Radreise in Tansania und Mosambik: Pole Pole
(Ich habe mit Hilfe meines Tagebuchs einfach losgeschrieben und es ist reichlich lang geworden – nur als Warnung)
Pole Pole heißt so viel wie „langsam“ oder „immer mit der Ruhe“ auf Suaheli.
Die Tour durch Südwest-Tansania und Nordmosambik hatte nichts mit Kilometerfressen oder Hochgeschwindigkeit zu tun. Die durchschnittliche Etappenlänge lag so bei 65-70 Kilometer und die Durchschnittsgeschwindigkeit lag bei beeindruckenden 14,7 kmh.
Tourverlauf vom 30.08.2010 bis zum 04.10.2010:
Zanzibar - Daressalaam - Njombe (Beginn der Radtour) – Ludewa – Manda (am Lake Niassa/Malawisee) – Mbamba Bay – Mitomoni/Congresso (Grenze) – Lichinga – Marrupa – Montepuez – Pemba – Ilha do Ibo – Mocimboa da Praia – Kilambo (Grenze) – Mtwara (Ende der Radtour) – Daressalaam – Zanzibar
Photos gibt es hier:
https://picasaweb.google.com/10147426678...feat=directlinkGeplant waren nur ein paar Eckpunkte der Reise, der Rest sollte sich ergeben, da wir keine Ahnung hatten, wie wir vorwärts kommen würden und wir auch einfach offen lassen wollten, wie sich alles entwickelt. Während der Planung hatten wir noch überlegt, weiter südlich an auf die Küste zu treffen, da ich gerne die Ilha de Mocambique (Weltkulturerbe) besucht hätte, doch das hätte 2-3 Tage mehr im Bus bedeutet. Gewollt war allerdings, daß wir bei insgesamt 1500 Kilometern nur ca 150 Kilometer Asphalt hatten und wir in abgelegenen Regionen unterwegs waren. Längere Asphaltstrecken haben wir dann mit Minibussen zurückgelegt. Informationen zu unserer Route im Südwesten Tansanias und dem Norden Mosambiks waren rar, auch weil Afrikaradler meist über Malawi fahren.
Am 29.8. ging es mit der Bahn von Bielefeld nach Frankfurt zum Flughafen und am Morgen des 30.8. landeten wir nach kurzer Zwischenlandung in Mombasa auf Zanzibar. Am Flughafen wurde doch sehr gestaunt und gelacht als wir unsere Räder montierten und beluden. Praktischerweise konnten wir unsere Kartons und Packsäcke am Flughafen deponieren. Nach nur 7 km waren wir in Stone Town und damit in für mich vertrautem Gelände, da ich 2009 am Ende einer 5 wöchigen Rucksacktour bereits ein paar Tage dort war. So konnten wir direkt ohne Fragerei die Büros der Fährunternehmen ansteuern und hatten noch Zeit für Bier in der Livingston Bar am Strand. Nach gut 1 ½ stündiger Überfahrt (kein Aufpreis für die Räder) und einem Kilometer durch die Innenstadt von Daressalaam waren wir in einer Unterkunft im indischen Viertel, wo ich bereits im Vorjahr abgestiegen war. Wir machten uns dann zu Fuß auf zum Busterminal der Scandinavian Bus Company, die, wir dann feststellen mußten, ein paar Tage vorher Pleite gegangen waren. Dorthin hätten wir am nächsten Morgen problemlos mit Rad fahren fahren können, nun mußten wir uns ein Taxi für 4:30 organisieren um zum Hauptbusbahnhof Ubango zu kommen.
31.8.
Das Taxi ist pünktlich. Gegen 5:00 sind wir am chaotischen Terminal und der Fahrer besorgt die Tickets für uns. Dann geht es durch das Gedränge zum Bus, wo sich herausstellt, das die Räder nicht ohne weiteres in den Stauraum passsen. Überlandbusse haben i.d.R. keine Dachgepäckträger mehr. Während ich das Gepäck bewachte, demontierte Uwe die Vorderräder, Pedalen, Sättel und Lenker. Nach gut 11 stündiger Fahrt, u.a. durch den Mikumi NP, wo sich auch ein paar Tiere sehen ließen, kamen wir ohne Probleme in dem Provinzstädtchen Njombe auf ca. 1800 m Höhe in den Livingston Bergen an. Wir hatten uns erst auf dem Flug entschieden in Njombe und nicht in der 230 km weiter südlich gelegenen Songea zu starten, weil wir uns erhofften so mehr Zeit am Lake Niassa zu haben und ein Forumsmitglied die Berge südlich von Njombe als reizvoll geschildert hatte.
1.9.
Nach einem guten Frühstück brechen wir gegen 9:.30 auf zum Einkauf im Ort. Der Markt war gut bestückt und zum Glück wußten wir noch nicht, daß die Versorgungslage auch mit Obst und Gemüse die nächsten 14 Tage äußerst bescheiden sein sollte.
Als Uwe auf dem Markt einkaufte, blieb ich bei den Rädern und hatte Spaß mit 3 Knirpsen, die zuerst testeten, wie sich weiße Haut anfühlt, dann probierten sie mich an meiner Beinbehaarung zu ziehen, um schließlich herauszubekommen, daß man auch einen weißen Mann nicht ungestraft vor das Schienbein treten darf!
Um alles weitere an Vorräten zusammen zu bekommen, mußten wir bestimmt 10 der winzigen Läden an der Hauptstraße abklappern. Schließlich war mein Rad mit ca. 37 kg beladen, darunter ca. 8 Liter Wasser.
Nach 18 Kilometern Asphalt mit der ersten knackigen Steigung ging dann nach Westen unsere erst mal recht gute Piste zum See ab. Landwirtschaftliche Flächen herrschten vor und nur selten kamen wir durch kleine Stücke üppigen Primärwald. Nach weiteren 40 km mit viel auf und ab, Bioteeplantagen und einem recht schmackhaften Mittagessen mit dem zähesten Stück Geflügel (Ente?) meines Lebens, schlugen wir auf einer Hügelkuppe mit toller Sicht inmitten von bunten Blumen und Pinien auf ca. 2200 m unsere Zelte auf. Bei schnell fallenden Temperaturen genossen wir den traumhaften Sternenhimmel bei einem Tetrapack Rotwein.
2.9.
Am Morgen ist es saukalt und das Zelt ist klitschnaß. Mit Handschuhen und Beinlingen geht es auf die erste Abfahrt und nach vielleicht 10km gab es ein Frühstück aus Keksen. So hielten wir es auch weiterhin, am Morgen nach dem Zeltabbau früh los und wenn wir Glück hatten gab es irgendwo Andazi (eine Art Krapfen nur viel weniger süß, wenn sie frisch waren und es einen süßen Chai dazu gab ganz o.k., nur leider…) und mit ganz viel Glück auch mal ein Omlett. Es wurde ein harter Tag mit viel auf ab auf einer durchschnittlichen Höhe von knapp 2000m. Die Piste wurde ganz langsam schlechter, erlaubte aber noch die ein oder andere rasante Abfahrt. Zum Mittag gab es an der Straße Chipsi (frittierte Kartoffelspalten).
Bei Kilometer 42 müssen wir das erste mal auf dieser Tour schieben, ein kurzer knackiger Buckel mit viel losem Material auf der Piste. Nach 60 km und einem Schnitt von 13,5 finden wir in einem kleinen Dorf ein Gesti (Guesthouse) mit warmem Wasser aus dem Eimer. Eine warme Mahlzeit ist nicht aufzutreiben und zum Kochen sind wir zu träge, also müssen ein paar Bier reichen. Später sitzen wir noch mit der Wirtsfamilie zusammen und es stellt sich heraus, daß der 19 jährige Sohn relativ gut Englisch spricht und so wird es für beide Seiten ein lehrreicher und lustiger Abend.
3.9.
Kurz nach Sonnenaufgang sitzen wir mit einem Omlett im Bauch im Sattel und fahren durch ein schönes weites Tal, das von felsigen Bergen eingerahmt wird. Wir verlieren an diesem Tag ein paar hundert Höhenmeter, was aber nichts daran ändert, daß es wieder ein anstrengender Tag wird, denn das ständige auf und ab auf nun deutlich schlechter werdender Piste bleibt uns erhalten. Mittlerweile sind die Abfahrten nicht mehr so ohne und verlangen volle Konzentration. Als wir nach nur ca. 40km in dem Städtchen Ludewa in der Mittagshitze ankommen, wollen wir es für den Tag eigentlich gut sein lassen. Doch in keinem der 3 oder 4 Gasthäuser ist ein Zimmer zu bekommen. Wir sind Opfer des Wahlkampfes geworden. An diesem Tag sollten der Vizepräsident und die anderen regionalen Größen der Regierungspartei eine große Show auf dem Sportplatz veranstalten, eine gewaltige Bühne war schon aufgebaut. Glücklicherweise hatten wir uns nach einem üppigen Mahl und reichlich Flüssigkeitszufuhr doch wieder recht gut erholt, so daß wir nach einem Einkauf noch 26 km schafften. Einige Kilometer hinter Ludewa mußten wir hinter einer Hütte wegen einer Staubwolke Deckung suchen, als die Kolonne des Vizepräsidenten und der anderen Bonzen aus gut 20 neuen SUV`s bestehend mit einem kriminellen Tempo durch ein Dorf raste. Später bekam Uwe eine reife Papaya von 2 Frauen geschenkt, zum Dank daß er sie fotographiert hatte!
Da die Besiedlung ziemlich dicht war, tat ich mich ziemlich schwer, mich für einen Zeltplatz zu entscheiden, so daß Uwe, als es schon dämmerte, mit den Worten „hier ist es gut“ ohne weitere Diskussion in den Wald abbog. Diese Nacht war aufgrund der Höhe von nur noch 1300m schon deutlich wärmer.
4.9.
Heute sollte es runter zum Niassasee gehen, der auf ca. 450m Höhe liegt. Wir kamen am Morgen nur langsam in die Gänge und verbuchten mit 7:00 wohl eine unserer spätesten Startzeiten beim Wildcampen. Kurz nach dem Start trafen wir am Straßenrand auf eine wohl schon vor Wochen bei Planierarbeiten aufgerissene Wasserleitung. Eine super Waschgelegenheit! Gegen 10:00 bekommen wir Andazi mit Chai und ein Omelett dazu und werden beim Essen von Kindern belagert. Das Lokal hatte uns der Dorfgeistliche gezeigt, offensichtlich der einzige Dicke am Ort. Die Menschen werden immer freundlicher und höflicher, wurden wir in Njombe nur von den kleinen Kindern mit „Shikamoo“, ein besonders ehrerbietiger Gruß, begrüßt, so grüßen nun auch viele Ältere so (korrekte Antwort: Marahaba) und knicksen dabei z.T. sogar. Auf der gesamten Reise bemühten wir uns sehr, so viel wie möglich zu grüßen, was z.T. extrem anstrengend war. Denn teilweise hieß das, auf der vierzehnten 10 prozentigen Steigung des Tages auf schlechter Piste in der Mittagshitze 10x zu grüßen und noch 5x die fast obligatorische Frage nach dem woher und wohin zu beantworten, während wir nach Luft schnappten. Wir waren sehr sehr tapfer!
Die Landschaft war weiter ein Traum, doch die Hitze war nicht ohne, so daß wir uns nach einem kleinen Pass in der Mittagszeit unter einen Mangobaum an einem Dorfrand retteten. Ein Dilemma! Mangobäume sind oft die einzigen richtigen Schattenspender, doch sie stehen ausschließlich in Dörfern. Zu gerne hätten wir das ein oder andere mal ein Schläfchen gemacht, doch fast immer kamen ein paar Dörfler verschiedensten Alters zu uns. Die einen wollten ein Schwätzchen halten, die andern begnügten sich mit Anstarren und die nächsten wollten uns zu sich einladen oder schenkten uns ein Stück Zuckerrohr zum kauen. Es gab also etliche nervige aber auch viele nette Momente, nur ruhige Momente gab es unter den schattenspendenden Mangobäumen nur selten.
Kurz nach der Pause machte eine Taschenaufhängung von Uwe auf der Rüttelpiste schlapp, so daß die Tasche bis zum Urlaubsende angebunden blieb. Ich versah meine Fronttaschen später mit einer zusätzlichen Schlaufe, so daß sie besser hielten, man sie aber noch problemlos abnehmen konnte.
Die letzten Kilometer zum See ging es so heftig bergab, daß wir es nicht genießen konnten. Die Piste, die sonst wohl in jeder Regenzeit weggewaschen worden wäre, war durch zwei ca. 40cm breite betonierte Spuren ersetzt. Das gab bei dem teilweise heftigem Gefälle (gut das wir da nicht hoch mußten!) auf den teilweise löchrigen Spuren einen anstrengenden Balanceakt mit Dauerbremsen. Jedes Abkommen von der Spur hätte zum Sturz geführt.
Nach nur 55 Tageskilometern waren wir an userem Ziel Manda, das direkt am Ufer des Niassasees liegt.
Nachdem wir eine einfache Unterkunft gefunden hatten, gingen wir erst mal zum Baden und Wäsche waschen zum See und tobten mit den Kids im Wasser rum. Später gingen wir zum Essen ins Dorf. Auf dem Weg fingen ein paar Mädchen spontan an, für uns zu Singen und zu Tanzen und gerieten völlig aus dem Häuschen, als Uwe ihnen die Fotos auf dem Display zeigte.
Ein gut Englisch sprechender Schneider berichtete uns, daß wir abgesehen von 2 deutschen Motorradfahrern, die 2 Wochen zuvor duchgekommen seien, die einzigen Touristen in diesem Jahr gewesen seien.
5.9.
Nach ungewohnt schwül-heißer Nacht saßen wir bereits gegen 6:00 im Sattel. Erst ging es durch flaches Schwemmland und wir mussten einen Fluß per Fährboot queren. Auf der anderen Seite gab es dann zum Frühstück sogar einen Tomatensalat.
Leider führte die Piste bald weg vom in der Regenzeit wahrscheinlich sumpfigen Ufer und das „Buckelreiten“ begann. Mit 7 kmh hochgekämpft und mit 6 kmh wieder runtergerutscht und zunehmend häufiger kamen wir nur schiebend oben an. So war es nicht ganz leicht die schöne Landschaft und die gelegentlichen tollen Aussichten über den See zu würdigen.
Ein geeigneter Zeltplatz war nicht zufinden, so daß wir schließlich nach nur 55 km (und einem Schnitt von 10,8) in Mbuli den Dorflehrer fragten ob wir irgendwo Campen dürften. Er meinte, wir sollten einfach zum Seeufer und nebem der Fußballplatzviehweide die Zelte aufschlagen, es sei hier absolut sicher. So kam es, daß wir in einer Menschentraube von bis zu 50 Personen aufbauten und zu Kochen begannen. Ein Erlebnis! Kurz nach Einbruch der Dunkelheit kam der Dorflehrer noch zu einem kurzen Schwatz und schickte die verbliebenen Neugierigen weg, so daß wir eine traumhafte und ruhige Nacht am schwarzen Sandstrand hatten.
6.9.
Nachdem Uwe vor einer Wirtin „gackernd und flügelschlagend“ rumgehüpft war, bekamen wir zum Glück ein schönes Omlett zu den Andazi, denn kaum saßen wir im Sattel, da begann auch schon wieder das „Buckelreiten“, nur noch eine Nummer heftiger als am Vortag. Einmal schafften wir es nur mit ach und krach die Räder zu zweit hochzuschieben und schön heiß war es auch. Zu dem Zeitpunkt dachten wir, daß wir an dem Tag höchstens 30 km schaffen. Doch erst kam zu unserer Rettung mitten im Nichts ein nettes „Straßenrestaurant“ und dann kam ca. 10 harte Kilometer weiter, wie von den Wirten versprochen, nach rasanter Abfahrt (mit glimpflich verlaufenem Sturz von Uwe) eine weite Ebene. Leider kamen kurz vor unserem Ziel Mbamba Bay noch einige giftige Hügel, die uns an unsere Grenzen brachten. Doch viele Pausen mit netten Kontakten und vielen Limonaden und die Hoffnung in Mbamba Bay etwas touristische Infrastruktur zu finden, ließen uns durchhalten, so daß wir am Ende tatsächlich 78 km geschafft hatten.
Unsere Hoffnung auf etwas Infrastruktur wurde allerdings bitter enttäuscht, hatten wir uns doch schon mit Cocktails am Strand liegen sehen. Zwei schicke Lokal und Hotels waren kurz zuvor geschlossen worden und ansprechende Mahlzeiten waren kaum aufzutreiben.
7.9.
Trotz der Enttäuschung legten wir wie geplant einen Pausentag ein, den wir auch für Einkäufe nutzten. Neben Verpflegung erstanden wir jeder einen robusten großen Packsack, den wir fortan intensiv als Decke in den Pausen nutzten.
Früh am Morgen landeten am Strand die Fischer ihren Fang der Nacht an. Ein herrlich buntes und entspanntes Treiben. Die meist sardienengroßen Fische wurden kurz in kochendes Salzwasser getaucht und dann zum Trocknen auf Holzgestellen ausgebreitet. Diese getrockneten Fischchen sind in der ganzen Region die Haupteiweißquelle der Menschen.
Beim Mittagessen lernten wir einen frustrierten jungen Polizisten kennen, der, nachdem er sich erst mal umgeschaut hatte, über Vetternwirtschaft, Korruption und die Regierung schimpfte. Mit seiner Hilfe bestellten wir für den Abend Hühnchen vor, was zur nächsten großen Enttäuschung führte! Voller Vorfreude gingen wir am Abend los und während ich immerhin ein winziges Hühnerbein serviert bekam wurde Uwe ein halber bereits vom Fleisch befreiter Rumpf vorgesetzt.
So ist das einzig gute, das ich über Mbamba Bay sagen kann, daß es dort relativ kühles Bier in ausreichender Menge gibt.
8.9.
Daher waren nicht traurig dem Ort den Rücken zu kehren, obwohl wir wußten, daß uns wieder ein harter Tag bevorstand, denn es sollte vom See (450m) hoch in die Berge auf bis zu 1500 m gehen. Nach ein paar kilometern Wellenreiten ging es dann ohne Unterbrechung 30 km lang z.T. ordentlich auf teilweise richtig schlechter Piste bergauf. Interessant waren die Veränderungen in der Landschaft und oben auf dem Plateau herrschte vergleichsweise intensive Landwirtschaft bei hoher Siedlungsdichte vor. Oben angekommen waren wir so platt, daß wir uns, was nur selten taten, am Straßenrand einen Eintopf bereits zum Mittagessen kochten.
Kurz darauf kamen wir mal wieder mit einem Dorflehrer ins Gespräch, mit dem wir schiebend ein paar Kilometer zum Dorf Mpapa gingen. Dort könnten wir bei seiner Schwester das Zelt aufbauen, doch zuerst müßten wir die Erlaubnis der Dorfhonoratioren einholen. Bis die alle versammelt waren, vergingen gut 45 Minuten und wir hatten unsere Geschichte schon bestimmt 4 mal erzählt. Nach wiederholtem Austausch von Höflichkeiten wurde es dann spannend, denn wir sollten für Nachtwächter, die wir gar nicht zu Gesicht bekommen würden (!), eine unverschämte Summe bezahlen, die sich angesichts unserer hartnäckigen Weigerung schnell verringerte. Wir blieben allerdings hart und erklärten, in so einem unsicheren Dorf würden wir nicht bleiben. Allerdings hatten die Herrschaften zu diesem Zeitpunkt bereits unsere Pässe, um uns zu registrieren, und die sie auch nicht wieder rausrückten. So zog sich die Sache noch eine Weile hin, doch schließlich zahlten wir nichts und bekamen unsere Pässe zurück. Selbstverständlich wurde auf beiden Seiten die ganze Zeit nur gelächelt.
Schließlich bekamen wir von der Schwester noch 2 Stühle rausgestellt und wir kochten mal wieder vor ganz großem Publikum und hatten auch eine ruhige kühle Nacht. In der unscheinbaren Hütte der Schwester stand übrigens eine fette neue Couchgarnitur mit polierten überladenen Schrankwänden samt TV und Stereoanlage.
Zudem bekamen von verschiedenen Personen (darunter wieder 2 Lehrer) gute Hinweise zum weiteren Routenverlauf bis zur mosambikanischen Grenze.
9.9.
Da wir im Hochland blieben, hielt sich das auf und ab in Grenzen, allerdings blies ein kühler Wind. Wir kamen durch einige staubige und triste Dörfer, in einem bekamen wir mit Hilfe eines älteren Motorradfahrers ein recht gutes Essen mit ein paar schönen wenn auch zähen Stücken Rindfleisch.
Später hätten wir beinahe unseren Weg verloren, denn eine gute Piste ging einem Dorf geradeaus u. eine Abzweigung gab es laut Karte gar nicht. Doch da wir wie immer nach dem Woher und Wohin gefragt wurden, bestanden die Dorfbewohner hartnäckig darauf, daß wir den abzweigenden Feldweg nehmen müssten. Der zunehmend schlechte enge Weg hatte kaum noch fahrzeugbreite und führte steil bergauf und bergab. Teilweise rutschten wir den ausgespülten Weg vollgebremst mehr herunter, als das wir noch fuhren. Bergauf hatten wir das längste Schiebestück der ganzen Tour. Aber die wieder waldreichere Gegend war wunderschön. Autos fuhren dort gar nicht mehr, aber der Motorradfahrer, ein Beamter, begegnete uns wieder und bestätigte, das wir richtig waren. Weiter ging ging es durch hohes Elefantengras in der Abendsonne und da kein Zeltplatz zu finden war, fragten wir im Dorf Ndondo, ob wir dort Zelten dürften. Daraufhin wurde uns eine kleine Hütte für die Nacht angeboten und auch noch eine Matratze herbeigeholt. Als wir später mit kaltem Bier mit unseren Gastgebern am Feuer saßen, kam der Motorradfahrer vorbei und es stellte sich heraus, daß wir bei seinem ältesten Sohn untergekommen waren.
10.9.
Nach einem herzlichen Abschied und einem Gastgeschenk ging es mit der Warnung vor Löwen und Elefanten los. Erst einmal wartete eine antrengende Abfahrt mit fast 1000 Höhenmetern. Am Morgen noch grüner Wald mit Kaffeepflanzungen, nun knochentrockener Buschwald ohne jeglichen Schatten, dafür aber mit vielen schwelenden Buschbränden. Am späten Vormittag kamen wir nach Liparamba, wo wir sehr mißtrauisch beäugt wurden und der Bürgermeister unsere Visa kontollierte. Grenzgebiet! Die Händler staunten nicht schlechte als wir erstmal 10 Liter Wasser kauften, doch die Kinder freuten sich über die leeren Flaschen. Beim Essen lernten wir einen Sozialarbeitsstudenten im Praktikum und natürlichen einen Lehrer kennen. Die beiden führten und zu einer Schule, in der gerade ein großer Empfang für einen einheimschen Bischof und eine Gruppe von 6 Deutschen, die das Entwicklungshilfeprojekt ihrer Kirchengemeinde besichtigen/kontrollieren wollten, stattfand. Wir ließen uns gerne „Teufelskerle“ nennen, doch wir mußten zügig weiter, da wir noch an diesem Tag über die Grenze wollten.
Am Ortsausgang wollte sich ein riesiges gelbgrünes Chamäleon partout nicht von mir fotografieren lassen. So schnell ich auch im Kreis um den Baum rannte, der Weg des Tieres um den Stamm herum war kürzer und schneller und einige Dorfbewohner lachten schallend bei dem Anblick!
Im letzten Ort vor der Grenze, Mitomoni, wurde schon portugisiesch gesprochen und wir wurden in eine Abkürzung geschickt, so daß wir mit einem Boot übersetzten mußten. Wir hatten gerade mühsam die Räder ins Boot gehieft, da kam ein übellauniger Offizieller angelaufen und bestand darauf, daß wir zurück in den Ort müßten zur Registrierung. Doch da das auch dem Bootsmann nicht passte, legten wir mit dem Offiziellen an Bord ab. Auf der anderen Seite wurden wir zu ein paar weiteren scheinbar wichtigen Leuten geführt und nach etlichem Geschleime unsererseits und zwei Schnäpsen durften wir dann weiter.
Nur 2 Km weiter waren wir an der Grenze, an der es seit ca. einem Jahr auch eine Brücke über den Ruvuma gibt. Dort erregten einiges Aufsehen und uns wurde versichert, wir wären die ersten Radler, die jemals hier durch gekommen seien. In freundlicher Atmosphäre wurden die Formalitäten schnell abgewickelt.
Auf mosambikanischer Seite wurden wir erst mal halbherzig gefilzt und konnten dann die Selbstherrlichkeit eines korrupten Beamten miterleben, der uns allerdings korrekt wenn auch arrogant abfertigte.
Kurz hinter der Grenze kehrten wir dann in einer Absteige mit ausgezeichnetem Essen ein, nachdem wir nach einigen Problemen doch noch Geld tauschen konnten.
11.9.
Wir hatten geplant nun wieder in Richtung Niassasee zu fahren. Mit Hilfe von Google Earth hatte ich schon zu Hause herausgefunden, daß es die in fast allen Karten verzeichnete Piste zumindest im ersten Teil nicht gab, wenn auch ein Gewirr von Pfaden erkennbar war. Ein Führer brachte uns dann zu dem Beginn der „Piste“ die zum See führen sollte, doch als wir vor dem vielleicht 1,20 Meter breiten und tiefsandigen Weg standen, waren wir uns schnell einig, das schön bleiben zu lassen. Die nächste nennswerte Siedlung wäre ca. 80 Km entfernt gewesen. Da wir bis zur Grenze eh schon länger gebraucht hatten als erwartet, beschlossen wir die Piste zur Provinzhauptstadt Lichinga zu nehmen.
Auf der Piste erwartete uns außer Sand, Hyänen- und Elefantenspuren und noch mehr Sand erst mal nichts. Als wir schließlich in einem kleinen Straßendort einen Laden ansteuerten, versteckten die Frauen erst einmal ihre Kinder und trauten sich auch nicht in den Laden. Erst als ein paar Männer hinzukamen, bekamen wir ein paar Kekse und eine mehr als lauwarme Berries-Fanta und wurden ordentlich abgezockt. So schnell kann der Wind drehen. Zum Glück konnten wir auch noch trübes Brunnenwasser bunkern.
Mühsam geht es weiter und gelegentlich bleiben wir im Sand stecken. Die Mittagspause brechen wir genervt ab, weil massenhaft kleine Bienen über uns herfallen und auch an die Feuchtigkeit in unseren Nasen und Augen wollen.
Kurz vor Sonnenuntergang schlagen wir uns nach erstaunlichen 80 Km kurz vor einem Dorf in den Busch und schlagen das Lager auf. Wir sind gerade beim Kochen, als wir Lichter und Stimmen auf uns zukommen sehen und hören. Uwe geht sofort auf die 3 z.T. bewaffneten Männer zu und läd sie zum Essen ein und entspannt so die Atmosphäre. Es gäbe hier im Grenzgebiet viele Banditen, deshalb hätten sie geschaut wer wir sind und Uwe muß mit unseren Pässen mit ins Dorf zur Registrierung. Mir wurde die Zeit doch recht lang während mir allerhand durch den Kopf ging!. Schließlich kam Uwe, der mit seinem Spanisch halbwegs mit den portugiesisch sprechenden Mosambikanern kommunizieren konnte, mit ein paar Litern Wasser und 4 kalten Bieren zurück, bei deren Kauf er sogar einen Heiratsantrag bekommen hatte.
12.9.
Nach wieder gut 80 km auf wechselhafter Piste und einem mühsam organisierten Mittagessen in netter Gesellschaft schlugen wir uns schließlich wieder in den Busch zum Zelten, wobei wir von einer großen Eule intensiv beobachtet wurden. Ein riesiger Termitenhügel gab uns zusätzlich Deckung und diente uns später als Aussichtspunkt, um vor dem Schlafengehen noch nach Bränden Ausschau zu halten. Das Abendessen fiel vergleichsweise üppig aus, da das Angebot in den mosambikanischen Lädchen etwas besser ist. Zudem bekommt man überall Bier (Wasser hingegen nur gelegentlich), so daß wir dazu übergingen gegen Abend immer ein Sixpack zu bunkern. Da es mit dem Trinkwasser oft zumindest mühsam war, kippten wir bei jeder Gelegenheit auch 2-3 Fanta oder Cola in den Schund, da wir zudem jede Kalorie gebrauchen konnten.
13.9.
Der Tag bot eine schöne Landschaft mit freistehenden felsigen Bergen und wir gewannen ordentlich an Höhe bis wir nach 82 Km (der Großteil auf Asphalt!) bereits um 14:00 in der auf einer Hochebene gelegenen Stadt Lichinga ankamen. Dort gab es erstmal eine gute Unterkunft mit heißer Dusche! Dann folgten bis zum Abend noch 3 üppige Mahlzeiten! Wir waren doch ganz schön erstaunt über die gute Infrastruktur, samt ATM, Internet und guten Einkaufsmöglichkeiten.
So, das war jetzt die erste Hälfte der Tour!
Gruß
Jörg