Hallo,
ich lese immer sehr gerne Eure Reiseberichte und will dann jetzt auch mal einen eigenen, kurzen Bericht liefern. Mein Ziel war es, um den See Pyhäselkä zu radeln. Mein Wohnort Joensuu liegt an dessen Ufer und ich komme fast zwangsweise täglich am Ufer des Sees (30 km lang und 14 km breit) vorbei - kein Wunder also, dass ich schon länger von einer Tour um das Gewässer träumte.
Den Verjavascript:%20void(0)lauf meiner 2-tägigen Tour (23-24.4.2010) seht Ihr auf folgender Karte. Die fette schwarze Linie auf der Ostseite des Sees markiert die Strecke am 23.4. und die grüne an der Süd- und Westseite die Route am 24.4.10.
Karte der Tour Die Karte ist hoffentlich frei zur Verwendung? Kartenverlage sind sehr biestig mit dem Copyright. Hier zunächst ein Foto, dass ich kurz vor der Abfahrt am Freitag, den 23.4.10 am Seeufer in Joensuu aufnahm. Das Rad übrigens ein Patria Terra mit Rohloff-Nabe. Ich hatte das Rad bereits im letzten Herbst in Deutschland (musste dazu extra hinfliegen) gekauft, konnte es aber im Winter wegen Schnee und ziemlich fieser Minusgrade noch nicht so recht austesten.
So, los ging´s also am Freitag sofort nach der Arbeit. Schon nach wenigen 100 Metern fotografierte ich den Laden, wo ich häufiger einkaufe. Ich wollte ich nämlich unbedingt von dem witzigen System der finnischen Ladenkette "K-Market" erzählen - die Grösse des Ladens wird nämlich durch die Anzahl der K´s angegeben: Bei einem ´K´, so wie hier, handelt es sich um einen sehr kleinen Laden, bei ´KK´ ist der Laden etwas grösser usw. Die grössten Läden steht dann ´KKKK´ dran, und da bekommt man dann so ziemlich alles, von der Zahnbürste über Kartoffeln bis zum Rasenmäher.
Weiter geht´s, d.h. zunächst am Kriegsdenkmal des Stadtfriedhofs vorbei. Dazu soviel, dass der 2.Weltkrieg auch noch in der heutigen Zeit insofern Einfluss nimmt als die Kriegsveteranen hier Heldenstatus haben und sehr geehrt werden.
Wie von selbst kullerte mein Rad dann über die Brücke in Richtung Bahngelände. Von der Brücke runter zu sehen waren ausser einiger Angler eine Insel mit mehreren gefällten Espen, die halb im Wasser eintauchten. Als Baumfäller war ein Biber tätig gewesen, der auf den Inseln unmittelbar neben der Stadtmitte schon seit mehreren Jahren aktiv ist. An derselben Stellen sah ich vor zwei Jahren im Winter übrigens auch zwei Fischotter - auch sie scheint der rege Verkehr auf der Brücke also nicht zu stören.
Im Bahnbereich dann dasselbe Bild wie immer: Arbeiter, die mit ihren Kränen Baumstämmen verladen. Teils werden die Stämme per Güterwaggons weitertransportier, teils geht´s in Form grosser Stammteppiche auf dem Wasserweg weiter (klappt nur im Sommer
)
Hier noch fix ein Foto von einem Holzhaus mit recht eigenwilliger Haustürpositionierung...
... und das nächste Haus fotografierte ich dann schon ausserhalb von Joensuu auf dem Weg nach Hammaslahti (auf der Karte oben macht die schwarze Linie dort einen Knick nach rechts)
Die Strassen waren im allgemeinen in sehr gutem Zustand, aber ab und zu zeigten sich doch die Folgen des Winters:
Kurz vor Hammaslahti (auf Deutsch: Zahnbucht) machte ich einen Schlenker auf einer kleinen Strasse von Niittylahti nach Suhmura - das wurde durch schöne Natur belohnt:
... sowie durch nette Häuschen wie diese Bushaltestelle (war wohl seinerzeit ein Häuschen wo der Baume seine Milchkannen abstellte, die vom Milchwagen abgeholt wurde),
kleine Gehöfte, zu denen immer auch lange Reihen gestapelten Brennholzes gehörten (je besser gestapelt desto ehrenreicher für den isäntä (Hausherr)
)
... schöne alte Speichergebäude.
Zwischendurch heisser Tee aus der kuksa (Holztasse - die hier hat mir ein ehemaliger Vermieter als Dank für´s Helfen beim Holzstappeln gedrechselt) ...
... und schon ist man fit für die Weiterfahrt - aber was ist das für ein Gebäude???
Auflösung: War früher wohl auch mal´n Milchhäuschen, wurde nun aber in der Dorfgemeinschaft als "Bücherei" genutzt, d.h., man konnte Literatur hinbringen oder aber auch ausleihen. Ich bin natürlich mal direkt rein in diese Einrichtung und fand in den Heftstapeln dort u.a. dieses Werk aus dem Jahre 1987:
Auf der anderen Strassenseite dann die typischen Plastikbriefkästen der Bewohner des Dorfes Niva südlich von Hammaslahti. In den grossen Briefkasten im Vordergrund kommt sehr wahrscheinlich am Sonntag die Zeitung rein - so kenn ich´s zumindest vom südfinnischen Dorf, aus dem meine Mutter stammt. Ach so: hinter den Plastikbriefträgen das Schwarze Brett des Dorfes mit aktuellen Beiträgen. Diesmal dabei: Werbung für eine Aufführung des Kirchenchors im Nachbarort sowie für die 1.Mai-Feier mit
sima und tippaleipä Sima und tippaleipä (gegorenes Getränk mit Zitronensaft und eine Art Krapfen).
Der Freitag endete dann mit 1,5 km auf unbefestigtem Weg zu meinem Bekannten Jouni, der aus irgendeinem Grund mit seiner Familie gerne abgeschieden bei den Braunbären wohnt - war ziemlich heftig zu fahren...
Bei Jouni gab´s dann lecker was zu Futtern und, natürlich, Sauna. Super!
Am nächsten Morgen, also Samstag, lag die Temperatur bei null Grad und für den Tag war Schneeregen angesagt. Na toll! Gut, dass ich kleidungsmässig darauf vorbereitet war. Ich quatschte noch eine Weile mit Jouni vor dessen Haus bevor ich wieder in die Pedale stieg. Wahrend unseres 10 minütigen Gesprächs sah ich zwei Kraniche, einen Schwarzspecht sowie einen Schwarm Wildgänse - die Natur ist allgegenwärtig! Das folgende Foto zeigt, wie ein Baum nach Schwarzspecht-Behandlung aussieht
Mein Weg führte ein Stück zurück in Richtung Joensuu, erkennbar auf der Karte an dem kurzen Stück grüner Linie, die von Kompakka nach Norwesten einer fingerförmigen Halbinsel folgt. Diese Halbinsel mit Namen Vuoniemi war ein
Wallberg aus der letzten Inlandvereisung - so was muss ich mir natürlich angucken, zumal ein Teil des Wallbergs unter Naturschutz stand. Zunächst folgte ich einem Trampelpfad, der dem First des Wallbergs folgte. Das Rad musste ich schieben.
Der Trampelpfad endete jedoch irgendwann in einem dichten Kiefernwald...
... und ich hatte ziemlich zu kämpfen um mit dem Rad die hohe Flanke des Wallbergs runterzukommen - einen Weg gab´s da nicht
Irgendwann stand ich dann an einer kleinen, vereisten Bucht des Pyhäselkä und schob das Rad entlang des Ufers weiter:
Weiter ging´s entlang eines ausgetrockneten, ehemaligen Flussarms...
... durfte das Rad über einen matschigen Bach tragen...
... und einen steinigen Waldarbeiterweg hochschieben (erst Rad, dann Taschen)
Naja, schliesslich fand ich dann einen ganz gut befahrbaren Weg,
dem ich bis zum äussersten Zipfel des Wallbergs folgte. Dort gab´s einen Aussichtsturm für Vogelbegucker - ich drauf, gucken und Fotos machen. Hier der schlangenförmige Wallberg in der Richtung, aus der ich gekommen war, also Osten:
In Richtung Westen setzte sich der Wallberg als Inselkette fort (die Insel Tikansaari, die man hier sieht, ist auf der Karte namentlich erwähnt):
Hier nochmals ein Foto von der Insel Tikansaari. Man könnte fast hinschwimmen, wenn nicht die Strömung so stark wäre - und das Wasser nicht so kalt
Ich habe dann erstmal Feuer gemacht, um zwei Grillwürstchen braten zu können.
Hier übrigens noch ein Foto vom Entzünden des Feuers. Als Anzünder benutzte ich mitgebrachte Birkenrinde sowie Teile eines Eierkarton, die ich mit Wachs von verflüssigten Kerzenresten gefüllt hatte - brennt gut! Vor den Eierkarton-Wachs-Gebilde übrigens mehrere Streichhölzer, die mir beim Versuch des Entzündes ausgegangen waren - ich schaffe es eigentlich nie, mit einem Streichholz auszukommen
Naja, der Wind an der Stelle war aber auch beim Anzüngen nicht gerade behilflich
Hier noch ein Gruppenfoto von allen Tourteilnehmern, also, dem Rad und mir
:
So, jetzt aber schnell den Wallberg zurück zur Strasse, weiter nach Süden, erneut an der Wegabzweigung zur Jouni Haus vorbei und weiter. Hier ein typischer Dorfladen (in Kompakka):
Drainage eines auf Torf stockenenden Waldes
Ankunft in Rääkkylä am Südende des Pyhäselkä. ´Ne schöne Kirche hatten sie ja - aber keine einzige Stelle, wo ich´n Kaffee bekommen könnte... Die Trauerbeflaggung war also durchaus berechtigt!
Vorbei an Bauernhöfen...
und mit häufiger Sicht auf Buchten des Pyhäselkä...
stoss ich schliesslich auf eine See-Enge, die die Grenze zwischen den Gemeinden Rääkkylä und dem sich nörlich anschliessendem Liperi darstellte. Hier gab´s ´ne Fähre, die ich ganz für mich alleine hatte - cool!
Auf der Seite von Liperi formten Eisschollen ein schönes Kunstwerk:
Nicht ganz so schön war das Wetter. Ab Rääkkylä (dem Dorf ohne Kaffee
) hatte es immer wieder Schneeregen gegeben:
In Liperi regnete es sich dann richtig schön ein und die letzten 30 km war ich im Dauerregen unterwegs. Gut, dass ich Wechselhandschuhe mit hatte! Ja, und gut, dass kein Schnee liegen blieb! Um 20.45 Uhr war ich dann wieder zu Hause in Joensuu - ab unter die Dusche! Am nächsten Morgen, also heute morgen, sah´s dann so aus - gut das meine Tour schon gestern endete und ich also heute nicht auf diesem Untergrund viele Kilometer abstrampeln musste!
So, ich hoffe, der Bericht hat Euch Spass gemacht. Hier noch ein Foto aus einem Wald in Joensuu (am Freitag aufgenommen) - die Waldarbeiter hier sind künsterlisch bisweilen sehr talentiert:
Alles Gute wünscht,
nöffö