Ich beschliesse ca. 1 Jahr vorher, diese Tour zu fahren. Familie, Freunde, Kollegen machen sich Sorgen, als ich alleine fahren will. Radreiseerfahrung habe ich nur von meiner Elbetour im letzten Jahr. Zwischendurch bin ich verunsichert aber weiterhin entschlossen. Ich richte noch zu Hause einen Blog ein, damit ich alle auf dem Laufenden halten kann, das funktioniert sehr gut.
Der Bericht ist deshalb so ausführlich, weil das alles Dinge sind, die für mich die Reise ausgemacht haben. Das Wetter war durchgehend superschön, teilweise sehr heiss, aber nie nass von oben
Hier sind einige meiner Bilder
Donaureise In Budapest bin ich 3 Nächte und mache mit einem sehr netten Deutschen, der hier seit vielen Jahren lebt, ein paar schöne Ausflüge, den Rest erkunde ich alleine.
1.9.09 Budapest – Dunavesce 88 km Dank Martin´s Karte komme ich gut aus der Stadt raus, passe allerdings bei einer Brücke nicht genau auf bzw. interpretiere die Karte nicht richtig und bleibe ein bisschen hängen. Schließlich klappt´s aber doch und ich bin auf einer sehr holprigen Strecke unterwegs, wo ich nur mit 10 – 15 km/h vorankomme und die Augen nicht vom Weg nehmen kann. Ein weiteres Mal verfranse ich mich und komme nach Fragen an einem Weg raus, der nur am Ende der Welt enden kann. Tiefer Sand zwingt mich zum Schieben und weit und breit keine Ortschaft zu erkennen. Irgendwann bin ich dann aber wieder richtig und freue mich, die Beschilderung EUROVELO 6 zu sehen. Es geht aber oft sehr nah am Fluss entlang.
In RACKEVE mache ich bei einer Kirche eine ausführlichere Pause, hier ist es schattig und ruhig. Der Ort schaut auch ganz hübsch aus. Die Strasse ist nun schön zu fahren Die letzten km muss ich auf einer sehr stark befahrenen Strasse zurücklegen und es ist noch einmal volle Konzentration gefordert. Mein Tagesziel ist DUNAVESCE und ich mache mich auf Unterkunftssuche, sehe auf den ersten Blick aber nichts. Als ich eine Frau frage, zuckt sie schon mit den Schultern und ich befürchte, dass ich leer ausgehe. Schliesslich werde ich zu einem Restaurant geschickt, wo ein Schild MOTEL auf eine Übernachtungsmöglichkeit verweist. Keiner da, ich rufe die Tel. Nr. an, die an der Tür steht und „sprechen deutsch“ will in 5 min. da sein. Der zeigt mir eine Bude, dessen Ausmass ich allerdings erst später sehe, sonst wäre ich hier nicht geblieben. Und dafür ist es viel zu teuer !!! 18 € für ein Dreckloch. Gegenüber kann ich Gott sei Dank ganz gut essen und die eine Nacht geht auch irgendwie rum.
2.9.09 Dunavesce – Kalocsa 65 km Ich starte um 7:15 ohne Frühstück und fahre die Alternativroute über DUNAFÖLDVAR. Gut zu fahren, wenig Verkehr. Hier erstmal gut gefrühstückt, kurz umgeschaut, ein netter Ort. Hätte sich doch gelohnt, die 15 km noch zu fahren. Dann bis kurz vor PAKS noch eine stark befahrene Bundesstrasse und hier auf die Fähre. Es ist wieder ein sehr heisser Tag und ich bin froh über die Brunnen. Die Landschaft ist nicht berauschend: vertrocknet aussehende Maisfelder und fast verbrannte Sonnenblumenfelder, dazu Strassen, die z.T. schnurgeradeaus gehen. KALOCSA ist eine Stadt, die für ihren Paprika bekannt ist und es gibt hier das weltweit einzige Paprikamuseum. Auf der Suche nach einer Unterkunft finde ich ein schönes Zimmer in einer Villa, allerdings bin ich hier der einzige Gast und es graust mich schon heute Nacht in diesem Haus allein zu sein. Ich nutze das frühe Ankommen, um die erste Ladung Wäsche zu waschen und sehe mich dann im Ort um. Hier gibt es auch eine sehr schöne Kathedrale, die allerdings z.T. eingerüstet, aber innen sehr sehenswert ist. Der Platz rundherum ist schön gestaltet und es gibt eine richtige Fussgängerzone. Das Paprikamuseum muss man meiner Meinung nach nicht unbedingt gesehen haben, aber gut, ich habe ja Zeit.
3.9.09 Kalocsa – Mohacs 90 km In den Unterkünften ist selten Frühstück inbegriffen, was mir aber nichts ausmacht. Ich kaufe mir etwas in einer Bäckerei und setze mich dann in ein Café, das geht wunderbar.
Es geht z.T. über Radwege, aber auch Bundesstrasse bis nach FAJSZ und dort hilft mir noch ein gut deutsch sprechender Ungar, den Dammweg zu finden. Na, das ist vielleicht eine Piste. Oft mit cm hohem Sand durchsetzt, dass selbst das Schieben schwer wird. Dann sehe ich weit vor mir einen Radler, der sein beladenes Gefährt gerade den Damm hoch schiebt und es geschafft hat, als ich auf seiner Höhe bin. Ich grüße ihn und es stellt sich heraus, dass es ein 22 jr. Franzose (Jérôme) ist, der aber sehr gut deutsch spricht. Wir fahren ein bisschen nebeneinander her und dann wird der Radweg mal echt traumhaft und mit 23 – 25 km/h zu fahren, fällt leicht. Allerdings hat Jérôme ein bisschen Mühe mitzukommen, das liegt aber in erster Linie an seinem Rad. In Baja machen wir eine ausgiebige Mittagspause und essen Langos, die Spezialität kennt Jérôme auch noch nicht. Später trennen wir uns und ich fahre noch bis Mohacs. Allerdings habe ich hier das Gefühl, nie anzukommen, der Weg ist wieder schlechter und zwischendurch kracht auch noch mein Flaschenhalter samt Flasche weg, ohne dass ich es merke. Ich bin immer mehr froh, dass ich so ein robustes Rad habe.
Dann endlich: die Fähre, drüben suche ich mir ein Zimmer, was zunächst nicht so leicht ist, dann aber sehr gut ausgeht. Am Nachmittag ersetze ich noch den Flaschenhalter und muss auf einen blauen ausweichen, zerstört natürlich das ganze Bild ;-)
4.9.09 MOHACS – BILJE (Kroatien) 70 km Nach dem Frühstück in einer Bäckerei starte ich Richtung Kroatien, dessen Grenze ich nach ca. 15 km erreiche. Mein erster Grenzübergang mit dem Fahrrad. Alles läuft easy ab, die Strecke ist toll. Wenig Verkehr, gute Strassen, Sonnenschein, was will man mehr? Auch die Landschaft scheint sich zu verändern, es wird etwas abwechslungsreicher.
In den Orten geht es beschaulich zu, die Kinder gehen zur Schule, die Frauen halten auf dem Weg zum Einkaufen einen Schwatz, die Männer sitzen oft schon in den Kneipen. Ich fahre durch große Pfirsichplantagen. Dann eine erste Steigung und ich tue mich schwer. Zwar freue ich mich auf die Abfahrt, aber dies ist Kopfsteinpflaster und auch richtig steil.
In KNEZETI VINOGRADI werde ich durch eine Straßenbaustelle ordentlich eingestaubt. Mein Tagesziel BILJE erreiche ich schon am frühen Nachmittag und könnte eigentlich noch fahren, aber in der Stadt Osijek will ich nicht übernachten und hier treffe ich es toll mit meiner Zimmersuche.
Ausnahmsweise trinke ich heute schon mal recht früh ein Bier nebenan und beschliesse, auch heute abend hier essen zu gehen, denn es riecht gut nach Gegrilltem. Der Ort selbst hat nicht so viel zu bieten und ich gehe nur etwas einkaufen.
Am Abend im Restaurant, ich habe gerade mein Tagebuch geschrieben, kommt auf einmal Jérôme an. Das ist ja eine Überraschung und auch er schaut ganz ungläubig. Wir tauschen die neuesten Erlebnisse aus.
5.9.09 BILJE – BACKA - PALANKA 100 km In der Nacht tobt ein heftiges Gewitter und auch heute morgen ist es noch sehr grau aber trocken.
Ich erreiche Ossijek und finde ausser den Festungsresten vor der Stadt, nichts attraktives, fahre allerdings auch am Rand vorbei. Die Beschilderung ist genau hier wieder etwas dürftig und ich eiere ein bisschen umher.
Heute erwarten mich laut Bikeline wieder einige Steigungen, die z.T. bis 8 % betragen. Mir graut´s. Aber das Gewitter hat auch eine Abkühlung mit sich gebracht und das ist für heute angenehm. Dann der erste knackige Berg und meine Lunge pfeift ordentlich. Die Strecke ist heute immer gleich: es geht berghoch, dann einige km wie auf einem Plateau entlang, in den nächsten Ort wieder z.T. steil runter und danach wieder hoch. Der Verkehr geht einigermassen, aber die Auto´s, die unterwegs sind, rasen mit Vollgas. Manchmal bin ich an den Steigungen kurz davor, abzusteigen, aber das Schieben ist auch total anstrengend und so kämpfe ich mich oft im 1. Gang hoch.
Durch Vukovar beschleicht mich angesichts der zerschossenen Häuser ein beklemmendes Gefühl. Die wenigsten sind geflickt und die Hauswände sprechen Bände von einem sinnlosen Krieg, ebenso wie der Wasserturm, das Wahrzeichen der Stadt.
Eigentlich wäre jetzt der Zeitpunkt für eine Pinkelpause, aber genau da, wo ich denke, ich könnte mal im Wald verschwinden, stehen Warnschilder wegen der vielen Minen. Ich strampele weiter und erreiche schließlich mein gedachtes Tagesziel : ILLOK. Hier fand heute ein Fest statt mit vielen Menschen in traditioneller Kleidung und ich bedaure sehr, davon nichts mit bekommen zu haben, aber sie sind schon wieder auf dem Nachhauseweg. Deshalb bekomme ich hier auch kein Zimmer und werde meine Kunar nicht mehr los. Also auf nach Serbien. Der Ort BACKA PALANKA wirkt auf mich zunächst sehr abweisend. Ich fahre ein bisschen umher, finde aber so nichts rechtes für die Übernachtung. Tausche erst mal meine Kunar in Dinar. Frage nach einer Pension und fahre dahin. Spricht mich ein Mann an, ob ich auch an einem Privatzimmer interessiert sei. Ich folge ihm und als ich zusage, fangen Frau und Tochter an, alles herzurichten und zu putzen. Er spricht ganz gut englisch und ich werde schon für den Sonntag zum Picknick eingeladen. Damit ist beschlossen, dass ich hier 2 Nächte bleibe.
Am Abend kommt nach ein paar sms auch noch Jérôme hierher und es gibt ein leckeres Abendessen.
6.9.09 Backa Palancka 0 kmZum Frühstück gibt’s ausser Erdbeerkompott noch in Ei gebackenes Brot und darauf streicht man Saure Sahne, ungewöhnlich, aber sehr gut. Und was steht auf dem Tisch : Schnaps, ich glaub´s ja nicht. Es hilft nichts, einen klitzekleinen muss ich auch schlucken. Vlado fährt mit uns in den Ort, wir tauschen noch ein bisschen Geld, ich kaufe auf dem Markt ein paar Pfirsiche und später werden alle Zutaten für das Picknick ins Auto geladen und es geht an den nahe gelegenen wunderschönen Donaustrand. Nach und nach treffen Freunde der Familie ein und alle bringen etwas mit, vor allem : jeder hat Schnaps dabei und wir haben ständig die Gläser voll. Es ist erst 12 Uhr !!! Kaiserwetter und die Männer kümmern sich um den Grill. Als „Vorspeise“ gibt es Sardinen, die so lecker sind, dass Jerome und ich zulangen, als gäbe es sonst nichts mehr, dabei hat Branka aus ihrem Garten Tomaten und Paprika mitgebracht. Es gibt Brot, Kartoffelsalat mit Mangold und eine leckere Marinade. Wein und Bier sowieso. Dann wird der Fisch gegrillt und ich habe im ganzen Urlaub nicht wieder einen so lecker zubereiteten gegessen, wie an diesem Tag. Die Stimmung ist super, alle unterhalten sich, auch mit uns, abwechselnd in Deutsch und Englisch. Und alles wirkt so unkompliziert und ich stelle mir diese Situation umgekehrt in Deutschland vor und weiss, es ist undenkbar….
Vlado und Branka begleiten uns noch in ein Internetcafe und später werden wir noch zu einem Eis eingeladen, obwohl ich das Gefühl habe, die nächsten 3 Tage nichts mehr essen zu können. Es war wirklich ein Traumtag, der hier zu Ende geht.
7.9.09 Backa-Palancka – Beska 85 km
Blauer, klarer Himmel und frische Temperaturen versprechen einen idealen Radeltag. Zunächst ist die Strecke noch sehr befahren und wir müssen gut aufpassen. Dann folgen wir einem Dammweg und sind allein auf weiter Flur, fahren durch eine schöne, grüne Landschaft und ich bitte Jérôme, ein Bild von mir zu machen. Das nutzt gleich ein Einheimischer Angler aus, uns in ein Gespräch zu verwickeln. Er hält uns u.a. für Mutter und Sohn (das musste ja mal so kommen) und als wir alle Vorschläge verneinen und ich mein Alter nenne, meint er, das wäre ja so seine Kategorie (62 !!!) usw. Ein mit Schnaps gefülltes Marmeladenglas, die meterlange „Fahne“ sowie seine vorgeführten Muskeln können uns auch nicht überzeugen und wir zuckeln weiter. Wir erreichen NOVI SAD mit einem schönen Blick auf die Festung PETROVARADIN. Hier ist eine Mittagspause angesagt und nach der Brücke über die Donau trennen sich unsere Wege, denn Jérôme will heute noch bis nach Belgrad.
Eigentlich schade, dass die Stadt zu kurz kommt, aber das ist auf dieser Reise oft so, dass ich mich entscheiden muss, wenig zu fahren und viel anzuschauen oder umgekehrt. Aber nach dem Tag gestern ist auch klar, dass ich hier noch mal herkomme. Auf die Festung schiebe ich allerdings mein Dickschiff über ein ganz kugeliges Pflaster und kann mir gut vorstellen, wie hier vor so vielen Jahren die Pferde und Kutschen hoch geklappert sind.
Oben bietet sich ein wunderbarer Blick über die Donau und die Umgebung. Dann heisst es, im schlimmen LKW Verkehr aus der Stadt raus zu kommen, ich werde dauernd angehupt und nehme meine Aufmerksamkeit keine Sekunde von der Strasse.
Ich erreiche den Ort SREMSKI KARLOVCI und er sieht von der Strasse so einladend aus, dass ich abbiege und einen Stopp einlege. Es gibt hier einen sehr schönen belebten Platz und in der barocken Kirche, die ich besichtige, wird eine wunderschöne Musik gespielt und lässt mich für einige Momente total abschalten.
Es hilft nichts, ich muss wieder auf die viel befahrene Strasse und es folgt ein sehr langer, mühseliger Anstieg. Der Ort BESKA hat zwar nicht viel zu bieten, aber ich kann die folgenden Übernachtungsmöglichkeiten nicht abschätzen und beschliesse nach 85 km hier aufzuhören.
8.9.09 Beska – Belgrad 80 km Die Strecke nach Belgrad ist recht unspektakulär. Heute morgen sind massenweise Traktoren unterwegs, die Ernte hat wohl Hochkonjunktur. Aber oft habe ich auch die Strasse lange für mich allein. Als ich versuche, die Hauptroute entlang der Donau über einen Feldweg zu fahren, erwische ich diesen entweder nicht oder er existiert nicht mehr (in der Huberkarte ist er nicht verzeichnet). Mit einem kleinen Umweg komme ich dann aber doch nach BATAJNICA und will mir an einem Strassenstand ein paar Pfirsiche kaufen. Spricht mich eine Frau an, ob alles o.k. sei, wir kommen ein bisschen ins Gespräch und sie lädt mich spontan zu einem Kaffee und einem Sandwich ein. Freut sich, dass sie mal wieder mit jemandem englisch sprechen kann und wir verbringen eine ganz gemütliche Stunde miteinander.
Es geht Richtung Belgrad und der Verkehr nimmt immer mehr zu. Ich bin nicht mehr sicher, ob ich noch auf der richtigen Strasse bin, als ich von hinten mit den Worten: „noch ein Schwarzmeerfahrer?“ angesprochen werde. Es ist ein älterer Herr aus Saarbrücken und wir kämpfen uns gemeinsam durch den Grossstadtverkehr bis hoch zum KALEMAGDAN. Von außen hat die Stadt wenig einladend gewirkt, aber plötzlich sind wir in einer schönen Fußgängerzone und ich finde sogar ein Hotel, welches zwar nicht super ist, aber bezahlbar und in guter, zentraler Lage.
Nach der Dusche ist Stadtbummel angesagt. „Innen“ gefällt mir Belgrad sehr gut und es ist eine ganz moderne Großstadt mit vielen jungen und hippen Leuten, superschönen Läden in oft sehr prachtvollen Häusern. Restaurants und Cafés findet man zuhauf. Hier bleibe ich 2 Nächte und treffe am Abend noch Benni, einen jungen Berliner, der bisher schon viel Pech mit seinem Rad hatte, aber alles ganz gelassen nimmt.
9.9.09 Belgrad 0 kmIch nehme mir ausreichend Zeit, den wunderschönen Park KALEMAGDAN und die Festung anzuschauen. Riesige Ausmasse und schöne Aussichten auf die Donau und die ………, die hier mündet.
Am Rande des Parks hat ein serbischer Künstler eine Fotoausstellung mit sehr berührenden Fotos von Land und Leuten und ich bekomme beim Durchbummeln ab und zu eine Gänsehaut. Ausserdem stehen auf dem Besichtigungsprogramm die Muttergottes Kirche, die Kirche des Hl. Sava und bei den vielen Fuß km komme ich ausserdem am prachtvollen National Theater vorbei und werde in der Himmelfahrtskirche noch Gast in einer prunkvoll wirkenden Messe.
10.09.09 Belgrad – Velikô Gradiste 125 km Aus der Stadt raus ist es genauso brutal, wie rein. Ich habe im morgendlichen Berufsverkehr das Gefühl, eine Schicht aus Abgasen und Staub auf meinem Gesicht spazieren zu fahren. Schließlich ist es geschafft und auf der anderen Donauseite bis PANCEVO geht es ganz hervorragend auf der Busspur, die ich fast für mich alleine habe und der Straßenbelag ist erste Sahne. Die ersten km flutschen nur so dahin. Später fahre ich durch ein waldreiches Naturschutzgebiet.
Nach 100 km wäre ich dann aber doch gerne mal am Ziel, muss aber noch ca. 5 km bis zu Fähre über einen sehr schlecht zu fahrenden Dammweg hinter mich bringen. An der Fähre tut sich auf einmal ein wundervolles Landschaftsbild auf : auf der einen Seite der Donau sieht man rumänische Berge, der Fluss ist hier sehr breit und durch die tiefstehende Sonne und eine dunkle Regenwand im Westen ist es eine ganz eigenartige, schöne Stimmung. Fischer sind zugange und alles wirkt sehr friedlich und harmonisch. In RAM angekommen, sind die letzten 20 km herrlich zu fahren, weil landschaftlich traumhaft. Es geht z.T. direkt an der Donau entlang und immer schaut man über den Fluss auf Rumänien, dessen Berge im Abendlicht rotgolden leuchten.
Mit der Dämmerung erreiche ich auch mein Ziel und finde eine superschöne Pension, bis jetzt mit Abstand das Beste zu einem sagenhaften Preis, bin nach der Dusche sofort von der Anstrengung versöhnt und sitze am Silbersee und trinke beim Sonnenuntergang mein verdientes Bier.
11.9.09 Veliko Gradiste - Donji Milanovac 85 km Nach einem Frühstück im 4 km entfernten Zentrum geht die Strecke ziemlich direkt an der Donau entlang und es bieten sich immer wieder schöne Ausblicke auf und über den Fluss. Dann tauchen die Ruinen von GOLUBAC auf und ich mache einige Fotopausen. Nach 85 km ist das Tagesziel erreicht und die Touristeninfo vermittelt Privatzimmer. Hier treffen sich heute ein paar Radler. Und mit 3en sitze ich am Abend zum Essen beisammen, darunter auch wieder einmal Jérôme.
12.9.09 Donji Milanovac – Kladovo 70 km Heute steht ein grosses Highlight auf dem Programm: der Donaudurchbruch ! Die Landschaft wird zusehends abwechslungsreicher und die felsigen Berge rücken immer näher. Die Strasse ist zum Teil auch recht steil, aber auf Grund der großartigen Ausblicke, die man immer wieder auf die Donau hat, macht es mir heute überhaupt nichts aus. Außerdem halte ich auch oft an, um Bilder zu machen und diese Momente zu genießen. Das ist schon einzigartig und auf dem höchsten Punkt der Strasse mache ich eine verdiente längere Pause.
Es sind etliche Tunnel zu durchfahren, die machen mir oft richtig Angst, denn das Licht von meiner Fahrradlampe wird regelrecht verschluckt und ich habe überhaupt kein Gefühl dafür, wie weit ich vom Rand weg bin. Nur gut, dass der Verkehr nicht schlimm ist, denn die Auto´s, die hier durchbrausen, verursachen durch den Schall einen Höllenlärm. Ich halte regelrecht die Luft an und fahre, so schnell ich kann, da durch. Die Länge geht von ca. 80 m bis 320 m!
Dann taucht der DJERDAP STAUDAMM auf und das riesige E-Werk. Ich werde erst später nach Rumänien wechseln und fahre noch ein Stück durch Serbien, weil es mir gut gefällt und komme somit noch durch Bulgarien.
In KLADOVO frage ich mich durch nach einem Privatzimmer und werde schliesslich zu einer Frau geschickt, die sehr gut deutsch spricht, weil sie viele Jahre in Österreich gelebt hat. Der Ort ist ganz hübsch, auch hier wieder eine breite, aber kurze Fussgängerzone mit Café an Café und modernen Sitzgruppen. Sonst aber auch nicht viel anzuschauen. An der Donaupromenade kann man gut entspannen. Auch hier treffe ich wieder auf Jérôme und wir tauschen beim Abendessen die neuesten Erlebnisse aus.
13.9.09 Kladovo – Vidin 113 km In der Nacht regnet es so heftig, dass ich davon wach werde, aber am Morgen ist von oben her alles wieder trocken und ich starte nach einem Kaffee bei bedecktem Himmel. Irgendwie habe ich heute das Gefühl, nicht vorwärts zu kommen, es ist leichter Gegenwind und die Strecke recht unattraktiv. Ein lang gezogener Berg macht es auch nicht besser. Eigentlich will ich auf der Bundesstrasse den direkten Weg nach Negotin nehmen, es ist heute Sonntag und wenig Verkehr. Als aber die Strasse wiederum steil ansteigt, fahre ich doch auf die Route, die an der Donau entlang führt. Das allerdings entpuppt sich als Fehlentscheidung, denn der Weg ist 1. eher schlecht, 2. so schmal, dass ich dauernd irgendwelches Gestrüpp an Armen und im Gesicht hab und dementsprechend uninteressant und ich komme auch nicht vorwärts. Also bahne ich mir wieder einen Weg zu Bundesstrasse und muss dann doch noch einen langen Berg hoch (hätte ich auch gleich haben können). Kurzer Schwatz mit einem deutsch sprechenden Bauern und in NEGOTIN dann eine Mittagspause.
Dann Richtung Bulgarien. An der Grenze will man meine Gästekarten sehen und ich kann zufällig nur 2 vorweisen, aber als sie dann irgendwas von Camping reden, nicke ich eifrig und darf ziehen. Kurz hinter der Grenze mache ich die 1000 km voll, bin ein bisschen stolz und fühle mich auch wie ein (kleiner) Weltenbummler.
Auch hier ändert sich nach der Grenze wieder das Landschaftsbild, leicht hügelig, hat man einen ganz weiten Blick ins Land. Ich komme an einer Frau vorbei, die mit 2 am Straßenrand sitzenden Kindern spricht und sie erklärt mir auf französisch, dass die beiden wohl ohne Eltern unterwegs seien. Die Straßenverhältnisse sind unterschiedlich, aber nach dem Anstieg zum Ort GAMBOZOVO genieße ich die beste Abfahrt der ganzen Tour: ich kann es auf bestem Asphalt km lang rollen lassen.
Nach Vidin rein geht es nicht so einfach wie gedacht, denn durch eine Baustelle werde ich ein paar km um den Ort geleitet. Nach einigem Fragen, um an die Donau zu kommen, finde ich hier dann auch zufällig ein sagenhaft schönes Hotel und als ich den Preis von 28 Euro für diesen „Designpalast“ ;-) genannt bekomme, weiss ich, dass ich hier mal wieder ausgiebig Pause machen werde und buche 2 Nächte.
An der Donau lässt es sich wunderbar spazieren gehen, ich ruhe mich richtig gut aus, lese, aktualisiere meinen Blog im Internet und bringe alles mal wieder auf Vordermann.
14.9.09 Vidin 0 kmHeute morgen gehe ich ins Zentrum und will meine restlichen Dinar im Wert von ca. 50 € loswerden, was aber gnadenlos scheitert. Man schaut mich hier an, als würde ich unsittliche oder illegale Anträge stellen. Nichts zu machen, auch eine Anfrage im Forum bringt nichts, außer der Gewissheit, dass es allen anderen auch so ging.
Zufällig kann ich einer Messe beiwohnen, die sich aber endlos hinzieht und mit einem großen Personalaufgebot abgehalten wird und nach 1,5 h verlasse ich die heiligen Hallen wieder. Auch die Kirchgänger kommen und gehen.
Die Stadt selbst ist nicht sonderlich sehenswert und überhaupt fühle ich mich in Bulgarien nicht so wohl wie in Serbien. Die Menschen wirken auf mich sehr abweisend und hart. Ich kann das aber nicht einordnen. Vielleicht ist es auch eine Art Scheu oder Befremdlichkeit. Wenigstens habe ich eine traumhafte Unterkunft.
15.9.09 Vidin – Bechet / Rumänien 142 km Alles fängt ganz harmlos an und ich merke, dass der Pausentag mir gut getan hat. Z.T. kann ich als Radler eine nagelneu asphaltierte Strasse benutzen, aber es gibt auch etliche Baustellen und das System der Arbeitsreihenfolge erschliesst sich mir nicht. Ich erreiche LOM, mache kurz Pause, aber der Ort wirkt sehr hässlich auf mich. Anschliessend geht es einen langen, nicht enden wollenden Berg hoch, dessen Strasse gepflastert ist, was das „Tempo“ noch mehr drosselt und die Mittagssonne strahlt gnadenlos. Weiter geht es wie auf einem Plateau und ich kann die Donau links von mir weit unten erkennen. Es gibt etliche grosse Schlaglöcher, was aber die Autofahrer nicht davon abhält, weiterhin zu rasen und ich wundere mich fast, dass nicht alle paar Meter ein auseinander gebrochenes Fahrzeug liegen bleibt. In einem Ort kommt eine Baustelle, bei der es aussieht, als käme ich sogar als Radlerin da nicht durch und ich fahre die Umleitung: Staubstrasse/ Piste, nur Platz für ein Auto, im Ort hoch und runter. Ich hab das Gefühl, kiloweise Staub zu schlucken. Auch später erwarten mich noch längere Staubpisten, die ich mir mit LKW´s und Auto´s teilen muss. Gut, dass ich immer genug zu trinken dabei habe. Mein Tagesziel ist KOZLODUJ und als ich es erreicht habe, verständige ich mich kurz mir Jérôme. Er ist kurz vor ORJAHOVO und ich beschließe kurzerhand, die 30 km bis dorthin noch zu fahren. Dieses Stück ist in jeder Hinsicht nochmals eine große Herausforderung, bei der mir u.a. 2 Erdwälle quer über die gesamte Strasse im Weg sind, und das Rad mithilfe von kräftigen Männern drüber gehoben werden muss. Außerdem die LKWs, die von der Fähre kommen oder hinfahren. Es ist aber keine Unterkunft zu bekommen und so müssen wir, unabhängig voneinander, noch über die Grenze nach Rumänien per Fähre. Es dämmert schon sehr, ich habe kein Zimmer und der Akku vom Handy ist fast leer. Superkombi. Schließlich meldet sich Jérôme, dass er in BECHET fündig geworden sei und als ich ankomme, ist es dunkel und auf dem Tacho stehen 142 km !!
Wir schieben die Fahrräder rein, essen und trinken erstmal ordentlich, aber als ich die Toilette aufsuche, ahne ich etwas vom Ausmaß unseres Quartiers. Grauslich. Im ganzen Haus gibt es kein Bad und nur ein möbliertes Zimmer mit 5 Betten. Wir hauen uns so, wie wir sind hin, ist jetzt auch schon egal. An die Räder und das Gepäck darauf kommen wir nicht mehr, es ist alles abgeschlossen und wir sind allein im Haus. In der Nacht stelle ich mir vor, dass am nächsten Morgen bestimmt alles weg ist, schließlich trennt nur eine Glastür unseren Besitz von draußen und wir sind mehr oder weniger eingesperrt. Als es wieder hell wird bin ich wieder zuversichtlich, zu recht.
16.9.09 Bechet – Corabia 49 km
Nach einem Kaffee starten wir nach CORABIA und für mich steht fest, dass ich da für heute Schluss machen werde, denn ich muss duschen, Handy laden und waschen. Die knapp 50 km kommen uns beiden heute vor, wie gestern 100! Wir haben noch keine RON/Lei und können somit auch nichts zu essen kaufen. Da wir beide Bargeld tauschen wollen, müssen wir bis Corabia durchhalten. Ein sehr schmucker Ort und hier stärken wir uns nach Geldtausch erst mal ordentlich. Ein Einheimischer zeigt uns das anscheinend einzige Hotel und ich checke gleich ein, Jérôme zieht weiter, um evtl. etwas Günstigeres zu finden. Aber es liegt sehr schön an der Donau, nur leider keine Möglichkeit, draussen zu sitzen, schade und komisch.
Auch hier nutze ich wieder die frühe Tageszeit, um alles flott zu machen: mich selbst, Wäsche, Akkus laden, Internet (gibt’s hier doch fast überall, hätte ich nicht gedacht). Leider hat die, von außen schon sehenswerte Kirche, zu.
17.9.09 Corabia – Zimnicea 90 km Die Strecke heute verläuft wenig abwechslungsreich durch immer gleich wirkende Dörfer. Ich freue mich an den Kleinigkeiten am Wegrand: der Esel, der im Schatten auf wartet, die Truthahnfamilie, die vom Opa gehütet wird, die Gänseherden, die sich mit den Kühen riesige Wiesen teilen und viele alte Menschen, die auf ihren Bänken vor den Häusern sitzen und warten, dass mal wieder was Interessantes zu sehen ist. Und dann komme ich vorbei, werde natürlich schon von weitem erkannt als Reisende, aber wegen meiner kurzen Haare nicht immer sofort als Frau identifiziert und muss manchmal wirklich laut lachen, wegen der vielen ungläubigen Blicke. Manche winken auch, aber die meisten schauen in einer Mischung aus Erstaunen, Verwunderung und ich komme mir vor, wie vom anderen Stern.
Die Pferdefuhrwerke sehen in meinen Augen ganz romantisch aus, wie sie da so angetrappelt kommen. Hinten dran oft einen meterhoch beladenen Wagen mit Maisstroh und darauf sitzen dann noch die, die auf dem Kutschbock keinen Platz mehr haben. Für die Bauern hier ist das natürlich harte Arbeit. Landwirtschaftsmaschinen sieht man selten.
Manchmal halten mich auch Kinder an, die entweder nur abklatschen wollen, einmal aber auch etwas hartnäckig bleiben und unbedingt ein bisschen Geld erwarten. Da bleibe ich hartnäckig und tue mit Achselzucken so, als hätte ich selber nichts. Und sie fragen sich, was wohl in den ganzen Taschen ist…….
Die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln ist hier überhaupt kein Problem, selbst im kleinsten Dorf gibt es mindestens einen „ABC MIXT“ oder „MINIMARKT“.
Turnu Margarele lädt zu einer Pause ein und bietet einen schönen gepflegten Platz. In einer Bäckerei, die ich nur am Duft erkenne, decke ich mich mit noch warmen Leckereien ein.
Irgendwann überholen mich mal 2 ganz junge Radler, die bis nach Istanbul wollen und schon in Berlin bzw. Linz gestartet sind. Soviel Zeit müsste man mal haben.
Aber es kommen heute auch mal 2 entgegen und wir quatschen ein bisschen über die Strasse und ich bekomme den einen oder anderen Tipp. Sie sind in Constanta gestartet und wollen nach Timisoara. Werde sie wegen des Rückenwindes noch beneiden. Wir wundern uns über die „Frequenz“ , die heute hier herrscht und sie erzählen, wen sie alles getroffen haben und nach den Beschreibungen, weiss ich genau, von wem sie jeweils reden, zu lustig.
18.9.09 Zimnicea – Giurgiu 70 km Es hat wieder kräftig geregnet und tröpfelt noch, aber als ich losrolle, ist wieder mal wie von Zauberhand der Hahn zugedreht, sagenhaft.
Der Zielort GIURGIU ist zwar nur 70 km entfernt, aber laut Karte liegt die darauf folgende Übernachtung weitere 70 km entfernt und ich mache einen Deal mit mir selbst: wenn es in Giurgiu auch kein Internet gibt, fahre ich weiter, ansonsten bleibe ich (ich will mal langsam meine Rückreise versuchen, zu organisieren und meinen Blog aktualisieren). Die Stadt wirkt auf mich ganz reizvoll, mit schönen Plätzen und ich trinke erst mal einen Kaffee, frage nach einem Internet, bekomme eine neg. Antwort. Kann ich mir gar nicht vorstellen, frage nach einem Hotel oder einer Pension, wieder nur Achselzucken. Kennt wahrscheinlich nur ihr Café. Komisch. Folge dann einem Hotelschild und finde mich an der Rezeption eines sehr guten Hotels wieder. Preis stimmt, Internet soviel ich will und somit ist der Radltag zu Ende. Ich laufe ein bisschen umher, kaufe ein, gehe Geld tauschen und setze mich dann in alle Ruhe an eines der neuen Laptops. Der Hocker ist aber so niedrig, dass die Tastatur ungefähr auf Kinnhöhe ist. Ich frage nach einem Stuhl und sie meint, ich könnte es auch mit auf den Couchtisch nehmen, da ist aber nach 5 min. der Akku leer. Also doch ein Stuhl. Ich versuche etwas wegen meiner Rückreise raus zu finden und checke alle möglichen Airlines, werde aber nicht richtig fündig.
Am Abend gehe ich im Hotelrestaurant essen und alles ist edel eingedeckt mit weißen Stoffservietten. Als ich mich setze, werden diese erstmal weggeräumt und übrig bleiben hauchdünne Papierservietten.
19.9.09 Giurgiu – Oltenita 83 kmEin Blick aus dem Hotelfenster und ich ahne schlimmes. Alles, was Blätter hat, wedelt schon im Hof wild umher und die Windrichtung ist klar: Osten. Na dann, es soll ja heute wieder hügelig und damit abwechslungsreicher werden. Das wird es in der Tat auch. Schon gleich hinter der Stadt fährt es sich, als würde mich jemand hinten festhalten. Es ist regelrecht stürmisch und ich habe heute wieder eine längere Etappe vor mir, super. Draussen wartet in meiner Fahrtrichtung eine schwarze Wand am Himmel: Sturmtief, aber letztlich bleibt doch „nur“ der Wind übrig und alles andere verzieht sich. Reicht ja auch, ich strampele und strampele. Dann ein Wald, windstill, ein Traum. 2 Radler fahren vorbei und ich denke noch, na könnten doch mal halten, aber später machen sie eine Pause und da halte ich. 2 Schweitzer, nicht mehr ganz jung (schätze so Mitte 60) und wir haben das gleiche Tagesziel. Hier in Oltenita ist heute Heiratsfieber. Ich fahre später am Standesamt vorbei und da stehen die Hochzeitsgesellschaften regelrecht Schlange. Immer ist auch ein Musikant mit Schifferklavier dabei und die Aufregung ist den Brautpaaren anzusehen. Dann geht es in die Kirche und auch hier spielen wir Mäuschen, denn sie liegt genau gegenüber unserer Pension. Die Gottesdienste werden hier nicht so streng genommen, wie bei uns, da geht man schon mal raus, um eine zu rauchen oder hinter der Kirche zu pieseln.
Wir gehen einen Martini trinken und suchen ein Restaurant. Dort ist auch eine Hochzeitsgesellschaft und es geht hoch her. Später kommt noch ein weiterer Radler an und es stellt sich heraus, dass wir alle in den nächsten 2 Tagen die gleichen Etappen haben.
20.9.09 Oltenita – Kloster Dervent 100 km
Dass ich überhaupt in unserer Unterkunft schlafen kann, grenzt an ein Wunder, denn die Hochzeitsgäste und die Musikanten haben ein Durchhaltevermögen, das ist unwahrscheinlich. Bis zum frühen Morgen wird getanzt! Dafür bekomme ich von der „Mama“ ein Gratisfrühstück.
Der Wind hält sich morgens noch zurück, aber gegen 10 wird´s wieder recht heftig. Das Land ist platt und er kann ungehindert wehen. Heute ist es auch eisig kalt. Ich merke, wie mich das anstrengt, denn ich halte dauernd an, um zu essen und zu trinken. Einmal an einer vermüllten „Raststelle“ halte ich wieder, da kommen plötzlich 2 Welpen angehoppelt. Da geht mein Herz aber auf und ich teile erst mal ein großes Stück meiner Salami mit ihnen und der Mama. Vielleicht ist dies das einzige gute Stück Wurst, was sie in ihrem Leben bekommen. Sicher haben sie nur an solchen Stellen überhaupt einen Überlebensmöglichkeit, wo doch der eine oder andere Essensrest abfällt.
Überhaupt die Hunde: schon im Vorfeld lese ich dazu viel im Internet und kann mir vorstellen, dass da viel Übertreibung dabei ist. Tatsächlich ist es so, dass ich noch nie so viele wilde Hunde (in allen Größen) gesehen habe und sie rennen auch gerne den Radlern hinterher. Wenn man aber stehen bleibt und vielleicht noch eine eindeutige Handbewegung macht, klemmen sie sofort den Schwanz ein und verziehen sich meistens auch gleich. Manchmal versuchen sie es ein 2. Mal, aber was überhaupt nicht hilft, ist, wegzufahren. Da wird der Jagdtrieb nur weiter angestachelt und was ja auch manche toll finden, sich mit Pfefferspray zu wehren. Das sind so arme Kreaturen, die tgl. ums Überleben kämpfen und massenhaft überfahren an den Straßenrändern liegen. Ich halte das für völlige Hysterie und habe dafür keinerlei Verständnis.
Kurz vor Calarasi holen mich die Schweitzer ein, wir fahren entlang kleiner Seen bis zur Fähre und verabreden, dass der erste, der beim Kloster ist, die anderen noch anmeldet.
Die folgenden km sind geprägt von Steigungen, die viel über Pflasterstrassen führen, aber auch schönen Ausblicken auf die Donau. Dann noch einmal kräftig reintreten und den letzten Berg zum Kloster hoch. Hier ziehe ich erstmal meine längere Hose drüber und werde dann gleich in den Hof gewunken. „Cheffe“ bedeutet mir, das Gepäck abzunehmen, stellt mein Rad in einen Raum und dann kommt auch schon Jürgen an und wir bekommen das Zimmer zugewiesen. Jürgen schaut ein wenig skeptisch und zögerlich, aber „Cheffe“ meint nur was von Courage und wir teilen ein Zimmer, und das in einem Kloster! Später treffen auch die Schweitzer ein und wir essen gemeinsam mit den Mönchen zu Abend. Einer von ihnen liest die ganze Zeit etwas regilöses vor und es wird nicht gesprochen. Ich habe das Gefühl, nicht satt zu werden und nehme mir gerade noch ein Stück Kuchen auf den Teller, als eine Glocke ertönt, alle von den Stühlen springen und ein Gebet sprechen. Ich überlege schon, wie ich den Kuchen nach draußen schmuggeln kann, aber es ist nur der offizielle Teil beendet und die meisten Mönche verlassen den Raum.
Später wohnen wir noch eine Zeitlang der Messe bei und beobachten einen ganz traumhaften, leuchtend roten Abendhimmel.
21.09.09 Kloster Dervent – Constanta 116 km Durch das sehr laute Hundegebell musste das Fenster zu bleiben, zudem ist es hier oben doch deutlich frischer. Nach einem kargen Frühstück geht´s los und gleich wieder bergan. Rechts und links Weinberge und schöne Ausblicke ins Tal, aber ich weiß, dass diese Etappe noch mal recht hart wird. Wieder viele Pflasterstrassen, aber auch auffallend viele grüne Landstriche. Endlos ziehen sich die Strassen hoch und wieder runter, das eigentlich Schlimme ist, dass man die Abfahrten wegen der Straßenbeschaffenheit nicht richtig genießen kann. Es hilft nichts, strampeln, strampeln. Zwischendurch erstmal einen Kaffee getankt und mit Keksen und Gebäck versorgt.
Der Wind weht heute von der Seite und wenn die LKWs dicht an mir vorbei fahren, bewirken sie einen solchen Windabriss, dass es mich des Öfteren auf den unbefestigten Straßenrand wedelt. Total anstrengend. Langsam habe ich schon Panik, dass ich erst spät und im Dunkeln ankomme, es zieht sich sehr. Ich schließe mich mit Jérôme kurz, ob er schon eine Unterkunft hat. Dann überquere ich den Donau – Schwarzmeerkanal und muss wieder eine brutale Stadteinfahrt wegstecken, die km ziehen sich und ich befinde mich immer noch in irgendwelchen Vororten von Constanta, dabei denke ich, dass ich schon längst da sein müsste. Jérôme will an einer Kreuzung warten. Es stellt sich heraus, dass er ein Hotel weiss, welches ihm aber zu teuer ist, es sei denn, wir würden das Zimmer teilen. Na gut, müsste ich heute nicht haben, aber ich habe auch keine Lust mehr auf irgendeine Suche und schliesslich machen wir es so. Eigentlich ganz unkompliziert. Es ist ein Superhotel mit riesigen Zimmern und getrennt stehenden Betten, also alles o.k. Gehen Pizza essen und haben leider keinen Champagner, um das erreichte Ziel gebührend zu feiern. Dafür trinken wir im Hotel noch eine Flasche guten Rotwein.
22.09.09 Constanta wenig km Heute muss ich mich als Erstes um meine Rückreise kümmern und wir fahren in die Stadt. Die Orientierung fällt mir hier schwer, aber Jérôme kennt sich schon ein bisschen aus und wir steuern endlich das SCHWARZE MEER an. Es glitzert in der noch morgendlichen Sonne und wir machen ein paar fröhliche Bilder und ich kann es irgendwie gar nicht richtig glauben.
Das Casino steht einsam an der Uferpromenade, wir besichtigen eine Kirche und fahren Richtung Zentrum, trennen uns dort und ich buche nach ewigem Hin und her einen Flug mit TAROM am 26.9. nach Frankfurt. Später treffen wir noch Jürgen und gehen am Strand spazieren. Wenigstens die Füße strecke ich mal ins Wasser, aber es ist recht frisch.
Jérôme fährt am Abend mit einem Busunternehmen nach Strassbourg und ich treffe mich mit Jürgen und den beiden Schweitzern in einem sehr empfehlenswerten türkischen Restaurant zum Essen.
23.9.09 Constanta – Tulcea 0 km Bus Jürgen und ich treffen uns um 10 Uhr am Busbahnhof, der von meinem Hotel super zu erreichen ist. Leider gibt es keine Möglichkeit für die Fahrräder. Ich hatte sowieso nur eine Tasche gepackt und jetzt fahre ich mein Rad zurück zum Hotel, mit dem Taxi wieder zum Bus und Jürgen nimmt den Weg per Bike. In Tulcea angekommen, lasse ich mir ein Hotel empfehlen, finde aber zunächst das Falsche und nehme es trotzdem. Ganz ungewohnt, so alles per Pedes zu erledigen. Bei einem Bummel und der ersten Orientierung treffe ich auf einmal Eberhardt aus Saarbrücken wieder und später auch Benni, den ich in Belgrad zuletzt gesehen hatte. Am Abend kommt auch Jürgen dazu, er ist die letzten km mit dem Zug gefahren. Es scheint, als haben alle keine Lust mehr und sind froh, am Ziel zu sein. Er schließt sich auch unserer geplanten Tour ins Delta am nächsten Tag an und wir haben einen sehr schönen Abend.
24.9.09 Tulcea 0 km Früh am Morgen noch schnell umgezogen ins richtige Hotel. Um 9 Uhr geht das Boot mit uns dreien los Richtung Delta und wir sind sehr gespannt. Zunächst auf dem breiten Hauptarm, dann in immer schmaler werdenden Seitenarme. Irgendwann taucht auch der erste Reiher und der erste Kranich auf, aber die grosse Vogelwelt ist nicht zu entdecken. Dafür Angler en masse, fast das ganze Ufer entlang, ein richtiger Volkssport. Trotzdem ist der 4 stündige Ausflug eine schöne Abwechslung.
Am Abend sind wir schliesslich 5 Reiseradler (auch Ursel ist eingetroffen), die sich zum Essen treffen, wir machen richtig einen drauf und unsere Wege trennen sich dann endgültig.
25.9.09 Tulcea - Constanta Bus Wieder ganz komfortabel komme ich nach Constanta zurück, wo ich noch einige Vorbereitungen wegen des Rades zu treffen habe. Als erstes steuere ich in der Nähe einen Baumarkt (eher ein Tante Emmaladen) an und kaufe 5 m von einer gefalteten Folie, sowie eine Rolle Klebeband. Dann muss ich noch einen Radladen finden, der mir die Pedalen soweit löst, dass ich sie mit meinem Werkzeug auch abmontieren kann. Den finde ich auch in der Nähe, obwohl die Hotelangestellte keinen kennt…… Der sehr nette, junge Mann gibt sich alle Mühe, aber nichts tut sich. Ich fange leicht an zu schwitzen und es dauert ca. 20 min. bis er die Schrauben dann doch gelockert bekommt. Den Hinweis dazu hatte ich auch aus diesem Forum, da war es mal wieder ganz hilfreich.
Dann packe ich die Taschen so, dass ich sogar die Vordertaschen mit in die grossen rein bekomme und will mein Rackpack als Handgepäck nehmen.
26.9.09 Constanta – Frankfurt wenig km Mein Zug geht um 5:48, aber ich bin natürlich viel zu früh am Bahnhof, alles wie ausgestorben, auch der Weg dorthin.
Da es immer noch unsicher scheint wegen der Fahrradmitnahme, spreche ich schliesslich einen jungen Mann an, er sieht gepäckmässig aus, als wollte er vielleicht auch zum Flughafen? Er ist sehr hilfsbereit und dolmetscht für mich, macht mich aber auch unsicher wegen des Fahrrads. Es stellt sich heraus, dass er auf einer Ölplattform arbeitet und gerade Urlaub hat und auf seine Frau wartet, die ihn abholt. Also schliesslich klappt alles und er hilft mir noch beim Einladen, ich bedanke mich vieltausendmal und bin happy, dass ich auch diesen Schritt geschafft habe.
In Bukarest geht es nahtlos weiter zum Airport, wo mein Fahrrad noch in einen Minibus gehievt wird. Angekommen warte ich auf das Öffnen des CheckIn, stelle fest, dass meine gepackte Handgepäcktasche zu groß ist und verziehe mich in eine Ecke, um neu zu packen. Dann kommt das Fahrrad dran und mit der Folie gelingt es mir, 2 Hüllen drüber zu ziehen und festzukleben. Es wird mit gewogen und ich zahle 50 Euro Übergepäck, war ich drauf vorbereitet. Es passt aber nicht in den Röntgenapparat, wird von Hand gecheckt und verschwindet schließlich. Der Flug lässt mich Rumänien noch einmal von oben sehen und ich kann mir vorstellen, dieses Land ausführlicher zu besuchen.
In Frankfurt angekommen, klappt auch hier alles super. Ich bastele wieder alles zusammen und gehe mit einem breiten Grinsen durchs Flughafengebäude zur Bahn, die mich nach Fulda bringt. Es kommt mir ein bisschen wie ein Spuk vor, dass alles vorbei ist und auch wirklich alles so gut funktioniert hat. Es war superschön und ich bin ausnahmsweise mal stolz auf mich !!!
Fazit :
Es war erst meine 2. Tour mit dem Rad. Ich bin in meiner Freizeit Läuferin und fahre nur ein paar m mit dem Rad zur Arbeit, daher war zwar die Ausdauer gut, aber die Kraft kam erst auf der Reise. Nie hätte ich gedacht, dass mir das Alleinreisen so viel Spass machen könnte und dass ich z.T. so viele km am Tag fahren würde.
Dieser Trip war für mich wie ein Befreiungsschlag. Die Radpartnersuche funktioniert meiner Erfahrung nach überhaupt nicht, da habe ich ausnahmlos schlechte Erfahrungen gemacht. Mir reicht es, unterwegs ab und zu mal Gleichgesinnte zu treffen.
Die Rückreise würde ich nicht mehr offen lassen und Schlafsack und Thermarest nicht mehr mitnehmen. Sonst war ich mit dem Gepäck ganz zufrieden. Gewisse Dinge muss man halt mitnehmen, auch wenn man sie nie braucht.