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#597817 - 03/01/10 02:25 PM Ruanda und Uganda 2010
Biketourglobal
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Am 20. Januar ging es los. Startend in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, fuhr ich entlang der Grenze zum Kongo nach Uganda und dort mit Zwischenstation im Queen Elisabeth Nationalpark und der Äquatorüberquerung nach Kampala und weiter zum Victoria Nil. Zurück ging es am 10. Februar von Entebbe/Uganda.

! Mehr Bilder, Videos und Infos findet ihr auf meiner Website!


Es war das sechste Mal, dass ich in Afrika war – das vierte Mal, dass ich diesen Kontinent mit dem Rad befahren habe. Diesmal war ich allerdings das erste Mal in Ostafrika unterwegs. Inspiriert durch Filme wie „Last King of Scotland“ und die Motorradreise „Long Way Down“ von Ewan McGregor und Charley Borman wollte ich mir seit langem schon Ruanda und Uganda anschauen.

Nach wie vor werden diese beiden Länder eher mit dem blutigen Genozid 1994 in Ruanda und der Gewalt-Diktatur Idi Amins in Uganda verbunden. Heute, 16 Jahre nach dem Morden zwischen Hutus und Tutsis und mehr als 30 Jahre nach Idi Amin erfahren beide Länder so was wie Aufschwung und sind, trotz der Nähe zum Kongo und dem derzeit ruhigen Burundi realitv friedlich. Ich habe beide Regionen als unglaublich schön empfunden. Die Menschen sind ausgesprochen freundlich, als Radler kann man sicher reisen, ich habe mich nie bedroht gefühlt.

In Kigali, der Hauptstadt Ruandas angekommen mein erster Weg in das Genozid Memorial Center. Auf beeindruckende Art ist hier die Geschichte des Genozid von 1994 aufgearbeitet und man bekommt einen guten Überblick über die Wurzeln des Konfliktes in der Kolonialzeit bis hin zur neueren Geschichte der Aufarbeitung dieses Konfliktes in der ruandischen Gesellschaft unter Präsident Kigame. Und am Ende realisierte ich, dass das Memorial Center auf den Gräbern von 250.000 Toten errichtet wurde. Die Massengräber liegen in einem Garten hinter dem Ausstellungsgebäude.



Besonders mitgenommen haben mich die Räume, in denen der ermordeten Kinder gedacht wurde. Unglaublich, wie brutal und völlig entfesselt die Menschen abgeschlachtet wurden.





Im Anschluss an den Besuch im Memorial Center fuhr ich nach Nyamata, 25 km südlich von Kigali, um eine Kirche zu besuchen, in der während des Schlachtens um die 5.000 Menschen getötet wurden. Sie hatten Zuflucht in dieser Kirche gesucht, aber die Mörder kannten kein Einhalten. Heute noch sieht man die blutigen Kleider der Toten in der Kirche liegen.

(Hier gibt es dazu meine Filmaufnahmen aus der Kirche)

Nach so viel Tot und Verderben brauchte ich unbedingt einen Themenwechsel. Der bot sich mir auch sofort im 175 km langen Aufstieg zu den Vulkanbergen des Virunga Nationalparks Nordwestlich von Kigali an der Grenze zum Kongo gelegen. Hier erheben sich eine Reihe von über 4.000 m hohen Vulkanen, an deren Hängen die letzten Berggorillas der Erde leben. Einen Besuch habe ich mir angesichts der hohen Kosten dafür gespart. Umso mehr genoss ich den unglaublich schönen Blick auf die Vulkankette, während ich Richtung Kisoro und ruandisch/ugandische Grenze radelte.







Nach den guten Asphaltstraßen Ruandas kam die Ernüchterung gleich nach dem Grenzübertritt: auf übler, aber radelbarer Piste ging es erst nach Kisoro, einem verschlafenen Dorf nur wenige Kilometer vom Kongo entfernt und dann weiter nach Kabale. Uganda begrüßte mich gleich mit einem tropischen Regensturm, der mich natürlich auf schlechter Piste und oben in den Bergen erwischte. Es war mehr ein Dahinschlittern, als Radeln, denn der Lateritboden der Straße war im nu aufgeweicht und zu einer klebrig-glitschigen Masse verkommen. Entsprechend sahen ich und mein Rad nach kurzer Zeit auch aus – schlammverschmiert und durchnässt. Durch dichten Bambuswald ging es wieder und wieder die Berge hinauf, der Regen bildete nebelartige Schleier – es war herrlich!
Aber auf Regen folgt Sonne und nach 30 km traf ich sogar auf eine neue Asphaltstrasse, die mich dann ganz angenehm nach Kabale führte.





Der Südwesten Ugandas gleicht sehr den Alpen. Lonely Planet sagt, es sei eher wie Neuseeland, aber da war ich noch nicht. Schön ist es allemal. Da der Verkehr auf der Hauptstraße Richtung Kampala mir zu stark war, bzw die Überlandbusse und LKWs mir zu gefährlich fuhren, radelte ich über Nebenstraßen in Richtung Queen Elisabeth Nationalpark. Gelegen am Lake George und Lake Edward, die durch einen kleinen Kanal verbunden sind, liegt hier einer der schönsten Nationalparks Ugandas. Herrschten oben in den Bergen noch angenehme 30 Grad, so stieg die Temperatur mit jedem Höhenmeter, den ich runter in den Nationalpark fuhr, an. Unten auf ca 950 Metern Höhe waren es dann 45 Grad! Ich spürte die Hitze auf meiner Haut. Es war schwül-heiss – einfach unerträglich. Aber ein Gutes hatten die Trockenzeit und die damit verbundenen Temperaturen: auch die Tiere im Nationalpark waren durstig und hielten sich daher meist am Wasser auf. Das Wasser war ein Kanal, der den Lake Georg mit dem Lake Edward verbindet. Bei einer Bootstour auf dem Kanal konnte ich also viele Tiere sehen. Für mich war das ein sehr beeindruckendes Erlebnis, denn nahezu alle dort vorhandenen Tiere kamen wie bestellt zum Wasser. Bis auf die Löwen, denn die wohnen ein bisschen weiter südlich und hatten wohl keine Lust hochzukommen. Dafür gab es Elefanten, Nilpferde, Büffel, Fisch-Adler und Warzenschweine zu sehen.









Nach soviel Wildlife nahm ich Abschied vom Nationalpark und fuhr weiter nach Norden in die mit höchsten Berge Afrikas, die über 5.000 Meter hohen Ruwenzori-Mountains. Auf dem Weg dahin überquerte ich den Äquator, was ich persönlich toll fand, denn ich war ganz alleine am Äquator-Denkmal und konnte in aller Ruhe machen, was Touristen da so machen: filmen, fotografieren, von Nord nach Süd und wieder zurück laufen und eine SMS nach hause schicken, dass man jetzt wieder auf der Heimat-Halbkugel steht.



Leider sah man die Ruwenzori-Mountains durch den Dunst nicht richtig und somit auch nicht die schneebedeckten Bergkuppen. Daher radelte ich weiter nach Fort Portal, einer kleinen Stadt im Westen Ugandas am Fuße der Berge. Hier zelte ich bei einer Missionsstation mit Hostel, die neben einer Ausbildungsstätte auch ein Heim für HIV positive Kinder betreibt. Geführt wird die Mission von einer 65jährigen Irin, die ich fälschlicherweise für eine 80jährige Amerikanerin hielt. Das Leben hier ist offensichtlich anstrengend. Aber die Arbeit, die sie und ihr Team hier leisten ist wirklich beachtlich. Und unterstützenswert. Ich bin eigentlich immun gegen jegliche Art von Spenden, aber hier überlege ich nun doch mal, wie ich das was machen kann. Das Heim in dem die HIV-infizierten Kinder leben heißt Manna House und hier bekommen sie ihre Medikamente und eine gute Ernährung sowie psychologische Betreuung.



Ich blieb einige Tage in Fort Portal und machte mich dann auf nach Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Es ist schon lustig, was man so als Radfahrer an Anträgen bekommt, während man durch die Gegend radelt. “Hello, I am hungry! Buy me some food!” oder das obligatorische “Hello, give me my money!”. Den besten Spruch bekam ich als ich mich mühsam einen Berg hinauf gekämpft hatte und oben im Schweiße meines Angesichts versuchte meine Flasche zu öffnen. Wie aus dem Nichts stand ein Junge vor mir und sagte “Give me a football!”.



Die 300 km von Fort Portal nach Kampala waren die mit Abstand härtesten der Tour. Anfangs war die Strasse noch gut und führte durch die endlosen Tee-Plantagen in Ugandas Westen, bevor sie dann vom Urwald des Kibale Nationalparks abgelöst wurden.





Kurz darauf wich der Dschungel der Monotonie der Straßendörfer und Felder, unterbrochen durch Sumpfgebiete, sogenannte Wetlands. Besonders anstrengend war das ständige Auf und Ab. Wie eine Sinuskurve verlief die Straße permanent 10 bis 12 Prozent bergab, um dann gleich wieder um 10 bis 12 Prozent anzusteigen. Obwohl ich immer sehr früh aufgebrochen bin, um die kühlen Abschnitte des Tages zu erwischen, lagen die Temperaturen bereits ab 11 Uhr weit über 32 Grad und ab 13 Uhr um die 40 Grad. Der heißeste Tag schlug mit 46 Grad zu Buche. Da ich nur wenig oberhalb des Äquators war und zudem parallel zu ihm fuhr gab es leider auch wenig Schatten und die Sonne immer schön direkt drauf. Zumindest habe ich so etwas Farbe bekommen. Mehr als genug.





Die letzten 70 km vor Kampala waren besonders herausfordernd, denn sie bestanden hauptsächlich aus Baustellen, oder die Straße war ohnehin kaputt. Das bedeutete wenig Asphalt und viel Piste und somit sehr viel Staub. Innerhalb kürzester Zeit war ich komplett rot eingestaubt. Augen und Nase verklebt. Je näher die Hauptstadt kam, desto dichter wurde der Verkehr. Die Straße bestand am Ende nur noch aus einem dünnen Asphaltband, rechts und links durch Staubpiste eingerahmt. Und jeder wollte etwas vom Asphalt haben. Ich als Radfahrer hatte da ganz schlechte Karten.



Ich empfehle jedem Radler daher unbedingt einen Rückspiegel, um den rückwärtigen Verkehr im Auge zu behalten und notfalls heranbrausenden LKWs oder Überlandbussen rechtzeitig ausweichen zu können. Jedes Jahr sterben unglaublich viele Menschen auf Ugandas Straßen. Diese sind, mit Ausnahme des Großraums Kampala, zwar sehr wenig befahren, aber da viele Autos nicht unbedingt fahrtüchtig sind und das auch für den ein oder anderen Fahrer gilt, ist Vorsicht geboten. Hinzu kommen die Straßenzustände. Löcher und Gräben gibt es immer wieder und auch die Versuche durch Boller die Autos zum Abbremsen zu zwingen, klappt nicht immer. Durch Rasen, Übermüdung, Alkohol und Drogen am Steuer und Unerfahrenheit mancher Chauffeure kommt es immer wieder zu schlimmen und tödlichen Unfällen.

Wohlbehalten bin ich dann aber doch in Kampala angekommen. Diese Stadt ist ein Moloch. 3,5 Millionen Menschen zwängen sich hier auf engstem Raum. Selbst in Indien habe ich nicht solche Menschen- und Automassen auf einem Fleck gesehen. Die Stadt an sich hat aus meiner Sicht nur drei Gründe sie zu besuchen: 1. Das Weltkulturerbe der Kasubi Gräber, Königsgräber des Bugandan Stammes, 2. Den Taxistand im Zentrum Kampalas und 3. Weil man durch diese Stadt einfach muss, um weiter zu den Quellen des Victoria Nils und nach Kenia zu kommen. Alle Wege führen über und nach Kampala.





Ich will weiter nach Jinja, zu den Nilquellen und dem Bujangali Waterfalls. Das bedeutet einmal quer durch diesen Wahnsinn zu radeln. Und dann auch wieder zurück, noch mal durch die Stadt, um nach Entebbe, der alten Hauptstadt der britischen Kolonialherrschaft und internationaler Airport zu kommen.



Der Besuch der Bujangali Wasserfälle war wirklich ein Glückstreffer. Für mich überraschenderweise sind sie ein bekanntes Eldorado für passionierte Kayakfahrer und Rafting-Fans. Ich hatte oberhalb der Wasserfälle mein Zelt aufgeschlagen mit einem entsprechend wunderschönen Blick auf die Landschaft. Die Bujangali-Falls haben eine Raftingklasse der Kategorien 4 bis 6. Ist also schon ganz ordentlich. Durch den Ausbau des bestehenden und den Neubau eines weiteren Wasserdammes zur Energiegewinnung werden die Wasserfälle so wie sie jetzt sind bald verschwunden sein. Momentan warten alle darauf, wie sich die Landschaft verändern wird. Das Wasser soll um bis zu 10 Metern steigen.





Nach einigen Tagen am Nil und einer heftigen Party mit den Raftern und Kayakern nahm ich Abschied und machte mich auf den Rückweg nach Kampala. Im Gegensatz zur Route hin zum Nil, wählte ich nun eine Nebenstrecke, die mich zwar über Pisten, aber dafür auf einsamen Strassen durch eine schöne Landschaft nach Kampala brachte. Der Hinweg auf der Hauptstrasse war eigentlich Selbstmord, denn hier fließt der Verkehr aus Mombasa und Nairobi nach Kampala und weiter in den Kongo. Also waren entsprechend viele Trucks und Busse unterwegs, umschwirrt durch die ständig hupenden Taxi-Minibusse und natürlich jede Menge Mopeds. Und mittendrin ich. Leider fehlt auf einem Grossteil der Strecke der Seitenstreifen komplett oder ist total zerstört, weshalb ich immer wieder auf die Strasse an sich ausweichen musste, was zu Konflikten mit den Trucks und Bussen führt.



Daher war die Strecke über die Nebenstrassen und Pisten wesentlich angenehmer. Nur ab und zu kam ein Minibus oder ein Zuckerrohrtruck vorbei. So konnte ich noch mal Land und Leute weitab der Hauptreiserouten genießen und habe viele Pausen eingelegt, einfach um zu quatschen und mir das Land anzuschauen. Leider hört das Vergnügen mit dem Erreichen der Hauptstrasse vor Kampala auf.

Nach weiteren 50 km war ich dann in Entebbe und damit am Ende meiner Reise an. Entebbe, ist die alte Hauptstadt aus der britischen Kolonialzeit. Hier befindet sich noch das State House Ugandas und damit der Sitz des Präsidenten. Ansonsten ist Entebbe ein kleiner Ort mit etwas kolonialem Charme, der hauptsächlich durch den einzigen internationalen Flughafen Ugandas dominiert wird.





Nach rund 1.300 km und 21 Tagen beendete ich meine Radtour. Schön war es und ich kann beide Länder uneingeschränkt weiter empfehlen.



So, und wo geht es als nächstes hin…? ;-)

PS: Mehr Bilder der Afrika-Tour gibt es als Slideshow auch HIER!

Edited by Biketourglobal (03/01/10 02:28 PM)
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#598015 - 03/02/10 08:50 AM Re: Ruanda und Uganda 2010 [Re: Biketourglobal]
alder
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Wow!! Einer der geilsten Berichte die ich jemals gelesen habe. Endlich wieder mal was anderes als "5 Tage Sauerland Tour" etc. Einfach nur super!
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#598036 - 03/02/10 10:12 AM Re: Ruanda und Uganda 2010 [Re: Biketourglobal]
SchottTours
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Posts: 1,305
Auch wenn ich selbst niemals eine solche Tour machen werde, bin ich auch sehr beeindruckt von diesem Bericht. Vielen Dank. schmunzel
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#598218 - 03/02/10 09:28 PM Re: Ruanda und Uganda 2010 [Re: Biketourglobal]
Dietmar
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Hallo Martin,

beeindruckende Fotos und anschaulicher Text! Gefällt mir gut. Werde aber trotzdem diese Region nicht so schnell in meine Planspiele einbeziehen schmunzel .

Gruß Dietmar
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#598222 - 03/02/10 10:31 PM Re: Ruanda und Uganda 2010 [Re: Dietmar]
rollido
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Hallo Martin,
sehr intensiver und einfühlsamer Bericht. Auch die grausige Vergangenheit der Region hast Du packend beschrieben. Hier kennen wir die doch nur als Sofa-TV-Glotzer. Die Gegend ist aber nicht auf meinem Radradar.
Der Umweg ist das Ziel und alle Berge im Durchschnitt flach !
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#605863 - 03/26/10 09:14 AM Re: Ruanda und Uganda 2010 [Re: Biketourglobal]
uwee
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wunderbarer Bericht, tolle Bilder!!! Macht trotz der Strapazen Lust es Dir gleichzutun.
Gibt es irgendwann dort auch eine etwas kühlere Jahreszeit? Temperaturen über 40°C finde ich schon sehr heftig!
Liebe Grüsse
Uwe
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