frage. Das Zimmer im „Verdener Hof“ für 71 € ist zufriedenstellend, auch das Abendessen – mehr aber auch nicht.
Donnerstag (Himmelfahrt, Vatertag, Männertag) geht’s bei immer noch sehr frischen Temperaturen recht früh los Richtung Weser-Radweg – mal mit Hinweisschildern, aber meistens ohne.
Blick zurück nach Verden – dies ist nicht die Weser! Die sehn wir noch – irgendwann!
Der Weg führt uns durch grüne, saftige Marschlandschaften - sehr flach, verkehrsarm und entspannend.
Hoya (dieser Ohrwurm – „schöne Maid“, eins der Glanzlichter deutscher Schlagerkultur, verfolgt mich noch jetzt) beschäftigt wohl die größten Behördenspaßvögel für uns Radfahrer: dort führen uns dreimal die „Schilda“ im Kreis und an der Nase rum, bevor wir uns entscheiden, einfach der richtigen Himmelsrichtung zu folgen.
Hier treffen wir eine Radlerin vom Chiemsee, die diese pottebenen Landschaften sehr liebt, aber wegen der fehlenden und irreführenden Beschilderung und der nicht vorhandenen Weser völlig genervt aufgegeben hat und auf dem Weg zum nächsten Bahnhof war, um die Fahrt per Bahn nach Bremen fortzusetzen. Von dort aus wollte sie dann nach Bremerhafen radeln. Hoffen wir, dass sie die Weser noch zu Gesicht bekommen hat!
Alte Steinbrücke
Was – schon Österreich? Ach nee – ist doch tatsächlich die Weser!!!
Da uns klar ist, dass uns erstmal keine spektakuläre Landschaft erwartet, legen wir einen Zahn zu und fahren – unter schwierigen Bedingungen durch Umschiffung der nicht nur männlichen Teilnehmer der Männertags-Saufhorden – bis Petershagen (kurz vor Minden), um dort auf einem Campingplatz am Stauwerk unser Zelt aufzuschlagen.
103 km – durch einsame, windschiefe Dörfer, an der einen und anderen Windmühle vorbei, seltene Blicke auf die Weser - das ist genug.
Der Platz war o.k. und die Waschräume+Klos naja – aber egal: wir stellen unser Zelt rotzfrech direkt am Wasser auf einem Wohnwagenplatz auf und genießen noch die Abendsonne mit Taboulè, Tofubratlingen und Bier vom Kiosk.
Oh wie schön ist es an der Weser – ist sie doch, oder?
Freitagmorgen (nach einer ruhigen Nacht) beim Frühstück plötzlich hinter mir so ein Geräusch, als ob das Zelt reißt – ratsch! Huuch was iss’n das?
Da hat sich doch am oberen Ende meiner ThermARest-Matte eine ca. 30 cm2 Luftbeule gebildet! Das kann doch nicht angehn, dass die kaputt geht, weil ich die für diesen Trekker-Chair benutze!? Dafür sind die doch gedacht!
So’n Schiet aber auch!
Nützt ja nix – hier kann man sowieso nichts machen, also los geht’s Richtung Porta Westfalica.
Bei Minden kreuzt der Mittellandkanal die Weser, das sieht schon recht spektakulär aus: ein richtiges Wasserstraßenkreuz!
Die Umleitung des Radweges wegen Bauarbeiten an den Schleusen ist bestens ausgeschildert und schon sind wir wieder auf dem Radweg – jetzt endlich Weser pur (und jede Menge Glasscherben vom gestrigen Tag)!
Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal ist schon von weitem zu sehen und die Berge geben uns das Gefühl, nun endlich im Kurzurlaub angekommen zu sein.
Hier treffen Weserbergland und das das Wiehengebirge aufeinander und die Weser fließt mitten durch.
Heute wollen wir die Fahrt mal so richtig genießen – das Wetter spielt auch mit, es ist schön sonnig und warm und die Landschaft ist jetzt auch lieblicher und sieht schon richtig nach Mittelgebirge aus.
Bevor wir unsere kleine Kaffee- und Mittagspause in Uffeln bei Vlotho (tolle Ortsnamen) am örtlichen Supermarkt machen, überqueren wir noch die Weser zusammen mit der Autobahn: so quasi auf dem Standstreifen - puuh, das war vielleicht ein Gefühl
!
Die Pause nutzen wir auch gleich zum Einkauf für das Abendessen: kleine Lachssteaks, Shrimps und Spinat. Luxus pur!
Ich ruf ich noch mal eben bei Globetrotter an, um zu fragen, ob die mir einen Tipp geben können, was ich mit meiner kaputten Matte tun kann. Doch außer dass ich sie umdrehen soll (Kopfende nach unten
), haben die auch keinen Rat, aber am Trekker-Chair liegt’s definitiv nicht. Na schön, oder auch nicht, wird schon irgendwie gehn.
Der Verschönerungsverein Rinteln hat erfolgreich ganze Arbei geleistet!
Schade, dass Peter „winoroß“ uns auf dieser Strecke nicht überholt hat – ich hab mich sooo auf den Klönschnack gefreut!!!
Drohende dunkle Wolken sagen uns nach 82 km, dass wir hier und jetzt in Hameln mal den Campingplatz aufsuchen sollten. Das machen wir dann auch.
Das Boot – äh der Platz ist voll, aber der griechische Campingplatzbetreiber wäre kein echter Grieche, wenn er nicht improvisieren würde: wir dürfen unser Zelt zwischen dem offiziellen Platz und der Weser auf einer ungemähten Wiese, mit kniehohem Gras aufbauen! Cool! Besser geht’s gar nicht – noch mit drei anderen Zelten, ohne Autos, Caravans oder Wohnmobilen, nahe genug zu den sanitären Anlagen und einem griechischen Restaurant (hätten wir nicht so ein leckeres Essen dabei . . .)
Spät am Abend schauert es noch kräftig aus den Wolken – das war’s dann aber auch schon: morgens – nach einer Nacht auf einer dicken, weichen Grasmatratze - scheint die Sonne, als ob nichts gewesen wär - und warm ist es!
Der heutige Tag ist einfach nur genussvoll: warm, sonnig, und ein schöner, gut ausgebauter Radweg durch liebliche Mittelgebirgslandschaft,
vorbei am Atomkraftwerk Grohnde mit seinen schnuckeligen Kühltürmen, auf die die Schönwetterwolken ihre malerischen Schatten werfen - und fast immer an der Weser lang.
Holzminden finden wir nicht so einladend und fahren weiter Richtung Höxter und erreichen damit unser heutiges Ziel nach gemütlichen 68 km.
Auch hier haben wir einen Zeltplatz direkt am Wasser – nur baden würde ich in der Weser niemals, obwohl es heute abend wirklich sehr heiß ist und das laue Lüftchen vom höher gelegenen Wohnwagenplatz abgehalten wird.
Wir möchten den Abend am Zelt mit geschmortem Tomaten-Paprika-Gemüse, einem Steak und beim Bier gemütlich ausklingen lassen, doch eine Großfamilie aus Goslar macht uns leider einen Strich durch die Rechnung. Gegen 21.30 kommen sie mit Auto samt Anhänger im Slalom durch die aufgebauten Zelte durchgeprescht und pflanzen sich direkt über uns auf der nächst höheren Terrasse auf. Aber nicht rücksichtsvoll – nein, der ganze Platz muss ihre Diskussion über den Aufbau des neuen Zeltes mitkriegen, Fußball im Autoradio und das lautstarke Palaver mit anhören - bis mindestens Mitternacht. Anscheinend sehen Dauercamper das anders: viel Abwechslung haben die anscheinend nicht und da kommt ihnen jede „Ruhestörung“ recht.
Gut dass ich meine Ohrstöpsel dabei habe! Aber gegen die mittlerweile große ca. 50 cm2 Beule in meiner Matte nützen die leider auch nichts
!
Nachts werde ich von lauten Geprassel geweckt: Regen! Jedoch morgens ist der Himmel schon wieder unschuldig blau und wir starten die letzte Etappe nach Hann.Münden.
Auf unbefestigten Wegen am rechtsseitigen Flussufer durch Wald und Feld, bergauf und –ab, an Fürstenberg vorbei erreichen wir die Fähre bei Wehrden und treffen dort auf den unfreundlichsten Fährmann, den ich je erlebt habe. Ich hoffe, dass ich nie mehr im Leben mit dieser Fähre fahren muss und wenn doch, dann schubs ich ihn in die Weser! Ruppig, und dumme Bemerkungen machend beschwert er sich noch über alle seine Fahrgäste, obwohl er doch zu allen immer freundlich sei!
Wir lassen uns aber durch so einen Stießel nicht den Tag verderben und gönnen uns in Bad Karlshafen erstmal einen richtig großen Eisbecher.
Danach suchen wir mal wieder den Weserradweg – lange nicht gehabt!
Wir können es kaum glauben, aber u.a. daran merkt man dass so ein Luftkurort nichts für Radtouristen übrig hat: der Radweg soll ab jetzt über mindestens 8 Kilometern an der stark befahrenen Straße lang gehen!
Nö – ohne uns! Nach 3maligem hin und her fahren wir nach einem Tipp wieder auf das rechtsseitige Ufer,
durch den Wald mit einigen Steigungen, Bergabfahrten und wundervoller Aussicht. Warum bauen die den Radweg nicht hier!?
Wir bleiben auf dieser Seite und irgendwann trifft dann auch der offizielle Radweg wieder auf unseren.
Bis Reinhardshagen verläuft die Strecke auf ruhigen Wegen – dort findet auch noch eine Befragung zum Weserradweg im Auftrag des ADFC und des Weserberglandtourismus statt. Interessant ist, dass die Teilstrecken, an denen wir etwas zu bemängeln hatten, denen bekannt sind - Ursache ist meistens die Inkompetenz und/oder die Zuständigkeit der verschiedenen Bundesländer an den jeweils anderen Flussufern, die den Ausbau (und auch die durchgehende Beschilderung) ver- und behindern. Auch die einzelnen Gemeinden sind nicht immer kooperationsbereit. Wir sind aber froher Hoffnung: sie arbeiten dran
Kurz vor und am Ziel - wo Fulda sich und Werra küssen . . .
Hannoversch-Münden erreichen wir dann ganz locker nach 82 km (das letzte Stück hauptsächlich auf dem Radweg an der Straße) und finden wie schon einmal, den Bahnhof zwar rechtzeitig, aber erst nach einer umständlichen Sightseeingtour durch die Stadt.
Fazit der Tour: der nördliche Abschnitt von Verden bis Minden ist für uns nicht sehr attraktiv – vor Allem deswegen, weil der Weserradweg dort nicht seinem Namen gerecht wird. Erst bei Minden/Porta Westfalica ist die Weser zumindest fast immer in Sichtweite und dort beginnt es interessant und schön zu werden.
Da wir von Norden nach Süden gefahren sind, hatten wir das Glück, in die schönere und lieblichere Landschaft hineinzufahren – umgekehrt würd ich diese Tour nicht machen wollen.
Ach ja – meine Matte hab ich anstandslos ersetzt bekommen!