Berge des Balkans von Saloniki nach Sarajevo mit Schlenkernknapp 3 Wochen 1767 km, Höhenmeter:22.300. Ruhe- Pannen- und Krankheitstage: 1 ganzer, ein 3/4 und 4 halbe.
Die Strecke findet sich HIER Reisende: ich (natash) und Micha (mgabri)
Räder: Reiseräder auf MTB-Basis mit Rennlenker und Stollenreifen, ca 18-20 kg Gebäck pro Person. Die Räder wurden vorab von Schutzblechen und Licht befreit
Übernachtung: Zelt, Hütten, Zimmer(Hotel-Pension)
Pannen:1 Tretlagerbruch (Micha), 2 gebrochene Ständer(beide), unzählige Platten (alle Micha),lockergerüttelte Laufradkomoponenten (Micha)
Karten:Freytag und Bernd: Bulgarien, Mazedonien und Bosnien/Herzegowina. Da diese Karten in weiten Teilen weder den richtigen Streckenverlauf, noch real existierende Straßen wiedergeben und die naïve Höhlenmalerei der herausgebenden Firma nicht fähig ist Pässe als solche erkennbar zu machen, kann man diese aber als bunte Unterhaltungsliteratur abtun und ansonsten unbesorgt dem Altpapier zuführen.
digital: Open Street Map der entsprechenden Regionen, sowie zur Vorbeitung: die russischen und jugoslavischen Militärkarten: Alt und gut.
Vorab:Warum eigentlich Balkan? Eine Region, die allgemein mit Gewalt und Chaos identifiziert wird, mit Unruhe, Schlendrian und Korruption. Aber auch eine Region, die sich bei Individualreisenden immer größerer Beliebtheit erfreut, wenn man auch kaum von einem Reiseboom sprechen kann. Immerhin handelt es sich um eine einfach erreichbare Region mitten in Europa, die Vertrautes und Exotisches miteinander kombiniert. Sie bietet atemberaubende Landschaften, abgeschiedene Orte und pulsierende Städte, aber auch Dreck und Gestank, große Gastfreundschaft und unverhohlene Feindseeligkeit.
Wir sind nicht zum ersten mal in der Balkanregion unterwegs und haben schon vor einiger Zeit eine “Ex-Jugo-Tour”, die auch noch einige Anrainerstaaten umfassen sollte, ins Auge gefasst. Uns faszinieren diese Gegensätze aus Verfall und Leben, aus Ruhe und Unbeständigkeit, auch wenn es dort oft anstrengend ist. Aber manchmal kann man es auch einfach nur genießen: das pralle Leben.
Da man ja im Augenblick alle Balkanländer problemlos bereisen kann, wollten wir mit unserer Tour auch nicht allzu lange warten. Niemand weiß, was die Zukunft noch an Pulverfäßern öffnen wird, welche Feuer von verschiedenen Macht- und Interessengruppen geschürt werden. Den Menschen der Gegend wäre jedoch eine längere Ruhe- und Friedensphase gegönnt. Ob Kleinstaaterei und ethnische und religiöse Trennungen tatsächlich eine positive Zukunft bereithalten, politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich, wage ich allerdings zu bezweifeln.
End- und Startziel machten wir dann von den einfachsten Anreisemöglichkeiten abhängig und weil man von Stuttgart recht problemlos sowohl Thessaloniki als auch Sarajevo erreichen kann, so man die Umweltsauerei eines Fluges in Anspruch nehmen möchte, haben wir uns für oben zu sehende Strecke entschieden.
Wegen der zu erwartenden Höhenmeter sowie der Tatsache, dass viele Nebenstrecken unbefestigte Pisten sind, haben wir uns für geländegängige Fahrräder entschieden und versucht unsere übliche Gepäckmenge etwas abzuspecken, was Micha gut und mir weniger gut gelungen ist.
Insgesamt hat uns die ganze Tour, trotz einiger Widrigkeiten,sehr gut gefallen.
Es gab Pannen,Pisten, Regen, Nebel und Sonnenschein
sehr unterschiedliche Orte
eine interessante Fauna
und wunderbare Landschaften
Epanomi-Saloniki auf Umwegen ca 70km
Nachdem wir am Tag zuvor am Abend die 30km von Saloniki bis zum am Meer gelegenen Campingplatz in Epanomi geradelt waren, geht es nun auf leicht anderer Strecke wieder retour und in die Berge. Wir hoffen nämlich heute noch nach Mazedonien zu kommen. Sintflutartige Regenfälle erzwingen jedoch einige Pausen. Wenn wir dann in den kurzen Sonnenpausen bergan fahren, fühlt man sich wie in einer Waschküche. Der Schweiß fließt in Strömen, aber wir sind guter Dinge, immerhin hat der Urlaub gerade soeben begonnen. Wir haben gerade wegen der Zugrichtung des Unwetters einen zusätzlichen kleinen Pass erklommen, da werden wir abermals zu einem Halt gezwungen. Michas Tretlager ist gebrochen. Wir rollen und schieben zum nächsten Ort, wo man sehr hilfsbereit ist. Es gäbe sogar einen Fahrradladen, der hat zwar Sonntags geschlossen, aber unsere netten Helfer versuchen den Besitzer zu erreichen, der aber leider nicht daheim ist.
Wir rollen also die ganze Strecke zurück nach Thessaloni, es geht zum Glück fast nur bergab, wo wir mit Hilfe Einheimischer sowohl einen Fahradladen, als auch ein nahe gelgenes Hotel ausfindig machen.
Den Rest des Tages verbringen wir mit einem Bummel durch die Stadt, die mir, ihrem schlechten Ruf zum Trotz, ganz gut gefällt. Es gibt viele enge Gassen, hübsche Parks und auch einige Ausgrabungsstätten und andere historische Bauwerke. Die üppig blühenden Sträucher in den Parks verbreiten Sommergefühle, das Gewitter hängt in den Bergen, hier ist es warm und sonnig.
Saloniki – Kilkis -Star Dojran ca 110km
Der Radladen hat zwar Tretlager, richtig passen tut aber keines. Micha wählt eins, das ihm ermöglicht vorne immerhin das kleine und mittlere Kettenblatt zu benutzen. Das ist aber bei den zu erwartenden Bergstrecken zu verschmerzen. Während Micha bastelt, bekomme ich von einem älteren Herrn einen Sack Oregano geschenkt, das gäbe Kraft, behauptet er.
Spätnachmittags geht es dann durch das Gewühl der Stadt zurück bergan. Es regnet zwar deutlich seltener als gestern, aber gelegentlich müssen wir doch in ein Kaffee springen.
An einer Stelle ist sogar unsere Straße überschwemmt, ein Umweg über eine Piste führt auf eine andere Straße – mit gleichem Ergebnis. Wir müssen absitzen und die Schuhe ausziehen: Furten in Griechenland- wer hätte das gedacht?
Bald kommen die Berge am Rand der mazedonischen Grenze in Sicht. Die Einheimischen mögen diese Länderbezeichnung gar nicht: Sie seien Mazedonier, sagen Sie, das Land in das wir fahren wollen, hieße Skopje. Wir einigen uns auf den Begriff “Jugoslawien”, auch wenn jenes nicht mehr existent ist.
In Mazedonien angekommen, genehmigen wir uns erst einmal ein einheimisches Bier und freuen uns, dass wir nun in einem Land sind, dessen Sprache wir immerhin in Spurenelementen verstehen können. Wir steigen im Campingplatz “Partisan” ab, der direkt am Dojran See liegt und genießen bei einer Flasche mazedonischen Wein vor unserer Holzhütte das Quaken der Frösche.
Star Dojran-Stupnica-Petric-Melnik ca 120km
Der Tag beginnt vielversprechend sonnig und ich wundere mich einige Zeit über das Quietschen meiner Ortliebtaschen. Ein Blick nach hinten bringt Aufklärung. Ein kleiner, schwarz-weiß gescheckter Hund, ein Welpen noch, läuft ausdauernd hinter mir her und winselt herzerweichend um Adoption. So leid es mir tut, ich kann das Tier wirklich nicht mitschleppen und lasse es dann hinter der nächsten Bergkuppe zurück, die den Blick in ein von Bergen umgebenes, mit Wein bewachsenes Tal öffnet. Danach folgt ein hübscher Paß, der uns in eine enge, felsige Schlucht führt, wie wir sie auf unserer Reise noch oft haben werden. Der Verkehr ist spärlich und viele Fahrer winken und rufen uns aufmunternd zu, auch Pferdefuhrwerke sind in größerer Anzahl unterwegs.
Nach dem völlig unproblematischen Grenzübertritt nach Bulgarien wird es feuchter und die felsige Berglandschaft wird von dichten Wäldern abgelöst. Hinter Petric kann man vom Weiten schon die Höhenzüge des Pirin-Gebirges sehen, die in dunkele Wolken gehüllt drohend über uns aufragen.
Nach Melnik fährt man durch liebliche, weinbewachsene Hügel bergan und hat bereits sehr schöne Ausblicke auf das Gebirge sowie verschiede eindruckvolle Felsformationen, die typisch für die Gegend sind. Die Orte schmiegen sich an bizarre, sandige Felsen, die vom Sonnenlicht angestrahlt, in einem rötlichen Ton aufleuchten.
Melnik selbst besteht aus alten, traditionellen Häusern, die allesamt entweder Hotels oder Kneipen beherbergen. Nur der offensichtlich erwartete Touristenstrom ist doch recht spärlich, außer uns ist nur noch eine bulgarische Reisegruppe und ein paar Paare anwesend, die eilig den Fußweg Richtung Roshen-Kloster antreten.
Wir denken erst einmal an unser leibliches Wohl in einer netten Weinschänke und begeben uns dann bergwärts aus dem Ort um einen Zeltplatz zu suchen. Einen solchen finden wir auch auf einer nach Thymanian duftenden Wiese mit Bergblick.
Bilder zu
Griechenland und Mazedonien 1 finden sich
HIER zu
Bulgarien DORT Melnik-Pirin-Borovo ca 70 km, schwer zu schätzen
Wir fahren zunächst einmal zum Roshenkloster, das wir morgens um ½ 8 fast ganz für uns alleine haben. In der Kirche zelebriert gerade ein Pope nebst Meßdienern den Gottesdienst, ansonsten ist niemand zu sehen.
Danach geht es eine Stückchen retour und dann auf die Straße, die uns in den Ort Pirin bringen soll. Diese entpuppt sich als lehmige Piste, die aber auf den ersten Kilometern sehr gut zu fahren ist. Die Aussicht auf rotbraune Felsformationen, bewaldete Hügel und Berge ist trotz hoher Luftfeuchtigkeit grandios. Erst später verschlechtert sich der Zustand unserer “Straße” zusehens. Der Weg ist ausgewaschen, schlammig, Geröll ist abgegangen. Das Fahren wird immer schwieriger und kostet mich nach etlichen Stunden mehr Kraft, als mir zur Verfügung steht. Dank zahlreicher Schiebeeinlagen über unpassierbare Stellen und einem Verfahrer kommen wir nur quälend langsam vorwärts. Die wunderschöne Landschaft kann ich gar nicht richtig genießen, ich bin viel zu sehr mit der Streckenbeschaffenheit beschäftigt. Zumindest ist klar, dass weder “Straßen”verlauf, noch Kilometerangabe auf der Karte stimmen, die Strecke ist fast 3x so lang, wie angenommen.
Deshalb ist schon später Nachmittag, als wir nach Pirin einfahren.
Ein größerer Gegensatz zu Melnik ist, innerhalb dieser Distanz, fast nicht denkbar. Wahrend dort alles auf Tourismus ausgelegt ist, wirkt Pirin wie ein Ort aus einem anderen Zeitalter. Pferdefuhrweke sind unterwegs, der Dorfladen sieht aus, als sei dort schon lange keine Ware mehr eingegangen und die auf dem Dorfplatz sitzenden Einwohner sehen allesamt verbraucht und ärmlich aus. Unser Eintreffen wird mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen. Drei Frauen strahlen mich freundlich an und rufen mir zu. Leider verstehe ich diesmal so gut wie kein Wort, hier wird irgend ein Dialekt gesprochen, der auch noch in einem zahnlückigen Nuscheln daher kommt. Das überfordert unsere slawischen Sprachkenntnisse, die ohnehin besser sein dürften, enorm. Schade.
Wir trinken in der örtliche Kneipe einen Kaffee und schwingen uns aufs Rad, bis Goce Delcev sind es nur noch 30-40km und asphaltiert ist die Straße auch. Das geht nun schnell, denken wir.
Da aber nun doch noch ein Paß kommt, geht es einen Großteil der Strecke bergauf, einfach zu fahren zwar, aber unsere Kraftreserven sind aufgebraucht, weshalb wir eher langsam unterwegs sind. Weil Micha kurz hinter der Passhöhe auch noch einen Platten hat und außerdem ein Unwetter aufzieht, schlagen wir auf der nächsten Wiese unser Zelt auf. Hier haben wir einen schönen Blick über Berg und Tal und zaubern ein leckeres Abendmahl aus unseren Notvorräten.
Borovo-Goce Delcev- Bansko-Razlog-Predel ca 100 km
Eine rasante Abfahrt führt uns nach Goce Delcev, wo wir ein ausgiebiges Frühstück einnehmen.
Ein abermaliger Platten bei Micha verlängert unseren Aufenthalt, bevor wir in ein sehr schönes Flußtal abbiegen, das von hohen Felsen umgeben ist. Die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt und eher arm. Viel Arbeit wird manuell oder mit Hilfe von Pferd und Esel erledigt, der motorisierte Verkehr ist eher spärlich.
Bansko ist hingegen ein mondäner Skiort, von wo wir schneebedeckte Bergwipfel bewundern können, bevor sich diese in Wolken hüllen. Wir versuchen die folgenden Regengüsse bei einer verlängerten Kaffe – und Bummelpause auszusitzen, sind aber nicht besonders erfolgreich, weil der Rest der Fahrt sich dann ziemlich feucht-kalt gestaltet. Dass diese Gegend hier im Winter als schneesicher gilt, wundert mich jedenfalls nicht.
Hinter Razlog, hier ist abermals ein kleiner Pass, suchen wir einen im Wald gelegenen Campingplatz auf, der schon deutlich bessere Zeiten gesehen hat. Der Witterung wegen mieten wir für geringes Entgeld eine Holzhütte und können sogar heiß duschen. In der Anlage, die sehr heruntergekommen wirkt, grasen Pferde und wir sind die einzigen Gäste, was uns eine himmlische Nachtruhe beschehrt.
Simeli-Blagoevgrad-Delcevo-Makedonska Kameniza ca 110km
Der nächste Morgen läßt die Berge im schönsten Sonnenlicht erstrahlen. Blagoevgrad ist schnell erreicht und wir legen die letzten Leva in Lebensmittel um.
Danach gelangen wir versehentlich auf die Autobahn Richtung Sofia, was die am Straßenrand stehenden Verkehrspolizisten lediglich dazu veranlaßt uns begeistert unsere aktuelle Geschwindigkeit zuzurufen. Obwohl es schön rollt – wir sind falsch und fahren retour um auf die richtige Straße zur mazedonischen Grenze zu gelangen. Die windet sich verkehrsarm und ausichtsreich bergan. Nach dem üblichen Nachmittagsplatten bei Micha haben wir dann den Pass und bald auch die Grenze erreicht. Makedonska Kameniza ist ein hübsch gelegener Bergbauort, hinter dem wir uns dann nach einem geeigneten Zeltplatz umsehen, der sich oberhalb eines leuchtend blauen Stausees findet.
Makedonska Kameniza-Stip-Negotino-Kavadarci ca90km
Bis Stip fährt es sich sehr angenehm auf und ab in einer Schlucht, die später einem weiten Tal Platz macht, das vor allem landwirtschaftlich genutzt wird. Obst wird angebaut, Getreide, Tabak und Wein. Hier sind nicht nur zahlreiche Pferdefuhrwerke im Einsatz, auch das Fahrad scheint ein beliebtes Transportmittel für Sense, Hacke und Spritzgerät. Grüße fliegen uns entgegen, die Strecke rollt sich perfekt, die nächste Bergkette haben wir schon im Blickfeld.
In Stip, die Stadt scheint älteren Datums zu sein, herrscht Festtagsstimmung. Heute ist die Zeugnisausgabe an den Schulen, was von den herausgeputzten Schulkindern samt Familie mit einem Ausflug begangen wird.
Wir beschließen eine kleine über den nächsten Bergkamm führende Nebenstraße nach Negotino auszutesten. Die vermutete Abzweigung sieht jedoch sehr zweifelhaft aus, wir studieren die Karte. Da kommt ein Autofahrer daher, bremst und fragt, wo wir hinwollen. Beim Blick auf die Karte stellt er fest, dass diese eine uralte Streckenführung aufweise, die Straße gäbe es seit Jahren nicht mehr. Wir werden zu einem Rakia eingeladen, was mit meinem Hinweis auf die frühe Tageszeit in einen Kaffee umgewandelt wird.
Bald sitzen wir im Innenhof eines älteren Bauernhofs und werden nicht nur mit Kaffe, sondern auch Obst und Saft aus eigener Herstellung bewirtet. Ob wir uns hier nicht im Alter niederlassen wollen, fragt unser Gastgeber. Die Häuser seien spottbillig, Obst und Gemüse wachse fast von selbst und wenn man dann noch ein paar Hühner, Kühe und Ziegen halte, hätte man alles was man zum Leben so braucht. Ein paradiesischer Zustand also und verlockend klingt er auch, zumindest im Sommer.
Wir erfahren, dass es eine Alternativroute gäbe, die aber unbefestigt sei und bei der man nicht sagen könne, ob sie tatsächlich befahrbar sei. Wir wollen sie trotzdem probieren und brechen auf.
Wir haben erfahren, dass in den nächsten Dörfern die türkische Minderheit des Landes lebe. Tatsächlich sehen die abgelegenen Dörfer mit ihren kleinen Moscheen, sandfarbenen Häusern und kopftuchbewehrten Frauen sehr türkisch aus.
Unsere Piste ist mal sandig, mal schlammig und oft steil. Sie bietet aber einen wunderbaren Bergblick und wir gelangen in Orte, die aussehen als sei dort seit 100 Jahren die Zeit stehen geblieben. Ein Ziegenhirte fragt ob wir Türkisch oder doch eher Mazedonisch sprächen. In Letzerem erfahren wir, dass unsere Piste hier zu Ende sei, wir müssten ins Tal zurück und auf die Hauptstraße. Das wollen wir nicht, in Folge schieben wir einen sandigen Weg steil bergauf, bis wir nach etwa einer Stunde Schwerstarbeit einen Ort erreicht haben, der über eine asphaltierte Hauptstraße verfügt.
Dort geht es dann auf die offizielle Route und zum nächsten Pass, die Serpentinen fahren sich sehr angenehm.
Nach rauschender Abfahrt erreichen wir Negotino und eines der größeren mazedonischen Weinanbaugebiete durch das wir bis Kavadarci weiterfahren. Auf die Frage wo wir gut zelten können, erhalten wir ein strahlendes Lächeln und eine weitausholende Armbewegung: “Überall – such Dir was aus”. Weil wir dann doch nicht mitten im Weinberg nächtigen wollen, schlagen wir das Zelt auf einer kleinen Kuppe neben einem solchen auf. Nebenan findet sich das Wasserrückhaltebecken in dem eine Kröte sitzt, deren mehrfach verstärktes Quaken die ganze Nacht anhält, was unserem Schlaf aber nichts anhaben kann.
Kavadarci-Prilep-Bitola-Prespa See ca 120 km
Nach Prilep ist ein Paß von nur etwa 1000 Metern Höhe zu überwinden, was sich, weil man von fast ganz unten wieder hochfahren muss, auf der aalglatten Bundesstraße in die Länge zieht. Es ist Sonntag früh und außer den Weinbauern auf ihren Fahrrädern, Pferdefuhwerken und Traktoren ist kaum einer untwerwegs. Nach rasanter Abfahrt erreichen wir Prilep, wo man nach sehr heruntergekommene Außenbezirken eine erstaunlich hübsche Innenstadt vorfindet.
Nach Bitola fahren wir parallel zur Bundeststraße auf der ehemaligen Landstraße, auf der wir nahezu alleine unterwegs sind, allerdings ist sie über weite Strecken gepflastert.
Bitola verströmt mit seinem Mix aus engen Gassen und der großen, zentral gelegenen Moschee, trotz benachbarter Kirche bereits einen orientalisch angehauchten Charme, wenn auch hier weite Teile der Stadt schon bessere Zeiten gesehen haben.
Wir treffen eine Gruppe netter Radfahrer aus der mazedonischen Hauptstadt Skopje und nehmen nach nettem Plausch den Paß zum Prespa-See in Angriff. Und weil oben angekommen, ein Unwetter anrückt, gönnen wir uns einen Kaffee in einer Art Alm, deren “WC” tatsächlich einen Wasseranschluß hat – unter der Pinkelrinne fließt nämlich ein Bach entlang.
Die Straße zum Prespa-See ist wegen eines Bergrutsches gesperrt aber, wie wir erfahren haben, für Fahrräder passierbar. Am See angekommen, die Zeiten des Tourismus scheinen auch hier der Vergangenheit anzugehören, können wir dennoch an einem ehemaligen Campingplatz unterkommen. Nur ein nahe gelegener Laden findet sich nicht.
Prespa See-Ohrid-Struga-Delukovo ca 85 km
Der Paß zwischen den beiden Seen soll es in sich haben. Wir finden die Auffahrt, die sich nahezu verkehrslos zunächst durch dichte Eichenwälder, später durch eine zunehmend alpin anmutende Landschaft empor schlängelt, sehr entspannt fahrbar. Die Strecke ist ein echter Geheimtipp für jeden, der auch einsame Alpenpässe schätzt.
Auf der Passhöhe angekommen, beginnt ein Naturpark, auch Wanderwege gibt es. Wir erhaschen einen atemberaubenden Blick hinunter zum Ohrid-See, bevor eine Nebelwand aufzieht und uns die Sicht versperrt. Es folgt ein eiskalter Regenguß und ich brauche sehr lange um meinen steifgefrorenen Händen soviel Leben einzuhauchen um abfahren zu können.
Am Ohrid-See kommt dann wieder die Sonne heraus, die Temperaturen bleiben aber kühl, so dass wir unseren angedachten halben Badetag aus dem Programm nehmen.
Statt dessen genießen wir das Treiben in Ohrid an der Strandpromenade. Die Stadt ist mächtig herausgeputzt und gut besucht, man meint fast man sei die ganze Zeit durch ein komplett anderes Land geradelt.
Nach kurzer Stadtrundfahrt durch die sehenswerte Altstadt, begeben wir uns nach Struga und von dort auf die Straße Richtung Debar, wo wir in der Nähe eines Stausees unser Zelt aufschlagen.
Alle
Bilder von
Mazedonien finden sich
HIER Delukovo-Debar-Peshkopi-Zalidarde ca 70 km+-, ist aber schwer zu sagen
Bis Debar fährt man hügelig durch eine Schlucht, die den Blick auf leuchtend grüne Stauseen freigibt. Wir sind zwar immer noch in Mazedonien, aber festungsähnliche Hausbauten, die Zunahme protziger Autos und laut rufende Kinder weisen darauf hin, dass hier bereits eine eher albanische Bevölkerung zu Hause ist.
In Debar verfrühstücken wir unsere letzten Dinare im Stadtpark. Der scheint auch ein wichtiger Ort von Klatsch und Tratsch zu sein. Traditonell gekleidete Frauen und käppitragende Männer sitzen getrennt in Gruppen zusammen und tauschen Neuigkeiten aus. Die örtliche Damenmode besteht aus einer knielangen Pumphose mit Blumendruck unter einem weiten Rock oder Kleid, einer langärmligen Tunika und wadenlangen buntbestrickten Wollstrümpfen. Die Haare werden von einem hauchdünnen, durchsichtigen Schleier eher geschützt als bedeckt und die Füße stecken, wir sind schließlich auf dem Balkan, in Badelatschen. Ich fühle mich in der kurzen Radhose geradezu nackt und werfe schnell ein unauffälligeres Kleidungsstück über. Weil unzählige neugierige Blicke jede unserer Bewegungen aufmerksam verfolgen, fällt das Frühstück deutlich kürzer aus als geplant und wir stehen wenig später an der albanischen Grenze. Der dienstuende Beamte hat sichtlich Schwierigkeiten beim Umgang mit seinem nagelneuen Rechner, als Einreisegrund gefällt ihm jedenfalls “Transit nach Kosovo” besser als “Tourismus”.
Die Straße nach Peshkopi wäre eigentlich asphaltiert, wenn sie nicht wegen Bauarbeiten in weiten Teilen aufgerissen und mit tiefem Schotter und Sand versehen wäre. Auch die jugoslawische Art des Srtraßenbaus, bei der eine Straße eher steigungsarm in Serpentinen einen Berg hochgeführt wird, scheint man hier nicht zu mögen.
In Peshkopi sind wir deshalb erst kurz nach mittag. Wir schlagen uns durch den dichten Verkehr an Pferdefuhrwerken, Maultieren und teueren Gelände- und Sportwagen. Im Innenstadtbereich flaniert eine bunte Menge von Menschen fröhlich durch die Straße.
Wir tauschen Geld und begeben uns aus der Stadt um am Ufer der schwarzen Drina unser Zelt zu trocknen und ein Mittgsmahl einzunehmen. Dort sind mehrere Gruppen Halbwüchsiger unterwegs, von denen sich eine damit vergnügt scharfe Handgranaten zu zünden. Bei jeder Detonation fühle ich mich unwohler, weshalb wir bald einpacken und weiter fahren.
Die Straße ist erwartungsgemäß ebenso asphalt- wie schilderfrei, aber zunächst recht gut zu fahren. In den Dörfern läuft oft eine aufgeregte Kindergruppe hinter uns her, schreit und ruft. Ich winke und bin froh, dass die Besiedlungsdichte der Gegend rapide abnimmt. Leider wird auch die Piste immer schlechter, weshalb man, die Strecke führt bergauf-bergab, nur langsam vorwärts kommt. Bis Kukes, wie geplant, schaffen wir es heute jedenfalls nicht mehr.
Mit Hilfe unseres Wörterbuchs fragen wir einen Bauern, der gerade seine Schaf und Kuhherde zusammentreibt, ob wir bei ihm zelten dürfen. Wir dürfen, haben sogar einen Wasseranschluß in Form eines kleinen Baches und einen tollen Blick auf schneebedeckte Berggipfel. Mit Hilfe unseres Wörterbuchs, von dem unser Gastgeber ganz begeistert ist, führen wir eine langwierige aber anregende Unterhaltung, bei dem ich die Reste unseres bulgarischen Rakia offeriere. Als Gegengeschenk erhalten wir selbstgebrannten Birnenschnaps. Auch mit einer PET-Flasche frischer Milch werden wir versorgt.
Zalidarde-Kukes vielleicht um die 60km
Die Straße windet sich weiter an den Bergen entlang und hinunter zum Fluß. Dort muss man eine Brücke überqueren, bei der ein Großteil der Holzplanken fehlt, um auf der anderen Flußseite sämtlich vernichtete Höhenmeter wieder hochzufahren. Die Aussicht auf das enge Flußtal und die umliegenden Berge entschädigt für die Mühe. Wir überholen zwei müde Fußgänger, tauschen Grüße aus und quälen unsere bepackten Räder weiterhin im Schleichtempo über die Straße, deren ehemaliges Pflaster wie die verfaulten Zähne einer alten Frau krumm und schief nach oben steht, mal fehlt, fest und locker sitzt.
In einer Serpentine begegnet uns eine Kindergruppe, die nach kurzem, freundlichen Geplänkel in der nächsten und übernächsten Serpentine wieder auftaucht und schließlich Geld von uns will. Wir lehnen ab und fahren unbehelligt weiter, was uns in Folge bei den nächsten Kindergruppen nicht mehr gelingt.
Von hinten fliegen mir Steine und Stöcke nach, was aber, es geht bergab und ich fahre, Piste hin- oder her, so schnell ich kann, keine Folgen hat. Ich hoffe nur, dass gerade jetzt keine Panne auftritt.
Die Fahrt wird zu einem regelrechten Spießrutenlaufen, zwischendrin hat Micha sogar noch einen Platten, aber es ist zum Glück niemand in Sicht. Meine Nerven sind schon sehr angespannt, ich habe die Trikottaschen mit Steinen befüllt und übe mich in einem finsteren, abschreckenden Gesichtsausdruck, was sichtlich zu Erfolg führt. Die nächsten Kinder, es mag aber auch an ihrer geringen Zahl liegen, wagen noch nicht einmal zu rufen.
Ich habe eigentlich wenig Lust aus Abschreckungsgründen wie ein gewalttätiges Ungeheuer aufzutreten, aber mit Steinen bewerfen lasse ich mich auch nicht. Ich fühle mich jedenfalls sehr unbehaglich, unsicher, angreifbar und fahre - vom Adrenalinspiegel getrieben - in einem gefühlt halsbrecherischen Tempo berauf und bergab. Die langsam ansteigende Wut zaubert unerfreuliche Gewaltphantasien in mein Hirn, mich zügelt aber das Wissen darum, dass genau so jene Gewalttätigkeiten entstehen, die ich verabscheue. Micha tritt etwas gelassener auf als ich, ich weiß aber dass auch er nur noch raus will, aus diesen Bergen und diesem Land.
Wir passieren nun immer mehr Dörfer, deren – neu gebaute- Höfe kleinen Festungen gleichen. Große, stabile Mauern schützen die Bewohner gleichermaßen vor Blicken, wie vor ungebetenen Besuchern und wirken eher abschreckend als einladend und heimelig.
2 Platten später erreichen wir die Vorstädte von Kukes, wo uns ein weiterer Platten ereilt, was eine stetig anschwellende Kindergruppe zu uns zieht. Micha schnauzt, mittlerweile sehr genervt, den nächstbesten Jungen ruppig an, woraufhin dieser sein Gelärme und Gezerre einstellt und versucht, plötzlich charmant, uns beim Flicken zu helfen. Langsam hat die ganze Situation etwas absurdes und ich muss aller Anspannung zum Trotz lachen, was auch die Mine unseres kleinen Helfers aufheitert.
Wenig später haben wir Kukes erreicht, wo gerade eine neu gebildete Polizeitruppe ausgebildet wird, die in ihren schmucken Uniformen auf einer Veranda sitzen und uns fröhlich zu winken. Ob die dort irgendwelche reellen Befugnisse haben? Die zahlreichen Pannen haben uns 3 Stunden gekostet, ob wir es noch ins Kosovo schaffen ist zu beweifeln, wir kennen ja weder den Zustand der Strecke, noch die Verhältnisse dort. Also bleiben wir in Kukes, obwohl die Stadt einen wenig einladenden Eindruck macht. Unzählige finster dreinschauende Männer lungern am Straßenrand herum, ganz so, als würden sie auf etwas warten. Ingesamt meint man das in der Luft hängende Mistrauen fast greifen zu können, die Situation wirkt wie in einem Western, in dem die Dorfbewohner darauf warten, dass die Bösewichte einreiten.
Jeder unserer Schritte wird aufmerksam verfolgt, so dass wir uns nach Spaziergang und Nahrungsaufnahme in unser Hotelzimmer zurückziehen, das über ein komfortables Wohnzimmer verfügt, in dem wir uns eine Flasche einheimischen Rotweins genehmigen.
Vielleicht nehmen wir aber auch, unserer Anspannung geschuldet, alles durch eine verzerrte Brille wahr und Kukes ist eine Stadt wie jede andere und sämtliche Wahrnehmungen entspringen einer zu lebhaften Phantasie.
Reell sind hingegen die Einschußlöcher in den Hauswänden unseres Innenhofes sowie die hohen Müllhaufen, die vorzugsweise in den Außenbezirken der Stadt am Straßenrand vor sich hin stinken. Reell ist auch die Tatsache, dass wir uns durch kleinere Zwischenfälle, die jedem Weltreisenden vermutlich nur ein müdes Lächeln entlocken würden, tatsächlich die Stimmung verderben lassen. Ich fasse den ernsthaften Vorsatz mehr Gelassenheit an den Tag zu legen, ob das klappt, wird sich dann zeigen.
Ich blicke jedenfalls gespannt dem Kosovo entgegen, obwohl uns unterwegs alle eindringlich vom Bereisen des Landes abgeraten haben, weil es “ausschließlich Verbrecher beherberge”: Es kann eigentlich nur besser werden.
Kukes-Gjakove(Djakovica)-Peja (Pec) etwa 110km
Wir haben nun die Ursache für Michas Plattenwunder entdeckt. Sämtliche Ventile (Schrader) unserer Ersatzschläuche, eine Großpackung aus dem Hause Decathlon, sind durch die Pistenfahrerei undicht geworden. Das ist für einen Schlauch, der eigentlich für den Einsatz am MTB gedacht ist, eine eher ungünstige Eigenschaft. In einer Gegend, in der der nächste Fahrradladen viele unwegsame Bergpässe weit entfernt liegt, ist es ein kleines Unglück. Zum Glück habe ich aber noch einen guten Markenschlauch eingesteckt, den haben wir, obwohl er durch einen auslaufenden ebenfalls nicht pistenfesten Sekundenkleber ein wenig angegriffen ist, seit der letzten Panne im Einsatz. Und siehe da – die Luft bleibt drinnen. Der 2te Reifen muss hingegen 1-2 x täglich aufgepumt werden, will man keine Durchschläge riskieren. Auch ist Michas Hinterrad verdächtig labil, immer wenn er Druck aufs Pedal bringt, schleift es an der Bremse, was vorzugsweise bergauf passiert.
Wir brauchen also dringend einen Fahrradladen und hoffen, dass es in Pec einen geben möge, alternativ ist ein Schlenker in die montenegrinische Hauptstadt Podgoriza eingeplant.
Kukes verlassen wir in den frühen Morgenstunden, in denen leider noch nirgendwo Brot aufzutreiben ist. Die Straße wird gerade neu gebaut und ist zunächst noch geschottert, bevor sie uns mit schönstem Prachtasphalt blendet. Bergauf fahrend hat man eine wunderbare Sicht über die Berge und einen langezogenen Stausee, der bei Kukes seinen Anfang nimmt. Wir überholen einen freundlich grüßenden Radfahrer und eine ältere Frau, deren spindeldürren Beine unter dem Stapel Holz auf ihrem Rücken hervorragen wie zarte Stelzen. Sie lädt ihre Last kurz beseite, schenkt uns ein nahezu zahnloses Grinsen und ruft ein paar für uns leider unverständliche Sätze, bevor sie das Holz wieder auflädt.
Später erreichen wir einen größeren Ort, der laut unserer Karte gar nicht existieren dürfte und stürzen uns dort in Hoffnung auf Brot und Frühstück ins Gewühl. Brot finden wir keines, aber die Frage danach führt uns in ein Restaurant, wo uns eine Bohnensuppe serviert wird. Brot gibt es dazu auch. Während wir essen wird unter dem beifälligen Blick der Gäste ein frisch geschlachteter und gehäuteter Hammel hereingetragen. Da ich seit vielen Jahren kein Fleisch mehr gegessen habe, wirkt mein Grinsen jetzt vielleicht ein wenig bemüht, was aber niemandem auffällt.
Bald ist die Grenze zum Kosovo erreicht. Die kosovarischen Beamten sind ganz begeistert, dass Touristen aus Deutschland ihr junges Land besuchen und wünschen eine gute Reise.
Mit der Grenze zum Kosovo weichen die hohen, bedrohlich wirkenden Berge einer sanften, grünen Hügellandschaft, die an das Allgäu erinnert. Vielleicht ist das Wesen der Nordalbaner ja durch die Landschaft geprägt, in der sie seit Jahrhunderten ums Überleben kämpfen müssen. Im Kosovo wirkt hingegen alles freundlicher, aufgeräumter, offener. Die Mauern um die Höfe sind verschwunden, dafür gibt es viele Fahrradfahrer. Einer davon fährt, kaum sind wir in Gjakove eingefahren, auf uns zu und begrüßt uns auf Deutsch. Als wir in der gleichen Sprache antworten, fällt er vor Staunen fast vom Rad, er kann gar nicht fassen, dass wir “echte Deutsche” sind. Die Sprache ist zufällig die einzige Fremdsprache, die er gelernt hat, wie übrigens viele im Kosovo.
Er führt uns zum nächsten Radladen, wo wir nicht nur zwei neue Ersatzschläuche erstehen, sondern wo auch die Komponenten an Michas Hinterrad festgezogen werden.
Gjakove hat eine hübsche Altstadt im sogenannten "türkischen Stil", bei dem in schmucken, niedrigen Holzhäuschen verschiedene Läden und Werkstätten untergebracht sind. Auch eine Statue von Mutter Theresa, die aus dem Kosovo stammt sowie eine alte Moschee gibt es.
Uns gefällt es hier so gut, dass wir am liebsten bleiben würden. Nach Kukes wirkt Gjakove lebendig, bunt, einladend und sehr europäisch.
Wir begeben uns jedoch auf die Hauptstraße nach Pec, auf der ein reger Verkehr herscht, bei dem die bekanntesten deutschen Automarken den Ton angeben.
Einen Regenschauer überbrücken wir in einer Kneipe, in der wir unter Plakaten von waffenschwingenden UCK Helden einen Kaffee schlürfen. Beim Gespräch mit dem freundlichen Besitzer, auch er kann Deutsch, schaffen wir es das Thema Politik weiträumig zu umschiffen.
Insgesamt werden wir hier oft angesprochen und wenn wir jeder Kaffeeinladung gefolgt wären, wären wir an diesem Tag nicht mehr in Pec angekommen.
Pec ist eine lebendige Stadt, die von hohen Bergen umgeben ist. Die KFOR-Truppen, hier sind die Italiener stationiert, sind allgegenwärtig, auf Plakaten und in Persona.
Dennoch herrscht hier Aufbruchstimmung. Viele Plätze und Gebäude wurden frisch renoviert, Menschen flanieren die Straßen entlang und auch an einladend wirkenden Gastronomiebetrieben und Läden mangelt es nicht. Nachdem wir die Fahrräder abgestellt haben, fallen wir hier gar nicht mehr auf, was zur Abwechslung einmal eine echte Wohltat ist.
Nur Unterkünfte sind nicht ganz einfach zu finden, so dass wir eine kleine Stadtrundfahrt brauchen um ein zentral gelegenes Hotel ausfindig zu machen, das auch noch unserem Geldbeutel entgegen kommt. Die Aussicht über die Stadt, die wir von dem Dachzimmer haben, gibt es gratis dazu.
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Albanien und Kosovo sind
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Peja (Pec)-Rugova Schlucht-Cakor Pass-Murino-Adrijewica-Plan Kuca etwa 110km
Der nächste Morgen hüllt sich in Wolken, während wir zur Rugova-Schlucht aufbrechen. Die Schlucht bietet mit ihren steil aufragenden Felswänden eine spektakuläre Ansicht und die Straße führt aussichtsreich und schonend bergan. Um die frühe Uhrzeit sind wir hier nahezu alleine, nur ein paar Fußgänger sind noch unterwegs.
Ein paar nationalistische Gedenkstätten später erreichen wir die Abzweigung zur montenegrinischen Grenze, bei der es sich um ein grob geschottertes Wegchen handelt. In unserer Karte ist hier eine größere Landstraße mit offiziellem Grenzübergang eingezeichnet. Die Abweichung zur Realität ist schon beachtlich, zumal es sich um eine neue Ausgabe handelt.
Dank eines Bergrutsches ist der Zustand des Weges anfangs eher zweifelhaft, bis man die Grenze in Form einiger Panzersperren passiert und die Strecke sich in Serpentinen den Berg hinauf windet. Hier ist der Weg trotz gelegentlicher Schlammeinlagen sehr gut fahrbar und der Nebel gibt gelegentlich schöne Ausblicke frei. Die Landschaft erinnert stark an die Alpen, sie ist allerdings deutlich dünner besiedelt.
Wir haben gerade den Pass passiert, da werden wir von einer mit Blaulicht nahenden Grenzpatrouille gestoppt. Mit dem Zuruf: “Ich glaube das sind Polen” will einer der Beamten unsere Pässe sehen und teilt uns mit, dass wir uns eines illegalen Grenzübertritts schuldig gemacht haben. Der offizielle Weg führe über Rozaje. Wir verweisen auf unsere Karte, die mit großen Interesse studiert wird und dürfen dann nach einigem Hin und Her und einer freundlichen Verabschiedung weiterfahren.
In Adrijewica stocken wir unsere Vorräte auf und fahren einen Regenschauer später eine schöne, kurvige Straße in Richtung des nächsten Passes. Dort angekommen, man hat schöne Blicke auf schneebedeckte Berge, beziehen wir Betten in einer Berghütte, die von einem Naturschutzverein betrieben wird.
Plan Kuca-Kolasin- Biogradska Gora Nationalpark Fast-Ruhetag etwa 40km
Micha hat in der Nacht ein Magen-Darm-Infekt, wir vermuten ein verdorbenes Lebensmittel, ereilt. Der Hüttenwirt kocht unermüdlich magenfreundlichen Kräutertee und behauptet, dass regelmäßiger Konsum des einheimischen Blaubeerschnapses zuverlässig gegen derartige Krankheitsfälle helfen würde.
Mittags geht es Micha immerhin gut genug um nach Kolasin abfahren zu können. Einige Kilometer hinter dem Ortlagern wir am Ufer der Tara, wo Micha ausruht, während ich die Umgebung erkunde. Dabei treffe ich einen Türken, der uns den Naturpark “Biogradska Gora” empfiehlt, einen Zeltplatz gäbe es dort auch.
Wir fahren die restlichen ca 20 km dorthin, was aber angesichts Michas Zustand keine besonders gute Idee war, weil es die letzten Kilometer ausschließlich bergauf geht, was für eine gesunden Menschen kein Problem, für einen Kranken jedoch einen unendlichen Kraftaufwand bedeutet. Während Micha direkt im Zelt verschwindet, drehe ich, ganz ohne Rad, eine ausgedehnte Runde um den See, in dem sich nun die Berge im Abendlicht spiegeln. Hier kann man auch wunderbar wandern.
Der Zeltplatz, der eigentlich nicht mehr als ein lichter Laubwald ist, ist gestopft voll mit mehreren tschechischen Reisegruppen. Zwei davon reisen in Bussen mit Radanhänger und fahren auschließlich die allerneuesten MTB-Modelle spazieren. Da ist es natürlich Ehrensache, dass die Räder des abends sorgfältig abgespritzt werden. Vielleicht wird man mit dreckigem Rad auch aus der Gruppe ausgeschlossen, meine Grüße werden jedenfalls geflissentlich ignoriert, was aber auch daran liegen kann, dass ich sie auf serbisch hervorbringe.
Biogradskoe Jezero-Moikovac- Zabljak ca 80km
Micha fühlt sich immer noch sehr angeschlagen, wir wollen allerdings trotzdem probieren bis an den Rand des Durmitor-Nationalparks zu kommen und beschließen ein langsames Tempo anzuschlagen. Die Strecke, die überwiegend bergauf auf guter, steigungsarmer Straße entlang der Taraschlucht führt, ist sehr angenehm zu fahren. Der motorisierte Verkehr ist eher verhalten und die Blicke auf das türkisfarbene Band der Tara, das sich durch eine gewaltige Schlucht schlängelt, machen die Strecke zu einem zu recht beliebten Rad- und Motoradausflugsort.
Auch unsere tschechischen Zeltplatznachbarn sind hier unterwegs, die uns, weil sie in jeder Wirtschaft eine Pause einlegen, regelmäßig erneut übererholen.
Später führt die Straße von der Tara weg bergwärts und man erreicht nach einem kleinen Pass die Hochebene, auf der auch Zabljak liegt. Hier hat man, es ist übrigens sehr windig hier, erstmals eindrucksvolle Bergblicke. Mittlerweile fühle ich Wellen der Überlkeit anrollen, wofür ich die Tatsache verantwortlich mache, dass wir den ganzen Tag so gut wie nichts gegessen haben.
In Zabljak angekommen, wir sitzen gerade vor einem Laden, werden wir einmal wieder gefragt, ob wir Russen oder Polen seien. Der Herr will seinen Zeltplatz anpreisen und weil er eine heiße Dusche verspricht, fahren wir dort auch hin. Auf dem Weg treffen wir ein serbisches Reiseradlerpärchen auf dem Weg nach Venedig, das aber leider eine andere Strecke fährt als wir.
Auf dem Zeltplatz angekommen, der Hausherr will gerade einen Slivovitz offerieren, entleert sich mein Magen direkt vor der Türschwelle, was mir enorm peinlich ist.
Statt des Schnapses gibt es einen Kräutertee und statt des Zeltes eine Kammer, die mit einer Emailleschüssel bestückt ist, die mir eine Nacht im Badezimmer erspart. Das ist sehr praktisch, weil sich vor der Badezimmertür ein tschechischer Motoradfahrer zur Nachtruhe begeben hat.
Ruhetag in ZabljakAm nächsten Tag kann ich kaum aufrecht sitzen, ich bin immer wieder erstaunt, wie schnell man jegliche Kraft verliert. An das Fahren bergiger Paßstraßen ist jedenfalls nicht zu denken. Für unsere Unpäßlichkeit machen wir mittlerweile die in Adrijewica erworbenen Cremeschnittchen verantwortlich, die Micha direkt und ich am gestrigen Morgen gegessen habe.
Eigentlich könnte man hier einen einen ausgiebigen Bergtourentag einlegen, wir schaffen es jedoch lediglich zum Crno Jezero (schwarzer See), der jedoch ebensowenig schwarz ist, wie die hiesigen Berge, sondern in einem satten Türkiston erstrahlt. Die Aussicht hat Postkartencharakter: hinter dem See erheben sich schneebedeckte Berge, die Sonne strahlt, kein Wölkchen zeigt sich am Himmel.
Des abends, ich fühle mich deutlich besser, beziehen wir den Zeltplatz, auf dem sich auch unsere tschechischen Freunde vom vorherigen Tag niedergelassen haben. Als auch noch ein weiterer Fahradbus sowie eine (natürlich tschechische) Jugendgruppe eintrifft, wird es auf dem Platz ein wenig eng. Wir beschließen den Abend in der netten Gesellschaft eines Pärchens aus der Steiermark, das motorisiert unterwegs ist.
Zabljak- Straße durch den Durmitor Nationalpark- Brod (Foca)-Tjentiste (BIH) ca 110km
Die Straße führt uns glatt und in schönen Serpentinen mitten durch den Durmitor Nationalpark. Die Strecke erinnert an schöne Paßstraßen in den Hochalpen, nur dass sich das Verkehraufkommen hier auf etwa 1-2 Autos pro Stunde beschränkt. Zunächst, wir sind früh gestartet, ist außer uns nur ein tschechischer Radfahrer unterwegs, der begeistert fotografiert.
Den Pass von knapp über 1900 Metern hat man auf sehr angenehme Weise erreicht. Dann eröffnet sich ein alpines Hochtal, dem die Straße im Zickzack-Kurs folgt. Die zahlreichen Bergblicke sind so schön, dass man kaum weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Später, wir haben gerade ein litauisches Reiseradlerpaar überholt, kommt uns ein weiterer entgegen. Wir stoppen zu einem kurzen Plausch- und siehe da – der junge Mann kommt aus Karlsruhe und ist auf dem Weg in den Kaukasus. Manchmal wirkt die Welt, zumindest die europäische, schon sehr klein
.
Es folgt eine rauschende Abfahrt durch zahlreiche Tunnel und wir kommen an den Steilhängen eines weiteren türkisfarbenen Flußes raus – der Piva.
Auf der folgenden Route – die eine reine Tunnelorgie ist- geht es bis hinein nach Bosnien eigentlich tendentiell bergab. Weil aber mittlerweile ein enorm kräftiger Wind aufgekommen ist, der vor allem von vorne bläst, kommen wir nicht allzu schnell voran.
In Bosnien angekommen, müssen wir erst einmal in die nächste Kneipe flüchten um einen Regenschauer auszusitzen. Wir schlürfen unser Kaltgetränk in der Gesellschaft eines serbischen Nationalisten im Kampfanzug, der seinem Bierglas die Ungerechtigkeiten dieser Welt klagt.
Die Piva ist mittlerweile zur Drina geworden, die wir mangels einer Brücke bis Brod ausfahren müssen um die gleiche Strecke auf der anderen Seite retour zu fahren.
Bis zum Sutjeska Nationalpark müssen wir noch einen Pass überwinden und weil wir in einen weiteren diesmal eiskalten Regenschauer geraten, beziehen wir bei Tjentiste ein Zimmer im einzigen Hotel, das keine baufällige Ruine ist.
Die
Bilder zu
Montenegro finden sich
HIER Sutjeska Nationalpark(Tjentiste)-Gacko-Nevesinje-Mostar ca 120km
Der nächste Morgen führt uns wieder einmal durch eine Schlucht, bevor es zu einem Pass hinaufgeht. Die Straße ist nur sehr spärlich befahren und wird gerade aufwändig repariert. Sogar eine Brücke, die künftige Fahrten etliche Serpentinen kürzer gestalten wird, ist in Bau.
Schöne Ausblicke auf zahlreiche Berggipfel und Felsformationen und türkisfarbene Flüsse und Stauseen versüssen die Fahrt enorm.
Rechts und links der Straße finden sich gelegentlich ehemalige touristische Anlagen, die komplett zerstört und dem Verfall überlassen wurden. Das verleiht der Umgebung einen Hauch von Endzeitstimmung, was sich aber ändert als eine rasante Abfahrt nach Gacko hinunter führt.
Der Rest der Strecke führt nur leicht hügelig durch eine Landschaft, die man – ohne die zerstörten und ausgebrannten Häuser und Fahrzeuge am Straßenrand – fast für die schwäbische Alb halten könnte. Hinter Nevesinje, der letzte Ort, in dem man die umgedrehte serbische Fahne wehen sieht, folgt ein kleiner Pass von etwa 1000 Metern Höhe und dann geht es bis Mostar fast nur noch bergab.
So gelangt man vom Hochgebirge, Nebel und Kälte sehr rasch in eine mediterane Landschaft. Hier ist es warm, fast heiß, der Jasmin duftet und die Feigenbäume am Straßenrand sind überladen mit Früchten. Der Wind, der uns schon den ganzen Tag aus wechselnden Richtungen schickaniert, bläst hier dermaßen kräftig von der Seite, dass ich bei der Abfahrt ernsthafte Schwierigkeiten habe mich auf dem Rad zu halten.
In Mostar, wir sind dort bereits am späten Nachmittag, ereilt uns erst einmal ein kleiner Schock. Hier ist es laut, heiß, mit Touristen überladen. Wir sind so einen Rummel gar nicht gewohnt und beziehen schnell ein Hostel mitten in der Innenstadt.
Letztere ist wirklich sehenswert und bietet mit ihren engen Gassen und alten, prächtigen Moscheen einen Hauch orientalischer Romantik. Nicht nur die berühmte Brücke wurde saniert, auch wenn vielen Gebäuden die Kriegsschäden noch deutlich anzusehen sind.
Wir beschließen den Tag mit der deutschen Fußballniederlage gegen Spanien in der Gesellschaft vier wortkarger Schweden und eines Serben.
Mostar-Jablanica-Ostrov ca 60km
Die E 73 Mostar-Banja Luka ist zunächst wegen zahlreicher Baustellen nebst Schwerlastverkehr nicht besonders angenehm zu fahren, was sich aber ändert, als die aufgerissenen Holperstrecken einem babypopoglatten Asphalt Platz machen. Der Verkehr kommt ohnehin nur stoßweise und ist nicht ganz so stark, wie befürchtet. Dafür bläst der Wind von gestern unvermindert schon am frühen Morgen in voller Stärke und zwar von vorne oder der Seite, was die wirklich einfach zu fahrende Strecke deutlich anstrengender macht.
Einige – wieder einmal - türkisfarbene Stauseen und beeindruckende Felsen später hat man Jablanica erreicht, wo die Straße nach Sarajevo abbiegt. Hier kann man im Rahmen des Kriegsmuseums eine gesprengte Eisenbahnbrücke bewundern. Während wir das tun, kreiselt eine kleine Nachwuchsfahrerin im rosa Kleidchen auf passendem Fahrrad um Aufmerksamkeit heischend um unsere Fahrräder. Ob da Hoffnung besteht, dass sie in 20 Jahren immer noch auf dem Rad statt im Mercedes hockt?
Eigentlich könnte man heute noch locker nach Sarajevo fahren, aber warum sollte man zwei Tage in einer Großstadt sitzen, wenn statt dessen ein türkisfarbener Stausee lockt – mit Badestrand.
An einem solchen lassen wir uns kurz nach Mittag nieder, hier darf man gegen eine vergleichsweise horrende Gebühr auch sein Zelt aufstellen und verbringen den Rest des Tages im und am Wasser.
Jablanicko Jezero-Konjic-Ilidza-Sarajevo-Ilidzagesamt ca 90-100km
In den frühen Morgenstunden ist auf unserer Straße noch nicht zuviel los, sogar der Wind ist schwächer geworden. Nach einem Paß sowie einer ausgesprochenen Tunnelorgie ist man dann auch schon da. Je näher wir an Sarajevo heranrücken desto häufiger wird der Anblick zerschossener Häuser, was in großem Kontrast zu vielen prachtvollen Neubauten und teueren Edelkarossen steht, die man ebenfalls in großer Anzahl bewundern kann.
In Ilidza, dort ist der örtliche Campingplatz, stellen wir für eine ebenfalls saftige Gebühr (14€ für uns + das Zelt) unser Zelt auf und begeben uns in die Stadt.
Die Fahrt in die sarajevosche Innenstadt ist ein dermaßen unerfreuliches Unterfangen, dass ich bereits nach 20 Minuten bereue, nicht die Trambahn genommen zu haben.
Der offizielle Weg nach Sarajevo führt nämlich nur über eine Autobahn, auf der man, ganz wie in Deutschland, von aufgebrachten Kraftdroschkenlenkern des Platzes verwiesen wird.
Wir weichen auf Nebenrouten durch zerschossene Plattenbauviertel und lauschige, nagelneue Eigenheimgegenden aus. Der Verkehr ist aber auch auf Nebenstrecken unvermindert stark. Als wir an Ort und Stelle ankommen, habe ich schon keine Lust mehr, mir irgend etwas anzuschauen, auch Micha ist in gereizter Laune.
Jedenfalls sind wir von der Stadt ein wenig enttäuscht. Uns stört der enorme Touristenstrom, die Menschenmengen, die sich durch die Gassen schieben und dem Kosumrausch in Läden hingeben, die in jeder anderen X-beliebigen Stadt Europas genauso vorzufinden sind. Nur Läden mit Mode für die züchtig gekleidete muslimische Frau, neben einem für aufreizende Strandkleidchen findet man andernorts weniger oft.
Die eigentliche Altstadt ist eher klein und kann in ähnlicher Form auch in den Städten des Kosovo in weniger touristischem Ambiente bewundert werden. Im neu renovierten türkischen Bazar, der tatsächlich ein sehr schönes Gebäude ist, kann man chinesischen Schmuck kaufen und in den schmalen dunkelen Gassen kann man in gemütlichen Lokalitäten Kaffee oder Cevapcici zu sich nehmen.
Auffällig ist, dass viele öffentliche Gebäude, Straßen und Plätze nach ihrer Zerstörung dem Verfall überlassen wurden, während am Straßenrand zahlreiche Autos parken, die zwei meiner Jahresgehälter gekostet haben. Auch viele neue Prachtbauten kontrastieren zu zerschossenen Ruinen und das ebenfalls zerschossene Rathaus wird gerade mit EU-Mitteln neu restauriert, während die Geldgeber der neu gebauten Moscheen und islamischen Kulturzentren wohl eher im Nahen Osten zu finden sind.
Wir begeben uns nach einigen Stunden zurück nach Ilidza, wobei wir der Idee verfallen einem einheimischen Radfahrer nachzufahren. Der schlängelt sich auf Fußwegen am Ufer der Bosna entlang aus der Stadt, die wir so nie gefunden hätten. Hier sind auch mehrere Fahradfahrer und Inline-Skater unterwegs. Man grüßt sich gegenseitig und ist guter Laune – die Stadt wird mir direkt wesentlich sympathischer. In Ilidza angekommen, genehmigen wir uns noch ein Bierchen in der örtlichen Fußgängerzone, bevor wir auf den Zeltplatz zurückkehren.
Am nächsten Tag bummeln wir nur noch ein wenig durch den Ort und die Umgebung und begeben uns dann zum nahe gelegenen Fughafen um die Heimreise anzutreten..
Bilder zu BIH sind
HIER zu finden
SchlußendlichDie Tour war außerordentlich erlebnisreich, hat allerdings auch viel Kraft und einige Kilo unseres Lebendgewichts gekostet, was aber nicht weiter dramatisch ist.
Ich musste mich anfangs erst einmal damit abfinden, dass ich auf diesem Terrain keine ambitionierten Kilometerleistungen erbringen kann, zunächst hatte ich ständig das Gefühl ich sei den ganzen Tag kaum vorwärts gekommen. Nach einer Weile war mir das aber egal und ich konnte die beeindruckenden Landschaften, den Zauber des Augenblicks genießen oder gelegentlich auch verfluchen. Die Schönheiten der Landschafen vermag man, nachdem man viele Tage immer wieder beeindruckende Schluchten, hohe Berge, bizarre Felsen und türkis changierende Flüsse gesehen hat, kaum noch zu würdigen.
Natürlich spielen für Gefallen oder Nicht-Gefallen einer Gegend nicht nur landschaftliche Schönheit sondern auch die darin wohnende Menschen eine Rolle. Diesbezüglich haben wir uns vor allem in Mazedonien sehr wohl gefühlt, weil uns die dortigen Menschen mit einer unaufdringlichen Neugierde und Herzlichkeit begegnet sind. Wie in vielen slawischen Ländern gewinnt man den Eindruck, die eigene Art zu Reisen sei vielen Leuten vollkommen normal und selbstverständlich. Und weil im Großen und Ganzen die touristische Infrastruktur fehlt, fühlt man sich auch selten als “fahrender Geldbeutel”. In Bosnien hatte ich dieses Gefühl beispielsweise außerhalb der serbischen Rebublik sehr stark, was allerdings auch an der Art der Ziele gelegen haben mag, die ja eher touristischer Natur waren.
Ich merke immer wieder, das “klassisches Sightseeing” weniger positive Eindrücke bei mir hinterläßt, als zufällige Begegnungen und Situationen, die sich meist gerade dort ergeben wo gerade weit und breit keine anderen “Fremden” anzutreffen sind.
Montenegro hatte die vermutlich aufregenste Landschaft zu bieten und ist, weil es sich im Vergleich zu seinen Nachbarn um ein ausgesprochenes Tourismusland handelt, sehr problemlos zu bereisen. Das war gerade nach den Erlebnissen in Albanien sehr angenehm. Der dortige Aufenthalt war diesmal nämlich nicht nur köperlich sondern auch nervlich sehr anstrengend, das mag für viele abenteuerlich sein – ich kann ohne solche Aufregungen eigentlich sehr gut leben.
Im Kosovo hat es uns vermutlich gerade aufgrund des Kontrastes zum albanischen Norden so gut gefallen.
Bulgarien werde ich mit Sicherheit auch noch ein drittes Mal besuchen, leider liegt es nicht in unmittelbarer Nähe zu meinem Wohnort, so dass eine einfache und schnelle Anreise (nämlich aufs Rad setzen und losfahren) leider ausgeschlossen ist, zumindest so lange ich meine Brötchen mit Lohnarbeit verdienen muss. Auch Griechenland ist ein sehr angenehmes Reiseland, allerdings hat es auch ein relativ hohes Verkehrsaufkommen.
Jugoslawien galt einmal als Beispiel dafür, dass Religion und ethnische Zugehörigkeit für ein gelungenes gemeinschaftliches Zusammenleben keine Rolle spielen. Leider hat die jüngere Geschichte das Gegenteil bewiesen. Die deutlich merkliche Zunahme nationalistischer und religiöser Tendenzen scheint mir verhängnisvoll für eine Region in der sich schon oft verschiedene Macht- und Interessensgruppen aus aller Welt hemmungslos ausgetobt haben. Dass man hier nun zahlreiche Ministaaten von der Größe des Saarlands durchqueren muss, scheint mir vor allem im Zusammenhang eines europäischen Gemeinschaftsgedankens schon fast absurd.
Dass ein funktionierendes Gemeinwesen sowie das Bewußtsein für die Wichtigkeit eines solchen vielertorts fehlt, sieht man vor allem dort, wo großer Reichtum in Form von Autos oder Privathäusern zur Schau gestellt wird, während öffentliche Anlagen und Infrastruktur dem Verfall preigegeben werden.
Da waren für mich Regionen stimmiger, in denen die Einwohner mit dem Pferdefuhrwerk, Fahrrad oder Jugo durch verwahrloste Orte fahren, als mit dem Mercedes, Jeep oder BMW.
Als Faustregel kann ich behaupten, dass ich mich überwiegend dort am wohlsten gefühlt habe, wo die vorherrschende Beschriftung in kyrillischen Schriftzeichen vorgenommen wurde.
Ingesamt kann ich jedem - eine gewisse Liebe zu Bergregionen vorausgesetzt – eine Reise in die Balkanregion nur empfehlen, wobei die Mitnahme eines Zeltes und einigermaßen geländegängige Fahrräder den Aktionsradius erheblich vergrößern können. Es geht aber auch ohne, die Strecken sind dann eben andere.
Macht Euch ein eigenes Bild- möglicherweise macht Ihr ganz andere Erfahrungen als wir das getan haben. Am besten schreibt Ihr dann einen kleinen Bericht
Die Bilder noch einmal im Überblick:
Griechenland/Mazedonien 1:
Bilder Griechenland und Mazedonien 1 Bulgarien:
Bilder Bulgarien Mazedonien 2:
Bilder Mazedonien 2 Albanien/Kosovo:
Bilder Albanien und Kosovo Montenegro:
Bilder Montenegro BIH:
Bilder Bosnien und Herzegowina Nun hoffe ich, dass Euch mein kleiner Bericht, der ganz sicher nicht kurz und prägnant ausgefallen ist
, gefallen hat. Vielleicht ist ja auch für den einen oder die andere eine kleine Anregung dabei.
Fragen und Anmerkungen sind willkommen.
Gruß Nat