Nachdem der geplante 4-Tages-Tour an Kocher und Jagst wegen des Wetters ins Wasser fiel, musste einer neuer 3-Tages-Plan her: "Schnell mit dem Zug von Frankfurt nach Fulda und mit dem Rad zum Camping-Platz in Heringen an der Werra" fiel mir spontan ein. Alles andere wird sich ergeben! Hauptsache neue Radwege ...
Tag 1: Ab Fulda mit dem Haunetal-RW nach Hünfeld (zweigt vom Milseburg-RW ab). Nach ein paar Kilometer musste ich schon anhalten - so ein Krach hatte ich nie gehört von einem
Teich. Ist wohl die Paarungs-Zeit für Frösche. Ich machte extra eine Aufnahme mit dem MP3-Player, leider spiegelt die Aufnahme den Geräuschpegel nicht so richtig wider. Es war ohrenbetäubend! Vorbei am Haunestausee (nichts besonderes) durch ein paar Dörfer und an einer lauten Hauptstrasse entlang fuhr ich dann Richtung Hünfeld und den Kegelspielradweg (wollte ich schon lange fahren). Den Anfang zu finden war nicht leicht, ist eher unauffällig. Ist aber eine wunderbar asphaltierte RW, der ganz am Anfang (oder am Ende je nach dem) mit einem Schmankerl aufwartet - ein alter
Eisenbahnwaggon der als Cafe dient. Der RW selber verläuft am Rande der Rhön und als ehemalige Bahntrasse tischt keine böse Rhön-Überraschungen auf - sprich keine 2stellige Steigungen. Der RW ist sehr gut zu fahren und fast ausnahmslos wunderbar ausgeschildert - und bietet einige schöne Aussichten. Schade, dass es nur 27 km lang ist (was durchaus als Kompliment zu verstehen ist).
In
Wenigentaft - und Thüringen also - angekommen, war es Zeit für eine Pause (gnadenlos die Sonne heute) in eine Scheune, die als Wirtschaft umfunktioniert wurde. Nun geht's mit dem Ulstertal-Radweg weiter. Dieses Tal ist herrlich. Alles wirkt so naturbelassen - ist wohl das einzig Gute an dem ehemaligen Zonenrand- bzw Sperrgebiet. Da wurde nichts angefasst und verunstaltet. Bald bin in wieder in Philippsthal (Hessen) und nehme den Werra-RW nach Heringen. Zelt schnell aufgebaut und dann Zeit für einige (es wurden 25) gepäcklose Erkundungskilometer.
Ab Heringen hat man kurzzeitig 2 Varianten des Werra-RWs zur Auswahl. Entweder über die Dörfer oder durch die Auen. Ich nehme ersteres. Ui - Kopfsteinpflaster (KSP) und gar nicht flach. Bald gibt's wieder Asphalt und ein netter Wirtschaftsweg nach
Berka, wo erstmal ordentlich gegessen wird. Ich fahre zurück über die Auentrasse – und so werde ich auch morgen fahren denke ich.
Fazit des Tages: Mit dem Kegelspielradweg kann man geschickt die Rhön umschiffen
Tag 2: Der Plan für heute steht seit gestern abend fest - Eisenach und die Wartburg ohne Gepäck. Ich bleibe dann noch eine Nacht in Heringen. Erstmal durch diese wunderbare Auen - der RW ist teilweise nur ein schmaler Schotterpfad (und man muss aich durch ein Kieswerk durchfahren!!). Man fährt auch über ein 400-Meter lange
Holzsteg (als Schutz für die Salzwiesen gedacht nehme ich an) and an
Dankmarshausen vorbei. Einfach herrlich die Natur hier. Daran stört
Monte Kali auch nicht. Immer wieder sieht man von weitem die schindelbedeckten Türme der Kirchen - und der
Kirchenturm von Untersuhl ist keine Ausnahme. Als ich im Dorf bin stelle ich fest, dass es eher ein Wachturm als eine Kirche ist - weil es
rund ist. Verwirrt suche ich nach einem Einheimischen, der mir was dazu sagen kann. In der Tat, es ist eine Rundkirche, erfahre ich. Nicht nur das - es ist immer offen: "Gehen Sie ruhig rein!" Welch ein Spektakel.
Zwei Empore, die ganzen Abbildungen der
Aposteln usw. So ein Kleinod hatte ich nicht erwartet. (
Wikipedia link zu dieser Kirche)
Der Radweg zieht seinen Weg weiter durch Wälder und kleine - reichlich mit KSP gespickten - Dörfer. Daran erkennt man am ehesten ob man im "Westen" oder "Osten" ist. Für die, die es genua wissen wollen, sind auch
Schilder aufgestellt worden mittlerweile. Kurz danach fängt der Rennsteig an und bald danach ist man in Eisenach. Zeit für ein paar Bilder
des Rathauses und ein palastartiges Gebäude
am Marktplatz und dann mache ich mich auf dem Weg zur Wartburg. Der einzige Belag in der Stadt scheint KSP zu sein. Ich hoffe (und bete), dass die Strasse hoch zur Wartburg asphaltiert ist. Ich biege ein zum Aufstieg und sehe ... KSP. Nach 500 Meter oder so aber ist die Strasse asphaltiert. Irgendwann sehe ich die Wartburg dann von weitem -
sehr beeindrückend. Die Strasse ist aber nicht so steil und ist vor allem schattig, und bald bin ich am Parkplatz angekommen. Auf meine Frage hin sagt mir der Wächter dort, dass man das letzte Stück doch mit dem Rad hochzufahren ist. "Sind nur 12% oder so". Ich schätze der gute Mann hat sich einen Scherz erlaubt. Die erste 200 Meter sind OK zu fahren bis zu einer Kehre aber dann baut sich eine sehr steile KSP-Strasse mit einer Länge von ein paar hundert Metern vor mir auf. Der Tacho zeigt 17% an. Ich entscheide mich fürs Schieben und schau wie der Tacho irgendwann kurz mal 30% anzeigt. Die Anlage selber ist aber völlig überlaufen an diesem sonnigen Samstag. Zu viele Leute - nichts für mich. Die Aussichten sind aber fantastisch, egal ob man nach
Süden oder
Norden schaut. Nach 30 Minuten hab ich genug von den Menschenmengen und will nur noch eins: Die Abfahrt geniessen, eventuell ein Bild von der
Nikolaikirche und -tor machen bevor ich den "Heimweg" antrete mit genau der gleichen Route.
Fazit des Tages: Die Weltkulturerbe Wartburg war nicht halb so imponierend wie eine kleine runde Kirche in einem ebenso kleinen thüringischen Dorf. Und irgendwann gehen KSP voll auf die Ei**!!!
Tag 3: Es geht um 4:27 los mit dem Geschwitzer der Vögel. Haben die denn kein Erbarmen? Es ist kaum hell bzw für meine Begriffe ist es noch dunkel. Ich greife zu radikalen Mittlen indem ich mein MP3 Player aufsetze und wieder einschlafe zu etwas Bach gespielt von Keith Jarrett (passend zu dem gestrigen Besuch in seiner Geburtstadt, Bach nicht Keith Jarrett). Wieder um 7:30 wach überlege ich mir wie ich nach Hause kommen will. Eins weiss ich: Ich will mir zuerst das Städtchen Vacha angucken, das direkt an der damaligen Grenze liegt. Und eine sehr schön Stadt ist sie auch. Die Bilder, die diese Behauptung von mir untermauern würden, sind aber ungeniessbar da Sonnencreme auf die Linse der Kamera gekommen ist! Die Route zurück nach Fulda führt mich dann erstmal wieder durch das herrliche Ulstertal nach Geisa (wo mir das Malheur mit der Linse bewusst wird - und wo es zu heiss war die soeben gemachten Bilder nochmal zu machen), an dem einsamen
Ziegelei-Schornstein von Schleid vorbei (als die Grenze 1945 gezogen wurde, hat man scheinbar übersehen dass die Ziegeleien im Osten waren, die Lehmkutte aber im Westen) - und Tann buchstäblich links liegen lassend - Richtung Milseburg-Radweg. Und da es nun schnurstracks gen Westen geht, hab ich mit Gegenwind zu kämpfen als es stetig bergauf geht zum berühmten Tunnel. Im Tunnel, der bei ca. 540 M ü NN liegt und 1 km lang ist, ist es auf einmal verdammt kühl und die Beleuchtung scheint auch nicht besser geworden zu sein seitdem ich das letzte Mal hier war. Bis mir einfällt, dass ich die Sonnenbrille noch auf habe! Ah - nun sieht man wo man hinfährt ... keine schlechte Idee bei dem Tempo, das man im abschüssigen Tunnel bald drauf hat. Nach der Abfahrt lege ich eine kurze Pause in Langenbieber ein (Bewirtschaftung direkt neben der Strecke) - stelle aber schnell fest, dass es mir zu heiss ist ohne Fahrtwind. Und keine 50 Minuten später bin ich am Fulda-Bahnhof, wo zu meiner Freude a) ich nur 4 Minuten auf die Abfahrt der Bahn warten muss (wie oft hab ich eher 54 Minuten auf einen Zug warten müssen der stündlich verkehrt!) und b) es gibt noch Platz für mich im schon vollen Radabteil.
Fazit bzw Learning des Tages: a) Nach dem eincremen immer die Hände waschen oder b) greife nie ungeschickt in die Lenkertache nach der Kamera es sei denn man weiss zu 100% dass die Schutzkappe auf die Linse ist.
Fazit der kleinen Tour: a) Ein paar Nächte auf einem Campingplatz haben den enormen Vorteil, dass man gepäcklos eine Gegend erkunden kann und b) ich will viel mehr von Thüringen sehen und erleben.
Tour in Google Earth Profil/Details Tag 1:
Profil/Details Tag 2 (hier nur "one-way" da ich vergas den Tacho wieder einzuschalten nach dem Wartburg-Besuch):
Profil/Details Tag 3:
Alle Bilder (verlinkt in voller Grösse) für die, die eher mit so was anfangen können als Worte (dazu gehöre ich auch)