.3.300 km auf dem Fahrrad durch British Columbia
Irgendwie wusste ich noch nicht, wohin es in diesem Jahr gehen, sorry, radeln, sollte. Sah vor lauter Bäumen den Wald nicht, oder eher vor lauter Wald die Bäume nicht. Radeln kann man schließlich überall.
Im letzten Jahr war ich das 1. Mal mit Flieger und Bike über den Atlantik geflogen, nach Montreal, um von dort runter nach Atlanta zu radeln. Das, fand ich, war schon ‚ne tolle Sache, so mal eben in‘n Flieger zu steigen und ganz woanders auf der Welt eine Radtour zu fahren. Und so arg teuer war es auch nicht. So was ähnliches konnte ich mir für dieses Jahr auch vorstellen.
Aber wohin? Den entscheidenden Anstoß gab mir die Lektüre des Berichtes von ‚tumaisch‘ über eine Rundtour durch British Columbia. - Das war‘s!
Von Vancouver aus über die Insel gleichen Namens nach Norden. Von Port Hardy aus das Schiff (als von der Waterkant kommend mach ich gerne mal ‚ne Bootspartie ) nach Prince Rupert nahe der Grenze zu Alaska, dann 1200 km südöstlich den Yellowhead Highway über Prince George nach Jasper, den Icefields Parkway runter nach Banff, weiter südwestlich nach Castlegar in Richtung Vancouver. Ab Castlegar wollte ich westlich den legendären ‚Kettle Valley Railway Trail‘ bis Hope fahren, wo man dann schon fast wieder in Vancouver und meinem Abflugs-Airport ist.
Nur diese Strecke auf der Karte nachzuzeichnen war ein Abenteuer. Allein Vancouver Island hat in meinen Ohren einen fast mystischen Klang: Pazifikküste, Nebel, Dunst, Lachse, Bären, Pumas, Walgesang, urtümliche Wälder und Flüsse, - Wildnis. - Dann die Schiffsreise entlang der wilden Küste durch die Inlands-Passage nach Norden, weiter von P. Rupert auf dem Yellowhead-Hwy. 1200 km durch endlose Wälder, entlang ungezähmter Flüsse und rauer Bergzüge. - Schließlich über den grandiosen Icefields Parkway, der ‚schönsten Straße Amerikas‘, und ,last not least‘, der Kettle Valley Railway Trail, viele 100 km auf einer stillgelegten Eisenbahnroute, alles auf Piste, fern des Autoverkehrs, wenige Ortschaften, in purer, wilder Natur.
Diese Route fand ich echt aufregend, spektakulär, kaum zu toppen. Ich konnte es kaum glauben, dass man, dass ‚ICH‘, so eine Tour würde fahren können. Einfach Flug buchen, Rad packen, rüber jeten und losradeln. So einfach ist das. Ich hatte mich so etwas nie getraut. Erst mein Trip im letzten Jahr an die Ostküste hatte mich ermutigt. Es ist unglaublich, was man alles möglich machen kann.
Aber trotzdem: - Vorsicht, dachte ich mir, das wird kein Spaziergang werden! - Schließlich wirst Du schon bald 60! Das Wetter wird unberechenbar sein! Die ganze Zeit wirst du in Bären- und Pumagebiet sein! Tagelang wirst du auf keine Ortschaften treffen, aber hohe Berge und über 2000 m hohe Pässe erwarten dich. Dann gut 800 km Piste, wo man tagelang auf keine Menschenseele treffen kann. Und das als Solofahrer! Da kann alles Mögliche passieren! Und du hast nur 6 Wochen Zeit! - In Bauchnabelhöhe kribbelte es! -
Aber: - je öller, je döller! - Je länger ich darüber nachdachte, je mehr faszinierte mich der Gedanke an diese Tour. Noch fühlte ich mich fit genug dazu. Wer weiß, wie es dir nächstes Jahr geht? -
‚Einmal Rom sehen und dann sterben!‘, in solcher Stimmung war ich bald.
Der Rest war Routine: ein Gang ins Reisebüro, mein treues Marin-Bike gewartet, Ausrüstung gecheckt, und dann ‚nur‘ noch auf den Abflugtag gewartet. Das war vielleicht am schwersten, denn ich bin ein ungeduldiger Mensch. - Aber schließlich ging‘s los. - Auf der Zugfahrt Uelzen-Frankfurt/M. saß ich mit 2 seuten Deerns aus Kiel zusammen, die zum Bodensee fuhren, um ihn radelnd zu umrunden. Sie unternahmen aus ihrer Sicht wohl eine genauso gewagte, abenteuerliche Fahrt wie ich, der ich um den halben Erdball reiste. Ihre Berge von Gepäck verrieten sie als unerfahrene Radlerinnen. Ich sagte dazu nicht viel. Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen. Das Gewicht meines Gepäcks belief sich auf ca. 15 kg plus Lenkertasche. Damit läßt‘s sich recht bequem radeln.
In Ffm im Airport lieferte die Fluggesellschaft die Tüte für mein Bike und den Klebestreifen, um es in eine Art ägyptische Mumie zu verwandeln. Und nur 24 € extra musste ich für das Bike zahlen, war ja auch gut versteckt. Da ist die DB teurer.
Der Flug verging wie im Fluge. Das ist leichter gesagt, als erlebt. Denn solche Transcontinentalmonsterübernoceanundeismeerundübernachtundtundraundbergeundwälderundflüsseundseenflüge können ganz schön lang werden. Nicht nur gefühlt! Auch ganz real kann einem dabei der Ars... einschlafen. Und das, ohne zum Schlafen zu kommen!
Ich freute mich aber über eine ausgesprochen nette und hübsche Sitznachbarin. Sie trug den gleichen Nachnamen wie ich, so dass ich bald vermutete, in der ersten Canadierin, der ich begegnet war, eine ferne Verwandte getroffen zu haben. - Das Leben geht oft seltsame Wege! -
In Vancouver angekommen, naja, ging es so, wie es geht: zum Hostel, näxten Tag Ausrüstung vervollständigen, Stadt ankieken, dann weg wie nix gutes. Ich mach mir nichts aus Städten. Schließlich mach ich nicht für ‚ne Stadtrundfahrt over the ocean. - Nach Umrundung des Stanley-Parks also zur Fähre nach jener Insel, die mich im mystischen Dunst meiner zugegeben etwas antiquierten Vorstellungswelt anzieht wie ‚die Motte das Licht‘.
Die Fahrt zur Horseshoe-Bay per ÖPNV verlief ohne Probleme, war auch nicht teuer, einzig das Umsteigen von Bahn zu Boot zu Bus zu Schiff zu Land kratzte an den Nerven. Und die Art, Fahrräder zu transportieren, ließ mich kaltschwitzen. Mein geliebtes Bike als Stoßdämpfer?! Die Route allerdings selbst zu fahren, wäre ein Unterfangen gewesen, bei dem ich alle Knochen riskiert hätte. Ein übler Verkehr und eine kurvenreiche Strecke mit viel Auf und Ab verbannen hier jeden Radverkehr auf die Buslinie!
Schließlich hatte sich vor der Fähre nach Nanaimo neben den Massen von Blechkistenfahrern auch eine kleine, feine Gruppe von Reiseradlern eingefunden. Wir hatten alle ein gemeinsames Ziel: nach Port Hardy im Norden der Insel zu radeln. Um von dort die Fähre nach Prince Rupert nahe der Grenze zu Alaska zu nehmen.
Ich freute mich schon auf eine gemeinsame Tour mit den jungen Leuten über Vancouver Island. Jedoch sehr bald musste ich klein beigeben. Mit dem Elan, mit dem sie ihre Pedalen traktierten, konnte ich nicht mithalten. Aber wir waren Montag Mittag angekommen, und wollten alle die Fähre Samstag früh erreichen. Für die ca. 450 km war das genügend Zeit. Auch für eine Schnecke wie mich.
Das mit der Schnecke möchte ich mal dahingehend erläutern, dass ich quasi ohne spezielles Training mir diese Tour vorgenommen hatte. Zu hause bin ich froh und glücklich, es nicht nötig zu haben, ein Auto fahren zu müssen. Reite also täglich mein Bike 5km hin und 5km zurück, hin zur Arbeit und zurück, und erfreche mich daraufhin, auch mal so eben Kanada durchkreuzen zu können.- Nun, wie heißt es so schön? - ‚Hochmut kommt vor dem Fall!‘
Genauso traf es mich. Auf Vancouver Island waren all die hübschen, jungen, lustigen Leute längst davon geradelt, und ich kroch so meines Weges dahin. Am ersten Tag lachte noch die Sonne, und ich mit ihr. Es ging immer schön eben längs der Küste entlang mit schönen Ausblicken rechts aufs Meer und links auf die Berge der Insel.
Abends, unverdientermaßen, kehrte ich in ein kleines Restaurant an der Küste ein und bestellte ein Lachssteak mit Beilage. Was soll ich sagen? Es war eine Offenbarung! - Frischer Sockeye–Lachs, kurz gegrillt, einfach köstlich. - Ich saß mit Blick auf die Lagune und die untergehende Sonne. Ein kühles deutsches Bier vor mir. Was kann schöner sein (außer zärtlicher Weiblichkeit)?
Nur wenige km weiter fand ich Unterkunft auf einem Zeltplatz (Qualicum Beach), der, naja, so lala war. Teuer, dafür schmuddelig. Man kann nicht alles haben im Leben! -----
Es ging erstmal weiter dicht am Meer entlang gen NW. Solang die Straße noch der Küste folgte, war alles ok. Aber ab Campbell River biegt sie weg inlands immer höher in die Berge. Man kommt schon auf gute 450 m ü.NN. Und hier begann mein Leidensweg. Es war kühl, es war feucht, es war anstrengend, es war langweilig. Der Wald stand rechts und links wie eine Wand. Und das sollte sich auf den nächsten 200 km nicht ändern.
Wo laut Karte sich nur Wald befinden sollte, war eine kleine Ortschaft. - !Wo eine Ortschaft sein sollte, war nur Wald. - Soviel zur Verlässlichkeit von Karten. - Zur Nacht steuerte ich einen Zeltplatz am See bei Woss an, der längst aufgegeben war. Ein Einheimischer, der meine Suche danach bemerkt hatte, war mir nachgefahren, um mir den Weg zu zeigen. Vor Jahren wollte schon mal jemand abends dorthin und war nie mehr aufgetaucht. Ich sollte also aufpassen, meinte er.
Super, sowas hatte ich gesucht: - weltverlassen, weltverloren - , in der Wildnis campen, Auge in Auge mit feindseliger Natur. - Ehrlich gesagt, mir war alles scheißegal. - Ich war heilfroh, dem Tag ein Ende setzen zu können, baute mein Zelt auf, entfachte ein Feuer, briet mir ein Lachssteak,
und genoss ein Abendessen, von dem man hierzulande nur träumen kann. Keine wilden Biester störten meinen Schlaf. Geplantsche im See zeugte von Otter oder Biber. Aber die fressen einen ja nicht. Und die anderen? - Naja, die verdrängte ich!
Erst 2 Tage später auf dem Schiff las ich in einer Zeitung, dass in der Gegend von Nanaimo ein Cougar, also ein Puma oder Berglöwe, einen MB-Biker von hinten angesprungen hatte. Dieser Puma hatte wohl den Gepäckträger dieses komischen Tieres für dessen Hinterteil gehalten, aber dann aufgrund des seltsam harten Knochens von ihm abgelassen. Auch von einer gesunden Grizzly-Population auf Vancouver-Island war die Rede. Und in Bela-Bela an der Küste war ein Mann von einem Grizzly schwer verwundet worden!
Nun, 5 km von Woss entfernt im Wald am See neben der zerfallenden Trapperhütte wusste ich von all diesen Schrecknissen nichts, ließ mir also morgens mein Frühstück schmecken und fand tatsächlich auch nur mit Hilfe eines lumber-truck-drivers aus diesem Wald wieder raus an die Straße nach Port Hardy. Es ging weiter wie vortags: es war kühl, es war feucht, es war bergig, der Wald stand Spalier und die Wolken lagen wie ein nasses Handtuch auf dem Land. - Aber zum Abend hin öffnete sich der Wald, die Straße senkte sich hinunter zur Küste, die Wolken zerrissen und sogar die Sonne ließ sich sehen.
Da sah ich einen Radler vor mir auf der Straße stehen, mit seinem Rad und Gepäck beschäftigt. Es war Franz, den ich an der Fähre schon getroffen hatte. Er war schon von Ushuaia in Patagonien bis hierher geradelt und wollte zur Proudon Bay am Nordmeer. Dann zurück nach Quebec. Schöne Tour, die er da fuhr. Feiner Typ, der immer aussah, wie aus dem Ei gepellt. Das kam, weil er jahrelang als Stewart auf Kreuzfahrtschiffen um die ganze Welt gefahren war. Sie nun quasi zu Fahrrad von Land aus kennenlernen wollte.
Ein Stück des Weges konnte ich mit seinem scharfen Tritt in die Pedale mithalten, dann musste ich passen. Aber in Port Hardy trafen wir und die anderen Radler uns wieder, verbrachten dort einen lustigen Abend auf dem Campground, um am nächsten Morgen, 6.30 Uhr, die Fähre nach Prince Rupert zu nehmen. Nach den regnerischen Tagen war es eine klare und kalte Nacht. Morgens 6 Grad C kalt.
Das versprach uns einen klaren Tag während der Fahrt entlang der Küste. Und so war es auch. Was soll ich sagen: es war eine wunderschöne Fahrt, Wale und Delphine waren zu sehen, die wilde Küste zum Greifen nahe, herrliche Ausblicke auf den Ozean und das von Schneegipfeln gekrönte Land. Freundliches Wetter während der ganzen Reise. Eine im Meer verglühende Sonne nahm den Tag mit sich in eine kurze Dämmerung. Als die Lichter von Prince Rupert schließlich aufleuchteten, herrschte ringsum schwarze Nacht.
Am Hafenausgang wurden 2 unsrer Radelgefährten abgeholt von einer Freundin, die sofort uns anderen 2 mit einlud, bei ihr die Nacht zu verbringen. So kam ich zu einem ruhigem, wenn auch sehr kühlem, Zeltplatz auf dem Backyard ihres Hauses. Man muss wissen, dass Prince Rupert den meisten Niederschlag pro Jahr in Kanada aufweist. Daher war meckern nicht angesagt. Ich war ja froh, dass es trocken war. Morgens gab es noch ein leckeres Frühstück a là Canadien, mit Pancakes, wie ich sie noch nie so lecker gegessen habe.
Das war sozusagen die erste Etappe meiner Reise. Fotos Vancouver / Prince Rupert: Kanada [url=1https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada1?authkey=Gv1sRgCPek1IHqu9nFlgE][url=1https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada1?authkey=Gv1sRgCPek1IHqu9nFlgE][url=1https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada1?authkey=Gv1sRgCPek1IHqu9nFlgE]1https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada1?authkey=Gv1sRgCPek1IHqu9nFlgE[/url][/url][/url]
Nun lagen die ca. 1200 km auf dem Yellowhead Highway über Prince George nach Jasper vor mir. In Prince Rupert verproviantierte ich mich mit geräuchertem und süß mariniertem Lachs, was eine echte Delikatesse ist, die man nur hier bekommt. Meine Kondition und Laune waren nach diesem Ruhetag auf See enorm gestiegen und gegen jede statistische Wahrscheinlichkeit schien die Sonne, als ich schließlich mittags die Stadt verließ.
Kaum jemals lief mein Bike so willig und frei, als schiebe der Wind und senke der Weg sich zur rascheren Fahrt. Durch grandiose Landschaft folgte es dem weiten Tal des Skeena-Rivers, über dem die Adler kreisen. Himmelhoch, schneebedeckt, ragen die Berge rechts und links, umrahmen den mäandernden Fluss in wilder Ursprünglichkeit. Hinter Terrace strecken rechterhand bald die ‚Seven Sisters‘ ihre eisigen Gipfel in den blauen Äther, grüßen den Radler aus immer neuer Perspektive - . abends - Camp am Fluss.
Ich war tief beeindruckt. Und doch war das nichts gegen das, was noch kommen sollte. Man muss in diesem Land mit seinen Begriffen behutsam umgehen. Allzuleicht verschleißen sie angesichts der Größe der Natur. Was mir hier riesig vorkam, war etwa auf dem Icefields Pkwy. klein. Der Superlativ hier war dort nur Normalität.
Aber das mußte ich erst lernen. Auch die Umkehrung der Begriffe: das größte Raubtier hier war das kleinste: die Moskitos. Die großen Raubtiere kommen selten und einzeln, diese kleinen fallen in Massen über ihre Opfer her, so oft sie ihrer habhaft werden. Da hilft kein Handtuchschwingen. Im Blutrausch stürzen sie sich auf alles Warme, Lebendige, Blutdurchpulste. Nur die Flucht rettet. - Mein Zelt ist meine Burg! - Vor seinen uneinnehmbaren Mauern surrt und summt wütend der Feind. - Vergebens, ich bin geborgen! - Kann mich ungestört meinem Tagebuch oder meiner Reiselektüre widmen, oder aber den Abend verträumen. - Ein guter Schlaf ist garantiert. -
Ich zelte gerne wild. - Da, wo es mir gefällt, wo es schön ist, oder wo es sich ergibt. Sehe nicht zu, dass ich abends immer unbedingt einen Campground erreiche. Es würde mich einengen. Und zu hoffen, dass man auf Campgrounds sicherer ist vor den großen Raubtieren, ist eine Illusion. Gerade dort schauen sie gerne mal vorbei in der Hoffnung auf Beute. Denn wo viele Menschen sind, fällt auch viel für sie ab. Deshalb denke ich, dass man dort nicht sicherer vor ihnen ist, als im ‚Irgendwo‘. -
Auf dem Campground vor Terrace fragte ich den Betreiber nach Bären. Genüsslich erzählte er mir seine Beobachtung einer Grizzly-Mutter mit 2 Jungen, die den Zeltplatz inspiziert hatten vor erst einer Woche. Seine ernste Frage nach meiner Bewaffnung musste ich abschlägig beantworten. Mein Opinel zählte nicht. Da schenkte er mir eine angebrochene Dose Bärenspray. Sie könne Leben retten! - Und ehrlich, ich fühlte mich von da an deutlich wohler, mit dem Spray griffbereit in der Lenkertasche. Es hat mich die ganze Tour begleitet. - Ohne benutzt werden zu müssen! - Ich bin aber öfter Bären begegnet.
Schon wieder rede ich zu viel. Wollte diesen Bericht eigentlich kurz und bündig halten. Nur in großen Zusammenhängen erzählen. Doch die Erinnerung an jene 5 Wochen im letzten Jahr fokussieren meine Gedanken derart auf die Einzelheiten des Geschehens, dessen Akteur ich war, dass ich mich ihnen nicht entziehen kann. - Ich bitte um Nachsicht für meine Geschwätzigkeit. - Will versuchen, mich kurz zu halten.
Aber nicht wie der, der von Platon lapidar berichtet: Er wurde geboren, lebte und starb.
Ich folgte also dem Yellowhead Highway. Brachte km um km hinter mich, fuhr bergauf, fuhr bergab, Kurve rechts rum, Kurve links rum, geradeaus, dann wieder bergauf und wieder … aber das hatten wir schon … Nach ein paar Tagen wurde es mir langweilig und ich beschloss abzukürzen. Ab Smithers nahm ich die Bahn bis Prince Georges, was mir ca. 350 km und ca. 3 Tage sparte. Damit nahm ich ein wenig die Spannung aus meiner Zeitplanung. Und gewann ein Zeitpolster für die geplante Fahrt auf dem Kettle-Valley-Railway-Trail.
Die Fahrt mit der Canadien National Railway war nicht ohne Tücken. Der Zug sollte abends 19.30 Uhr in Pr. Georges ankommen, so dass ich mir noch in Ruhe einen Zeltplatz hätte suchen können. Er hielt aber unversehens unterwegs an, und erst nach 3 Std. fuhr er weiter. So erreichte ich erst kurz vor Mitternacht die dunkle Stadt. Jetzt noch auf Zeltplatzsuche zu gehen, war ein Unding. Und alle Hostels oder Motels waren voll oder geschlossen. Da nahm mich eine junge Frau, die ich nach dem Weg gefragt hatte, kurzerhand mit zu sich nach Hause. Sie könne es nicht verantworten, mich Fremden in der unsicheren Stadt allein zu lassen. Sie hatte unterm Dach ihres kleinen Hauses noch ein freies Bett, das sie mir überließ. Erst morgens stieß ich in der Tür zum Badezimmer auf ihren boyfriend, der große Augen machte, mich Unbekannten auf seinem Terrain zu sehen.
Ich staune immer noch und bin dankbar für diese unverstellte, vorbehaltlose Gastfreundschaft.
Von Pr. George bis Jasper sind es gute 380 km. Dazwischen liegt eigentlich nur McBride als kleine Ortschaft für die Versorgung. Tete Jaune Cache hab ich nur als Knotenpunkt der Highways 16 und 5 gesehen. Shops usw. ? Fehlanzeige! Nicht mal ‘ne Tanke. Hab ich jedenfalls nicht gesehen. Dafür geht‘s ab da richtig zur Sache. Bisher folgte man dem Fraser-River, begleitet von den Cariboo-Mts. rechts und den Columbia-Mts. links der Straße. Man fuhr im Tal. - Ab jetzt aber kann man sich nicht mehr drücken. Jetzt heißt es, den Stier bei den Hörnern packen, d.h. die Berge angehen, - into the Blue Canadien Rockys -
2. Etappe meiner Reise. Pr. Rupert - Yellowhead Hwy – McBride Fotos Kanada 2:https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada2?authkey=Gv1sRgCMvLkcWn3e72Eg
Der erste, dem man begegnet, ist der mächtigste, der gewaltigste, der beeindruckendste, der Mt Robson, knapp 4000 m hoch, höchster Berg der Canadien Rockys. - Ich bekam ihn abends in Sicht, als die westliche Sonne nach einer Biegung der Straße plötzlich den Berg in schönstem Licht zeigte. Nur ein paar Dunstfahnen hingen an seinem Gipfel. Ein grandioser Anblick, wie ich ihn selten erlebt habe.
Ich zollte seiner Majestät Tribut und duckte für diese Nacht mich und mein Zelt zu seinen Füßen. Morgens nahm ich ehrerbietig Abschied von ihm, dem herrlichsten Berg, den ich je sah. Oft hielt ich inne, um, mich umwendend, seine letzten Eindrücke einzufangen. - Der langgestreckte Moose-Lake mit seinem grünen, die Gipfel und Wälder reflektierendem Wasser, bleibt unvergesslich. Nun führt die Straße auf den Yellowhead-Pass hinauf. Rechts und links ragen die Berge. Einer scheint höher als der andere. Die Steigungen nach Jasper hin sind aber moderat, aber der Verkehr nimmt zu.
Ohne große Mühe erreiche ich die Stadt, einen reinen Touristenort. Nach einem Lebensmittelgeschäft muss man Ausschau halten. Ich will mich nicht lange aufhalten, sondern versuchen, den Maligne-Lake zu erreichen. Nach einigen Einkäufen radle ich weiter zum Maligne-Canyon-Hostel, das an der Straße zum Lake liegt, einige km außerhalb.
Unangemeldet komme ich dort an, und natürlich ist es besetzt, komplett gebucht von einer kanadischen Radlergruppe. Aber: Radler sticht Radler nicht aus, und so bin ich herzlich willkommen, belege das einzige noch freie Bett, werde zum großen abendlichen BBQ fast genötigt. Der Abend wird mir beinahe zu lang und bierselig. Die Nacht in einer der mehreren 6-Mann-Hütten zu kurz und unruhig. Ich bin das nicht gewohnt. Aber morgens, als ich mich aus dem Schlafsack gepellt habe, brennt schon wieder das obligatorische Lagerfeuer. Der Kaffee ist heiß und das Büfett wartet. Die Damen der Gruppe haben schon ganze Arbeit geleistet. Und ich lasse mich auch nicht lange bitten ….
Der Maligne Lake liegt ca, 40 km entfernt hoch in den Bergen. Ich ließ mein Gepäck im Hostel und schaute mich um nach jemandem, der mich und mein Bike mit zum See nehmen könnte, was mir auch bald gelang. Ein Schweizer Paar packte uns in ihren Camper und bei netter Unterhaltung fuhren wir entlang des Medicine-Lake‘s immer höher hinauf zum Maligne-Lake. Unterwegs hielt uns ein riesiger Wapitihirsch auf, der völlig unbeeindruckt an der Straße äste.
Schon der Medicine-Lake bot einen unbeschreiblichen Eindruck, den Maligne-Lake zu beschreiben fehlen mir fast die Worte. Die Begriffe lassen sich nicht mehr steigern. Mir als Bewohner der norddeutschen Tiefebene kam die Szenerie fast überirdisch vor. So gewaltig ist das Bild.
Dort, wo ich wohne, gibt es auch einen Berg. Jedenfalls nennen wir ihn so, den Thurauer Berg. Laut Karte ist er 53 m üNN hoch und erhebt sich stolze 30 m über die Umgebung. Manchmal treten wir in sonntäglichem Übermut zum Gipfelsturm an. Unten gibt es anfeuernde Worte, und oben anerkennendes Schulterklopfen, wie etwa: Hast dich tapfer gehalten, gut gemacht, warst bärenstark! Dann stellen wir uns vor dem Gipfelkreuz stolz auf und schießen Fotos. - Wir Flachlandtiroler, das will ich hier nur verklaren, haben andere Begriffe von ‚Bergwelt‘. -
Hier in den Blue Canadien Rockies am Maligne Lake versagen meine Vergleiche. - …..
Ich dachte auch immer, Wasser sei farblos, und wenn blau, dann nur, weil sich in ihm die Himmelsbläue wider spiegele. Dies Wasser aber war grün, nicht giftgrün, nicht modergrün, eher flaschengrün. Ein wenig graugrün, etwas bläulich, ein fast graublaues Grün, mit einem Stich ins weißliche, also ein etwa gräulich blaues, weißlich gefärbtes Grün, aber eindeutig grün. Nicht blau. Das möchte ich betonen! Nicht blau! Grün.Vielleicht etwas milchig. Aber grün! Ein grünliches Grün! - leicht bläulich ….
Aber grün! Ich konnte mich nicht satt sehen, als ich mit dem Touri-Boot eine Rundfahrt auf dem See machte. Inmitten der um 3500 m hohen Berge bildet die Ebene des Sees einen enormen Kontrast. - Soll ich dieses imposante Panorama nun ‚schön‘ nennen? Seht die Fotos! Kurz vorher hatte ich eine Orchidee, einen seltenen Frauenschuh, gefunden und fotografiert. Sie kann ich ‚schön‘ nennen, aber diese raue Bergwelt? - Ist sie nicht ‚schön‘, so doch auch nicht ‚hässlich‘. Und auf keinen Fall ‚mittelmäßig‘! - Was aber dann? - Ein großartigeres Panorama hatte ich noch nie gesehen !
Vom Lake aus stürzte mich ein fast 50 km langer Downhill hinunter nach Jasper. Nur wenig Pedalarbeit war zu leisten. Ich zog mit teils fast 70 km/h an den Autos vorbei. Am Hostel nahm ich mein Gepäck auf, besuchte auch noch den Maligne Canyon, wo sich der Fluss zig Meter tief in die Felsen gesägt hat. Fast kann man ihn von oben nicht mehr sehen, so tief ist der Canyon.
3. Fotos: Mt. Robson - Maligne Lake: Kanada [url=3https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada3?authkey=Gv1sRgCOuZ2K2qouS57gE][url=3https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada3?authkey=Gv1sRgCOuZ2K2qouS57gE][url=3https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada3?authkey=Gv1sRgCOuZ2K2qouS57gE]3https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada3?authkey=Gv1sRgCOuZ2K2qouS57gE[/url][/url][/url]
Nach kurzem Aufenthalt in Jasper ging es endlich auf die ‚schönste Straße Amerikas‘, den ‚Icefields Parkway‘. Darauf hatte ich mich lange gefreut. - Ich war ja im Jahr zuvor den ‚Blue Ridge Parkway‘ entlang der Höhenlinie der südlichen Appalachen im Osten der USA gefahren, was eine sehr entspannte Sache gewesen war (wenn man von den sehr vielen Höhenmetern absieht). Es gibt auf den Parkways keinen kommerziellen Verkehr, so dass dort eine sehr ruhige Atmosphäre herrscht: Urlaubsstimmung. Alle haben Zeit. Alle sind freundlich. - Auf den Campgrounds, die ich jetzt benutzen musste, war ich nie lange allein. Wenige Radler waren hier oben unterwegs, aber diese wenigen trafen sich mit Sicherheit auf den Campgrounds. Denn ein Zeltplatz, auf dem keine Blechkisten rumstehen, fällt auf. So erlebte ich nette Abende mit netten Leuten.
Nun der ‚Icefields Parkway‘. Ich sagte schon, er läßt sich nicht mit gängigen Begriffen beschreiben! - Schaut Euch die Fotos an. - Sie sagen alles. Mehr als ich hier in dürre Worte fassen könnte. Eine monumentale Landschaft. - Atemberaubend! - Für den einzelnen, kleinen Menschen eher beängstigend. Dieses unmittelbare Verhältnis zur Umwelt kann man nur erleben, erfahren, erradeln, wenn man sich mit seinen eigenen Kräften ihr stellt. Im klimatisierten Bus oder Camper oder Pkw fahren die Leute an einem halben Tag die 250 km des Parkways ab, und abends, nachdem sie kaum einmal ausgestiegen waren, sagen sie: ‚whow, das war cool, great scenery‘. Und schalten die Glotze an, und haben wieder nichts gemerkt.
Ich fuhr diese Tour in 5 Tagen, also ganz gemütlich, schaute mir die spektakulären Athabasca- und Sunwapta-Falls an, campte abends jeweils kurz vor den beiden über 2000 m hohen Pässen, um sie am folgenden Tag morgens ausgeruht in Angriff nehmen zu können. Es kostete dann schon ein wenig Pedalarbeit, aber ich empfand es nicht als zu anstrengend. Nachts war die Kälte und tags der z.T. eisige Wind und kurze Regenschauer auszuhalten. Die Kälte der Eisfelder, die längs der Gletscherzungen herab ins Tal strich, war deutlich zu spüren. Ich machte kurze Wanderungen weg vom Parkway zu besonderen Attraktionen. Eine der ganz großen Highlights war der Blick auf den Peytoo-Lake vom Bow-Pass aus.
Insgesamt hatte ich hier oben Glück mit dem Wetter gehabt. Die Sonne schien oft, konnte sich aber auch kurz mal hinter Wolken verstecken, die dann ihren feuchten Inhalt auf uns herabließen. Es war nicht warm, es wehte ein kalter Wind. An der Saskatchewan River Crossing konnte ich einen heftigen Schauer in der Reststation bei Pommes und Kaffee aussitzen. Eine Stunde später traf ich auf dem Waterfowl CG auf 2 junge Amerikanerinnen, die vom Regen voll erwischt worden waren. In einer der ausnahmsweise großzügigen Schutzhütten entfachten wir ein gutes Feuer im Ofenherd, sie hängten ihre ganze nass gewordene Ausrüstung auf, so dass bald alles qualmte und dampfte. Es wurde ein lustiger, endlich mal ein warmer Abend.
Am nächsten Tag hinauf auf den Bow-Pass. Hier oben befindet sich die Continental-Devide. Mir war das erst nicht klar, was das bedeutet. - Logo, Wasserscheide! - na und? - Aber dass von hier oben aus Flüsse in den Pazifik (Columbia R.), in das Nordmeer (Athabasca R.) und in den Atlantik (Saskatchewan R.) fließen, quasi hier entspringen, wurde mir erst jetzt klar. Also ein ganz besonderer Punkt!
Ich versuchte ein wenig, diese Momente hier oben festzuhalten. In ihnen zu verweilen, zu verharren. - Die Gegenwart jedoch ist flüchtig, vergeht unerbittlich, bringt hervor Vergangenheit und Zukunft zugleich. Zwischen diesen Polen spannt sich unser Da-sein, unser Leben.
Vom Bow-Pass aus nahm ich mir einen ganzen langen Nachmittag von diesem edlen Gut, das wir ‚Zeit‘ nennen, um nach Lake Louise hinunter zu kommen. Es geht fast nur bergab, zig km weit. Aber ich hielt oft an, um mich umzuschauen, um Fotos zu machen, um diese grandiose Landschaft zu genießen. Weite Blicke ins tief unter mir liegende Tal, links steigen die Berge fast senkrecht empor, fallen rechts ebenso steil in die Tiefe. Es wurde einer der eindrücklichsten Nachmittage dieser Tour, erfüllt vom Erleben dieser großartigen Natur, in das sich die Wehmut mischte, sie bereits ‚hinter mich‘ gebracht zu haben.
Hinter Lake Louise campte ich wild etwas abseits der Straße. Eigentlich wollte ich die ca. 40 km noch bis Banff hinunter. Aber ich war satt. Hatte das Gefühl, gesehen zu haben, was es zu sehen gab auf diesem ‚Icefields Parkway‘. In Banff gibt es noch ein tolles Super-Hotel. Was ging es mich an?
Und noch einen schönen See. Davon hatte ich viele gesehen. Also bog ich nach ca. 25 km an der Castle Junction nach Westen ab zum Vermillion Pass, um über Radium Hot Springs nach Süden, um endlich in tiefere und auch in wärmere Gegenden, zu gelangen. - Und um nach locker über 2200 km vom Highway, von der Autostraße weg, endlich auf den Railway Trail zu kommen.
Und damit schließen wir die 3. Etappe der Tour, und kommen zu den 800 km auf dem Kettle Vallery Railway Trail.
4. Fotos : Icefields Parkway,: Kanada 4
https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada4?authkey=Gv1sRgCM_thcqAr4PYGA Ich wollte mich ja kurz fassen, denn angeblich liegt ‚in der Kürze die Würze‘. Aber wenn man von einem opulenten Mahl nur ab und an kosten darf, weiß man zwar, wie es schmeckt, aber satt wird man nicht. Das soll meinen Lesern nicht geschehen. - Sie sollen satt werden! -
Jetzt gibt es nämlich einen Leckerbissen der besonderen Art. -
Ich wollte der Route der ehemaligen Eisenbahnen durch den Süden British Columbias folgen. Sie setzt sich aus dem Verlauf mehrerer Bahnen zusammen, die zusammengefasst der ‚Kettle Valley Railway Trail‘ genannt werden kann. Der ehemalige Schienenkörper war entfernt worden und das Gleisbett zu einem hiker-biker-trail ‚ausgebaut‘ worden. Dieser Trail verläuft : Nakusp – Castlegar - Midway – Penticton – Princeton – Brookmere – Hope, also ganz grob von Ost nach West (oder W-O). Ab Penticton kann man nach Osoyoos in die Ausläufer der Sonora-Wüste einen Abstecher machen.
Ich war vorgewarnt. Man hatte mir abgeraten. Diese Route bedürfe ausgefeilter Logistik. Das könne, das dürfe man nicht als Solofahrer in Angriff nehmen. Zu wild die Landschaft, zu unberechenbar die Strecke. Viele Tunnel, Auswaschungen, Bergrutsche, Fels- und Baumstürze seien zu erwarten. Ganz abgesehen von der Gefahr durch wilde Tiere und schlechter Versorgungslage. ---
Soso – Das hatte mich nur neugieriger gemacht. - Wie ich schon sagte: ‚Je öller, je döller!‘, - wobei ‚Alter vor Torheit nicht schützt‘! -
Wovon ich hier nämlich rede, sind ca. 800 km auf Schotterpiste, mal mehr, mal weniger, oft gar nicht geglättet. Sie fordert alles vom Radler: - Hingabe, Geschick und Kondition. Und gutes Material. - Ich hatte immer für 3 Tage Proviant bei mir, Wasser, soviel ich jeweils fassen konnte, auch aus den Bergflüssen entnahm ich es. - Und das Bärenspray! - Schon mehrfach hatte ich Bären am Wegrand aufgestöbert. Auch einmal 2 Wölfe. Coyoten traf ich erst auf‘m Trail. Die waren alle vor mir weggelaufen. Aber man weiß ja nie!
Ab Castlegar also befuhr ich den Railway Trail, der eigentlich schon in Nakusp beginnt. Er folgt zunächst dem ‚Upper Rainbow Lake‘, zweigt dann vom See ab und steigt immer höher in die Berge. Es geht am 1. Tag 45 km empor und dann fast ebensoviele bergab, ohne dass ich jemandem begegnet wäre, bis Christina Lake hinab. Das hört sich heftig an, ist es aber nicht wirklich. Die Steigung des Trails beträgt nämlich nie mehr als 2,5 %, was man beim Fahren eigentlich kaum wahrnimmt. Einzig die Beschaffenheit des Untergrundes entscheidet über das Maß des Fahrvergnügens. - Und die hat es in sich! -
Es ist alles vertreten. Glatt bis unbefahrbar. Muss ich das ausführen? Ich glaube nicht! Oder doch?! Stell dir vor, du bist mit einem vollbeladenen Rad 100 km entfernt von jeder Ortschaft, unterwegs auf einer Strecke, die nur grob zubereitet ist für Radverkehr. Man erkennt die Routenführung der Bahn, immer geradeaus und große Biegungen. Der grobe Schotter wurde mit feinerem geglättet, mal schlechter, mal besser; gut eigentlich nie, nur in der Nähe der wenigen größeren Ortschaften. Manchmal ist der Trail ausgewaschen, dann wieder halb verschüttet. Du erkennst ihn nur an der geraden Streckenführung. Noch viele Hundert Kilometer liegen vor dir, - und die Hoffnung, dass er besser werde, begleitet dich. - Sie besteht bis zuletzt! ---- Und erfüllt sich nie!
Also, ich will diesen Railway-Trail nicht schlecht reden.! Er ist ein Erlebnis, er ist großartig !!!
Er führt Radler oder Wanderer in Gebiete, die noch kein Auto je gesehen hat. Durch tiefe Schluchten hindurch und auf schwindelerregend hohen Brücken über sie hinweg. Auf schmalem, waghalsigem Pfad an steilen Berghängen entlang, wildtosenden Flüssen folgend. Dann wieder längs der Ufer von in wildromantischer Natur gelegenen Seen. Mal fährst du in dichtem Wald, dass du kaum die Sonne sehen kannst, dann wieder mit großartigen Ausblicken auf tief unter dir liegende Täler, mit Flüssen, Seen, Farmen, Ortschaften.
Aus der Sonne führt der Trail dich oft ganz unvermutet hinter der nächsten Biegung in die Tiefe der Berge, in finstere Tunnel. Sie sind so schwarz, dass das Licht der Stirn- und Nadylampe zusammen es kaum durchdringen. Manchmal siehst du noch das sprichwörtlich hoffnungsvolle Licht am Ende des Tunnels. Dann suchst du holpernd und stolpernd, radeln geht nicht, der Schwärze zu entkommen ins Helle. - Ängstlich schaust du dich um, ob nicht aus dem Dunkeln hervor Augen sich auf dich richten von wildem Getier. Sei es von harmlosem Rotwild, was dir in deiner schwarzen Hilflosigkeit dennoch tiefen Schrecken einflößen würde, oder gar Augen von gefährlicherem Wild, wie von Bären oder Pumas. Sie sollen sich hier tagsüber gerne aufhalten. -
Ist aber ein Ende des Tunnels nicht absehbar, dringt kein Lichtstrahl von seinem Ende zu dir her, dann umgibt dich nur noch schwärzeste Finsternis! - Das Licht deiner Lampen wird von den rußberäucherten Wänden absorbiert! Dann heißt es wirklich, das Herz in die Hand nehmen, Zähne zusammen beißen und Schritt vor Schritt setzen, die Augen nur auf den Schimmer von Licht gerichtet, der vor dem Rad hergeistert, damit man nicht stürzt über die Felsbrocken und patscht in die tiefen Pfützen auf dem Weg .- Schmerzliche Beklemmung drückte auf meine Brust, die sich regelmäßig in diesen Tunnels einfand, und erst langsam nachließ, nachdem ich sie verlassen hatte.
Diese langen Tunnels waren eigentlich der unangenehmste Teil der Reise.
5. Fotos Pkwy. - Tunnel: Kanada [url=5https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada5?authkey=Gv1sRgCNr73MeCgpK_SQ][url=5https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada5?authkey=Gv1sRgCNr73MeCgpK_SQ][url=5https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada5?authkey=Gv1sRgCNr73MeCgpK_SQ]5https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada5?authkey=Gv1sRgCNr73MeCgpK_SQ[/url][/url][/url]
Ihr Gegenstück waren die vielen Trestles, meist aus Baumstämmen hergestellte, oft abenteuerlich hohe Brücken. Von weit oben konnte man über die Täler und auf das Dach des Waldes schauen und den Fluss in der Tiefe fast nur ahnen. Besonders viele dieser Brücken gibt es im ‚Myra Canyon‘, einem Schluchtensystem, das die Bahn mit Hilfe vieler dieser Brücken durchqueren musste. Im Jahre 2004 war diese ganze Gegend von verheerenden Waldbränden heimgesucht worden, in denen nicht nur fast der komplette Wald, sondern auch die Brücken abgebrannt waren. Die meisten waren seitdem wieder aufgebaut worden, und der Wald erholte sich sichtlich. Weil aber die neuen Trestles mit Geländer und Bodenbeplankung aufgebaut worden waren (damit sie für Hiker und Biker gefahrlos nutzbar waren), verlor die ganze Gegend ihren Status als ‚Weltkulturerbe‘.
Herrlich war der erste Blick auf den langgestreckten, wohl fast 150 km langen Okanagan-Lake, dem wir (ich fuhr mit Doug aus Viktoria zusammen) einen Tag lang aus der Höhe der Berge heraus in die in der Tiefe des Sees gelegene Stadt ‚Penticton‘ folgten. Wie immer hielt ich es in der Stadt nicht lange aus, verfolgte nach einigen Erledigungen schon nachmittags wieder den Railway-Trail nach Süden. In einem Fahrradladen hatte ich mich über die Strecke schlau gemacht, auch eine Karte bekommen, wie der Trail nach Osoyoos verlaufe. Dieser Karte folgte ich, immer rechts entlang des Sees, bis er (nun der Skaha-Lake) an seinem Ausfluss von der Eisenbahnbrücke gekreuzt würde.
Ok, der Trail war da , die Brücke aber nicht. Mein Rad hat keinen Rückwärtsgang, also fällt mir Umkehren immer schwer. Ich schob noch eine ganze Weile mein Rad und mich auf schmalen Wildpfaden voran, hoffend, an der senkrecht aufragenden Felswand vorbeizukommen. Es war umsonst! Winzige Kakteen mit fiesen, langen Stacheln vertrieben mich aus dieser gottverlassenen Gegend, in der sich nur Klapperschlangen wohl fühlten. Erst etliche Kilometer zurück fand ich einen Platz, der für ein Nachtcamp geeignet war. Am nächsten Tag dann ging es zurück nach Okanagan-Falls und auf der linken Seite des Skaha-Lakes wieder nach Süden. Nur ein kurzes Stück bis Oliver mußte ich den Highway nehmen, dann gibt es ein langes, schönes, sogar asphaltiertes Stück Trail bis kurz vor Osoyoos. Da muss man noch mal auf den Highway, der in die USA führt.
Von Osoyoos hab ich außer den vielen Os, mit dem es geschrieben wird, keine weitere Erinnerung. Es besteht aus Tankstellen und Burgerfresshallen, die wegen ihrer Nähe zur US-Grenze zu besonderer Form auflaufen. Dort traf ich aber einen der seltenen Reiseradler, einen Deutschen, der auch den Icefields-Parkway herab gekommen war. Und er erzählte mir von gleich drei Begegnungen mit Grizzlys, die er hatte. Nicht wirklich neidisch, sondern eher erleichtert, hörte ich ihm zu. Ich war schon zu lange in Grizzly-Gebiet, als dass ich auf eine Begegnung mit ihnen scharf gewesen wäre.
Die Gegend hier unten ist DAS Obstanbaugebiet Kanadas. Im ganzen Tal sah ich Weinberge und Obstplantagen. Kirschen, halb so groß wie Pfirsiche, drängten sich manchmal geradezu auf: ‚Pick me!‘ stand auf Schildern, die an den Bäumen hingen. Ich plückte mir immer einen ganzen Beutel voll, den ich während der Fahrt genüsslich leerte. Es war wie im Schlaraffenland. Seit ich aus den (hohen) Bergen heraus war, schien auch beständig die Sonne. Ein Bad im Fluss wäre mir aber beinahe schlecht bekommen: die Strömung war so stark, dass sie mich fast mitgerissen und als Illegalen in die USA geschwemmt hätte. Nur knapp konnte ich mich an einem Ast festhalten.
Es muss wohl auch Sonntag gewesen sein, dass ich so gutgelaunt und ausgelassen war. Die genauen Wochentage waren mir schon abhanden gekommen (Handy besitze ich nicht).
Immer dem Railway-Trail folgend, unmittelbar am Ufer des Lakes, radelte ich wieder nordwärts nach Penticton, von dort links dem See folgend in die Berge Richtung Summerland. Der Trail hatte mich mittlerweile bezaubert. Ich schaute gar nicht mehr nach anderen Straßen, die nach Westen führten. Freute mich immer, wenn ich die klare, unmissverständliche Streckenführung der Bahnlinie vor mit hatte. Ok, der Trail ist manchmal hart zu radeln! Zugegeben! Dafür qäulen dich keine Steigungen, nerven keine Trucks oder andere Motorfahrzeuge. Du bist immer in schönster Natur. Kannst zelten, wo du willst. Kein Mensch stört dich. Im Gegenteil, über die wenigen, die du triffst, freust du dich, steigst ab vom Rad und hälst einen Plausch.
In der Nähe von Summerland glaubte ich plötzlich, Gespenster zu sehen: eine uralte Lokomotive stand hinter einer Biegung auf einem Gleis vor mir, als warte sie auf mich, heiße Dampfwolken ausstoßend, zischend und fauchend, abfahrtbereit. Ich beeilte mich und hoffte, eine Strecke mit dieser Bahn mitfahren zu können. Es ist der einzig verbliebene, noch intakte Abschnitt der ehemaligen Bahnlinien, ca. 15 km lang (von sicher über 1000km). - Ich war rechtzeitig vor Abfahrt angekommen und doch zu spät: alle Sitze waren schon vergeben. Dickärschige Touristen besetzten sie alle, und für mich, der ich als einziger die gesamte Strecke des Trails aus eigener Pedalkraft zu bewältigen im Begriff war, fand sich angeblich kein Raum mehr. Die Bahn fuhr ohne mich los.- Ehrlich, ich war ganz schön sauer. - Glücklichweise fand ich nahebei einen Kirschbaum mit dem Schild: ‚Pick me!‘, so dass ich meinen Frust in einer Fressorgie auslassen konnte. Montezuma verfolgte mich auch diesmal nicht mit seiner Rache. ---
6. Fotos Tunnel – Lokomotiv /Summerlandhttps://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada6?authkey=Gv1sRgCNy_q-Who727FA
Der Trail wurde nicht leichter! Blieb aber so schön wie zuvor! - Ist das ein Widerspruch? ---- ‚ Jein‘ , würde ich sagen. Die Antwort ist so kontrovers wie dieses Land selbst!
Auf dem Abschnitt von Summerland über Bankeir nach Princeton begleitet eine Straße den Trail in mehr oder weniger Abstand. Sie verführt den Radler, da der Zustand des Trails mitunter erbärmlich ist, auf sie zu wechseln. Ich ließ mich auch verleiten. Aber ach, fast kam ich vom Regen in die Traufe! - Die Straße nämlich ist auch nur eine Piste, mit Felsen und Schlaglöchern bestückt. Dazu nimmt sie jede Geländekontur mit, folgt also jeder Steigung und jedem Gefälle. - Der Railway-Trail dagegen weist nie mehr als ca. 2% auf. Fast unbeeindruckt von der umgebenden Landschaft schneidet er seine Furche durch die Berge und Wälder, immer gleichmäßig, steigend oder fallend.
Nun auf die Straße gewechselt sah ich mich plötzlich wieder mit dem Ungemach von steilen Anstiegen konfrontiert, die ich, ihr könnt es gerne glauben, schon fast vergessen hatte. Je schwerer sie mir fielen, umso leichter suchte ich wieder die Höhe des Railway-Trails zu erreichen. - Und oben angelangt, schaute ich wieder sehnsüchtig auf die Straße hinunter mit ihrem Versprechen von Menschennähe, von Begegnungen und Gesprächen und Lachen.
Von der Mühsal mancher dieser Tage erholte ich mich abends an einem einsamen Camp. - Etwa hinter Princeton am ‚Otter Lake‘. Mein Zelt steht auf einem ‚washout‘ direkt am See. Dort nehme ich ein schönes Bad, wasche meine Hemden und Hosen, brate mir ein Steak, esse es mit Salat und Brot, dazu ein kühles ‚Holsten Festbräu‘. Dann schaue ich von meinem Camp aus den Ottern zu bei ihrem Spiel auf dem See, während glühend rot die Sonne versinkt hinter den Bergen.
An einem anderen Abend, nach eben soviel Mühe auf dem Trail, lenkte ich wieder das Rad auf die Straße unter mir, wo eine Ortschaft, wo ein paar Häuser sein sollten. Es war wohl wieder Sonntag, kein Mensch bewegte sich, kein Auto fuhr. Die Straße verläuft durch dichten Wald (wie auch sonst?). Etwas abseits scheinen ein paar Hütten zu stehen. Eine Rauchfahne weht herüber. Ein Bellen von Hunden ertönt. Dort müssen Menschen sein! - Langsam schiebe ich mein Rad dorthin, rufend. Zuerst erscheinen zwei starke Hunde, die mich kläffend fixieren wollen. Ich versuche mich unbeeindruckt zu zeigen. Ihr Kläffen wird nur wütender. Schließlich erscheint ein junger Mann, ruft wenigstens die Hunde hinter sich. Auf meine Frage nach einer Campmöglichkeit verweist er auf die Eltern, die bald kommen sollen. Ich könne ja warten. Er lädt mich ans Feuer ein und reicht mir ein kühles Bier. Das ist hier so Usus. - Ein Lagerfeuer und ein kühler Drink! -
Bald kommen die Eltern dazu, dann noch 2 junge Männer von einer (vergeblichen) Elchjagd mit schweren Gewehren in den Händen ans Feuer. Die Mama hatte schon ein BBQ vorbereitet mit diversen Salaten, sodass bald alle am Mampfen sind, ich eingeschlossen. Ich bin natürlich zu allem eingeladen , keine Frage, auch zum Camp auf dem Gelände. Der Abend steuert seinem Höhepunkt zu, als der Nachbar mit Gitarre und sehr sympathischer, weiblicher Begleitung erscheint. Auch mein Gastgeber holt seine Gitarre, und bald produzieren beide zusammen schönste Musik. - Country & Western! - Lagerfeuerromantik vom Feinsten – ganz ungezwungen, ganz normal.
Letztlich weiß ich nicht, was mir mehr die Sinne verwirrt hatte: das Bier, die Musik oder die nette Nachbarsfrau?! - Egal – Dieser Abend war Balsam für mein etwas verwahrlostes Seelenleben. Die Zeit auf dem Trail war mir sichtlich lang geworden. -
7. Fotos - [url=Otterlakehttps://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada7?authkey=Gv1sRgCJjC66iZjqHkxwE][url=Otterlakehttps://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada7?authkey=Gv1sRgCJjC66iZjqHkxwE][url=Otterlakehttps://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada7?authkey=Gv1sRgCJjC66iZjqHkxwE]Otterlakehttps://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada7?authkey=Gv1sRgCJjC66iZjqHkxwE[/url][/url][/url]
Ich bewegte mich nun auf Brookmere zu, wo der Trail aus nördlicher in fast südliche Richtung wendet, um dem Coquihalla Highway durch ein langes, tief eingeschnittenes Tal nach Hope zu folgen. Das Ende des Trails rückte in greifbare Nähe. Von Brookmere bis Hope, ca. 80 km, soll der Trail in katastrophalem Zustand sein, so dass ich mich entschließe, mir dies nicht auch noch anzutun, sondern versuchen will, einen Lift nach Hope hinunter zu finden. Den mehrspurigen, viel befahrenen Freeway radeln möchte ich auch nicht. Nach über 800 km (!) einsamer Pistenfahrt sich auf so etwas einlassen? - Nein! Schon der Gedanke daran ließ mir die Haare zu Berge stehen.
Zunächst aber musste ich nach Brookmere kommen. Das wäre eigentlich nur eine Fahrt von 3-4 Std. gewesen, auf dem Railway-Trail, doch ich folgte zuerst der Straße und fand dann den Trail nicht mehr. Stundenlang radelte ich durch die Gegend, auf und ab. Verkehr gabs keinen. Nur Wald und Rindviecher und Sperren für diese quer über die Piste, diese im Boden auf etwas Abstand eingelassenen Rohre. Als mir ein auch nicht landeskundiger PKW-Fahrer erklärte, ich würde dorthin fahren, wo ich vortags hergekommen sei, war die Verwirrung komplett. Erst ein junger Mann in einem Pickup brachte mich wieder auf den richtigen Weg. Ich musste weit zurück. Der Trail hätte die Straße auf einer Brücke queren müssen. Die war jedoch zerstört, nicht mehr vorhanden, was ich nicht bemerkt hatte. So war ich daran vorbeigefahren. -
Ich war heilfroh, den Trail wieder zu haben. Da fühlte ich mich sicher! Aber jetzt waren meine Wasservorräte aufgebraucht! - Naja, dachte ich, bis Brookmere kann es nicht mehr weit sein. War es auch nicht. Aber der Trail wollte mich nicht loslassen! Zäher, grobkiesiger Schotter machte das Radeln zur Qual. Ziemlich entnervt kam ich erst ca. 16Uhr dort an, in der frommen Hoffnung, einen Shop, einen Supermarkt mit all den Herrlichkeiten der Zivilisation vorzufinden. - Pustekuchen! - Außer wenigen Häusern nichts, kein Mensch, kein Lebewesen zu sehen. Erst nach langem Hin- und Hergefahre entdeckte ich 2 alte Frauen hinter einem Busch beim Kräutersammeln. Meine Frage nach frischem Wasser verneinten sie. Gibts hier nicht. Ist alles verseucht, Beaverfeaver oder so. Muss man aus dem Shop holen. Das ist 30 km weit in Merritt.
Sie merkten wohl auch, dass ich ganz schön fertig war, und boten mir an, meine 1,5 l Flasche aus ihrem Vorrat mit dem wertvollen Nass zu füllen. Die Hälfte trank ich sofort, und machte mich dann auf, um an den Freeway nach Hope hinunter zu kommen. Bald konnte ich ihn, den Coquihalla Highway auch sehen: jenseits eines weiten Tales stieg er an den Bergen entlang immer höher, während ich dieseits immer weiter bergab fuhr. So ging es immer weiter. - ‚Wie, um alles in der Welt, soll ich jemals dort hoch kommen?‘, fragte ich mich.- Je näher ich kam, um so höher schien er zu steigen, um so deutlicher sah ich aber auch den immensen Verkehr auf ihm. Dort radeln? - Nie und nimmer! - Ok, ich ließ mich nicht kirre machen. Radelte bis an die Auffahrt zum Freeway Dort harrte ich der Dinge, wartete ab, wusste nicht so recht, wie weiter.
Ich fühlte mich, wie in eine andere Welt eingetreten. - Ich fahre Rad, weil es so schön langsam geht, - und hier rasen die Menschen halsbrecherisch, um ein paar Minuten zu sparen. - Verkehrte Welt! - Die Begriffe wandeln sich wieder! -
Nach einer Weile stoppt ein Pickup, dessen Fahrer ich anspreche, ob er mich hinunter nach Hope mitnehmen könnte. Es sind ja nur knapp 90 km, aber bei einem Höhenunterschied von sicherlich 1000 m oder mehr (die genauen Daten recherchieren wäre interessant, ich weiß aber nicht, wie). Keine Frage, wie alle Menschen, die ich bisher kennengelernt hatte, war er sofort bereit zu helfen und mich mitzunehmen. Eigentlich war es schade, diesen herrlichen Downhill nicht mit dem Rad zu fahren, denn es geht auf einer landschaftlich wieder spektakulären Strecke über viele zig Kilometer bergab. Aber der Verkehr auf dem Coquihalla Freeway ist gewaltig, die Strecke selbst nicht in gutem Zustand, oft fehlen gerade an engen Stellen die Seitenstreifen, so dass es ein fast selbstmörderisches Unternehmen gewesen wäre, hier zu radeln. Ich war froh, im sichereren Pickup zu sitzen.
Von Hope aus wollte ich eigentlich mit dem Zug nach Vancouver fahren, da ich keine Lust auf viel Radeln im Verkehr hatte. Aber die Bahnen fahren nur als Pendlerzüge früh morgens hin und abends zurück. Also musste ich die eigenen Knochen schwingen und auf der Route nördlich entlang des Fraser Rivers die Stadt zu erreichen suchen. Der Fraser River war ja ein alter Bekannter. Schon in Prince George war ich ihm begegnet, und war ihm dann einige 100 km gefolgt. Seitdem hatten wir beide schon eine gute Strecke hinter uns gebracht. Nun legten wir den Rest des Weges gemeinsam zurück. Er, um im großen Ozean einzutauchen, und ich - in die Menschenmasse der großen Stadt.
Besonders glücklich war ich nicht! - Obwohl ich es hätte sein müssen oder sein können. Ich hatte eine tolle Tour gefahren, wie ich sie vorher für mich nicht für möglich gehalten hatte. Es war kein Spaziergang gewesen! - Aber seit wann werden außerordentliche Erlebnisse geschenkt? - Jedoch, die Wehmut, dass schon alles vorüber sei, stritt mit der Freude darüber, dass alles gelungen war. -
In Vancouver nahm ich ein Bett im Hostel, zeltete aber auf der Wiese dahinter. Ich hätt‘s nicht im Zimmer ausgehalten. Da ich mit der Eisenbahnfahrt von Smithers bis Pr. George einige Tage gespart hatte, blieben jetzt genau noch 4 Tage bis zum Abflugtermin. - Super, das bedeutete 4 Tage Urlaub, denn die ‚Arbeit‘ war ja getan. Also nahm ich die nächste Fähre nach VC-Island, radelte nach Viktoria, auf dem ‚Galloping Goose Trail‘, einer stillgelegten Eisenbahn (ich konnte es nicht lassen), ganz gemütlich bis zum Sooke Potholes Prov. Park, weiter nach Sooke, noch ein gut Stück entlang an dieser Küste, die plötzlich gar nicht mehr so gemütlich war, sondern ihre Zähne zeigte: mit Sturmwind, Regenschauern und Nebelbänken. Dann wieder zurück über Viktoria und Swartz Bay nach Vancouver. Noch ein Besuch im Aquarium, noch einmal das Zelt aufgebaut hinterm Hostel – schließlich am nächsten Tag - Abflug nach Hause ...
Fotos 8
https://picasaweb.google.com/hahaTews/Kanada8?authkey=Gv1sRgCOma8eCo36WVQw Und das war‘s dann gewesen .........British Columbia - Good Bye !!!